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BGH: Copyright Hinweis bei Stockfotos

urheberbezeichnung

Wichtige Entscheidung gegen Abmahnmasche: Stockfoto-Plattformen können ihre Nutzer von der Pflicht befreien, einen Copyright-Hinweis am Foto anbringen zu müssen (BGH, Urteil vom 15.06.2023, Az. I ZR 179/22Microstock-Portal).

Foto-Abmahnungen sind nicht gleich Foto-Abmahnungen

In den letzten Jahren haben wir als Kanzlei unzählige Mandanten wegen Foto-Abmahnungen beraten. Dabei wurden uns mehrere tausend Abmahnungen zur Prüfung vorgelegt. Nicht jede Abmahnung war juristisch und moralisch berechtigt, wie es bei plattem Fotodiebstahl der Fall ist. Es gab und gibt auch einträgliche Abmahnmodelle mit sehr zweifelhafter Daseinsberechtigung.

Jahrelanger Abmahn-Klassiker: Stockfotos ohne Copyright-Hinweis

Ein – wenn nicht der – Abmahn-Klassiker der letzten Jahre war die Verfolgung von Stockfotos aus Portalen wie Pixelio oder Fotolia (jetzt Adobe Stock), die auf Internetseiten ohne Nennung des Fotografen als Urheber eingebunden worden waren. Wir hatten dazu vielfach im Blog berichtet:

Die Abmahnmasche lief so ab, dass Fotografen ihre Aufnahmen auf Stockportalen hochluden und das Internet im Anschluss darauf überprüften (bzw. durch spezialisierte Firmen / Software überprüfen ließen), ob Nutzer der Stockportale legal heruntergeladene Fotos in die eigenen Webseiten eingefügt hatten, ohne einen Urhebervermerk zum Fotografen aufzuführen.

Wurde ein Verstoß ermittelt, erhielt der Nutzer eine anwaltliche Abmahnung mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie Zahlung von Abmahnkosten und Schadensersatz. Wohlgemerkt erfolgte dies häufig auch dann, wenn der Nutzer das betreffende Foto bei dem Fotoportal kostenpflichtig erworben hatte. Nach der Logik der Abmahner wurde das Recht zur Nutzung solcher Fotos unter der Bedingung einer korrekten Urheberkennzeichnung eingeräumt – ohne diese wurde der Websitebetreiber wie ein Bilderdieb behandelt.

Gab der Abgemahnte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und kam es später zu weiteren Verstößen, etwa wegen fehlender Löschung der Fotodatei vom Server (teilweise eingeschränkt durch den BGH) bzw. unterbliebener Bereinigung des Google Caches, folgten noch teurere Vertragsstrafenforderungen.

Problem: Unverzichtbarkeit des Rechts auf Urheberbenennung

Viele Betroffene (ebenso wie deren Anwälte) empfanden die Abmahnungen als unbillig. Um den Forderungen die juristische Grundlage zu nehmen, änderten mehrere Stockportale die eigenen Nutzungsbedingungen ab und regelten, dass herunterladende Nutzer keinen Copyright-Hinweis anbringen müssen, so auch Fotolia.

Die spannende und lange ungeklärte Frage war, ob eine solche Freizeichnung im Verhältnis zum Fotografen juristisch wirksam war. Hintergrund ist, dass das in § 13 Satz 2 UrhG geregelte Recht auf Urheberkennzeichnung ein höchstpersönliches Recht darstellt, auf das der Fotograf nicht (dinglich) verzichten kann. Aus Sicht der abmahnenden Fotografen liefen die geänderten Nutzungsbedingungen daher ins Leere, weshalb sie weiter abmahnen ließen.

Insgesamt führte die Masche über die Jahre zu beachtlichen Einnahmen für die Abmahner und ihre Rechtsvertreter, gerade bei vermeintlich kostenlos nutzbaren Fotos (vgl. Pixelio), bei denen übers Eck Kasse gemacht wurde.

