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Unternehmenskennzeichen: Alles Wichtige im Überblick + Beispiele

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Das Markengesetz schützt neben Marken auch geschäftliche Bezeichnungen, zu denen neben Werktiteln sog. Unternehmenskennzeichen gehören. In diesem Rechtsüberblick erfahren Sie alles Wichtige zu Unternehmenskennzeichen.

I. Was sind Unternehmenskennzeichen?

Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, Firma oder besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten (§ 5 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

Ein Unternehmenskennzeichen kann auch als Marke geschützt werden. Die jeweiligen Rechte sind in diesem Fall selbstständig und voneinander unabhängig. Prozessual handelt es sich um verschiedene Streitgegenstände.

Schutzfähig sind Buchstabenfolgen, sie müssen nicht zwingend als Wort aussprechbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2013, Az. I ZR 153/12) ebenso wie Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen. Ob reine Zahlenfolgen Schutz als Unternehmenskennzeichen entfalten können, ist umstritten. Abgelehnt wird dies jedenfalls für einzelne Buchstaben bzw. Zahlen. Bestimmte Sonderzeichen (hier: das Slash-Zeichen “/”) sind bei Firmennamen nicht erlaubt (BGH, Beschluss vom 25.01.2022, Az. II ZB 15/21 für die Firmierung // CRASH Service Gesellschaft mbH & Co. KG).

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1. Name

Im Grundsatz entspricht der Begriff des “Namens” dem in § 12 BGB als individualisierende Bezeichnung einer natürlichen Person. Hierunter fällt insbesondere der bürgerliche Name einer Person (Vor- und Zuname), wenn sie durch diesen im Geschäftsverkehr bekannt ist. Bei Vornamen, Spitznamen, Pseudonymen und Künstlernamen erkennt die Rechtsprechung kennzeichenrechtlichen Schutz nur bei überragender Bekanntheit oder erheblicher Kennzeichnungskraft an.

Beispiel: Der Vorname “Marlene” der weltbekannten deutschen Filmschauspielerin Marlene Dietrich kann ein schützenswertes Kennzeichen sein, da nicht unerhebliche Verkehrskreise den Vornamen “Marlene” als individuellen Hinweis auf Marlene Dietrich verstehen (LG München, Urteil vom 15.03.2000, Az. 1 HKO 22387/99; für den Vornamen “Raule” siehe BGH, Urteil vom 23.10.2008, Az. I ZR 11/06raule.de).

Beispiel: Der Name “Wendler” genießt Kennzeichenschutz als bürgerlicher Nachname des Sängers Frank Wendler, aber auch als Künstlername des Schlagersängers Michael Wendler (bürgerlicher Name: Michael Norberg). Der Interessenkonflikt der beiden Sänger wurde durch ein Verbot gelöst, den Namen „Wendler“ im Geschäftsverkehr ohne Nennung des Zunamens zu verwenden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.05.2013, Az. I-20 U 67/12).

Beispiel: Der bekannte Schauspieler Michael Herbig genießt für seinen KünstlernamenBully” Kennzeichenschutz, da er unter diesem auftritt (LG München, Urteil vom 28.10.2008, Az. 33 O 24030/07).

Auch der Name einer juristischen Person des privaten oder öffentlichen Rechts kann als Unternehmenskennzeichen schutzfähig sein.

Beispiele: GmbH, GbR, Verein, Stiftung, öffentliche Körperschaft samt ihrer Untereinheiten (Feuerwehr, Polizei etc.), Universität.

Merke: Der auf die Gesellschaftsform des Unternehmens hindeutende Rechtsformzusatz (z.B. “GmbH”) ist im Rahmen der Firma (z.B. “Muster GmbH”) glatt beschreibend. Entsprechend könnte im vorstehenden Beispiel nur der Begriff “Muster” in Alleinstellung Kennzeichenschutz genießen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 07.03.2024, Az. 6 U 25/23Violeds).

Handelt es sich bei dem Unternehmen um einen Kaufmann im Sinne des HGB, ist der Name der juristischen Person daneben auch als Firma geschützt (siehe dazu nachfolgend).

Unternehmenskennzeichen kann schließlich auch ein Bandname wie „Die fantastischen Vier“ sein (LG Stuttgart, Urteil vom 31.10.2005, Az. 17 O 441/05). Wappen oder Wahrzeichen werden vom Kennzeichenschutz erfasst, wenn sie eine Namensfunktion haben.

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2. Firma

Die Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und unter dem er verklagt werden kann (§ 17 HGB). Wer Kaufmann ist, bestimmen die §§ 1 – 6 HGB. Von § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG geschützt ist die vollständige Firma mit und ohne Rechtsformzusatz (§ 19 HGB).

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3. Firmenbestandteil / Firmenschlagwort

Oft werden im Geschäftsverkehr zur besseren Einprägsamkeit nur Teile des Firmennamens als Schlagwort verwendet.

Für einen Teil einer Firmenbezeichnung kann der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete Schutz als Unternehmenskennzeichen beansprucht werden, sofern es sich um einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen. Bei schlagwortfähigen Firmenbestandteilen ist der Kennzeichenschutz, der lediglich die Eignung voraussetzt, im Verkehr als Herkunftshinweis zu dienen, aus der Gesamtfirma abgeleitet und entsteht daher bereits mit dem Schutz der vollständigen Bezeichnung (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2015, Az. I ZR 50/14ConText).

Der Schutz eines in einer Firmenbezeichnung enthaltenen Bestandteils als Unternehmensschlagwort gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG setzt neben Unterscheidungskraft voraus, dass er nach der Verkehrsauffassung seiner Natur nach geeignet ist, wie ein Name des Unternehmens zu wirken. Die Anforderungen an die Unterscheidungskraft dürfen nicht überspannt werden. Eine besondere Originalität, etwa durch eigenartige Wortbildung oder eine Heraushebung aus der Umgangssprache, ist nicht Voraussetzung für die Bejahung der Unterscheidungskraft. Es reicht aus, dass sich eine rein beschreibende Verwendung nicht festzustellen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2018, Az. I ZR 201/16goFit).

Beispiele: Die Sektmarke „Mumm“ ist aus Supermärkten bekannt. Es handelt sich bei “Mumm” einerseits um den Nachnamen der Gründer-Brüder Gottlieb, Jacobus und Philipp Mumm, aber auch um einen Bestandteil des eingetragenen Firmennamens „Godefroy H. von Mumm & Co. Sektkellereien GmbH“. Im Jahr 1996 entschied der BGH, dass der Begriff “NetCom” innerhalb des Unternehmensnamens “NetCom Sicherheitstechnik GmbH” als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen einzustufen sei (BGH, Urteil vom 21.11.1996, Az. I ZR 149/94). Ob diese Entscheidung heute noch einmal so getroffen würde, ist aus unserer Sicht fraglich.

Firmenschlagwörter im obigen Sinne können auch Abkürzungen, Akronyme oder bloße Buchstabenkombinationen ohne tatsächlichen Sinngehalt sein.

Beispiel: Der Buchstabenkombination „BCC“ als Teil des Firmennamens „BCC Unternehmensberatung GmbH“ wurde ein Kennzeichenrecht als Firmenschlagwort zugesprochen (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2011, Az. I ZR 10/09).

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4. Besondere Geschäftsbezeichnungen und Geschäftsabzeichen

Geschäftsbezeichnungen dienen vor allem nicht in das Handelsregister eingetragenen Geschäftsbetrieben bis zu Geschäftszweigen, um sich zu kennzeichnen und von anderen Unternehmen abzugrenzen. Hierunter fallen Einzelkaufleute (Kleingewerbetreibende), Inhaber von Etablissements (Hotels, Apotheken, Gasthäuser…) und Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR). Die Geschäftsbezeichnung soll die Individualität im geschäftlichen Verkehr sichern und auf einen bestimmten Geschäftszweck hinweisen. Deshalb sind Geschäftsbezeichnungen zur Erhöhung der Werbewirksamkeit oft beschreibend („schmückend“) und geben die Branche mit an.

Beispiele: „Drogeriemarkt Müller“, „Schreinermeister Schreiber“, „Hotel zum Löwen“, „Apfelweinlokal zum Frühling“, „Rheinschorle“ für eine im Rhein-Main-Gebiet in Flaschen verkaufte Weinschorle.

Firmenlogos und Geschäftsabzeichen können Gegenstand eines Unternehmenskennzeichens sein, wenn sie dazu geeignet sind, eine Verknüpfung zwischen Zeichen und Unternehmen im Geschäftsverkehr hervorzurufen.

Preisetiketten, die eine farbliche Gestaltung entsprechend den Unternehmensfarben aufweisen, sind Geschäftsabzeichen i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 2 MarkenG (OLG Nürnberg, Urteil vom 29.03.2022, Az. 3 U 3358/21).

Sogar Gebäudebezeichnungen können geschützt sein (LG Hamburg, Teilurteil vom 29.07.2016, Az. 315 O 159/14). Ob Veranstaltungen über § 5 Abs. 2 MarkenG geschützt sind oder (eher) als Werktitel, ist umstritten.

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5. Internetdomains

Auch ein Domainname kann ein Unternehmenskennzeichen sein, soweit er nicht nur um eine bloße Adressbezeichnung ist. In der Domain muss ein Hinweis auf das Unternehmen oder auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen zu sehen sein (BGH, Urteil vom 19.02.2009, Az. I ZR 135/06).

Beispiel: Der Porzellankonzern MEISSEN COUTURE ging gegen einen Domainhändler vor, der die Domain zwiebelmuster.de registriert hatte und legte dazu einen DISPUTE-Eintrag bei der DENIC ein. Gegen den DISPUTE-Eintrag klagte der Domainhändler erfolgreich. Zwar war unstreitig, dass Meissen schon seit dem 18. Jahrhundert und als erstes Unternehmen Porzellan mit Zwiebelmuster vertrieb. Daraus folgte aber kein Unternehmenskennzeichen für Meissen. Das Gericht nahm an, dass der Second Level Domain “zwiebelmuster” jedwede Unterscheidungskraft fehle, da der Begriff von Hause aus rein beschreibend für ein bestimmtes Porzellandekor sei (OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.03.2016, Az. I-20 U 55/15).

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II. Wann sind Unternehmenskennzeichen rechtlich geschützt?

Ein Unternehmenskennzeichensrecht entsteht, wenn es bei originärer Unterscheidungskraft namensmäßig im geschäftlichen Verkehr in Gebrauch genommen wird. Fehlt originäre Unterscheidungskraft, kann diese ggf. durch Verkehrsgeltung überwunden werden.

1. Originäre Unterscheidungskraft

Unterscheidungskraft ist die Eignung des Zeichens, sich aufgrund seiner Eigenart als Name des Unternehmens einzuprägen und es dadurch von anderen Unternehmen zu unterscheiden. Ob ein Unternehmenskennzeichen Unterscheidungskraft besitzt, muss für jeden Einzelfall konkret geprüft werden unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung, die sich je nach Branche unterscheiden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 31.07.2008, Az. I ZR 21/06Haus & Grund III).

Die Anforderungen an originäre Unterscheidugskraft von Unternehmenskennzeichen sind nicht mit denen gleichzusetzen, die an Marken gestellt werden (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Sie sind deutlich geringer (vgl. BPatG, Beschluss vom 14.01.2016, Az. 25 W (pat) 27/14). Insbesondere muss das Unternehmenskennzeichen nicht besonders originell sein.

Beispiel: Laut Bundespatentgericht variieren die Anforderungen an Unterscheidungskraft je nach Zweck, den ein Zeichen erfüllen soll. Eine Marke soll Waren und Dienstleistungen bundesweit unterscheiden können. Dagegen können Unternehmenskennzeichen rein regionalen Schutz für sich beanspruchen. Eine Eignung des Unternehmenskennzeichens, sich aufgrund seiner Eigenart auch nur regional gegenüber anderen Unternehmenskennzeichen abzugrenzen, ist deswegen ausreichend, um originäre Unterscheidungskraft anzunehmen (vgl. BPatG, Beschluss vom 06.09.2019, Az. 27 W (pat) 26/17).

Kennzeichenschutz wird nur versagt, wenn das Zeichen gerade in Bezug auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens rein beschreibenden Charakter aufweist. Das gilt auch für fremdsprachige Zeichen, wenn der deutsche Verkehr sie versteht.

Familiennamen und Fantasiebezeichnungen sind ohne Weiteres unterscheidungskräftig, ebenso nichtaussprechbare Buchstabenkombinationen.

Bloße Tätigkeitsbeschreibungen und gattungsmäßige Beschreibungen des Geschäftsbetriebs wie „Autohändler“, „Malermeister“ oder „Großhandel“ besitzen keine Unterscheidungskraft. Ausnahmen können für regionale Geschäftsbetrieb gelten.

Wie schmal der Grad zwischen ausreichender und fehlender Unterscheidungskraft ist, zeigen die nachfolgenden Entscheidungen.

Beispiel für fehlende Unterscheidungskraft: Die Bezeichnung “en Vogue Sculptured Nail Systems” besitzt in Bezug auf die Herstellung und den Handel von/mit chemischen Erzeugnissen und Kosmetikprodukten keine Unterscheidungskraft. Es handelt sich nur um eine englische werblich-anpreisende Beschreibung des Geschäftsbetriebs, die übersetzt “im Trend liegende modellierte Nagelsysteme” bedeutet. Insbesondere der Bestandteil „en vogue“ sei mittlerweile so in die deutsche Alltagssprache integriert, dass er nicht (mehr) als unterscheidungskräftiger Bestandteil gelten könne (BPatG, Beschluss vom 06.09.2019, Az. 27 W (pat) 26/17).

Grenzwertiges Beispiel für schwache Unterscheidungskraft: Dem Bestandteil “goFit” wurde eine (wenn auch nur schwache) Unterscheidungskraft für den Vertrieb von Fußreflexzonenmassagematten zugesprochen. Zwar handele es sich bei den Bestandteilen “go” und “fit” um gängige englische Begriffe, wovon “fit” in der deutschen Sprache allgemein gebräuchlich sei. Eine direkte Beschreibung von Fußreflexzonenmassagematten konnte der BGH jedoch nicht erkennen (BGH, Urteil vom 15.02.2018, Az. I ZR 201/16). Dies hätte man mit ebenso guten Gründen auch anders sehen können.

Beispiel für durchschnittliche Unterscheidungskraft: Ausreichende Unterscheidungskraft wurde dem Bestandteil “Hanseata” als Teil von “Hanseata Theofil Zuther GmbH & Co.” zugebilligt, obgleich es sich nur um eine Beschreibung von Sitz und Tätigkeitsfeld des Unternehmens handelte. Trotzdem wurde dessen Widerspruch gegen die Marke “HANSEATEX” abgewiesen. Eine Ortsbezeichnung oder die Bezeichnung eines Tätigkeitsumfelds müsse auch anderen Wettbewerbern offenstehen, so dass dem Schlagwort “Hanseat-” nur geringe Kennzeichenkraft zukomme (BPatG, Beschluss vom 19.07.2019, Az. 28 W (pat) 25/18).

Besonderheiten können sich aus der Kombination von an sich rein beschreibenden Gattungs- oder/und Ortsbegriffen ergeben. Diesen ist Kennzeichenschutz nicht pauschal verwehrt. Vielmehr ist im Hinblick auf den jeweiligen Geschäftsbereich zu berücksichtigen, welche Erwartungen der angesprochene Verkehr aufgrund der konkreten Zeichengestaltung hegt (vgl. LG München, Urteil vom 02.09.2014, Az. 33 O 23443/13). Kann der Verkehr aufgrund der eigenartigen Bezeichnung auf ein bestimmtes Unternehmen schließen, so ist zumindest ein schwacher Kennzeichenschutz anzunehmen.

Beispiel: Der Firmenbezeichnung “Rhein-Chemie” hatte der BGH 1957 geringe originäre Unterscheidungskraft zugesprochen. Sie sei, wenn auch naheliegend, eine eigenartige Neubildung mit herkunftsweisender Wirkung (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.1957, Az. I ZR 93/56).

Beispiel: Der Kläger als Inhaber des Unternehmenskennzeichens “Augsburger Puppenkiste” hatte sich gegen die Bezeichnung “Leipziger Puppenkiste” für ein Geschäft in Leipzig gewehrt, in dem Puppen und Zubehör verkauft wurden. Der BGH sprach dem Bestandteil “Puppenkiste” in “Augsburger Puppenkiste” als Bezeichnung für ein Marionettentheater aber jegliche Unterscheidungskraft ab, da es sich nur um eine Tätigkeitsbeschreibung handele. Erst die Kombination “Augsburger Puppenkiste” genieße ausreichenden – wenn auch schwachen – Kennzeichenschutz (BGH, Urteil vom 18.12.2008, Az. I ZR 200/06).

Nachfolgend finden Sie weitere Entscheidungen, bei denen Unterscheidungskraft bejaht wurde. Beachten Sie allerdings, dass die Rechtsprechung ihre Anforderungen für die Annahme von originärer Unterscheidungskraft bei Unternehmenskennzeichen im Laufe der Jahre verschärft hat. Insbesondere für ältere Entscheidungen ist fraglich, ob die Gerichte heute noch zu denselben Ergebnissen gelangen würden.

  • Flüssiggas Bayern” (vgl. OLG München, Urteil vom 13.02.2003, Az. 29 U 4541/02)
  • Domainname “arena-b” (vgl. Kammergericht, Urteil vom 04.04.2003, Az. 5 U 335/02)
  • Altenburger und Stralsunder Spielkarten-Fabriken” (vgl. BGH, Urteil vom 29.06.1995, Az. I ZR 24/93)
  • Wachgesellschaft und Schließgesellschaft” für ein Bewachungsunternehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12.11.1976, Az. I ZR 45/75)
  • Haus & Grund” für einen Verein für Hauseigentümer (BGH, Urteil vom 31.07.2008, Az. I ZR 21/06Haus & Grund III).

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2. Überwindung fehlender Unterscheidungskraft durch Verkehrsgeltung

Anfänglich fehlende originäre Unterscheidungskraft kann durch Erlangung von Verkehrsgeltung überwunden werden, ggf. auch nur regional. Voraussetzung ist, dass das Unternehmenskennzeichen bei seinen Abnehmern einen gewissen Grad an Bekanntheit genießt. Dies richtet sich nach dem Bekanntheits- und Zuordnungsgrad im Einzelfall.

Faustregel: Je alltäglicher die Bezeichnung, desto größer muss der Grad der Bekanntheit sein – eine Bekanntheit unter 40 % reicht nicht aus, eine Bekanntheit von über 60 % wurde als ausreichend erachtet (vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2007, Az. I ZR 137/04Euro Telekom).

Den Grad der Bekanntheit muss der Inhaber des Unternehmenskennzeichens darlegen und beweisen, gegebenenfalls durch Umfragen. Hierbei kommt es maßgeblich darauf an, ob die befragten Teilnehmer das konkrete Unternehmen mit dem bestimmten Unternehmenszeichen verbinden. Dies kann erfahrungsgemäß Schwierigkeiten bereiten.

Beispiel: Der Hersteller von „Kinder” Schokolade klagte gegen einen anderen Süßwarenhersteller, weil dieser die Bezeichnung „Kinder Kram“ für Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren und nicht-medizinische Kaugummis verwendete. Der Kläger ließ zu diesen Zwecken eine Untersuchung der GfK-Marktforschung durchführen, der einen Bekanntheitsgrad von 48,5 % ergab. Dieser Wert reichte dem BGH nicht für die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft des Zeichenbestandteils „Kinder“ aus. Zu berücksichtigen war unter anderem, dass „Kinder“ in Zusammenhang mit Süßwaren keinen hohen Unterscheidungswert aufwies, sondern nur die Zielgruppe der Waren beschrieb (BGH, Urteil vom 28.08.2003, Az. I ZR 257/00Kinder).

Beispiel: Die Firma „Telekom“ wies durch Verkehrsbefragung per Gutachten nach, dass 60 % der Befragten dem Schlagwort „Telekom“ ihr Unternehmen zugeordnet hätten. Dem BGH reichte das für die Annahme normaler Kennzeichnungskraft aus. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft sei jedoch noch nicht anzunehmen. Dies insbesondere, weil das Wort „Telekom“ als bloße Abkürzung von „Telekommunikation“ an sich nicht geeignet sei, eine Abgrenzbarkeit im Verkehr zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 27.11.2003, Az. I ZR 79/01Telekom).

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3. Namensmäßige Ingebrauchnahme im geschäftlichen Verkehr

Rechte an Unternehmenskennzeichen entstehen nicht durch Eintragung oder Registrierung, sondern durch namensmäßige Ingebrauchnahme, unabhängig vom Umfang der Benutzung (BGH, Urteil vom 27.03.2013, Az. I ZR 93/12Baumann).

Namensmäßige Ingebrauchnahme bedeutet, dass das Zeichen aus Sicht des Verkehrs zur Bezeichnung des Unternehmens (bei Name und Firma) bzw. Geschäftsbetriebs (bei besonderen Bezeichnungen) im geschäftlichen Verkehr verwendet wird (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2015, Az. I ZR 50/14ConText; BGH, Urteil vom 31.05.2012, Az. I ZR 135/10ZAPPA).

Erforderlich ist eine Benutzungshandlung im Inland, die auf eine dauerhafte wirtschaftliche Betätigung des Unternehmens unter dem Namen schließen lässt. Ausreichend ist eine nach außen gerichtete Vorbereitungshandlung zur Einrichtung eines Geschäftsbetriebes als rein tatsächlicher Vorgang.

Beispiele:

  • Anmietung eines Ladenlokals
  • Schaltung eines Telefonanschlusses
  • Bezeichnung mit dem Unternehmenskennzeichen gegenüber Geschäftspartner
  • Anbringung auf Prospekten, Plakaten oder anderer Werbung
  • Verwendung auf Geschäftspapieren, Rechnungen, Preislisten, Katalogen etc.
  • Bemühen um eine für den Geschäftsbetrieb erforderliche Erlaubnis unter Verwendung des Unternehmenskennzeichens
  • Großflächige Anbringung einer Wort-/Bildmarke auf der Außenfassade eines Produktionsgebäudes versteht der Verkehr regelmäßig als Bezeichnung des Unternehmens (OLG Nürnberg, Urteil vom 02.03.2021, Az. 3 U 321/16)

Beachte: Mangelndes Bemühen oder das Fehlen einer Erlaubnis für den Geschäftsbetrieb lassen nicht – wie man vermuten könnte – den Umkehrschluss zu, es liege keine dauerhafte wirtschaftliche Tätigkeit vor (BGH, Urteil vom 07.04.2016, Az. I ZR 237/14).

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4. Beginn und Ende des Unternehmenskennzeichenschutzes

Der zeitliche Beginn des Schutzes an einem Unternehmenskennzeichen hängt davon ab, ob es originäre Unterscheidungskraft besitzt oder nicht.

  • Bei originär unterscheidungskräftigen Unternehmenskennzeichen beginnt der Schutz mit Aufnahme der ersten Benutzungshandlung. Für die Entstehung des Schutzes kommt es weder auf den Umfang der Tätigkeit an noch darauf, ob das Unternehmenskennzeichen bereits Verkehrsgeltung erlangt hat. Es muss auch nicht gegenüber allen künftigen Kundenkreisen in Erscheinung getreten sein.
  • Bei nicht originär unterscheidungskräftigen Unternehmenskennzeichen beginnt der Schutz hingegen erst, wenn Verkehrsgeltung erreicht wurde, das heißt später. Im Zeitraum zwischen erstmaliger Benutzungsaufnahme und Verkehrsgeltung besteht kein unternehmenskennzeichenrechtlicher Schutz.

Nach ganz herrschender Meinung ist der Schutz nach § 5 Abs. 2 MarkenG an den Bestand eines lebenden Unternehmens geknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2005, Az. I ZR 161/02Seicom). Daraus folgt zwangsläufig, dass der Schutz jedenfalls dann erlischt, wenn das Unternehmen sich endgültig nicht mehr am geschäftlichen Verkehr beteiligt (BGH, Urteil vom 24.02.2005, Az. I ZR 161/02Seicom; BGH, Urteil vom 28.02.2002, Az. I ZR 177/99Hotel Adlon). Das endgültige Einstellen der geschäftlichen Tätigkeit ist dabei gleichbedeutend mit der endgültigen Aufgabe des Unternehmens. Dem gleichgestellt ist eine plötzliche und übergangslose wesentliche Änderung des Geschäftsgegenstandes, die dazu führt, dass der Verkehr das neue Unternehmen nicht mehr als Fortsetzung des alten ansieht (BGH, Urteil vom 07.04.2016, Az. I ZR 237/14mt-perfect; Ströbele / Hacker / Thiering / Hacker, MarkenG, 13. Auflage 2021, § 5 Rn. 7, 8). Dabei sind an die für die Aufrechterhaltung des Schutzes erforderliche Nutzung keine höheren Anforderungen zu stellen als an die für die anfängliche Entstehung erforderlichen Benutzungshandlungen. Ob eine nur vorübergehende Unterbrechung oder eine endgültige Aufgabe des Geschäftsbetriebs vorliegt, ist aber stets anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalles zu ermitteln, wobei dem Vorliegen von Fortsetzungswillen und Fortsetzungsmöglichkeit entscheidende Bedeutung beizumessen ist (BGH, Urteil vom 07.04.2016, Az. I ZR 237/14mt-perfect).

Ausnahmsweise kann ein Unternehmenskennzeichen trotzdem weiterbestehen, wenn nur eine vorübergehende Nutzungsunterbrechung des Betriebs vorliegt. Voraussetzung ist aber, dass Wille sowie Möglichkeit bestehen, den Betrieb wieder zeitnah aufzunehmen. Die Beweislast der Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichens liegt bei dessen Inhaber.

Beispiel: Als ausreichender Nachweis wurde erachtet, dass die Klägerin sich bei Verlegung eines Firmensitzes um eine neue Büroinfrastruktur gekümmert, einen Nachsendeauftrag unter dem Firmennamen gestellt und mit ihrer Bank zur Erledigung von steuerlichen Angelegenheiten korrespondiert hatte. Der Verkehr, auf dessen Sicht es maßgeblich ankommt, hätte hier unter Berücksichtigung der Umstände eine Fortführung der wirtschaftlichen Betätigung vermutet. Insofern dürfen an die Aufrechterhaltung eines Unternehmenskennzeichens keine höheren Anforderungen gestellt werden als an dessen Begründung (BGH, Urteil vom 07.04.2016, Az. I ZR 237/14).

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III. Sind Unternehmenskennzeichen bundesweit oder nur regional geschützt?

Anders als bei Marken kann ein Unternehmenskennzeichen auch nur regionalen Schutz entfalten. Typischerweise kommt regionaler Kennzeichenschutz bei Restaurants, Hotels oder sonstigen regionalen Geschäftsbetrieben in Betracht.

Besonderheit: Bei regionalen Betrieben ist der Verkehr an die Kombination eines Gattungsbegriffs mit einer Ortsangabe gewöhnt. Einer reinen Kombination aus Geschäftsgegenstand und Ortsangabe kommt dann regional Unterscheidungskraft zu, wenn der angesprochene Verkehr den konkreten Umständen nach nur ein Geschäft mit diesem Gegenstand in einem räumlich abgrenzbaren Bereich erwartet (vgl. LG München, Urteil vom 02.09.2014, Az. 33 O 23443/13).

Beispiel: Die Bezeichnung “Parkhotel” entfaltet regional (schwache) Kennzeichenkraft. Aufgrund allgemeiner Übung könne der Verkehr der Bezeichnung das bestimmte Hotel zuordnen, da es in dem betreffenden Geschäftszweig innerhalb eines umgrenzten örtlichen Bereichs regelmäßig nur ein Unternehmen mit dieser Bezeichnung gibt (vgl. BGH, Urteil vom 07.07.1976, Az. I ZR 113/75).

Beispiel: Die Bezeichnung “Camping Platz am See” wurde dagegen – auch regional – nicht als schutzfähiges Unternehmenskennzeichen eingestuft. Der potentielle Camper rechne damit, dass es an einem See mehrere Campingplätze von unterschiedlichen Betreiber gebe (vgl. LG München I, Urteil vom 02.09.2014, Az. 33 O 23443/13).

Weitere Entscheidungen, in denen originäre Unterscheidungskraft abgelehnt wurde:

  • “Snowboard Schule [Städtename]” (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 23.06.2010, Az. 2 U 148/10)
  • “Flugplatz Speyer” (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 03.02.2011, Az. 6 U 21/10)

Ob ein Unternehmenskennzeichen in einem regional begrenzbaren Wirtschaftsraum Unterscheidungskraft aufweist, ist Frage des Einzelfalls. Abgestellt werden kann auf den Betriebssitz, auf die Vertriebsstruktur und andere regionale Eigenarten. Einem Geschäftsbetrieb im Internet fehlt es gerade an einer „regionalen Tätigkeit“ und Bekanntheit. Eine Ausnahme wird nur zugelassen, wenn sich das Onlineangebot nachweislich an lokale Adressaten richtet und von diesen genutzt wird. Auf der anderen Seite führt der Umstand, dass ein Betrieb oder Unternehmen eine Internetseite unterhält, nicht zur Annahme einer deutschlandweiten Geltung des Unternehmenskennzeichenschutzes.

Beispiel: Eine Firma ging aus ihrem Unternehmenskennzeichen „Realfundus“ per Widerspruch gegen die jüngere Marke „REALFUNDUS“ vor. Der Widerspruch wurde abgelehnt, weil das Unternehmenskennzeichen keine deutschlandweite Geltung für sich beanspruchen konnte. Insbesondere sei die deutschland- und weltweite Abrufbarkeit der Internetseite der widersprechenden Firma zwangsläufige technische Konsequenz und gelte für den Internetauftritt eines lokalen Gastronomiebetriebs mit seiner Speisekarte in gleicher Weise wie für ein tatsächlich weltweit agierendes Unternehmen (BPatG, Beschluss vom 23.05.2017, Az. 25 W (pat) 94/14).

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IV. Wer kann sich auf den Schutz aus Unternehmenskennzeichen berufen?

Inhaber eines Unternehmenskennzeichens ist, wer das Zeichen zur Bezeichnung und Abgrenzung im Geschäftsverkehr für das Unternehmen benutzt. Hieraus folgt, dass ein Unternehmenskennzeichen niemals ohne das ihm zugehörige Unternehmen übertragen werden kann. Unternehmen und Unternehmenskennzeichen bilden eine Einheit.

Bei Etablissementbezeichnungen ergeben sich Besonderheiten, da diese in besonderer Weise an den Ort der Geschäftsausübung gebunden sind. Aus diesen Gründen wachsen die Rechte der Etablissementbezeichnung generell dem Verpächter zu. Etwas anderes gilt nur dann, wenn über das Etablissement „nur“ ein Mietvertrag geschlossen wird. In diesem Fall steht die Etablissementbezeichnung dem Mieter zu.

Beispiel: Der ehemalige Pächter eines Apfelweinlokals in Frankfurt eröffnete unter gleichem Namen eigene Lokale sowie ein Catering und ließ die Bezeichnung dann im Markenregister eintragen. Vor Gericht forderte er, dass sein ehemaliger Verpächter den Namen nicht mehr für das Apfelweinlokal verwenden solle. Das Gericht entschied, dass die Bezeichnung an der Apfelweinkneipe dem Verpächter zustehe. Im Fall war entscheidend, dass der Pächter die Räumlichkeiten inklusive Kundenstamm und Einrichtung gepachtet hatte, wobei im Vertrag bestimmt war, dass er die Bezeichnung des Lokals weiterführen durfte. Zur Änderung des Namens hätte er zudem eine vorherige Zustimmung des Verpächters gebraucht (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.07.2016, Az. 6 U 19/16).

Auf den Unternehmenskennzeichenschutz können sich nicht nur Inhaber deutscher Firmen berufen, sondern nach Artikel 8 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums auch Unternehmensinhaber ausländischer Staaten. Voraussetzung ist, dass sie Mitglieder des Verbands zum Schutz des gewerblichen Eigentums und in Deutschland aktiv sind. Der Schutzumfang richtet sich dann nach deutschem Recht. Derzeit sind 177 Staaten Mitglieder des Pariser Verbandsübereinkommen (Liste).

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V. Wann besteht ein Anspruch aus einem Unternehmenskennzeichen?

Dem Inhaber eines Unternehmenskennzeichens steht das Recht zu, sein Kennzeichen im geschäftlichen Verkehr unter Ausschließung anderer kennzeichenmäßig zu benutzen.

Nach § 15 Abs. 2 MarkenG ist es verboten, ein mit dem älteren Unternehmenskennzeichen verwechselbar ähnliches oder identisches Zeichen unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen (vgl. BGH, Urteil vom 31.03.2010, Az. I ZR 174/07Peek & Cloppenburg; BGH, Urteil vom 19.02.2009, Az. I ZR 135/06ahd.de; BGH, Urteil vom 14.02.2008, Az. I ZR 162/05HEITEC). Bekannte Unternehmenskennzeichen können selbst bei fehlender Verwechslungsgefahr gegen Dritte vorgehen, wenn deren Zeichen die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung ihres Unternehmenskennzeichens ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt (§ 15 Abs. 3 MarkenG).

Verletzung von Unternehmenskennzeichen durch eine Marke: Ein Unternehmenskennzeichen kann nicht nur durch ein anderes Unternehmenskennzeichen, sondern auch durch eine Produktkennzeichnung verletzt werden. Von einer kennzeichenmäßigen Verwendung einer angegriffenen Bezeichnung ist auszugehen, wenn sie vom Verkehr als Hinweis auf ein Unternehmen oder auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der im Zusammenhang mit der Bezeichnung angebotenen Produkte verstanden wird (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2018, Az. I ZR 201/16goFit).

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1. Priorität vor der angegriffenen Marke oder dem Kennzeichen

Nach dem Prioritätsprinzip geht ein zeitlich früher entstandenes Kennzeichenrecht einem zeitlich später entstandenen Kennzeichenrecht vor (vgl. § 6 MarkenG). Im juristischen Sinne ist das prioritätsältere Recht “besser” als das prioritätsjüngere Recht. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für das Verhältnis zwischen Unternehmenskennzeichen, sondern allen Kennzeichenrechten zueinander.

Nach der Rechtsprechung ist in einer Marke immer auch ein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen zu sehen. Daher kann ein älteres Unternehmenskennzeichen gegen eine zeitlich später angemeldete Marke vorgehen und deren Löschung erwirken (BGH, Urteil vom 09.10.2003, Az. I ZR 65/00Leysieffer). Umgekehrt können Markeninhaber nicht gegen die rein firmenmäßige Verwendung eines Unternehmenskennzeichens vorgehen (BGH, Urteil vom 12.05.2011, Az. I ZR 20/10Schaumstoff Lübke). Zu beachten ist, dass eine rein firmenmäßige Verwendung nicht mehr vorliegt, wenn die Firmenbezeichnung wie ein markenmäßiger Herkunftsnachweis verwendet wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Firmierung auf Verpackungen von durch das Unternehmen vertriebenen Waren aufgebracht ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.06.2014, Az. 6 U 186/13). In solchen Fällen kann auch aus einer Marke gegen ein fremdes Unternehmenskennzeichen vorgegangen werden.

Entscheidender Zeitpunkt für die Entstehung des Rechts

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2. Kennzeichenmäßiger Gebrauch

§ 15 Abs. 2 setzt als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal kennzeichenmäßigen Gebrauch voraus. Der markenmäßige Gebrauch eines Zeichens für Waren oder Dienstleistungen stellt einen Unterfall des kennzeichenmäßigen Gebrauchs dar und ist von diesem umfasst. Das angegriffene Zeichen muss danach vom Verkehr als Hinweis auf ein Unternehmen oder auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der im Zusammenhang mit der Bezeichnung angebotenen Produkte verstanden werden können (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2018, Az. I ZR 201/16goFit).

Unterschiede ergeben sich nur für den Sonderfall eines rein firmenmäßigen Gebrauchs (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2007, Az. I ZR 33/05THE HOME STORY). Danach muss ausgeschlossen sein, dass Verbraucher in der verwendeten Form der Geschäftsbezeichnung (auch) einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung sieht. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn der Inhaber des Unternehmenskennzeichens nur mit fremder Markenware handelt und den Firmennamen dabei nicht als Marke benutzt (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2005, Az. I ZR 161/02Seicom).

Vor diesem Hintergrund kann hinsichtlich allen allgemeinen Fragen kennzeichenmäßiger Benutzung mit Ausnahme des rein firmenmäßigen Gebrauchs auf die Darstellung zur markenmäßigen Benutzung verwiesen werden.

Die titelmäßige Gebrauch eines Zeichens kann ein Unternehmenskennzeichen nur bei herkunftshinweisender Bedeutung des Werktitels verletzen, wofür es besonderer Umstände bedarf (Ingerl/Rohnke/Nordemann/Bröcker, 4. Aufl. 2023, MarkenG § 15 Rn. 34 m.w.N.).

3. Unbefugte Benutzung im Rechtsverkehr

Ansprüche aus Unternehmenskennzeichen kommen in Betracht, wenn ein mit dem Unternehmenskennzeichen kollidierendes anderes Zeichen im geschäftlichen Verkehr in herkunftsweisender Art von einem Dritten kennzeichenmäßig benutzt wurde. Dritter ist jeder, der nicht Inhaber des Unternehmenskennzeichens ist. Unbefugt ist die Nutzung, wenn sie ohne Zustimmung des Inhabers erfolgt.

  • Benutzungshandlung ist bereits die Eintragung einer Firma. Der Eintragende tut dadurch nach außen kund, dass das Unternehmen in Zukunft die bestimmte Bezeichnung tragen soll (BGH, Urteil vom 13.03.2008, Az. I ZR 151/05Metrosex).
  • Eine Benutzungshandlung kann auch der markenmäßige Gebrauch als Zeichen für Waren oder Dienstleistungen sein, da diese – zumindest mittelbar – auf das Unternehmen hinweisen. Im Gegensatz zu den Ansprüchen bei Markenverletzungen enthält das Markengesetz für Unternehmenskennzeichen keine beispielhafte Aufzählung von möglichen Verletzungshandlungen (vgl. § 15 Abs. 2 und 3 MarkenG). Die für Marken nominierten typischen Verletzungshandlungen (vgl. § 14 Abs. 3 und 4 MarkenG) können jedoch im Einzelfall entsprechend auf Unternehmenskennzeichen angewandt werden und dienen insofern als Orientierungshilfe.
  • Nicht zwingend eine tatbestandsmäßige Benutzungshandlung ist die Registrierung eines Domainnamens oder die Anmeldung einer Marke (BGH, Urteil vom 13.03.2008, Az. I ZR 151/05Metrosex).
  • Auch durch Suchwortvorschläge einer Suchmaschine kann eine Benutzungshandlung begründet werden. Durch die Benutzungshandlung muss das Unternehmenskennzeichen jedoch in seiner herkunftsweisenden Funktion widerrechtlich beeinträchtigt werden.

