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Großer Guide zum Digital Services Act (DSA) mit vielen Beispielen

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Mehr Transparenz, weniger Risiken: Der Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union strafft die Zügel für digitale Dienstleister, vor allem Online-Plattformen. In diesem Beitrag erklären wir die neuen Regeln ausführlich und anhand vieler Beispiele.

Rechtsanwalt Niklas Plutte
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

rechtsanwalt oliver wolf

Rechtsanwalt Oliver Wolf, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf IT-Recht, Datenschutz und E-Commerce-Recht. Nutzen Sie unsere kostenfreie Ersteinschätzung.

Inhalt

1. Was ist der Digital Services Act?
2. Für wen gilt der DSA?
3. Wann gilt der DSA nicht?
4. Wie ist das abgestufte Regulierungssystem des DSA aufgebaut?
5. Welche Kategorien von Diensteanbietern gibt es?
5.1 Reine Durchleitung
5.2 Caching
5.3 Hosting
5.4 Online-Suchmaschinen
5.5 Sehr große Online-Suchmaschinen
5.6 Online-Plattformen
5.7 Online-Plattformen von Klein- und Kleinstunternehmen
5.8 Online-Plattformen für Fernabsatzverträge im Business-to-Consumer-Bereich
5.9 Sehr große Online-Plattformen
6. Welche Pflichten gelten auf Stufe 1?
6.1 Benennung einer Kontaktstelle für Behörden und Nutzer
6.2 Gesetzlicher Vertreter
6.3 Allgemeine Geschäftsbedingungen
6.4 Transparenzberichts- und Rechenschaftspflichten
7. Welche Pflichten gelten auf Stufe 2?
7.1 Melde- und Abhilfeverfahren
7.1.1 Rechtswidriger Inhalt
7.1.2 Inhalt der Meldung
7.1.3 Eingang der Meldung
7.2 Begründungspflicht
7.3 Meldepflicht bei Straftatverdacht
8. Welche Pflichten gelten auf Stufe 3?
8.1 Internes Beschwerdemanagementsystem
8.2 Außergerichtliche Streitbeilegung
8.3 Vorrangige und unverzügliche Bearbeitung von Meldungen der Vertrauenswürdigen Hinweisgeber
8.4 Maßnahmen und Schutz vor missbräuchlicher Verwendung
8.5 Zusätzliche Transparenzpflichten
8.6 Gestaltung und Organisation der Online-Schnittstelle
8.7 Regulierung von Werbung
8.8 Transparenz der Empfehlungssysteme in den AGB
8.9 Schutz Minderjähriger
9. Spezielle Pflichten auf Stufe 3 für Online-Plattformen
9.1 Nachverfolgbarkeit von Unternehmen
9.2 Konformität durch Technikgestaltung
9.3 Recht auf Informationen
10. Welche Pflichten gelten auf Stufe 4?
11. Haftung für Nutzerinhalte
11.1 Haftungsprivilegien
11.1.1 Reine Durchleitung
11.1.2 Caching
11.1.3 Hosting
11.2 Anordnungen von Behörden
12. Welche Folgen drohen bei Verstößen gegen den DSA?

1. Was ist der Digital Services Act?

Der Digital Services Act (DSA) reguliert seit dem 17. Februar 2024 Vermittlungsdienste in allen EU-Mitgliedstaaten. Der DSA ist vor allem auf die Bekämpfung von illegalen und schädlichen Online-Aktivitäten und Desinformationen im Internet gerichtet. Zielsetzung ist es, ein vertrauenswürdiges, sicheres und vorhersehbares Online-Umfeld sicherzustellen. Dadurch sollen neben Innovationen und einer Stärkung des europäischen Binnenmarktes auch die Förderung der Grundrechte der Unionsbürger und des Verbraucherschutzes erreicht werden.

Kernstück des DSA sind Pflichten für Online-Plattformen. Dabei gilt ein abgestuftes Regulierungssystem, das je nach Größe des Nutzerkreises eines Diensteanbieters ein unterschiedliches Pflichtenprogramm vorsieht.

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2. Für wen gilt der DSA?

Der DSA richtet sich an Vermittlungsdienste, die für Nutzer mit Niederlassungsort oder Sitz in der EU angeboten werden. Auf den Niederlassungsort des Anbieters selbst kommt es nicht an (Art. 2 DSA). Er adressiert Online-Vermittlungsdienste und Online-Plattformen, die eine Vermittlerrolle einnehmen und Verbrauchern einen Zugang zu Waren, Dienstleistungen und Inhalten vermitteln. Die Anbieter von Vermittlungsdiensten müssen entgeltliche elektronische Dienstleistungen anbieten.

Unter dem Begriff des Vermittlungsdienstes versteht der europäische Gesetzgeber Dienstleistungen, die

  • auf individuellen Abruf des Empfängers erbracht werden,
  • ohne dass die Vertragsparteien beide physisch (am selben Ort) anwesend sind,
  • die elektronisch erbracht werden,
  • gegen ein Entgelt erbracht werden, worunter auch Dienste fallen, die ihre Nutzung durch Werbung finanzieren (Gerdemann/Spindler, GRUR 2023, 3 (4)).

Der Regelfall des Vermittlungsdienstes sind Dienstleistungen, die vom Nutzer selbst angefordert wurden und über das Internet erbracht werden, ohne dass sich beide Parteien am selben Ort befinden. Damit gilt der DSA zunächst für einen weiten Kreis von Dienstleistungsanbietern. Neben Tech-Giganten wie sozialen Netzwerken oder Suchmaschinen erfasst er auch Selbstständige oder Startups, die ihre Dienste online gegen Entgelt auf Abfrage des Kunden anbieten.

Für die unterschiedlichen Gruppen an Diensteanbietern gelten unterschiedliche, abgestufte Regulierungsregime und ggf. Ausnahmen. So möchte der DSA vor allem bestimmte Gruppen von Anbietern von Vermittlungsdiensten regulieren, die bei der Verbreitung und Vermittlung von schädlichen und rechtswidrigen Informationen und Tätigkeiten eine große Rolle spielen.

Zu beachten ist: Der DSA nimmt nur die Tätigkeit der Vermittlung in den Blick. Das Produkt oder die Dienstleistung selbst, die das Unternehmen anbietet, werden von dem Gesetz nicht thematisiert. Auch wenn sich der DSA gegen rechtswidrige Inhalte im Netz richtet, definiert er selbst nicht, was rechtswidrig ist. Das regeln andere Gesetze.

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3. Wann gilt der DSA nicht?

Fehlt es an einem der vier oben genannten Kriterien eines Vermittlungsdienstes, ist der DSA nicht anwendbar.

Beispiele:

  • Ein Fernsehdienst ist kein Vermittlungsdienst, denn die Übertragung geschieht nicht auf individuelle Anforderung bzw. Abruf eines Empfängers.
  • Die Buchung eines Flugtickets von einem Reisebüro über das Internet bei Anwesenheit des Kunden im Reisebüro ist keine elektronische Dienstleistung des Reisebüros. Hier sind beide Parteien am selben Ort anwesend.
  • Ein privates WLAN-Netzwerk ist kein Vermittlungsdienst im Sinne des DSA, weil es an der Entgeltlichkeit fehlt (Hofmann/Raue, S. 88 Rn. 43).

Maßgeblich für die Umsetzung des DSA ist der Begriff des Vermittlungsdienstes. Jede Dienstleistung muss gesondert geprüft werden, um festzustellen, ob sie von der Anwendung des DSA umfasst ist. Hybride Dienste können je nach Angebot teilweise dem DSA unterfallen und teilweise nicht. Die Pflichten des DSA gelten nur für den Teil, der in den Anwendungsbereich fällt (Erwägungsgrund 15 DSA).

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4. Wie ist das abgestufte Regulierungssystem des DSA aufgebaut?

Der DSA gibt ein abgestuftes Regulierungssystem für Anbieter von Vermittlungsdiensten vor. Um zu wissen, welche Pflichten von einem Anbieter zu erfüllen sind, ist festzustellen, wie der Diensteanbieter eingestuft wird.

Unterschieden wird zwischen der Art und Größe des Vermittlungsdienstes. Der Pflichtenkatalog besteht aus vier Stufen, wobei für bestimmte Arten von Vermittlungsdiensten spezielle Pflichten oder Ausnahmen von Pflichten gelten.

  1. Die unterste Stufe des Regulierungssystems gilt für alle Diensteanbieter. Es handelt sich um allgemeine Vorgaben, die in den Artikeln 11 – 15 DSA zu finden sind.
  2. Auf der zweiten Stufe des Regulierungssystems befindet sich der Pflichtenkatalog für Hosting-Diensteanbieter in den Artikeln 16 – 18 DSA.
  3. Das Regulierungsregime der dritten Stufe gilt für Online-Plattformen und ist in den Artikeln 19 bis 28 DSA zu finden. Spezielle Regelungen gelten für Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmen ermöglichen (Art. 29 – 32 DSA).
  4. Die vierte Stufe des Regulierungssystems behandelt die Haftung von sehr großen Online-Plattformen und Suchmaschinen in den Artikeln 33 – 43 DSA.

