
Begeht ein Onlinehändler Rechtsverstöße auf mehreren Onlineplattformen, kann dies als jeweils eigenständiger Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung angesehen werden, so dass mehrere Vertragsstrafen fällig werden (OLG München, Urteil vom 23.10.2014, Az. 29 U 2626/14).
Vertragsstrafe wegen falsche Widerrufsbelehrung in mehreren AGB
Ein auf Amazon, eBay, einem Webshop sowie einer eigenen Handelsplattform tätiger Fahrradhändler wurde abgemahnt, weil er sich in seiner Widerrufsbelehrung vorbehalten hatte, von Verbrauchern im Falle des Widerrufs unter bestimmten Umständen die Kosten der Rücksendung einzufordern. Auf die Abmahnung hin gab der Händler eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verwendete die falsche Widerrufsbelehrung aber weiterhin. Daraufhin verklagte ihn die Klägerin vor dem LG Ingolstadt, das den Händler zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 4.500 EUR verurteilte. Die gegen das Urteil beim OLG München eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg.
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Weitere Vertragsstrafen wegen Verstößen auf mehreren Plattformen
Trotz dieser Urteile verwendete der Händler die falsche Widerrufsbelehrung unverändert weiter bei Amazon, eBay, seinem Webshop und der eigenen Handelsplattform, weshalb ihn die Klägerin erneut verklagte, dieses Mal auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 13.000 EUR. Das LG Ingolstadt gab auch dieser zweiten Klage vollumfänglich statt, was vom OLG München ebenfalls bestätigt wurde.
Keine natürliche Handlungseinheit wegen fehlendem engen Zusammenhang der Einzelakte
Das OLG München bewertete die Widerrufsbelehrungen auf den verschiedenen Plattformen als vier eigenständige Verstöße gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung. Grundsätzlich könnten mehrere gleichartige Einzelhandlungen zwar als eine Verletzungsform anzusehen sein, wenn sie eine natürliche Handlungseinheit darstellen. Eine solche natürliche Handlungseinheit erfordere aber, dass ein enger Zusammenhang der Einzelakte bestehe, der auch für außenstehende Dritte erkennbar ist. An einer solchen äußerlichen Erkennbarkeit fehle es hier, da die Zuwiderhandlungen auf vier verschiedenen Handelsplattformen begangen wurden und die Zugehörigkeit der Einzelakte zu einer Einheit für Außenstehende nicht erkennbar sei.
13.000 EUR Vertragsstrafe für erneute Verstöße angemessen
Auch die Höhe der Vertragsstrafe sei mit 13.000 EUR angemessen. Dies gelte selbst dann, wenn man nicht von vier einzelnen Verstößen ausgehen, sondern die Zuwiderhandlungen als natürliche Handlungseinheit ansehen würde. Die Angemessenheit der Vertragsstrafe ergebe sich aus der Schwere der jeweiligen Verstöße, die sich zudem auf besonders bedeutsamen Handelsplattformen wie eBay und Amazon ereigneten. Auch sei die besondere Hartnäckigkeit zu berücksichtigen, mit welcher der Händler die vorausgehenden Urteile des LG Ingolstadt sowie des OLG München vorsätzlich missachtet habe.
Tipp: Bei mehreren Verstößen natürliche Handlungseinheit kritisch prüfen
Eine strafbewehrten Unterlassungserklärung darf nur abgegeben werden, wenn sich der Abgemahnte sicher ist, künftig nicht gegen die Verpflichtungen aus der Unterlassungserklärung zu verstoßen. Werden mehrere unterschiedliche Online-Plattformen genutzt, muss sichergestellt sein, dass der Verstoß auf allen Plattformen vollständig beseitigt ist. Bei Händlern, die mehrere Plattformen nutzen, besteht eine erhöhte Gefahr, einzelne Verstöße zu übersehen. In diesem Fall droht die Inanspruchnahme auf Zahlung einer Vertragsstrafe.
Unter Umständen lassen sich Verstöße auf mehreren Internetplattformen bzw. Websites auch nach dem Urteil des OLG München noch zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammenfassen. Ob eine oder mehrere Vertragsstrafen fällig sind, sollte schon aufgrund der regelmäßig hohen Forderungssummen sorgfältig überprüft werden.
Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung unseres Referendars Thomas Hanisch erstellt.
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