Beispiel: So entschied der BGH bezüglich der Klage des Unternehmens “GoFit” gegen Amazon. Der Klägerin war aufgefallen, dass bei Eingabe “gofit” in der Suchmaske keine ihrer Angebote angezeigt wurden, sondern nur solche Angebote, die Amazon selbst auf seiner Internetseite vertrieb. Der BGH nahm grundsätzlich eine Benutzungshandlung der Bezeichnung seitens Amazon an. Im Ergebnis blieb die Klage jedoch mangels Rechtsverletzung erfolglos. Das Unternehmenskennzeichen werde nicht in seiner herkunftsweisenden Funktion beeinträchtigt. Die durch die Suche aufgezeigten Unternehmen wurden zutreffend bezeichnet, so dass der Verbraucher nur auf Alternativen zu Produkten hingewiesen wurde. Dies sei jedoch keine unbefugte Nutzung, sondern eine gängige Praxis, die zum Wettbewerb gehöre (BGH, Urteil vom 15.02.2018, Az. I ZR 201/16goFit).

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4. Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG

Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft des in Rede stehenden Kennzeichens und dem wirtschaftlichen Abstand der Tätigkeitsgebiete der Parteien (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2012, Az. I ZR 55/10METRO/ROLLER’s Metro).

Entscheidend sind damit die folgende Kriterien:

Wechselwirkung bedeutet, dass ein Mehr in einem Bereich ein Weniger in einem anderen Bereich ausgleichen kann. Maßgeblich ist die Gesamtbetrachtung, wie sie sich aus der Sicht der Zielgruppe des Unternehmens darstellt.

a. Zeichenähnlichkeit

Die maßgeblichen Grundsätze und Kriterien zur Feststellung von Zeichenähnlichkeit entsprechen denen des Markenrechts. Beachten Sie dazu unseren ausführlichen Beitrag zur Prüfung von Verwechslungsgefahr.

b. Kennzeichnungskraft

Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft bei einem Unternehmenskennzeichen kommt es – anders als bei einer Marke – darauf an, ob der Verkehr das fragliche Kennzeichen nicht nur einem bestimmten, sondern gerade dem Unternehmen zuordnet, das für diese Bezeichnung Schutz beansprucht (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2012, Az. I ZR 55/10METRO/ROLLER’s Metro).

Beispiel: Dem Unternehmenskennzeichen “Violed” wurde für LED-Beleuchtungen mit ultravioletter (UV-)Strahlung trotz eines gewissen beschreibenden Bezugs keine geringe, sondern durchschnittliche Kennzeichnungskraft zugesprochen (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.03.2024, Az. 6 U 25/23).

Bemerkenswert ist, dass der Schutzumfang des an eine beschreibende oder sonst freizuhaltende Angabe angelehnten Zeichens im Verhältnis zu anderen Zeichen, die sich ebenfalls an die freizuhaltende Angabe anlehnen und diese verfremden, nicht begrenzt ist (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 07.03.2024, Az. 6 U 25/23 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 14.02.2008 – I ZR 162/05HEITEC I).

c. Branchennähe

Bei Marken wird im Rahmen der Prüfung von Verwechslungsgefahr darauf abgestellt, für welche Waren bzw. Dienstleistungen sie Schutz beanspruchen. Bei Unternehmenskennzeichen tritt an diese Stelle die Branchennähe. Deren Anforderungen ähneln dem Markenrecht, sind aber nicht deckungsgleich, sondern weiter. Es reicht bereits aus, dass der Verkehr zumindest wirtschaftliche und organisatorische Zusammenhänge zwischen den Parteien im Sinne einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn vermuten würde (vgl. BGH, Urteil vom 10.06.2009, Az. I ZR 34/07Haus & Grund IV; BGH, Urteil vom 30.01.2008, Az. I ZR 134/05Hansen-Bau).

Faustregel: Bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit liegt auch Branchennähe vor. Umgekehrt setzt Branchennähe nicht voraus, dass die angebotenen Waren bzw. Dienstleistungen im markenrechtlichen Sinne ähnlich sind (BGH, Urteil vom 29.06.2006, Az. I ZR 110/03Ichthyol II). Auch muss kein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien bestehen, wie man es aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) kennt.

Zum Vergleich:

  • Für die Beurteilung, ob eine Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, sind diejenigen Waren oder Dienstleistungen zugrunde zu legen, für die die Klagemarke eingetragen ist, während es auf das weitere Warensortiment, das der Inhaber der prioritätsälteren Marke anbietet, nicht ankommt.
  • Für die Beurteilung der Branchennähe ist dagegen nicht notwendig, dass die vertriebenen Produkte den Begriff der Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit im markenrechtlichen Sinne erfüllen. Hier kommt es in erster Linie auf die Produktbereiche und Arbeitsgebiete an, die nach der Verkehrsauffassung typisch für die Parteien sind. Maßgeblich ist grundsätzlich nicht der im Handelsregister eingetragene Unternehmensgegenstand, sondern die tatsächliche geschäftliche Betätigung (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.03.2024, Az. 6 U 25/23). Anhaltspunkte für eine Branchennähe können Berührungspunkte der Waren oder Dienstleistungen der Unternehmen auf den Märkten, Gemeinsamkeiten der Vertriebswege und die Verwendbarkeit der Produkte und Dienstleistungen sein. Zu berücksichtigen sein kann auch, ob sich die Unternehmen mit ihren Produkten auf dem Markt tatsächlich begegnen, mithin jedenfalls eine Überschneidung der Kreise der Adressaten der jeweiligen Leistungen gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 28.04.2016, Az. I ZR 82/14profitbricks.es). Eine Branchennähe kann auch unter Einbeziehung einer etwaigen sachlichen Ausweitung des Tätigkeitsbereichs zu bejahen sein, sofern eine entsprechende Ausweitung naheliegend und nicht nur theoretisch ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.02.2009, Az. I ZR 135/06ahd.de; BGH, Urteil vom 28.04.2016, Az. I ZR 82/14profitbricks.es).

Von einer Unähnlichkeit der Branchen ist angesichts des Kriteriums der Verwechslungsgefahr nur auszugehen, wenn trotz (unterstellter) Identität der Kennzeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Tätigkeitsfelder von vornherein ausgeschlossen ist. Dabei gibt es eine (absolute) Branchenunähnlichkeit, die auch bei Identität der Zeichen nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft des prioritätsälteren Unternehmenskennzeichens ausgeglichen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2011, Az. I ZR 10/09BCC).

Für die Verwechslungsgefahr genügt insoweit eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne. Diese liegt vor, wenn wegen der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit mit dem älteren Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen (zumindest) aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammten (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.2009, Az. I ZR 167/06METROBUS).

Beispiel: Absolute Unähnlichkeit nahm der BGH beispielsweise an zwischen der Ware “Zigarren” und den Dienstleistungen “Verpflegung, Geschäftsführung, Büroarbeiten” sowie der Warengruppe “Biere, Fruchtgetränke und -säfte” (BGH, Beschluss vom 28.09.2006, Az. I ZB 100/05COHIBA).