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5. Welche Kategorien von Diensteanbietern gibt es?

Der DSA unterscheidet zwischen unterschiedlichen Arten von Vermittlungsdiensten. Um zu bestimmen, welche Pflichten für einen Diensteanbieter gelten, muss zunächst geklärt werden, welcher Anbieter-Typ vorliegt.

Unterscheidungskriterien sind:

  • Technische Funktionalität des Dienstes (insbesondere Umgang mit von Nutzern eingegebenen Inhalten)
  • Eigenschaften des Anbieterunternehmens selbst wie der Umsatz und die Anzahl der Mitarbeitenden
  • Nutzerzahlen des Dienstes in der EU

Anhand dieser Kriterien werden im DSA folgende Typen von Vermittlungsdiensten unterschieden:

  • Reine Durchleitung
  • Caching
  • Hosting
  • Online-Suchmaschinen
  • Sehr große Online-Suchmaschinen (Very Large Online Search Engines, VLOSEs)
  • Online-Plattformen
  • Online-Plattformen von Klein(st)unternehmen
  • Online-Plattformen zum Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmen
  • Sehr große Online-Plattformen (Very Large Online Platforms, VLOPs)

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5.1 Reine Durchleitung

Dienste der „reinen Durchleitung“ beschränken sich darauf, vom Nutzer bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetzwerk zu übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetzwerk zu vermitteln (Art. 3 lit. g, i) DSA).

Kriterien

  • Keine Veranlassung der Übermittlung
  • Keine Auswahl der Adressaten der übermittelten Informationen
  • Keine Auswahl oder Veränderung der übermittelten Informationen
  • Hauptzweck ist alleinige Weiterleitung von Informationen von einem Ort zum nächsten

Beispiele:

  • Internet Austauschknoten/ Internet Exchange Points
  • Drahtlose Zugangspunkte
  • VPN (soweit keine Nutzerdaten vom VPN gespeichert werden)
  • DNS-Dienste und DNS-Resolver, Internetsprachtelefonie und andere interpersonelle Kommunikationsdienste (gilt nur für die reine Durchleitung, ausgenommen sind Verknüpfungen mit weiteren Diensten, die ggf. der Online-Plattform unterfallen)
  • WLAN-Netzwerke (wenn ein Unternehmen wie ein Restaurant, Supermarkt oder Café einen freien WLAN-Zugang für Kunden zu Werbezwecken schafft, liegt wegen der Umlagemöglichkeit auf den Verkaufspreis eine Entgeltlichkeit i.S.v. Art. Abs. 1 lit.b) Info-RL vor, sodass diese vom DSA umfasst ist (Hofmann/Raue, S. 82 Rn. 10)).

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5.2 Caching

„Caching“-Leistungen bestehen darin, die vom Nutzer bereitgestellten Informationen in einem Kommunikationsnetzwerk zu übermitteln. Dabei kommt es zu einer automatischen, zeitlich begrenzten Zwischenspeicherung der Daten. Diese Zwischenspeicherung dient dem alleinigen Zweck, die Übermittlung der Information an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten (Art. 3 lit. g, ii) DSA).

Ziel ist es, eine reibungslosere und effizientere Übertragung von Informationen im Internet zu ermöglichen (DSA Erwägungsgrund 29).

Kriterien:

  • Bereitgestellte Informationen werden nicht verändert.
  • Gespeicherte Informationen werden zügig entfernt oder der Zugang zu ihnen gesperrt, sobald der Anbieter tatsächliche Kenntnis davon erhält, dass Informationen am ursprünglichen Ausgangsort aus dem Netz entfernt wurden.
  • Zweck der Zwischenspeicherung ist die optimierte oder beschleunigte Ausgabe von Inhalten.

Beispiele:

  • Proxys
  • Streaming-Caches

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5.3 Hosting

Ein „Hosting“-Dienst speichert vom Nutzer bereitgestellte Informationen für den Nutzer (Art. 3 lit. g, iii) DSA).

Beispiele:

  • Webhosting (wenn ein Unternehmen Server-Ressourcen zur Verfügung stellt, um Webseiten, Dateien oder andere Inhalte im Internet zu hosten, wie etwa Blogs für Privatpersonen, Websites für Unternehmen und Online-Shops für E-Commerce-Unternehmen)
  • Cloud-Computing-Dienste (wenn ein Unternehmen es Dritten ermöglicht, über das Internet auf verschiedene IT-Ressourcen zuzugreifen, um Rechenleistung, Speicherplatz, Datenbanken oder Anwendungen zu nutzen)
  • E-Mail-Hostingdienste (stellen Server-Ressourcen bereit, um die E-Mail-Kommunikation über das Internet abzuwickeln)

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5.4 Online-Suchmaschinen

Hierbei handelt es sich nach Art. 3 lit. j DSA um einen Vermittlungsdienst, der es Nutzern ermöglicht, in Form eines Stichworts, einer Spracheingabe, einer Wortgruppe oder einer anderen Eingabe Anfragen einzugeben, um prinzipiell auf allen Websites […] eine Suche zu einem beliebigen Thema vorzunehmen und Ergebnisse in einem beliebigen Format, in dem Informationen im Zusammenhang mit dem angeforderten Inhalt zu finden sind, angezeigt zu bekommen.

Online-Suchmaschinen haben aufgrund ihrer späten Einführung in die zum Teil bereits bestehenden Vorschriften des DSA eine Sonderstellung, was zu einigen rechtlichen Unklarheiten hinsichtlich der konkreten Einstufung führt. Klar ist jedoch, dass Online-Suchmaschinen als Vermittlungsdienste gelten und unter den Pflichtenkatalog des DSA fallen. Für sie gelten grundsätzlich die allgemeinen Verpflichtungen aller Vermittlungsdienste. Falls Informationen gespeichert werden, sind Online-Suchmaschinen wie Hostinganbieter zu behandeln.

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5.5 Sehr große Online-Suchmaschinen

Sehr große Online-Suchmaschinen sind Online-Suchmaschinen, die mindestens 45 Mio. aktive Nutzer in der EU haben und von der Europäischen Kommission als sehr große Online-Suchmaschine benannt wurden (Art. 33 Abs. 1, 4 DSA).

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5.6 Online-Plattformen

Eine Online-Plattform bezeichnet nach Art. 3 lit. i DSA einen Hostingdienst, der im Auftrag eines Nutzers Informationen speichert und öffentlich verbreitet, sofern es sich bei dieser Tätigkeit nicht nur um eine unbedeutende und reine Nebenfunktion eines anderen Dienstes oder um eine unbedeutende Funktion des Hauptdienstes handelt, die aus objektiven und technischen Gründen nicht ohne diesen anderen Dienst genutzt werden kann.

Online-Plattformen sind damit Unterformen der Hostingdienste, die sich wiederum in weitere Untertypen aufteilen. Je nach Dienst und Größe unterscheidet der DSA zwischen Online-Plattformen von Anbietern von Klein- und Kleinstunternehmen, Online-Plattformen im Business-to-Consumer-Verhältnis und sehr großen Online-Plattformen.

Die Bestimmung, ob eine Online-Plattform vorliegt, ist zum Teil mit Rechtsunsicherheiten verbunden.

Beispiele:

  • Online-Marktplätze: Bieten die Möglichkeit für (private) Nutzer, ihre Produkte oder Dienstleistungen potenziellen Käufern anzubieten, z.B. Etsy. Hierbei handelt es sich häufig auch um Online-Plattformen für Fernabsatzverträge.
  • Online-Shops: Ob Online-Shops zu den Vermittlungsdiensten gehören, ist umstritten und muss in der Zukunft voraussichtlich vom Europäischen Gerichtshof geklärt werden. Handelt es sich um einen Online-Shop, bei dem keine vom Nutzer bereitgestellten Informationen in dessen Auftrag gespeichert oder veröffentlicht werden, wird es sich hierbei nicht um einen Vermittlungsdienst handeln. Werden  Nutzerdaten gespeichert, um ein Kundenkonto anzulegen oder um das angebotene Produkt an den Kunden zu versenden, handelt es sich um für die Vertragsabwicklung notwendige Informationen. Komplizierter wird es, wenn der Online-Shop eine Kommentar- und Bewertungsfunktion für Nutzer bereithält. Ein veröffentlichter Kommentar oder eine veröffentlichte Bewertung in einem Online-Shop stellen eine vom Nutzer bereitgestellte Information dar, die im Auftrag des Nutzers veröffentlicht wurde. Die Frage ist, ob die Kommentar- und Bewertungsfunktion lediglich eine unbedeutende und reine Nebenfunktion darstellt. Unserer Einschätzung nach ist dies naheliegend, da der europäische Gesetzgeber auch die Kommentar-Funktion auf der Website einer Zeitung für eine unbedeutende Nebenfunktion hält (DSA Erwägungsgrund 13). Somit würde es sich bei einem Online-Shop aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht um eine Online-Plattform  handeln (Art. 3 lit. i DSA, Erwägungsgrund 13). Letztlich kommt es aber auf eine Einzelfallbetrachtung an. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Bewertungs- und Kommentarfunktion je nach Ausgestaltung des Online-Shops eine zentrale Bedeutung hat und nicht unter den Begriff der unbedeutenden und reinen Nebenfunktion fällt.
  • Blog-Seiten: Ein privater Blog oder ein Austauschforum unter Freunden ist nicht vom DSA umfasst, da das Merkmal der Entgeltlichkeit fehlt. Ein monetarisierter Blog, der einen Kommentarbereich hat, kann dagegen im Einzelfall vom DSA erfasst sein. Es gelten die gleichen Ausführungen wie für Online-Shops.
  • Online-Websites: Für eine Website, die z.B. nur repräsentative Zwecke verfolgt, gelten dieselben Regularien wie für Online-Shops und Content-Provider. Sofern keine Inhalte Dritter gespeichert werden, ist der Anwendungsbereich des DSA nicht eröffnet. Werden Kommentare im Auftrag des Nutzers gespeichert, kommt es darauf an, ob diese Funktion eine Nebenfunktion oder das wesentliche Merkmal des Dienstes ist.

