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Standortwerbung: So vermeiden Sie UWG-Abmahnungen

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Unternehmen versuchen teilweise, über Werbung mit mehreren Standorten in grenzwertiger Weise einen größeren Kundenkreis anzusprechen. Wir erklären, wann diese Form der Werbung wettbewerbsrechtlich irreführend ist und abgemahnt werden kann.

Bevor Sie beginnen: Geht es nicht um die Werbung mit Firmenstandorten, sondern die Bewerbung eines Produkts mit einer Ortsangabe, empfehlen wir unseren Beitrag zur Entscheidung Premium Filler aus Berlin.

Was bringt eine Werbung mit mehreren Standorten?

Die Vorteile von Werbung mit mehreren Firmenstandorten bzw. Filialen in verschiedenen Städten liegt auf Hand. Aus Kundensicht wird eine regionale, persönliche Vertretung des Unternehmens suggeriert und der Eindruck erweckt, hier komme ein Fachmann von einer in der Region ansässigen Firma. Gleichzeitig geht der Kunde davon aus, bei Rückfragen oder Beschwerden einen lokalen, schnell erreichbaren Ansprechpartner kontaktieren zu können. Viele Verbraucher dürften ortsnah ansässige Firmen auch deshalb bevorzugen, weil sie zu ihrer Existenz beitragen möchten. Schließlich erweckt die Angabe verschiedener Standorte den Anschein einer besonderen wirtschaftlichen Bedeutung und Unternehmensgröße, was für die Kundenentscheidung ebenfalls Bedeutung haben kann.

Vorgetäuschte Standorte sind wettbewerbsrechtliche Irreführung

Die Werbung mit verschiedenen Firmenstandorten ist selbstverständlich zulässig, wenn die beworbenen Standorte tatsächlich existieren. Täuscht ein Unternehmen jedoch nur vor, über mehrere Standorte zu verfügen, begeht es eine wettbewerbsrechtlich verbotene Irreführung (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG).

Werbung ist irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs unwahre Angaben enthält.

Bei der Prüfung, ob eine Angabe geeignet ist, den Verkehr irrezuführen, kommt es nicht auf den objektiven Wortsinn und nicht darauf an, wie der Werbende selbst seine Aussage verstanden wissen will. Entscheidend ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (vgl. Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 5 Rn. 1.57, mwN).

Vor diesem Hintergrund kann auch eine gesetzlich zulässige und damit objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn sie beim angesprochenen Verkehr zu einer Fehlvorstellung führt, die geeignet ist, sein Kaufverhalten zu beeinflussen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf einem unrichtigen Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist für die Anwendung der gesetzlichen Irreführungstatbestände jedoch grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich; außerdem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17.01.2020, Az. 6 U 101/19 mit Verweis auf: BGH, Urteil vom 30.07.2015, Az. I ZR 250/12Piadina-Rückruf; BGH, Urteil vom 31.03.2016, Az. I ZR 86/13Himalaya Salz; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO, § 5 Rn. 1.105).

Wann eine Irreführung mit verschiedenen Standorten vorliegen kann, verdeutlichen die folgenden Beispiele:

1. Standortliste mit Ortsnamen

Beispiel: “Boutique Müller – München, Berlin, Hamburg”

Wenn ein Unternehmen behauptet, es verfüge über Standorte in verschiedenen namentlich benannten Städten (z.B. auf der Firmenwebsite), ist diese Angabe nur zulässig, wenn ein Mitarbeiter zu gewöhnlichen oder zu den in üblicher Weise bekannt gemachten Öffnungszeiten persönlich erreichbar ist (OLG Celle, Urteil vom 01.04.2015, Az. 13 W 35/15).

Nicht ausreichend ist das bloße Bestehen einer vom Unternehmen gemieteten Lagerhalle, wenn diese nur regelmäßig von Handwerkern des Unternehmens aufgesucht wird, weil dort Arbeitsmittel und -materialien gelagert sind (OLG Celle, Urteil vom 07.07.2015, Az. 13 W 35/15). Ebenso reicht eine saisonale Besetzung nicht aus.

Der Verkehr erwartet bei der Angabe eines Standortes regelmäßig eine Niederlassung mit eigenem Büro und Personal (OLG Koblenz, Urteil vom 25.03.2008, Az. 4 U 959/07) und einen erkennbar dem Betrieb zuzuordnenden Ansprechpartner, über den er mit dem Unternehmen in Kontakt treten kann, um dort seine Belange anbringen zu können (OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2008, Az. 4 U 11/07). Lokal ansässige freie Mitarbeiter reichen unter Umständen nicht aus (OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2009, Az. 20 U 226/08).