Beispiel: Durchschnittliche Branchennähe besteht zwischen “Dienstleistungen zur Bewirtung und Verpflegung von Gästen” und “Musikdarbietungen” (BPatG München, Beschluss vom 29.07.2019, Az. 26 W (pat) 1/15).

Beispiel: In einem anderen Fall revidierte der BGH eine Entscheidung des Landgerichts, das Branchennähe zwischen dem Fachhandel “ROLLER’s Metro” und dem Cash-und-Carry-Markt “METRO” verneint hatte. Beide Unternehmen verkauften Hochdruckreiniger mit dem Unterschied, dass einer der Anbieter die Geräte zur Abholung bereitstellte während der andere sie lieferte. Der BGH nahm “beachtliche Branchennähe” an. Ein Großhandel sei nicht in die Kategorie “Großhandel” allein einzuordnen. Es müssten auch die einzelnen Produkte beachtet werden, die angeboten werden. Die Unterscheidung zwischen Fachhandel und Großhandel verhindere keine Branchennähe, wenn die Unternehmen sich mit ihren Produkten zumindest teilweise an den gleichen Kundenkreis richten.

Im Einzelfall können auch Überschneidungen in Randbereichen der Unternehmenstätigkeiten sowie eine naheliegende Ausweitung der Tätigkeitsbereiche für die Bejahung von Branchennähe ausreichen (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2011, Az. I ZR 10/09BCC; BGH, Urteil vom 22.03.2012, Az. I ZR 55/10METRO/ROLLER’s Metro).. Abzustellen ist darauf, was zum Zeitpunkt der Kollision mit dem Unternehmenskennzeichen gerade übliche Praxis ist.

Beispiel: Branchennähe verneinte das Bundespatentgericht zwischen dem Verkauf von Biersorten und “Musikdarbietungen”. Zwar würden sich beide Anbieter unter anderem an den Durchschnittsverbraucher richten, jedoch seien Brauereien vor allem Lieferanten der auf Veranstaltungen konsumierten Getränke. Im Verkehr sei es nicht üblich, dass Unternehmen, die Bier herstellen oder vertreiben, gleichzeitig Musik darböten. Einzelfälle von Musikern, die gleichzeitig Bier brauten, seien nicht in der Lage, eine neue Verkehrspraxis zu begründen (BPatG München, Beschluss vom 29.07.2019, Az. 26 W (pat) 49/16).

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5. Keine Verwechslungsgefahr, aber unlautere Rufausnutzung

Liegt keine Verwechslungsgefahr vor, kann trotzdem eine Verletzungshandlung gegeben sein, wenn der Verletzer seine Marke oder sein Unternehmenskennzeichen dem des Anspruchsinhabers bewusst annähert oder es bewusst im Geschäftsverkehr benutzt, um hieraus Vorteile für sich zu erlangen. § 15 Abs. 3 MarkenG erfasst vor allem Fälle, bei denen aufgrund fehlender Branchennähe keine Verwechslungsgefahr gegeben ist. Ein Unternehmen kann durch Verwendung des Unternehmenskennzeichens Vorteile erlangen, wenn es gezielt versucht, eine gedankliche Verknüpfung zwischen eigenem Unternehmen und Zeichen herzustellen, sei es nur um zunächst die Aufmerksamkeit eines potenziellen Kunden auf sich zu lenken.

Folgende rechtsverletzenden Handlungen kommen dafür in Betracht:

  • Handlungen, die die mit dem geschädigten Unternehmen verbundene Wertschätzung ausnutzen (Rufausbeutung)
  • Handlungen, die das Unternehmenskennzeichen und den damit verbundenen Ruf des Unternehmens schädigen (Rufschädigung)
  • Handlungen, die die Kennzeichenkraft des Unternehmenskennzeichens durch Nutzung für das eigene Unternehmen beeinträchtigen (Verwässerung)
  • Benutzung des Unternehmenskennzeichen, um die Aufmerksamkeit auf das eigene Unternehmen zu lenken (Aufmerksamkeitsausbeutung)

Zudem muss das Unternehmenskennzeichen gerade für das bestimmte Unternehmen im Verkehr “bekannt” sein. Nicht ausreichend ist die Bekanntheit des Kennzeichens für ein bestimmtes Produkt. Zwischen der oben dargestellten Verkehrsgeltung und der Bekanntheit des Zeichens ergeben sich viele Überschneidungen. Nicht zwingend erforderlich ist ein über die Verkehrsgeltung hinausgehender erhöhter Grad der Bekanntheit. So kann ein besonders guter Ruf einen erhöhten Schutz des Unternehmenskennzeichens gegen unlautere Ausnutzung ausnahmsweise auch erforderlich machen.

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6. Keine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage

Hat der Inhaber eines Unternehmenskennzeichens oder einer Marke die Benutzung eines anderen Unternehmenskennzeichens oder einer Marke fünf aufeinanderfolgende Jahr geduldet, obwohl er von der Benutzung Kenntnis hatte, hat er seine Ansprüche aus dem Markengesetz verwirkt (vgl. § 21 MarkenG). Er ist generell nicht mehr berechtigt, aufgrund von Verwechslungsgefahr gegen das andere Kennzeichen vorzugehen.

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VI. Konkrete Ansprüche bei Rechtsverletzungen

Auf Rechtsverletzungen kann der Inhaber eines Unternehmenskennzeichens unterschiedlich reagieren. Folgende Ansprüche können bestehen:

Nur gegen eingetragene Marken:

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1. Unterlassung und Beseitigung

Der Unterlassungsanspruch ist darauf gerichtet, weitere Verletzungen des Unternehmenskennzeichenrechts zu unterbinden. Voraussetzung ist Wiederholungsgefahr, die vermutet wird, sofern bereits eine Rechtsverletzung begangen wurde. Nicht entscheidend ist, ob der Verletzer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, da Unterlassungsansprüche verschuldensunabhängig bestehen.

Ausnahmsweise kann ein Unterlassungsanspruch auch auf Erstbegehungsgefahr wegen drohender Verletzung gestützt werden.

Beispiel: Die Registrierung eines Domainnamens oder die Anmeldung einer Marke können Indizien sein, dass der Antragsteller beabsichtigt, die bestimmte Domain oder Marke im Verkehr und dadurch herkunftsweisend zu verwenden (BGH, Urteil vom 13.03.2008, Az. I ZR 151/05Metrosex).

Aus dem Unterlassungsanspruch ergibt die Verpflichtung des Verletzers, künftig identische und gleichartige Verletzungshandlungen zu unterlassen. Zudem beinhaltet der Unterlassungsanspruch eine Beseitigungspflicht, wenn die kennzeichenrechtsverletzende Ware bereits vertrieben wurde und ein Weiterverkauf durch die Erwerber wahrscheinlich ist. Der Unterlassungsschuldner muss in diesem Fall alle ihm zumutbaren Handlungen ergreifen, um einen Weiterverkauf zu verhindern, zum Beispiel auf seine Vertragspartner einwirken.

Ist Ware, die mit dem Unternehmenskennzeichen widerrechtlich gekennzeichnet war, bereits in den Vertrieb gelangt, bietet es sich an, einen solchen Rückruf auf die spezialgesetzliche Regelung des § 18 Abs. 2 MarkenG zu stützen. Diese ist neben dem Unterlassungsanspruch anwendbar und begründet eine generelle Pflicht zu Beseitigung der rechtsverletzenden Ware aus dem Rechtsverkehr. Nicht notwendig ist, dass eine weitere Rechtsverletzung durch den Verkauf droht. Zudem kann der Inhaber des Unternehmenskennzeichens die Vernichtung von widerrechtlich gekennzeichneter Ware verlangen, wenn eine solche nicht ausnahmsweise unverhältnismäßig erscheint.

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2. Auskunft und Schadensersatz

Hat der Verletzer die Verletzungshandlung zu verschulden, also vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt, kann der Inhaber des Unternehmenskennzeichens von ihm Schadensersatz verlangen (§ 15 Abs. 5 MarkenG).