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5.7 Online-Plattformen von Klein- und Kleinstunternehmer

Anbieter von Online-Plattformen, die bis zu 49 Angestellte sowie einen Umsatz unter 10 Millionen Euro haben, sind Online-Plattformen von Klein- und Kleinstunternehmer. Für sie gelten gewisse Ausnahmen vom Pflichtenkatalog des DSA. Hierdurch sollen kleinere Unternehmen entlastet werden.

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5.8 Online-Plattformen für Fernabsatzverträge im Business-to-Consumer-Bereich

Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, stellen eine weitere Unterkategorie der Online-Plattformen dar. Fernabsatzverträge sind Geschäfte, die über Fernkommunikationsmittel, z.B. das Internet, abgeschlossen werden.

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5.9 Sehr große Online-Plattformen

Sehr große Online-Plattformen werden durch die EU-Kommission als solche benannt, wenn sie mindestens 45 Millionen monatliche Nutzer in der EU haben (Art. 33 Abs. 1, 4 DSA). Aufgrund ihres Einflusses und ihrer Größe weisen sie die größten Risiken von Vermittlungsdiensten auf und haben daher auch die meisten Pflichten zu erfüllen.

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6. Welche Pflichten gelten auf Stufe 1?

Auf unterster Stufe stehen im Kapitel III Abschnitt 1 des DSA „Sorgfaltspflichten für ein transparentes und sicheres Online-Umfeld“ die allgemeinen Pflichten, welche für sämtliche Anbieter von Vermittlungsdiensten gelten.

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6.1 Benennung einer Kontaktstelle für Behörden und Nutzer

Für die Durchsetzung des DSA müssen sowohl Behörden als auch Nutzer die Möglichkeit haben, mit den Anbietern von Vermittlungsdiensten zu kommunizieren. Dazu muss nach Art. 11 und 12 DSA eine zentrale Kontaktstelle (Single Point of Contact) benannt werden. Die Anbieter von Vermittlungsdiensten müssen, neben der Veröffentlichung von Informationen zur leichten Ermittlung und Kommunikation mit ihrer Kontaktstelle, dafür sorgen, dass diese Informationen leicht zugänglich und stets auf dem aktuellen Stand sind.

Der Diensteanbieter muss angeben, in welcher Sprache Kontakt zu der Kontaktstelle für Behörden aufgenommen werden kann. Zusätzlich zu der Amtssprache des Landes der Hauptniederlassung muss eine weitere Sprache angegeben werden, die von möglichst vielen Unionsbürgern verstanden wird.

Zusätzlich müssen Kontaktstellen für Nutzer der Dienste eine Wahlmöglichkeit von Kommunikationsmitteln anbieten. Es muss mindestens eine Option geben, die nicht ausschließlich auf automatisierten Instrumenten wie z.B. Chat-Bots beruht. Der Vermittlungsdienst muss eine benutzerfreundliche, direkte, schnelle und wirksame Kommunikation ermöglichen, die leicht zugänglich ist.

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6.2 Gesetzlicher Vertreter

Anbieter von Vermittlungsdiensten, die keine Niederlassung in der Union haben, aber Dienstleistungen dort anbieten, müssen schriftlich eine juristische oder natürliche Person benennen, die in einem der Mitgliedstaaten, in denen sie ihre Dienste anbieten, in physischer Präsenz als ihr gesetzlicher Vertreter fungiert.

Die Diensteanbieter müssen dem Koordinator für digitale Dienste in dem Mitgliedstaat, in dem sie niedergelassen sind, den Namen, die Postanschrift, die E-Mail-Adresse und die Telefonnummer ihres gesetzlichen Vertreters melden.

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6.3 Allgemeine Geschäftsbedingungen

Die Diensteanbieter müssen ihre Nutzer in den AGB darüber informieren, welchen Beschränkungen Nutzerinhalte unterliegen. Gemeint ist hiermit die Moderation von Inhalten durch die Diensteanbieter.

Die Diensteanbieter haben transparent darzulegen, wie mit rechtswidrigen aber auch grundsätzlich rechtmäßigen, jedoch den Nutzungsbedingungen oder Community-Guidelines widersprechenden, Inhalten umgegangen wird. Erforderlich sind Angaben zu allen Leitlinien, Verfahren, Maßnahmen und Werkzeugen (z.B. Herabstufung oder Entfernung des Inhalts, Demonetisierung), die im Rahmen der Inhalte-Moderation verwendet werden. Auch Angaben zu möglicher algorithmischer Entscheidungsfindung hinsichtlich gegen die Nutzungsbedingungen verstoßender Inhalte und menschlicher Überprüfung sind bereitzustellen. Darüber hinaus müssen die Verfahrensregeln des internen Beschwerdemanagementsystems offengelegt werden.

Diese Informationen sind in eindeutiger und verständlicher Sprache zu verfassen. Richtet sich der Vermittlungsdienst vorwiegend an Minderjährige bzw. sind die Nutzer vor allem Minderjährige, müssen die AGB in einer für Minderjährige verständlichen Art und Weise formuliert sein.

Über wesentliche Änderungen sind die Nutzer laufend zu informieren.

Die Moderation von Nutzerinhalten ist nicht unproblematisch, insbesondere im Hinblick auf Inhalte, die zwar gegen die Richtlinien des Diensteanbieters verstoßen, nicht aber gegen geltendes Recht. Die Diensteanbieter sind angehalten, im Rahmen ihrer Moderation die Rechte und Interessen der Nutzer zu bedenken, insbesondere die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Medienvielfalt.

Nur sehr große Online-Plattformen und sehr große Suchmaschinen müssen eine Zusammenfassung ihrer AGB in leicht verständlicher Form und in einem maschinenlesbaren Format zugänglich machen. Die AGB sind in allen Amtssprachen der Mitgliedstaaten, in denen sie ihre Dienste anbieten, bereitzustellen.

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6.4 Transparenzberichts- und Rechenschaftspflichten

Einmal jährlich müssen alle Anbieter von Vermittlungsdiensten mit Ausnahme von Klein- und Kleinstunternehmen (Art. 15 Abs. 2 DSA) einen umfassenden Bericht über die in dem betreffenden Zeitraum durchgeführte Moderation von Inhalten öffentlich zur Verfügung stellen. Dieser muss maschinenlesbar sein und auf leicht zugänglicher Art und Weise klar verständlich sein (Art. 15 Abs. 1 DSA).

Der Inhalt des Transparenzberichts richtet sich aufgrund des hohen organisatorischen Aufwands nach der Größe und Funktion des Vermittlungsdienstes. Das bedeutet, dass es für bestimmte Arten von Vermittlungsdiensten Pflichtangaben gibt, die für andere Vermittlungsdienste nicht gelten.

Der Transparenzbericht enthält für alle Vermittlungsdienste mindestens folgende Angaben:

a) von Behörden der Mitgliedstaaten erhaltene Anordnungen über die Entfernung von rechtswidrigen Inhalten gemäß Art. 9 DSA und Auskunftsanordnungen gemäß Art. 10 DSA
b) Anzahl von Meldungen über rechtswidrige Inhalte
c) Information über die durchgeführte Moderation, wie Benennung der Anzahl und Art der getroffenen Maßnahmen zur Moderation und Angaben zur Schulung des zuständigen Personals
d) Anzahl von Beschwerden und wie diese behandelt wurden
e) Beschreibung der Verwendung automatisierter Mittel zur Moderation von Inhalten

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7. Welche Pflichten gelten auf Stufe 2?