Auch bei Dienstleistungen muss der Unternehmer eine Betriebsstätte in der Nähe des Kunden unterhalten, von der aus die Leistung erbracht wird. Denn unter diesen Umständen können zum einen Anfahrtskosten erspart werden, die ein auswärtiger Anbieter zumindest in die Kalkulation seines Gesamtpreises einfließen lässt. Zum anderen ist die örtliche Nähe auch für Nachbesserungswünsche von Vorteil. Ein Briefkasten und ein Telefonanschluss reichen nicht aus. Erforderlich wäre zumindest, dass der Unternehmer oder einer seiner Mitarbeiter sich regelmäßig in der beworbenen Stadt aufhält, um die Dienstleistungen ortsnah erbringen zu können (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.08.2018, Az. 6 W 64/18).

Rechtsanwälte werben irreführend, wenn sie auf dem Briefkopf unterhalb der Bezeichnung „Rechtsanwaltskanzlei“ mehrere Orte nennen und sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich hierbei lediglich um Zweigstellen handelt (OLG Köln, Urteil vom 17.01.2020, Az. 6 U 101/19).

Auch eine Werbung mit Standorten auf Drittwebsites wie gelbeseiten.de ist irreführend und abmahnbar, wenn die Standorte tatsächlich nicht existieren. Trägt das betroffene Unternehmen vor, die Werbung nicht selbst veranlasst zu haben, führt das nicht automatisch zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast (OLG Köln, Urteil vom 23.12.2016, Az. 6 U 119/16).

2. Telefonnummern mit verschiedenen Ortsvorwahlen

Eine irreführende Werbung mit tatsächlich nicht existenten Standorten liegt auch dann vor, wenn mit verschiedenen Ortsvorwahlen geworben wird, obwohl in den zugeordneten Städten keine lokalen Niederlassungen existieren.

So wurde z.B. ein Rohrreinigungsunternehmen in einem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren verurteilt, weil es unter der Rubrik „Rohrreinigung“ in den Gelben Seiten für verschiedene Orte mit ortsnetzbezogenen Telefonnummern geworben hatte, ohne dass an diesen Orten jeweils Betriebssitze existierten. Vom werbenden Unternehmen war eine Anrufweiterleitung an den Firmensitz eingerichtet worden, wobei in der Werbung entweder kein oder ein nur unauffälliger Hinweis auf die Anrufweiterleitung erfolgt war (LG Gießen, Urteil vom 14.07.2015, Az. 6 O 54/14).

Ohne deutlichen Hinweis auf die Anrufweiterleitung ist eine solche Standortwerbung zumindest dann unzulässig, wenn der Ort der Niederlassung für einen nicht unerheblichen Teil der Leser Bedeutung hat (OLG Koblenz, Urteil vom 25.03.2008, Az. 4 U 959/07 in Bezug auf ein Umzugsunternehmen). Der Hinweis muss bereits in der Werbung enthalten sein, eine spätere Aufklärung im Telefonat mit dem Interessenten reicht nicht aus.

3. Ortsoptimierte Landingpages

Zwischenzeitlich war (und ist) es im Bereich der Suchmaschinenoptimierung beliebt, unzählige ortsoptimierte Landingpages zu erstellen im Stil von domain.de/berlin, domain.de/hamburg etc. Auch solche Werbung wird gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG verstoßen, wenn letztlich lokale Firmensitze am jeweiligen Ort suggeriert werden, die tatsächlich nicht bestehen.

4. Standortwerbung auf Online-Plattformen

Ein Handwerksbetrieb hatte auf einer Internetplattform damit geworben, dass er auch in der Stadt Lüneburg tätig sei, in der er keinen Sitz hatte. Auf eine Abmahnung verteidigte er sich mit dem Argument, dass nicht er, sondern die Plattform für die falsche Angabe verantwortlich sei. Das Landgericht Berlin ebenso wie das nachfolgende Kammergericht sahen in der falschen Standortwerbung jedoch eine irreführende Werbeangabe. Der Handwerksbetrieb sei für die falsche Standortangabe nach außen auch dann verantwortlich, wenn sie von der Plattform eingefügt worden sei (LG Berlin, Urteil vom 10.02.2017, Az. 16 O 423/16; Kammergericht, Beschluss vom 15.09.2017, Az. 5 U 65/17). Diese Sichtweise entspricht der ganz herrschenden Rechtsprechung im Zusammenhang mit Wettbewerbsverstößen auf Online-Plattformen, z.B. bei Google Shopping.