Mehrere Urteile schränkten Abmahnmasche ein

Wir hatten bereits vor Jahren erklärt, warum dieses Geschäftsmodell keinen Schutz verdient. Mit der Zeit setzte sich auch bei den Gerichten erfreulicherweise die Erkenntnis durch, dass von den abmahnenden Fotografen eine bloß formelle Rechtsposition durchgesetzt wurde, die den Schutz der Rechtsordnung nicht oder allenfalls nur in sehr beschränktem Umfang verdient. Nach mehreren einschränkenden Gerichtsentscheidungen und dem Ausschluss abmahnender Fotografen von bekannten Fotoplattformen wurde es vergleichsweise still um diese Form von Copyright-Abmahnungen.

Kann ein Stockfoto-Portal seine Nutzer von der Kennzeichnungspflicht befreien?

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs nimmt dem Geschäftsmodell noch weiter den Wind aus den Segeln.

Im verhandelten Fall ging es um einen Fotografen, der seine Fotos ausschließlich und sehr erfolgreich über Foto-Portale vertrieb. Beim Upload seiner Aufnahmen hatte er die Fotolia-Nutzungsbedingungen akzeptieren müssen, nach denen Nutzer berechtigt, aber nicht verpflichtet waren, den Fotografen bei Verwendung des jeweiligen Bilds als Urheber zu benennen. Als ein Fotolia-Mitglied ein Bild des Fotografen heruntergeladen und ohne Namensnennung in seine Internetseite eingebunden hatte, wurde es vom Fotografen verklagt.

Die zugrunde liegenden Fotolia-Bedingungen lauteten auszugsweise:

3. Download und Unterlizenzen

F.   ist laut den Bedingungen dieses Vertrages berechtigt, einem oder mehreren Herunterladenden Mitgliedern eine nicht-exklusive, weltweite und zeitlich unbegrenzte Lizenz zur Nutzung, Wiedergabe und Ausstellung des Werks … zu gewähren. Ein nicht-exklusiv Herunterladendes Mitglied ist zur Urheberbenennung berechtigt jedoch nicht verpflichtet. …

5. Eigentumsrechte und Beibehaltung von Rechten …

Soweit das anwendbare Recht dies zulässt, bestätigt das Hochladende Mitglied hiermit, dass sowohl F.   als auch jedes Herunterladende Mitglied welches ein Werk über F.   bezieht, das Recht aber nicht die Verpflichtung haben, das Hochladende Mitglied als Quelle seiner Werke kenntlich zu machen. Das Hochladende Mitglied verzichtet hiermit auf jede Verpflichtung von F.   und jedem Herunterladenden Mitglied das Hochladende Mitglied als Quelle des Werks zu identifizieren. …

9. Gültigkeit und Beendigung des Vertrages und Entfernung eines Werks

Dieser Vertrag gilt zeitlich unbegrenzt, sofern er nicht gemäß diesem Abschnitt 9 beendet wird. Er kann sowohl von F.   als auch von dem Hochladenden Mitglied jederzeit durch Entfernung des Werks von der Webseite F   .  beendet werden. …

BGH: Recht auf Urheberbezeichnung unverzichtbar, aber vertraglich einschränkbar

Hätte man die Unverzichtbarkeit des Rechts auf Urheberbenennung nach § 13 UrhG im Sinne der Abmahner absolut verstanden, wäre das Stockportal nicht in der Lage gewesen, die eigenen Nutzer von der Pflicht zur Urheberbezeichnung freizuzeichnen.

Der Bundesgerichtshof entschied jedoch erfreulicherweise, dass die Freizeichnung der Fotolia-AGB wirksam war, weshalb der Beklagte keinen Copyright-Hinweis habe anbringen müssen.

Das Recht des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung gemäß § 13 Satz 2 UrhG sei in seinem Kern zwar unverzichtbar. Hier machte der BGH aber nicht halt. Aus dem Umstand, dass der Urheber nach § 13 Satz 2 UrhG bestimmen könne, ob das Foto mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist, ergebe sich nämlich, dass es ihm außerhalb des unverzichtbaren Kerns grundsätzlich freistehe, durch ausdrücklich oder stillschweigend getroffene vertragliche Vereinbarungen mit dem Werkverwerter auf die Ausübung dieses Rechts zu verzichten oder in dieses Recht beeinträchtigende Nutzungen einzuwilligen.