Die zweite Stufe des Regulierungssystems befindet sich in Kapitel III Abschnitt 2 DSA und gilt für Hostingdiensteanbieter einschließlich Online-Plattformen.

7.1 Melde- und Abhilfeverfahren

Das Melde- und Abhilfeverfahren (Notice and action) ist eines der zentralen Instrumente des DSA. Es verpflichtet Hostingdiensteanbieter und Online-Plattformen, ein Meldeverfahren einzurichten, durch das Personen oder Einrichtungen ihrer Ansicht nach rechtswidrige Inhalte melden können, die von dem Dienst gehostet werden. Meldungen über AGB-widrige Inhalte muss der Diensteanbieter nicht entgegennehmen.

Das Verfahren muss leicht zugänglich und benutzerfreundlich sein und die Meldung ausschließlich auf elektronischem Wege übermitteln.

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7.1.1 Rechtswidriger Inhalt

Rechtswidrige Inhalte sind nach Art. 3 lit. h DSA alle Informationen, die als solche oder durch ihre Bezugnahme auf eine Tätigkeit, einschließlich des Verkaufs von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen, nicht im Einklang mit dem Unionsrecht oder dem Recht eines Mitgliedstaats stehen, ungeachtet des genauen Gegenstands oder der Art der betreffenden Rechtsvorschriften. Damit sollen rechtswidrige Inhalte im Sinne des DSA im Großen und Ganzen den bestehenden Regeln der Offline-Umgebung entsprechen (DSA Erwägungsgrund 12).

Beispiele für rechtswidrige Inhalte:

  • Weitergabe von Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern
  • Rechtswidrige Weitergabe privater Bilder ohne Zustimmung
  • Cyber-Stalking
  • Verkauf nicht konformer oder gefälschter Produkte
  • Verkauf von Produkten oder die Erbringung von Dienstleistungen unter Verstoß gegen das Verbraucherschutzrecht
  • Nicht genehmigte Verwendung urheberrechtlich geschützten Materials
  • Rechtswidrige Angebote von Beherbergungsdienstleistungen
  • Rechtswidriger Verkauf von lebenden Tieren

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7.1.2 Inhalt der Meldung

Nach Art. 16 Abs. 2 hat der Diensteanbieter darauf hinzuwirken, genaue und begründete Meldungen zu ermöglichen und erleichtern. Durch die Meldung soll ein sorgfältig handelnder Hostinganbieter ohne eingehende rechtliche Prüfung feststellen können, ob die Information rechtswidrig ist (Art. 16 Abs. 3 DSA).

Eine genaue und begründete Meldung enthält die folgenden Angaben:

  • Eine hinreichend begründete Erläuterung, warum die betreffende Person oder Einrichtung die fraglichen Informationen als rechtswidrige Inhalte ansieht.
  • Eine eindeutige Angabe des genauen elektronischen Speicherorts dieser Informationen, etwa die präzise URL-Adresse bzw. die präzisen URL-Adressen, oder, soweit erforderlich, weitere, hinsichtlich der Art der Inhalte und der konkreten Art des Hostingdienstes zweckdienliche Angaben zur Ermittlung der rechtswidrigen Inhalte.
  • den Namen und die E-Mailadresse der meldenden Person oder Einrichtung, es sei denn, es handelt sich um Informationen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie eine Straftat betreffen, bei der eine anonyme Meldung ausreicht (sexueller Missbrauch, sexuelle Ausbeutung, Kinderpornographie, Kontaktaufnahme zu Kindern für sexuelle Zwecke).
  • eine Erklärung darüber, dass die meldende Person oder Einrichtung in gutem Glauben davon überzeugt ist, dass die in der Meldung enthaltenen Angaben und Anführungen richtig und vollständig sind.

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7.1.3 Eingang der Meldung

Der Anbieter von Vermittlungsdiensten muss sicherstellen, dass Meldungen zeitnah zur Kenntnis genommen und bearbeitet werden können.

An die meldende Person muss eine Empfangsbestätigung versendet werden, sofern elektronische Kontaktangaben vorhanden sind (Art. 16 Abs. 4 DSA). Der Anbieter teilt der betreffenden Person umgehend seine Entscheidung mit und weist auf die möglichen Rechtsbehelfe hin (Art. 16 Abs. 5 DSA).

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7.2 Begründungspflicht

Beschränkungen von Inhalten haben Auswirkungen auf die freie Meinungsäußerung. Um die Entscheidung des Hostingdiensteanbieters nachvollziehen oder dagegen vorgehen zu können (vgl. Hofmann/Raue, S. 316, Rn. 1), muss dem Nutzer eine klare und spezifische Begründung für alle Beschränkungen vorgelegt werden, warum der Inhalt rechtswidrig ist oder nicht mit den Nutzungsbedingungen des Anbieters vereinbar ist.

Die Begründungspflicht besteht bei folgenden Maßnahmen, mit denen der Vermittlungsdienst auf den betreffenden Inhalt reagiert hat:

a) etwaige Beschränkungen der Anzeige bestimmter Einzelinformationen, die vom Nutzer bereitgestellt werden, einschließlich Entfernung von Inhalten, Sperrung des Zugangs zu Inhalten oder Herabstufung von Inhalten
b) Aussetzung, Beendigung oder sonstige Beschränkung von Geldzahlungen
c) Aussetzung oder Beendigung der gesamten oder teilweisen Bereitstellung des Dienstes
d) Aussetzung oder Schließung des Kontos des Nutzers

Die Begründungspflicht entfällt bei:

– Fehlenden Kontaktangaben des betreffenden Nutzers
– irreführenden, umfangreichen kommerziellen Inhalten
– Anordnungen von nationalen Justiz- oder Verwaltungsbehörden nach Art. 9

Die Begründung muss enthalten:

a) konkret getroffene Maßnahmen, räumlicher Geltungsbereich der Entscheidung und die Dauer der Gültigkeit
b) Tatsachen und Umstände, auf denen die Entscheidung beruht (z.B. Meldung oder freiwillige Untersuchung)
c) Einsatz automatisierter Mittel
d) Angabe der Rechtsgrundlage und Erläuterung, warum die Informationen darunterfallen
e) Verweis auf die vertraglichen Bestimmungen und die Unvereinbarkeit der Information mit dieser
f) benutzerfreundliche Informationen über Rechtsbehelfe, ggf. Beschwerdemanagementverfahren, außergerichtliche Streitbeilegung und gerichtliche Rechtsmittel

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7.3 Meldepflicht bei Straftatverdacht

Das Internet soll durch den DSA sicherer werden. Das beinhaltet auch die Rechtsverfolgung im digitalen Raum. Strafbare Inhalte sollen nicht nur gesperrt, sondern auch strafrechtlich verfolgt werden (vgl. Hofmann/Raue S. 329, Rn. 1). Die Vermittlungsdienste sollen dazu beitragen, dass die Strafverfolgungs- und Justizbehörden Kenntnis von besonders schwerwiegenden Straftaten erlangen. Daher legt Art. 18 DSA fest, dass Hostingdiensteanbieter bei Kenntnis von Informationen, die den Verdacht begründen, dass eine Straftat begangen wurde oder werden könnte, die eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit einer Person darstellt, diesen Verdacht melden müssen.

In Deutschland ist das Bundeskriminalamt nach § 13 DDG die empfangszuständige Zentralstelle der jeweiligen Mitteilung und veranlasst die Weiterleitung an die Strafverfolgungsbehörden.

Folgende Mindestangaben hält das BKA für erforderlich, um zügig tätig zu werden:

  • Strafrechtlich relevanter Sachverhalt inkl. Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Nutzername/User ID/Account ID inkl. hinterlegte Nutzerinformationen
  • falls vorhanden IP-Adresse
  • Interne Vorgangsnummer der meldenden Stelle (für Rückfragen)

Eine genaue Definition oder Auflistung, welche Straftaten das Leben oder die Sicherheit gefährden, gibt es nicht. Die Einschätzung muss vom Anbieter im Einzelfall vorgenommen werden. Folgende Bereiche betreffen gewöhnlicherweise das Leben oder die Sicherheit einer Person:

  • Terrorismus
  • Hasskriminalität einschließlich Hassrede
  • Sexualdelikt zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen
  • Menschenhandel
  • Gewalt

Keine Straftat nach deutschem Recht ist der freiverantwortliche Suizid, sodass dieser nicht unter die Meldeverpflichtung des DSA fällt.

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8. Welche Pflichten gelten auf Stufe 3?

Die Verpflichtungen der Stufe 3 (siehe Kapitel III, Abschnitt 3 des DSA), gelten nur für Online-Plattformen. Die zusätzlichen Pflichten für Online-Plattformen, die über die Pflichten hinausgehen, die für alle Hostingdiensteanbieter gelten, lassen sich durch die größere Wirkkraft von Online-Plattformen erklären: Online-Plattformen speichern die Informationen des Nutzers nicht nur, sondern verbreiten diese auch öffentlich.

Die zusätzlichen Bestimmungen der Stufe 3 gelten jedoch nicht für Online-Plattformen, die Klein- oder Kleinstunternehmen sind (Art. 19 DSA). Für diese gilt nur ein Teil der Transparenzpflichten aus Art. 24 DSA.

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8.1 Internes Beschwerdemanagementsystem

Zum Schutz der Nutzerrechte müssen Online-Plattformen nach Art. 20 DSA ein internes Beschwerdemanagementsystem einrichten, das Nutzern oder meldenden Personen sechs Monate nach einer Maßnahme im Sinne des DSA (z.B. Sperrung des Kontos, Löschung eines Inhalts etc.) kostenlosen Zugang zu dem Inhalt gewährt. Dadurch wird ermöglicht, dass Beschwerde gegen die Maßnahme eingereicht werden kann.

Beschwerden sind zeitnah, diskriminierungsfrei, sorgfältig und frei von Willkür von den Online-Plattformen zu bearbeiten. Kommt die Plattform zu dem Ergebnis, dass die Beschwerde erfolgreich war und der Inhalt weder rechtswidrig noch AGB-widrig ist, ist die gegen den Inhalt und den Nutzer eingeleitete Maßnahme rückgängig zu machen. Diese Entscheidung ist unter Aufsicht von angemessen qualifiziertem Personal durchzuführen und darf nicht nur durch automatisierte Mittel getroffen werden.

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8.2 Außergerichtliche Streitbeilegung

Um Justizressourcen zu schonen und den Nutzern eine schnellere und günstigere Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung zu bieten, haben Nutzer nach einer nachteiligen Maßnahme des Diensteanbieters gemäß Art. 21 DSA das Recht, zur Beilegung der Streitigkeit eine zertifizierte außergerichtliche Streitbeilegungsstelle einzuschalten.

  • Gewinnt der Nutzer, hat die Online-Plattform die Kosten zu tragen. Dazu gehören alle angemessenen Kosten, die der Nutzer im Zusammenhang mit der Streitbeilegung gezahlt hat. Umfasst sind auch die Kosten des Rechtsanwalts, denn die Hinzuziehung eines Rechtsbeistands ist grundsätzlich angemessen.
  • Obsiegt der Diensteanbieter, haben die Nutzer grundsätzlich keine Kosten zu tragen, es sei denn, der Nutzer handelte böswillig (z.B. falsche Angaben, Verfahrensverschleppung, Verfolgung sachfremder Ziele). Eigene Anwaltskosten werden jedoch nicht erstattet.

Neben der Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung haben die Nutzer weiterhin das Recht, den Streit vor ein Gericht zu bringen.

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8.3 Vorrangige und unverzügliche Bearbeitung von Meldungen der Vertrauenswürdigen Hinweisgeber

Meldungen von vertrauenswürdigen Hinweisgebern („Trusted Flagger„) müssen unverzüglich und vorrangig bearbeitet und einer Entscheidung zugeführt werden. Dies soll die Meldung rechtswidriger Inhalte schneller und zuverlässiger machen und eine zivilgesellschaftliche Kontrolle ermöglichen. Vertrauenswürdige Hinweisgeber werden vom Koordinator für digitale Dienste (Bundesnetzagentur) auf Antrag ernannt.

Vertrauenswürdige Hinweisgeber haben folgende Bedingungen zu erfüllen:

a) die Stelle hat besondere Sachkenntnis und Kompetenz in Bezug auf die Erkennung, Feststellung und Meldung rechtswidriger Inhalte
b) sie ist unabhängig von jeglichen Anbietern von Online-Plattformen
c) sie übt ihre Tätigkeiten zur Übermittlung von Meldungen sorgfältig, genau und objektiv aus

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8.4 Maßnahmen und Schutz vor missbräuchlicher Verwendung

Die Mechanismen zum Melde- und Beschwerdesystem sollen nicht missbräuchlich verwendet werden. Dazu trifft der Art. 23 DSA Vorkehrungen zum Schutz vor Vertrauensverlust der Systeme.

Personen, die das Melde- und Abhilfeverfahren missbrauchen, indem sie häufig offensichtliche unbegründete Meldungen oder Beschwerden einreichen, werden von den Anbietern von Online-Plattformen für einen angemessenen Zeitraum nach vorheriger Warnung (im Sinne des Art. 17 Abs. 3 DSA) gesperrt. Gleichermaßen sollen Nutzer, die häufig und offensichtlich rechtswidrige Inhalte bereitstellen, gesperrt werden (Art. 17 Abs. 1 DSA).

Der Diensteanbieter muss bei Beschränkungen seines Dienstes sorgfältig und in objektiver Weise unter Zugrundelegung der einschlägigen Tatsachen und Umstände seine Entscheidung bewerten.

Folgende Maßstäbe sind dabei entscheidungserheblich:

  • die absolute Anzahl der offensichtlich rechtswidrigen Inhalte oder der offensichtlich unbegründeten Meldungen oder Beschwerden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums bereitgestellt bzw. eingereicht wurden,
  • deren relativer Anteil an der Gesamtzahl der in einem bestimmten Zeitraum bereitgestellten Einzelinformationen oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums gemachten Meldungen,
  • die Schwere der Fälle der missbräuchlichen Verwendung, einschließlich der Art der rechtswidrigen Inhalte, und deren Folgen,
  • die von dem Nutzer, der Person, der Einrichtung oder dem Beschwerdeführer verfolgten Absichten, sofern diese Absichten ermittelt werden können.

Zu Transparenz- und Konkretisierungszwecken müssen sämtliche Regeln der missbräuchlichen Verwendung klar und ausführlich an Beispielen belegt in den Geschäftsbedingungen dargelegt werden.

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8.5 Zusätzliche Transparenzpflichten

Über die Transparenzpflichten, die für alle Anbieter von Vermittlungsdiensten gelten (Art. 15 DSA), müssen die Transparenzberichte von Anbietern von Online-Plattformen folgende zusätzliche Informationen enthalten:

  • Anzahl, Umstände und Entscheidungen der außergerichtlichen Streitbeilegung (Art. 21 DSA),
  • Anzahl der Aussetzungen nach Art. 23 DSA,
  • Halbjährlich aktualisiert die durchschnittliche monatliche Zahl der aktiven Nutzer
  • Auf Anfrage eine Auflistung der Entscheidungen und Begründungen nach Art. 17 Abs. 1 DSA, ohne dass personenbezogene Daten weitergegeben werden.

Für Online-Plattformen oder Online-Suchmaschinen, die Klein- und Kleinstunternehmen sind gilt, dass sie nur die durchschnittliche monatliche Zahl aktiver Nutzer zu übermitteln haben.

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8.6 Gestaltung und Organisation der Online-Schnittstelle

Art. 25 DSA greift die Regulierung von sogenannten Dark Patterns auf. Dark Patterns sind Praktiken, mit denen darauf abgezielt oder tatsächlich erreicht wird, dass die Fähigkeit der Nutzer, eine autonome und informierte Auswahl oder Entscheidung zu treffen, maßgeblich verzerrt oder beeinträchtigt wird. Kurz: Dark Patterns nutzen verhaltensökonomische bzw. -psychologische Muster eines Menschen aus.

Online-Plattformen verfügen über eine einseitige technische Gestaltungsmacht. Durch gesammelte Daten haben sie die Möglichkeit, effektiv menschliche Entscheidungsfindungen zugunsten einer Dienstleistung oder eines Produktes zu beeinflussen. Die unternehmerische Freiheit soll daher mit den Verbraucherinteressen in Einklang gebracht werden.

Der DSA macht Online-Plattformen aus diesem Grund nicht nur rechtliche, sondern auch technische Vorgaben. Nicht jedes einzelne Dark Pattern ist verboten. Es gibt sozial anerkannte Geschäftspraktiken, die einem Nutzer zumutbar sind. Wird ein Mindestmaß an subtiler Lenkwirkung erzielt, sodass das Verhalten des durchschnittlichen Nutzers maßgeblich beeinflusst wird, ist jedoch die Grenze überschritten. Eine maßgebliche Beeinflussung liegt beispielsweise vor, wenn Informationen versteckt werden, die für eine Kaufentscheidung ausschlaggebend sind. Je mehr Dark Patterns miteinander kombiniert werden, desto eher ist von einer Unzulässigkeit auszugehen.

Zusammenfassend liegt ein Dark Pattern gewöhnlich bei folgenden Merkmalen vor:

  1. Die Praktik bewirkt eine von den Nutzern unerwünschte Verhaltensweise oder ungewollte Entscheidung.
  2. Die Praktik hat negative Folgen für die Nutzer, die nicht in deren Interesse sind.
  3. Die Praktik hat Vorteile für die Online-Plattform.

