Bei markenrechtlichen Streitigkeiten kann oftmals die Situation entstehen, dass an der Berechtigung der Ansprüche Zweifel bestehen – für beide Seiten. In dieser Lage sollte man statt einer teuren Markenabmahnung oder gar gerichtlichen Klärung prüfen, ob eine Abgrenzungsvereinbarung zielführend ist (auch Koexistenzvereinbarung, englisch Co-Existence-Agreement genannt).
Abgrenzungsvereinbarung als Alternative einer Klage
Die markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarung ist ein zivilrechtlicher Vertrag, mit dem eine Streitigkeit über eine Marke im Rahmen eines Nichtangriffspakts zwischen den Rechteinhabern beigelegt wird mit dem Ziel, ein Nebeneinander beider Kennzeichen zu erreichen. Typischerweise werden Abgrenzungsvereinbarungen außergerichtlich geschlossen, möglich ist ihr Abschluss aber auch im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens.
Abgrenzungsvereinbarungen kommen insbesondere dann zum Einsatz, wenn zwischen zwei Marken möglicherweise Verwechslungsgefahr vorliegt und die Inhaber das Risiko eines teuren Prozesses scheuen. Eine Abgrenzungsvereinbarung ist dann kein Zeichen von Schwäche, sondern die rechtlich und wirtschaftlich vernünftigste Lösung.
Beispiel: Zwei Marken sind für ähnliche Waren und Dienstleistungen registriert und ähneln sich in gewisser Weise, ohne dass eine Markenverletzung aus rechtlicher Sicht eindeutig bejaht werden kann.
Abgrenzungsvereinbarung ermöglicht flexible Lösungen
Eine Abgrenzungsvereinbarung schafft für die Beteiligten eine verbindliche Lösung, bei der es vor allem auf Praktikabilität ankommt. Regelmäßig (aber nicht zwingend) verzichtet die jüngere Marke dabei darauf, im Schutzbereich der älteren Marke geschäftlich tätig zu sein.
Da eine Abgrenzungsvereinbarung nur zwischen den vertragsschließenden Parteien Wirkung entfaltet, sollte ein Zusatz zur Fortgeltung gegenüber Rechtsnachfolgern in den Vertrag aufgenommen werden. Unabhängig davon ist der Inhalt einer Abgrenzungsvereinbarung frei verhandelbar. Mustertexte können als Grundlage der Abgrenzungsvereinbarung verwendet werden, sollten aber den Besonderheiten des jeweiligen Falls angepasst werden.
Unsere Tipps zu Abgrenzungsvereinbarungen im Markenrecht
- Abgrenzungsvereinbarungen können extreme wirtschaftliche Folgen mit sich bringen, z.B. ein faktisches Verkaufsverbot und damit eine Entwertung des Markenrechts. Ihr Inhalt sollte daher sehr sorgsam geprüft werden. Sofern kein ordentliches Kündigungsrecht in der Abgrenzungsvereinbarung vereinbart wurde, gelten derartige Verträge grundsätzlich unbegrenzt. Nachträgliche außerordentliche Kündigungen sind normalerweise ausgeschlossen, wenn nicht ausnahmsweise ein wichtiger Grund vorliegt (vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 28.08.2013, Az. 9 O 2637/12).
- Abgeschlossen werden kann eine Abgrenzungsvereinbarung in jedem Stadium einer Auseinandersetzung, sogar als „friedliche“ Alternative zum Versand einer Markenabmahnung, beispielsweise in Verbindung mit einer Berechtigungsanfrage.
Sind Sie mit einer markenrechtlichen Auseinandersetzung konfrontiert? Unsere Kanzlei ist auf Markenrecht spezialisiert. Nutzen Sie unsere kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung.