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Produktkonfigurator im Web: “Preis auf Anfrage” reicht nicht

preiswerbung recht

Bei Produktkonfiguratoren im Internet muss der Preis der zusammengestellten Ware selbst bei komplexen Systemen mit vielen Kombinationsmöglichkeiten angezeigt werden. Es reicht nicht aus, Preise erst auf Kundenanfrage mitzuteilen (LG München, Urteil vom 31.03.2015, Az. 33 O 15881/14).

Update: Die Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht München aufgehoben (OLG München, Urteil vom 17.12.2015, Az.: 6 U 1711/15).

Sind konkrete Preise in Web-Produktkonfiguratoren Pflicht?

Im Webshop eines Möbelhändlers hatten Kunden die Möglichkeit, unter verschiedenen Herstellern bzw. Marken ein Möbelstück auswählen und dieses anschließend nach Modell, Typ, Material, Farbe, Größe etc. zu konfigurieren. Die Produktdarstellungen wurden damit beworben, dass die Waren “zum günstigsten Preis” erhältlich sind.

Um den Verkaufspreis eines konfigurierten Möbelstücks zu erfahren, musste der Interessent nach Abschluss der Konfiguration im Feld “PREISANFRAGE” Namen und E-Mailadresse eintragen sowie den Button “Angebot anfordern” anklicken. Daraufhin erhielt eine E-Mail, in der ein Link zum Angebot auf der Internetplattform des beklagten Möbelhändlers enthalten. Dort wurde dann ein “Angebot” mit einer Preisangabe angezeigt.

Der Wettbewerber sah darin einen Verstoß gegen die § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV. Die Vorschrift lautet (mit Hervorhebung durch mich):

Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise).

Der Möbelhändler verteidigte sich damit, er stelle Interessenten von individuell zusammengestellten Möbeln lediglich eine Konfigurationsplattform als eine Art “Spielzeug” zur Verfügung mit dem Vorteil, dass sich der Interessent nicht in ein Möbelhaus begeben müsse. Im rechtlichen Sinne handele es sich nur um eine Vorstufe zum “Anbieten” im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV. Dem Verkehr sei bekannt, dass der Unternehmer eine Preisaussage erst treffen könne, nachdem ihm die konkrete Konfiguration mitgeteilt worden sei, und dass der Unternehmer den Vertragsschluss von der Lieferfähigkeit seines Herstellers abhängig machen müsse bzw. dass der Onlinehändler eine Preisaussage erst machen könne, nachdem er seinen eigenen Einkaufspreis ermittelt und die Lieferfähigkeit seines Lieferanten abgeklärt habe. Schließlich ermögliche das System des Händlers über 45 Trillionen Produktionskonfigurationsmöglichkeiten über alle Hersteller und Möbelvarianten hinweg, weshalb es technisch und wirtschaftlich nicht möglich sei, jede vom Kunden gewünschte Spezialkonfiguration vorherzusehen und mit einer Echtzeitpreisangabe zu versehen.

LG München: Pflicht zur Preisangabe auch bei konfigurierter Ware

Landgericht München entschied trotzdem, dass die Preisdarstellung des Möbelhändlers gegen die Preisangabenverordnung verstoße (§ 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 PAngV).

Aus Sicht des Gerichts sei § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV nicht so zu verstehen, dass bei einem Anbieten von Waren die Verpflichtung zur Angabe des Gesamtpreises nur bestehe, wenn mit dem Angebot bereits Preisangaben getätigt werden. Entscheidend sei vielmehr, dass der Möbelhändler Kunden durch den Produktkonfigurator dazu veranlasse, eine Preisanfrage unter Angabe ihrer Kontaktdaten zu stellen. Diese Situation sei vergleichbar mit dem Fall, dass ein Händler in seinem Schaufenster Waren ohne Preisangabe auslegt und den angesprochenen Verkehr hierdurch zum Betreten seines Geschäfts veranlasst.

“In beiden Fällen trifft der Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung im Sinne von Art. 2 k) der UGP-Richtlinie, wenn er sich dazu entschließt, sich in den Einflussbereich des anbietenden Unternehmers zu begeben, vorliegend indem er unter Angabe von persönlichen Daten, Kontakt mit dem Unternehmer aufnimmt. Um diese geschäftliche Entscheidung – Kontaktaufnahme mit der Beklagten – zu treffen, ist der angesprochene Verkehr durch die Produktdarstellung der Beklagten hinreichend informiert – weitergehender Informationen über den Preis bedarf es für eine solche geschäftliche Entscheidung nicht, so dass insoweit kein Widerspruch zu den Ausführungen des EuGH besteht, wonach eine Aufforderung zum Kauf vorliege, wenn der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert sei, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können. Denn die geschäftliche Entscheidung der Kontaktaufnahme mit dem Anbieter ist auch ohne jede konkrete Preisbenennung möglich und von der Beklagten vorliegend auch bezweckt.”

Es reiche vor diesem Hintergrund nicht, Verbrauchern den Endpreis erst zeitversetzt mitzuteilen. Zwar verlange § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV keinen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen Angebot und Preisangabe. Nach Sinn und Zweck der Preisangabenverordnung benötige der Verbraucher die Preisangabe aber bereits dann, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst, so dass es nicht ausreichend sei, wenn er erst durch Angabe seiner persönlichen Daten eine entsprechende E-Mail des Händlers anfordern müsse, um sich über den Preis zu informieren.

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Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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