Konkrete Beispiele für Dark Patterns:

  • Druck durch künstliche Verknappung, Countdowns, Nagging (wiederholtes Auffordern) oder Social Proof (Bewertungen Anderer).
  • Operativer Zwang: Faktischer Zwang, eine Handlung vorzunehmen oder zu dulden, indem z.B. Leistungen von Bedingungen abhängen.
  • Hindernisse: Versuche, Nutzer von bestimmten Handlungen abzubringen (Anmeldung einfacher als Kündigung, Preselection, Click fatigue).
  • Erschleichen: Zusätzliche Leistung, die man gar nicht wollte (ungewolltes Objekt im Warenkorb, Zusatzkosten in späteren Bestellschritten).
  • Irreführung: Grafische Gestaltung zur Ablenkung von Informationen (Werbung getarnt als Steuerelement, Trick Question wie doppelte Verneinung).

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8.7 Regulierung von Werbung

Die Finanzierung von Online-Plattformen beruht zu einem großen Anteil auf Werbeeinnahmen. Das führt dazu, dass viele Plattformen immer mehr Werbung in ihre Dienste einbauen. Plattform-Nutzer sollen deshalb durch Transparenzvorgaben davor geschützt werden, dass die Werbung sie nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt (Art. 26 DSA).

Werbung nach dem DSA bezeichnet Informationen, die dazu bestimmt sind, die Botschaft einer Person zu verbreiten, unabhängig davon, ob damit gewerbliche oder nichtgewerbliche Zwecke verfolgt werden. Außerdem muss die Werbung von einer Online-Plattform auf ihrer Online-Schnittstelle gegen Entgelt speziell zur Bekanntmachung dieser Informationen dargestellt werden.

Werbung muss für den Nutzer klar, präzise und eindeutig erkennbar sein. Es muss erkenntlich sein, in wessen Namen die Werbung angezeigt wird und bei Personenverschiedenheit ggf. wer diese bezahlt hat. Zuletzt müssen Angaben über die Parameter der Zielgruppe angegeben werden.

Anbieter von Online-Plattformen dürfen keine Werbung anzeigen, die auf Profiling unter Verwendung besonders sensibler Daten nach der DSGVO basiert (Art. 9 Abs. 1 DSGVO: z.B. ethnische Herkunft, religiöse Überzeugung, sexuelle Orientierung, Gesundheitsdaten).

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8.8 Transparenz der Empfehlungssysteme in den AGB

Empfehlungssysteme bzw. Algorithmen ermöglichen es Anbietern von Online-Plattformen, personalisierte Beiträge und Informationen an Nutzer zu übermitteln und ihnen bestimmte Inhalte priorisiert anzuzeigen. Eine solche „Empfehlung“ kann sich beispielsweise durch vergangene Suchanfragen ergeben.

Durch Empfehlungssysteme kann das Nutzererlebnis deutlich verbessert und z.B. Nutzungszeiten erhöht oder bessere Werbemöglichkeiten geschaffen werden. Durch die algorithmische Ordnung von Informationen kann aber auch die Meinungsbildung beeinflusst werden. Es besteht die Gefahr von sog. Echokammern, in denen die Nutzer ausschließlich mit einseitigen Informationen konfrontiert werden. Um informierte Entscheidungen treffen zu können, muss über die Empfehlungssysteme informiert werden.

Art. 27 Abs. 1 DSA verpflichtet Anbieter von Online-Plattformen, die wichtigsten Parameter, die in ihrem Empfehlungssystem verwendet werden, sowie alle Möglichkeiten für die Nutzer, diese wichtigen Parameter zu ändern oder zu beeinflussen, in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen darzulegen.

Diensteanbieter müssen dazu nicht ihre vollständigen Empfehlungssysteme offenlegen, da diese u.a. vom Betriebs- und Geschäftsgeheimnis geschützt sind, sondern nur die wesentlichen Kriterien. Nutzer müssen die hinter dem Algorithmus stehende Logik verstehen können. Einen Anspruch seitens des Nutzers auf Individualisierung oder Beeinflussung des Algorithmus ist nicht vorgesehen.

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8.9 Schutz Minderjähriger

Minderjährige werden durch den DSA besonders geschützt. Das verglichen mit Erwachsenen höhere Schutzniveau folgt aus der erhöhten Gefahrenanfälligkeit von Kindern und Jugendlichen im Online-Umfeld.

Anbieter von Online-Plattformen, die für Minderjährige zugänglich sind, müssen geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen, um für ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz von Minderjährigen innerhalb ihres Dienstes zu sorgen.

Es gilt ein generelles Verbot für Online-Plattformen, Minderjährigen Werbung anzuzeigen, die auf Grundlage von Profiling ausgewählt ist. Profiling bezeichnet die (umfassende) Profilbildung einer Person anhand von personenbezogenen Daten, die zur Analyse und verhaltensbezogener Vorhersagen genutzt werden kann.

Der Diensteanbieter ist nicht verpflichtet, zusätzliche personenbezogene Daten zu verarbeiten, um festzustellen, ob der Nutzer minderjährig ist.

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9. Spezielle Pflichten auf Stufe 3 für Online-Plattformen

Der Verbraucherschutz ist eines der zentralen Ziele des DSA. Um diesen Schutz bei Geschäftsvorgängen im Internet über Vermittlungsdienste zu gewährleisten, müssen Diensteanbieter, die Business-to-Consumer-Verträge (B2C) vermitteln, spezielle Maßnahmen ergreifen.

Die Pflichten dieses Abschnittes gelten nicht für Klein- und Kleinstunternehmen, Art. 29 DSA.

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9.1 Nachverfolgbarkeit von Unternehmen

Art. 30 DSA folgt dem Prinzip „Know Your Business Customer“. Die Plattformen sollen Kenntnis darüber haben, mit welchen Händlern sie zusammenarbeiten. Dadurch sollen Händler abgeschreckt werden, gefälschte oder unsichere Ware über die Plattform zu verkaufen.

Dazu müssen Anbieter der Online-Plattformen von den Händlern, die auf der Plattform Produkte oder Dienstleistungen anbieten, folgende Informationen erhalten haben, bevor die Unternehmer den Dienst benutzen können:

a) Name, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse des Unternehmers
b) Kopie des Identitätsdokuments des Unternehmers oder eine andere elektronische Identifizierung, die zur Identifizierung bei Online-Diensten verwendet wird
c) Angaben zum Zahlungskonto des Unternehmers
d) falls der Unternehmer in einem Handelsregister oder einem ähnlichen öffentlichen Register eingetragen ist, das Handelsregister, in dem er eingetragen ist, und seine Handelsregisternummer oder eine gleichwertige in diesem Register verwendete Kennung
e) Selbstbescheinigung des Unternehmers, in der sich dieser verpflichtet, nur Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, die den geltenden Vorschriften des Unionsrechts entsprechen

Besonders die Selbstbescheinigung nach Art. 30 Abs. 1 lit. e DSA hat große Praxisrelevanz auf. Nicht nur die Anbieter von Online-Plattformen haben nach Art. 30 DSA eine Handlungspflicht, sondern auch die Händler und Unternehmer, die ihre Produkte und Dienstleistungen auf der Plattform anbieten wollen.

Unternehmer, die bei Inkrafttreten des DSA bereits bei einer Online-Plattform Händler sind, haben die Informationen bis spätestens 17.02.2025 zur Verfügung zu stellen. Geschieht dies nicht, werden sie bis zur Erbringung der Mitwirkungspflicht von der Online-Plattform ausgeschlossen, Art. 30 Abs. 2 DSA. Die Marktplatzbetreiber haben dann die Informationen nach besten Kräften zu prüfen, ob die genannten Informationen verlässlich und vollständig sind.

Falls der Diensteanbieter ausreichend Hinweise darauf hat, dass eine der genannten Informationen unrichtig, unvollständig oder nicht auf aktuellem Stand ist, muss er den Unternehmer unverzüglich auffordern, Abhilfe zu schaffen (Art. 30 Abs. 3 DSA). Eine starre Frist gibt es nicht. Sie richtet sich nach den Einzelheiten und Umständen. Kommt der Unternehmer dem nicht nach, wird er bis zur vollständigen Abhilfe von dem Dienst ausgeschlossen.

Die Informationen müssen auf der Online-Plattform in klarer, leicht zugänglicher und verständlicher Weise auf der jeweiligen Produktseite zur Verfügung gestellt werden. Sie müssen bis zu sechs Monate nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem betreffenden Unternehmer gespeichert werden und sind danach zu löschen (Art. 30 Abs. 5, 7 DSA).

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9.2 Konformität durch Technikgestaltung

Händler, die Fernabsatzverträge mit Verbrauchern abschließen, haben zahlreichen unionsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. So müssen die Händler vorvertragliche Informationen bereithalten und Konformitäts- und Produktsicherheitsvorgaben einhalten. Diese Verpflichtungen entsprechen formalen Anforderungen und Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen (Art. 6, 8 Verbraucherrechte-RL), Informationen über irreführende Unterlassungen (Art. 7 UGP-RL), allgemeine Informationspflichten (Art. 6, 8 Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) und Angaben zum Verkaufspreis (Art. 3 Preisangaben-Richtlinie).