Einschränkend wies der BGH gleichzeitig darauf hin, dass solche Vereinbarungen wiederum Grenzen unterliegen würden, deren Überschreitung nach § 138 Abs. 1 BGB und – soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen in Rede stehen – gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führen.

“Im Rahmen der bei der Prüfung dieser Bestimmungen vorzunehmenden Gesamtabwägung sind sowohl die Interessen von Urheber und Vertragspartner als auch die jeweiligen vertragsrelevanten Umstände wie die Art des Werks sowie der Zweck und die Dauer der Vereinbarung in den Blick zu nehmen. Zu berücksichtigen sind der sachliche und zeitliche Umfang der in Rede stehenden Einschränkung des Namensnennungsrechts. Dabei kommt es etwa darauf an, ob die Einschränkung nur bestimmte Werke oder bestimmte Nutzungen betrifft und nur für eine bestimmte Zeit gelten oder widerruflich sein soll oder aber der Urheber sich pauschal und dauerhaft zum Verzicht auf die Ausübung seines Namensnennungsrechts verpflichtet hat. Im Rahmen der Abwägung können zudem Verkehrsgewohnheiten und Branchenübungen berücksichtigt werden.”

Den obenstehenden Regelungen der Fotolia-AGB erteilte der BGH aber seinen Segen, weshalb der Fotograf die Klage verlor.

Kommentar von Rechtsanwalt Plutte

  1. Es ist wichtig zu verstehen, dass der BGH es Fotografen nicht per se verbietet, unterbliebene Urheberkennzeichnungen abzumahnen. Im Gegenteil: In seiner Entscheidung schreibt er ausdrücklich, dass die fehlende Benennung des Urhebers oder des Lichtbildners eine Verletzung seines Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft an einem Lichtbildwerk oder einem Lichtbild sein und Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz (§ 97 UrhG) sowie – im Falle einer Abmahnung – Ersatz von Abmahnkosten (§ 97a Abs. 3 UrhG) begründen kann.
  2. Aber: Wer sich als Fotograf dazu entschließt, seine Fotos über ein Stockfoto-Portal zu vermarkten und dabei AGB des Portals zustimmt, nach denen Portalnutzer heruntergeladene (und in Websites eingebundene) Fotos nicht mit einem Copyright-Hinweises versehen müssen, muss damit grundsätzlich leben. Das gilt unabhängig davon, ob die Fotos kostenlos nutzbar sind oder bezahlt werden müssen.
  3. Zu erwarten ist, dass weitere Foto-Portale das Urteil des BGH zum Anlass nehmen werden, um ihre Nutzungsbedingungen in vergleichbarer Weise anzupassen. Die vom BGH geprüften und bestätigten Fotolia-AGB ermöglichen eine rechtssichere Anpassung der eigenen Regelungen. Derartige AGB-Änderungen gelten zwar nicht rückwirkend. In Bezug auf Altabmahnungen wird man als Abgemahnter also (aus unserer Sicht) keine Rückzahlung gezahlter Summen verlangen können. Unklar ist hingegen, ob eine nachträgliche Befreiung von der Copyright-Hinweispflicht auch für Fotos greift, die bereits vor der AGB-Anpassung auf das jeweilige Stockfoto-Portal hochgeladen worden waren, das heißt unter Geltung der früheren Nutzungsbedingungen. Maßgeblich dürfte sein, ob die Nutzungsbedingungen des jeweiligen Stockfoto-Portals einen nach deutschem Recht wirksamen Änderungsvorbehalt enthalten. Das ist gerade bei Anbietern aus den USA problematisch, die sich meist nicht sonderlich um deutsches Recht scheren. Ohne wirksamen Änderungsvorbehalt stünde zu befürchten, dass die BGH-Entscheidung nur begrenzte Auswirkungen hätte, da riesige Bestandskataloge nicht von ihr erfasst würden. Aber wer weiß, vielleicht hat der BGH auch für dieses Problem ein Ass im Ärmel…

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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