5. Google Ads mit Kombination aus Leistung und Ortsname

Wer Google Ads schaltet und darin seine Leistungen in Kombination mit einer Ortsangabe bewirbt, ohne dort ansässig zu sein oder eine Zweigstelle zu betreiben, kann wegen Irreführung abgemahnt werden (Beispiel: Schuldnerberatung Köln). Der Verkehr erwartet, dass der Werbende in der genannten Stadt einen Standort unterhält und dass die beworbene Dienstleistung auch dort erfolgen kann.

OLG Hamburg Schuldnerberatung Köln6. Flyer mit Adresse und Festnetznummer

Das beklagte Unternehmen aus Halle hatte seine Dienstleitungen in einem Flyer mit einer Adresse und einer Festnetznummer beworben, obwohl es in beworbenen Gebiet nicht über eine Niederlassung verfügte.

Das Landgericht Halle bewertete dies als unlautere Irreführung. Der Rechtsverkehr erwarte bei der Angabe eines Standortes, d.h. örtliche Adresse und örtliche Telefonnummer, regelmäßig eine Niederlassung mit eigenem Büro und Personal, mit einem erkennbar dem Betrieb zuzuordnenden Ansprechpartner, über den er mit dem Unternehmen in Kontakt treten kann, um dort seine Belange anbringen zu können (vgl. OLG Celle, Urteil vom 07.07.2015, Az. 13 W 35/15). Durch die örtliche Adresse und örtliche Telefonnummer habe das Unternehmen den Eindruck erweckt, dass vor Ort eine persönliche Ansprechbarkeit besteht. Es genügt, wenn interessierte Kunden mit der Aussicht auf die Möglichkeit einer solchen Kontaktaufnahme – und sei es nur in einem Gewährleistungsfall – angelockt werden. Zudem suggeriert die Angabe verschiedener Standorte eine besondere wirtschaftliche Bedeutung und Unternehmensgröße, die für die Kundenentscheidung ebenfalls von Bedeutung sein kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2009, Az. 20 U 226/08).

Zusammenfassung: Grundsätzlich ist eine Werbung mit mehreren Standorten nur dann zulässig, wenn die beworbenen lokalen Geschäftssitze (Filiale, Büro) tatsächlich existieren und während der normalen Öffnungszeiten die Möglichkeit zur persönlichen Kontaktaufnahme mit mindestens einem Firmenmitarbeiter vor Ort besteht. Nutzen Sie bei Rückfragen unsere kostenlose Ersteinschätzung.

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

4 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Guten Tag,

    das ist eine tolle Zusammenfassung. Vielen Dank. Dies ist auch irgendwie vom Verstand nachvollziehbar.
    Nur was ist, wenn ich aus dem kleinen Nachbarort komme? Fellbach, das ist Stadtgrenze zu Stuttgart. Nur sucht kaum jemand nach meinem Produkt in Fellbach, sondern in Stuttgart. Das wäre doch auch (fast) Ortsansässig. Aus dem Nordosten ist man schneller bei mir, als wenn man in den Südwesten nach Stuttgart muss. Die unmittelbare Nähe wäre doch trotzdem gegeben?

    Gibt es dazu etwas kurzes, was Sie mitteilen können?

    Vielen Dank

    Antworten

    • Hallo, vielen Dank. Ich denke nicht, dass es darauf ankommt, genau in der Gemeinde ansässig zu sein, deren “Belieferung” man bewirbt. Liegt der eigene Sitz im Nachbarort einer Stadt, darf man m.E. auch Standortwerbung in dem Sinne betreiben, dass man seine eigenen Leistungen speziell für die angrenzende Stadt anbietet und darauf werberisch ausrichtet.

      Antworten

    • Das kann man nicht pauschal beantworten. M.E. kommt es darauf an, ob der Anbieter suggeriert, er betreibe eine Filiale in der Zielstadt, obwohl das nicht der Fall ist (Beispiel: “Ihr Mainzer Abschleppdienst”, während der Anbieter in München ansässig ist). Anders sähe es aus, wenn beispielsweise ein in Köln ansässiger Abschleppdienst damit werben würde, auch Autos in Köln abzuschleppen. Grund: die Städte liegen geografisch sehr nah zusammen, so dass es nahe liegt, daraus ein gemeinsames Einzugsgebiet zu machen.

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