Diensteanbieter von Online-Plattformen müssen ihre Plattform so gestalten, dass Händler ihren Verpflichtungen nach geltendem Unionsrecht nachkommen können (Art. 31 Abs. 1 DSA).

Dies sind gemäß Art. 31 Abs. 2 DSA die Mindestangaben, die die Schnittstelle einer Online-Plattform den Unternehmen ermöglichen muss:

a) die Informationen, die für eine klare und eindeutige Identifizierung der Produkte oder Dienstleistungen erforderlich sind, die den Verbrauchern über die Dienste der Anbieter beworben oder angeboten werden
b) ein Zeichen zur Identifizierung des Unternehmers, etwa die Marke, das Symbol oder das Logo
c) falls vorgeschrieben, die Informationen in Bezug auf die Etikettierung und Kennzeichnung im Einklang mit den Vorschriften des geltenden Unionsrechts über Produktsicherheit und Produktkonformität

Zuletzt sieht Art. 31 DSA eine Überwachungs- und Prüfpflicht für den Diensteanbieter vor. Dazu sollen Diensteanbieter sich nach besten Kräften bemühen, zu prüfen, ob die Unternehmen die vollständigen Informationen im Einklang mit dem einschlägig geltenden Unionsrecht auf ihre Online-Schnittstellen hochgeladen haben (DSA Erwägungsgrund 74).

Erst, wenn diese Prüfung erfolgreich beendet ist, sollen Produkte oder Dienstleistungen des jeweiligen Unternehmens angeboten werden dürfen. Zur Überwachungspflicht des Anbieters einer Online-Plattform gehört es, stichprobenartig in angemessener Weise zu prüfen, ob die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen als rechtswidrig eingestuft werden (Art. 31 Abs. 3 DSA).

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9.3 Recht auf Informationen

Erfährt der Diensteanbieter, dass ein Händler rechtswidrige Produkte oder Dienstleistungen über seine Plattform verkauft hat, muss er dies Verbrauchern melden, die das Produkt gekauft haben (Art. 32 DSA). Das gilt allerdings nur, wenn dem Diensteanbieter die Kontaktdaten des jeweiligen Verbrauchers vorliegen.

Die Meldung an den Verbraucher muss folgende Informationen enthalten:

a) die Tatsache, dass das Produkt oder die Dienstleistung rechtswidrig ist
b) die Identität des Unternehmers und
c) die einschlägigen Rechtsbehelfe

Wenn der Diensteanbieter die Kontaktdaten des betroffenen Verbrauchers nicht hat, informiert er darüber öffentlich und leicht zugänglich auf der jeweiligen Schnittstelle der Online-Plattform.

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10. Welche Pflichten gelten auf Stufe 4?

Sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen weisen aufgrund ihrer Größe und ihres Einflusses die höchsten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Risiken auf und tragen daher auch die meisten Pflichten.

Dazu zählen insbesondere systemische Risiken, die mit der Funktionsweise, Gestaltung und Nutzung der Dienste einhergehen. Beispiele sind die Verbreitung rechtswidriger Inhalte wie Darstellungen von sexuellem Missbrauch von Kindern oder Hassrede, Desinformationen, Gefährdungen für die Meinungsfreiheit und den Verbraucherschutz, sowie der öffentlichen Sicherheit und dem ordnungsgemäßen Ablauf von Wahlprozessen.

Neben den Pflichten der Stufen 1-3 haben sehr große Online-Plattformen / Suchmaschinen die Pflichten:

  • Art. 34 DSA Risikobewertung: Die Anbieter von sehr großen Online Plattformen/ Online Suchmaschinen haben die systemischen Risiken, die von ihrer Plattform/ Suchmaschine ausgehen, zu bewerten. Außerdem ist zu analysieren, wie die systemischen Risiken durch missbräuchliche Verwendung des Dienstes oder durch die Möglichkeit schneller Verbreitung von Inhalten auf den Diensten verstärkt werden können. Eine Risikobewertung hat regelmäßig, in der Regel mindestens jährlich, zu erfolgen, sowie vor der Einführung einer neuen Funktion des Dienstes, durch die sich systemische Risiken ergeben können.
  • Art. 35 DSA Risikominderung: Die Anbieter von sehr großen Online Plattformen/ Suchmaschinen haben angemessene, verhältnismäßige und wirksame Risikominderungsmaßnahmen zu ergreifen um den systemischen Risiken entgegenzuwirken. Beispiele hierfür sind Anpassung der Gestaltung, Merkmale oder Funktionsweise des Dienstes oder seiner Schnittstellen, oder Anpassung der Moderation von Inhalten.
  • Art. 36 DSA Krisenreaktionsmechanismus: Im Krisenfall kann die Europäische Kommission Anbietern von sehr großen Online Plattformen/ Suchmaschinen Maßnahmen auferlegen. Ein Krisenfall liegt vor, wenn eine schwerwiegende Bedrohung für die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit der Union naheliegt. Die auferlegten Maßnahmen müssen dem Zweck dienen, diese Bedrohung einzudämmen.
  • Art. 37 DSA Unabhängige Prüfung: Die Anbieter von sehr großen Online-Plattformen/ Suchmaschinen haben sich jährlich auf eigene Kosten einer unabhängigen Prüfung zu unterziehen. Bei dieser Prüfung wird insbesondere die Einhaltung der vom DSA auferlegten Pflichten überprüft. Die Prüfung ist von einer unabhängigen, sachkundigen Stelle durchzuführen. Die Anbieter von sehr großen Online Plattformen/ Suchmaschinen haben zum Zweck der Prüfung mit diesen Stellen wirksam und effizient zusammenzuarbeiten.
  • Art. 38 DSA Empfehlungssysteme: Die Anbieter von sehr großen Online Plattformen/ Suchmaschinen, die Empfehlungssysteme verwenden, sind zusätzlich zu den Anforderungen des Art. 27 DSA dazu verpflichtet, mindestens eine Option für jedes Empfehlungssystem anzubieten, das nicht auf Profiling beruht.
  • Art. 39 DSA Zusätzliche Transparenz der Online-Werbung: Die Anbieter von sehr großen Online Plattformen/ Suchmaschinen sind dazu verpflichtet, ein Online-Archiv über die Werbung, die auf ihren Schnittstellen dargestellt wird, zu führen. Das Archiv hat unter anderem Informationen über den Inhalt der Werbung, den Werbetreibenden und, wenn es sich um personalisierte Werbung handelt, die für die Anzeige beim Nutzer ausschlaggebenden Kriterien, zu enthalten.
  • Art. 40 DSA Datenzugang und Kontrolle: Die Anbieter von sehr großen Online Plattformen/ Suchmaschinen haben dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort oder der Europäischen Kommission Zugang zu Daten zu gewähren, die für die Überwachung und Bewertung der Einhaltung des DSA erforderlich sind. Die Daten werden nur zu diesem Zwecke und unter Einhaltung des Schutzes vertraulicher Informationen ausgewertet. Auf Anfrage der Europäischen Kommission können die Daten auch Forschenden, die sich mit systemischen Risiken beschäftigen, zugänglich gemacht werden.
  • Art. 41 DSA Compliance-Abteilung: Die Anbieter von sehr großen Online-Plattformen/ Suchmaschinen haben eine Compliance-Abteilung einzurichten, die für die interne Überwachung der Pflichten aus dem DSA zuständig ist. Die Compliance-Abteilung muss unabhängig von der operativen Abteilung sein. Sie muss über ausreichend Ressourcen, Autorität und Befugnisse verfügen, um ihrer Überwachungsaufgabe nachkommen zu können. Außerdem hat die Compliance-Abteilung die Aufgaben, mit den Behörden zum Zwecke der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem DSA zusammenzuarbeiten und das Management des Anbieters in Hinblick auf den DSA zu beraten.
  • Art. 42 DSA Transparenzberichtspflichten: Die Anbieter von sehr großen Online Plattformen/ Suchmaschinen haben umfangreiche Transparenzberichte zu veröffentlichen. Neben den Pflichtinformationen aus Art. 15 DSA und Art. 24 Abs. 1 DSA haben die Anbieter auch die in Art. 42 DSA genannten Angaben zu veröffentlichen. Diese Angaben beziehen sich beispielweise auf die personellen Ressourcen, die für die Moderation eingesetzt werden und die Qualifikation und Schulung dieses Personals. Die Transparenzberichte müssen ebenfalls die durchschnittliche monatliche Nutzerzahl, aufgeschlüsselt nach den EU-Mitgliedstaaten, enthalten. Auch die Berichte über die Ergebnisse der Risikobewertung (Art. 34 DSA), die gem. Art. 35 Abs. 1 DSA getroffenen Abhilfemaßnahmen, der Prüfbericht aus Art. 37 Abs. 4 DSA und der in Art. 37 Abs. 6 genannte Bericht müssen im Transparenzbericht enthalten sein. Die Berichte sind mindestens halbjährlich in mindestens einer der Amtssprachen der Mitgliedstaaten der EU zu verfassen.
  • Art. 43 DSA Aufsichtsgebühren: Die Europäische Kommission erhebt jährlich von den Anbietern von sehr großen Online Plattformen/ Suchmaschinen eine Gebühr, die die Kosten für die Aufsichtsaufgaben deckt.