  • Vorsatz liegt vor, wenn in Kenntnis der fehlenden Berechtigung trotzdem eine unzulässige Verwendung des Bildnisses vorgenommen wurde.
  • Fahrlässig handelt der Schädiger, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB).

Wer ein Unternehmenskennzeichen in Gebrauch nehmen will, trifft grundsätzlich eine Nachforschungspflicht, das heißt eine Pflicht, sich nach anderen, möglicherweise ähnlichen Kennzeichen oder Marken zu erkundigen. Zuzumuten ist dem Verwender, beim Handelsregister nach bereits existierenden Namen zu recherchieren.

Der Inhaber des Unternehmenskennzeichens kann vom Verletzer einen Ausgleich für die Vermögenseinbußen verlangen, die er durch die Benutzung des fremden Unternehmenskennzeichens erlitten hat. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach der entsprechenden Vorschrift für Marken (vgl. § 15 Abs. 5 S.2 i.V.m. § 14 Abs. 6 S. 2 und 3 MarkenG). Folgende Berechnungsmethoden können vom Inhaber des Unternehmenskennzeichens wahlweise für die Bezifferung zugrunde gelegt werden:

  • Konkrete Schadensberechnung
  • Abschöpfung des Verletzergewinns
  • Lizenzanalogie

Beachten Sie unseren ausführlichen Beitrag zur Schadensberechnung im Markenrecht. Um den Schadensersatzanspruch beziffern zu können, darf der Rechteinhaber vom Verletzer nach § 19 MarkenG unverzüglich Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg von Waren bzw. Dienstleistungen verlangen, bei denen das Unternehmenskennzeichen des Rechteinhabers verwendet wurde.

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3. Widerspruch bzw. Löschung von Marke aus Unternehmenskennzeichen

Wurde eine deutsche Marke in das Markenregister eingetragen, kann der Inhaber eines Unternehmenskennzeichen innerhalb einer Frist von drei Monaten Widerspruch gegen die Eintragung erheben (vgl. § 42 MarkenG). Verletzt die eingetragene Marke das ältere Unternehmenskennzeichen, wird sie gelöscht. Nicht ausreichend für eine bundesweit wirkende Löschung der Marke ist jedoch die bloß regionale Bekanntheit eines Zeichens (vgl. § 12 MarkenG). Dafür muss der Anspruchssteller nachweisen, dass sein Unternehmenskennzeichensrecht bundesweit wirkt.

Eine bundesweite Geltung kann unter anderem nachgewiesen werden durch Abbildung in Deutschland marktgängiger Produkte, Berichte in Zeitungen, Broschüren und andere Werbung, Bestehen eines deutschlandweiten Kundenkreises beispielsweise aufgrund des Radius von Internetbestellungen.

Der Widerspruch gegen eine deutsche Marke ist beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) schriftlich einzureichen. Seit dem Markenmodernisierungsgesetzes vom 14.01.2019 beträgt die Widerspruchsgebühr 250 Euro (Gebührennummer 331 600). Eine Widerspruchsbegründung ist nicht notwendig. Verletzt die eingetragene Marke das Unternehmenskennzeichen, wird sie gelöscht. Ist die Marke bereits eingetragen und die Widerspruchsfrist abgelaufen, kann der Inhaber Löschung der Marke nach § 12 MarkenG verlangen.

Bei Unionsmarken besteht die Möglichkeit, Widerspruch beim Amt der europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) einzulegen oder Löschung zu beantragen. Die Widerspruchsfrist beträgt ebenfalls drei Monate nach Verkündung der Eintragung. Die Widerspruchsgebühr beträgt 320 Euro, die Verwechslungsgefahr muss substantiiert dargelegt werden.

Löschungs- und Widerspruchsverfahren verfolgen im Ergebnis das gleiche Ziel in Gestalt der Beseitigung der Marke. Jedoch ist das Widerspruchsverfahren die einfache und kostengünstigere Möglichkeit, die Löschung einer Marke zu erwirken.

Ein Widerspruch beziehungsweise Anspruch auf Löschung kommt auch der Störung einer Gleichgewichtslage in Betracht. Eine Gleichgewichtslage zwischen zwei Unternehmenskennzeichen kommt zustande, wenn diese über Jahre nebeneinander wissentlich im Rechtsverkehr existiert haben. Trägt einer von beiden zu Gunsten seines Unternehmenskennzeichens plötzlich eine Marke ein, wird die Gleichgewichtslage zu Ungunsten des anderen Unternehmenskennzeichens gestört und der Inhaber kann Löschung beantragen. Eine Gleichgewichtslage kann auch dann gestört werden, wenn einer der beiden Inhaber eines gleichnamigen Unternehmenskennzeichen dieses als Internetadresse benutzt, ohne dabei deutlich zu machen, dass es sich nicht um den Internetauftritt des anderen Unternehmens handelt (BGH, Urteil vom 31.03.2010, Az. I ZR 174/07). Eine Ausnahme kann nur bei gewichtigen Gründen vorliegen. Laut Rechtsprechung können solche Gründe durch eine besonders enge Beziehung zwischen Namen und Unternehmen begründet werden, welche über ein wirtschaftliches Interesse hinausgeht (BGH, Urteil vom 14.04.2011, Az. I ZR 41/08).

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VII. Warum eine Markenanmeldung von Vorteil sein kann

Ein Unternehmenskennzeichen kann zusätzlich als Marke registriert werden, wenn damit auf die Herkunft bestimmter Waren oder Dienstleistungen hingewiesen werden soll. Durch die Markeneintragung erlischt das Unternehmenskennzeichensrecht nicht.

Der Schutz aus einem Unternehmenskennzeichen hat Vorteile gegenüber einer Marke:

  • Keine Eintragung notwendig, dadurch Einsparung der amtlichen Anmeldegebühren
  • Geltung des Schutzes ab Ingebrauchnahme
  • Regionaler Schutz möglich

Man könnte daher meinen, dass die Eintragung eines Unternehmenskennzeichens als Marke unnötig ist. Das ist so pauschal aber nicht richtig.

Die Eintragung einer Marke dient der Rechtssicherheit. Im Prozess obliegt es dem Inhaber des Unternehmenskennzeichens darzulegen, dass sein Kennzeichen bereits in Gebrauch genommen wurde bzw. Verkehrsgeltung besitzt. Insbesondere der Nachweis von Verkehrsgeltung bereitet in der Praxis fast immer große Probleme. Bei einem möglicherweise rein beschreibenden bzw. freihaltebedürftigen Unternehmenskennzeichen lässt sich überdies schwer vorhersagen, ob ihm im Streitfall ausreichende Unterscheidungskraft zugesprochen würde. Hinzu kommt, dass das Unternehmenskennzeichensrecht eng an das Unternehmen gebunden ist. Bei einer Umstrukturierung des Unternehmens, etwa dem Vertrieb einer anderen Warengruppe, kann es seinen Schutz verlieren, weil der Rechtsverkehr das Unternehmen hinsichtlich des früheren Warenbereichs nicht mehr mit dem Unternehmenskennzeichen verbindet. Nicht zuletzt kann ein Unternehmenskennzeichenrecht nicht ohne das Unternehmen übertragen werden.

Die Eintragung der Marke in das Markenregister bietet demgegenüber Vorteile:

  • Möglichen Beweisproblemen kann vorgebeugt werden
  • Markenschutz kann schon vor Ingebrauchnahme und Aufnahme des Geschäftsbetriebs begründet werden
  • Eine Veräußerung der Marke ist unabhängig vom Unternehmen möglich
  • Es kann Markenschutz für einzelne Waren oder Dienstleistung erreicht werden

Nutzen Sie bei Fragen zu Unternehmenskennzeichensrechten unsere kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung von Rechtsanwältin Melina Koschnitzki erstellt.

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Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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