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11. Haftung für Nutzerinhalte

Die Haftung von Vermittlungsdiensten war bereits vor Inkrafttreten des DSA im Netzwerkdurchsetzungsgesetz bzw. der E-Commerce-RL geregelt. Diese wird nun im Wesentlichen im DSA fortgeführt (vgl. Hofmann/Raue, S. 53 Rn. 18).

Anbieter von Vermittlungsdiensten haften für eigene Tätigkeiten sowie unter Einschränkungen auch für rechtswidrige Nutzerinhalte. Für eigene oder zu eigen gemachte Inhalte haften Diensteanbieter nach den allgemeinen Haftungsregeln. Für fremde Inhalte gelten die Haftungsprivilegien des DSA (Hofmann/Raue, S. 115, Rn. 12). Es gilt das sog. „Notice and action„-Verfahren (vgl. Art. 16 DSA).

Grundsätzlich gilt: Diensteanbieter trifft keine allgemeine Überwachungspflicht oder aktive Nachforschungspflicht in Bezug auf Nutzerinhalte (Art. 8 DSA). Auf Eigeninitiative des Diensteanbieters durchgeführte freiwillige Untersuchungen zu rechtswidrigen Nutzerinhalten sollen diesen aber nicht benachteiligen. Art. 7 DSA regelt das sogenannte Gute-Samariter-Privileg. Danach bestehen die Haftungsprivilegien auch dann weiter, wenn die Diensteanbieter sorgfältig auf Eigeninitiative nach Treu und Glauben freiwillige Untersuchungen zu rechtswidrigen Inhalten durchführen. Da die Haftungsprivilegierungen nur greifen, wenn der Diensteanbieter sich passiv verhält, soll das Gute-Samariter-Privileg aktiv handelnde Diensteanbieter nicht schlechter stellen, indem diese ihre Haftungsprivilegierung verlieren.

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11.1 Haftungsprivilegien

Verschiedene Haftungsprivilegien gelten für Dienste der reinen Durchleitung, Caching-Dienste und Hostingdiensteanbieter.

11.1.1 Reine Durchleitung

Ein Diensteanbieter der reinen Durchleitung haftet nicht für rechtswidrige Inhalte, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 4 DSA):

  1. Keine Veranlassung der Übermittlung durch den Diensteanbieter
  2. Keine Auswahl des Adressaten der übermittelten Informationen
  3. Keine Veränderung oder Auswahl der Informationen durch den Diensteanbieter

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11.1.2 Caching

Das Haftungsprivileg bei einer Caching-Leistung nach Art. 5 DSA hat folgende Bedingungen:

  1. Keine Veränderung der Information durch den Diensteanbieter
  2. Der Diensteanbieter beachtet die Bedingung für den Zugang zu den Informationen
  3. Der Diensteanbieter beachtet die Regeln für die Aktualisierung der Informationen
  4. Keine Beeinträchtigung der Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten, die in der Branche anerkannt sind
  5. Bei positiver Kenntnis: Verpflichtung zu Notice and Takedown, also Entfernung des Inhalts oder Sperrung des Zugangs zum Inhalt

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11.1.3 Hosting

Die Haftung beim Hosting ist in Art. 6 DSA geregelt. Der Hostingdiensteanbieter haftet nicht für auf seinem Dienst hochgeladene Inhalte, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • keine tatsächliche Kenntnis von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder rechtswidrigen Inhalten hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder rechtswidrige Inhalte offensichtlich hervorgehen, oder
  • sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erlangt, zügig tätig wird, um den Zugang zu den rechtswidrigen Inhalten zu sperren oder diese zu entfernen.

Die Meldung eines rechtswidrigen Inhalts in Form des Art. 16 Abs. 1,2 DSA bezweckt, dass von einer tatsächlichen Kenntnis ausgegangen wird, wenn sie es einem sorgfältig handelnden Anbieter von Hostingdiensten ermöglicht, ohne eingehende rechtliche Prüfung festzustellen, dass die einschlägige Tätigkeit oder Information rechtswidrig ist.

Die Haftungsprivilegierung findet keine Anwendung auf Online-Plattformen, die Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher anbieten und die spezifischen Informationen dazu selbst bereitstellen oder von denen ausgegangen werden kann, dass das Produkt oder die Dienstleistung von der Online-Plattform selbst bzw. von einem ihrer Aufsicht unterstehenden Nutzer bereitgestellt wird (Art. 6 Abs. 3 DSA). Hierzu stellte das OLG Nürnberg fest, dass der DSA im Wesentlichen den bisherigen Haftungsregeln bei Hostingdiensteanbietern entspricht. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Störerhaftung stehe in Einklang mit den Vorgaben des nunmehr geltenden Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes über digitale Dienste (DSA), der die bisherigen Haftungsbeschränkungen des § 10 S. 1 TMG ersetzt (OLG Nürnberg, Urteil vom 23.07.2024, Az. 3 U 2469/23).

Zusammenfassend gilt: Hostingprovider haften für die Verletzung von anlassbezogenen Prüfpflichten. Eine Verantwortung besteht erst ab Kenntnis der Rechtsverletzung. Eine allgemeine Verpflichtung, aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten, besteht nicht.

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11.2 Anordnungen von Behörden

Erfolgt eine Anordnung durch eine Behörde oder ein Gericht hinsichtlich eines rechtswidrigen Inhalts, muss der Diensteanbieter die Anordnung durchführen (Art. 9 DSA).

Beispiele: Unterlassungsurteil, einstweilige Verfügung.

Darüber hinaus können nationale Verwaltungs- und Justizbehörden Auskunftsanordnungen an die Diensteanbieter richten (Art. 10 DSA). Die Auskunftsanordnungen haben das Ziel, von den Diensteanbietern Informationen über Nutzer zu erlangen, um Ansprüche gegen sie durchsetzen zu können.

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12. Welche Folgen drohen bei Verstößen gegen den DSA?

Mit Ausnahme von sehr großen Online-Plattformen/Suchmaschinen erfolgt die Überwachung des DSA durch den Mitgliedstaat, in dem das Unternehmen seine Hauptniederlassung hat. Die grundlegende Überwachung in Deutschland übernimmt die Bundesnetzagentur als Koordinierungsstelle.

Nach den Vorschriften des nationalen Rechts dürfen die zuständigen Behörden zur Durchsetzung des DSA Ermittlungen führen und alle Beweise erheben, die erforderlich sind, § 24 Abs. 1 DDG. Sie können Auskünfte einholen und unter Anwendung von bestehenden Vorschriften Geschäftsräume betreten, durchsuchen und Gegenstände beschlagnahmen, § 25 Abs. 1, 3 DDG, § 26 Abs. 1 DDG.

Wie im Kartell- und Datenschutzrecht droht beim DSA massiver Compliance-Druck. Verstöße gegen die DSA-Pflichten sollen auf wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Weise sanktioniert werden können:

  • Nutzer haben gem. Art. 54 DSA das Recht, privatrechtlichen Schadensersatz nach nationalem Recht zu fordern, wenn ein Diensteanbieter gegen nutzerbezogene Vorgaben des DSA verstoßen hat.
  • Zwangsgelder können gem. Art. 52 Abs. 4 DSA bis zu 5 % des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes oder der durchschnittlichen weltweiten Tageseinnahmen des betreffenden Anbieters von Vermittlungsdiensten im vorangegangenen Geschäftsjahr betragen.
  • Bei Nichteinhaltung der DSA-Vorschriften, einem Verstoß gegen einstweilige Maßnahmen oder einem Verstoß gegen Verpflichtungen drohen gem. Art. 52 Abs. 3 DSA Geldbußen in Höhe von bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes des betreffenden Anbieters von Vermittlungsdiensten im vorangegangenen Geschäftsjahr. Anhaltende Verstöße lösen periodische Strafzahlungen aus.
  • Die Kommission kann gem. Art. 70 DSA einstweilige vorübergehende und verhältnismäßige Maßnahmen treffen, wenn ein hohes Risiko einer Rechtsgutverletzung droht. Sie kann beispielsweise Empfehlungssysteme ändern oder veranlassen, bestimmte Keywords und Hashtags zu überwachen.
  • Als ultima ratio kann die Kommission unter engen Voraussetzungen einen Dienst vorübergehend aussetzen, Art. 51 Abs. 3 lit. b DSA.

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Hinweis: Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung unseres Referendars Jonas Schroth sowie unserer Referendarin Laura Hellfeuer erstellt.

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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