Ein Rechtsanwalt aus Kornwestheim mahnt aktuell Kollegen wegen fehlendem Impressum auf XING ab. Die Abmahnungen sind rechtlich zweifelhaft. Inhaber eines XING-Profils sollten aber vorsorglich ein Impressum in ihr Profil einbinden.
Rechtsanwalt mahnt Kollegen wegen fehlendem Impressum auf XING ab
Von den wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen des Kornwestheimer Anwalts betroffen sind u.a. die Rechtsanwälte Carsten Ulbricht und Thomas Schwenke. Bei beiden Kollegen handelt es sich um ausgewiesene Experten im Bereich Social Media Recht, so dass nicht davon auszugehen ist, dass sie zufällig ausgewählt wurden.
Während Rechtsanwalt Ulbricht wohl tatsächlich nicht alle nach § 5 TMG vorgeschriebenen Impressumsangaben auf seinem XING-Profil vorhielt, ist es interessant zu erwähnen, dass Rechtsanwalt Schwenke sowohl in der XING-Statuszeile als auch in der von XING neu eingeführten Impressumsrubrik am Seitenende des Profils auf sein Impressum hingewiesen hatte.
Rechtslage zur Impressumspflicht von XING-Profilen
Sowohl die Pflicht zur Vorhaltung eines Impressums als auch die vorgeschriebenen Inhalte ergeben sich aus § 5 TMG. Nach dieser Vorschrift muss der Diensteanbieter Nutzern bei geschäftsmäßigen, in der Regel gegen Entgelt angebotenen Telemedien eine Reihe von Informationen über das Unternehmen des Diensteanbieters offenlegen.
Dem Begriff des Telemediums unterfallen alle Dienste mit einer hinreichenden kommunikationsbezogenen Eigenständigkeit. Dazu zählen Websites, E-Mail-Newsletter oder RSS-Feeds, aber z.B. auch Auktionsangebote auf Portalen wie eBay. Aufgrund der Möglichkeit, eigene Beiträge auf der Pinnwand (bzw. einem vergleichbaren nutzereigenen Teil der Plattform) zu veröffentlichen, bejaht die Rechtsprechung auch eine Impressumspflicht für Profile bei Facebook, Google + oder Twitter, immer vorausgesetzt, dass das jeweilige Profil zumindest auch geschäftlich genutzt wird.
Im Fall von XING ist dagegen umstritten, ob die Nutzerprofile ausreichende Eigenständig aufweisen oder lediglich unselbständige Teile der XING-Plattform als fremdem Telemedium darstellen. Die rechtliche Abgrenzung ist schwierig. So erlaubt XING seinen Nutzern zwar ebenfalls das Posten von Beiträgen. Im Unterschied zu den anderen genannten Social Media Kanälen besteht bei XING aber insgesamt deutlich weniger inhaltlicher Gestaltungsspielraum für den Profilinhaber, so dass man die Profile unter Umständen nur als digitale Visitenkarte und nicht als eigenes Telemedium ansehen kann.
Rechtsanwalt Thomas Stadler weist ergänzend darauf hin, dass ein Profil auf einem Business-Netzwerk wie XING, das gerade dem Zweck dient, von potentiellen Kunden gefunden zu werden, vor Informationen zum Anbieter nur so strotzt, so dass sich die Frage stelle, ob nicht ohnehin alle wesentlichen Anbieterinformationen erbracht werden. Das ist zwar richtig, aus meiner Sicht aber noch kein ausreichender Unterschied zu anderen geschäftlichen Social Media Profilen, wo es ebenfalls üblich ist, das eigene Unternehmen unter Hervorhebung von Kontaktmöglichkeiten zu bewerben. Insoweit dienen geschäftliche Profile bei Facebook, Google +, Twitter etc. in gleichem Maße der Unternehmenspräsentation. Sollte sich erweisen, dass XING-Profile dem Grunde nach der Impressumspflicht unterfallen, steht daher zu erwarten, dass die Rechtsprechung fehlende Angaben als abmahnbare Verstöße behandeln wird.
Die Abmahnungen selbst enthalten wie der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den ebenfalls abgemahnten Kollegen Alessandro Fuschi kaum rechtliche Auseinandersetzungen mit der Frage der Impressumspflicht. Da Gerichtsentscheide zur vorliegenden Thematik noch nicht existieren, bleibt die Rechtslage einstweilen ungeklärt.
Impressumsverstoß bei XING nach neuer Rechtslage möglicherweise nur Bagatelle
Ein Ausweg könnte sich für die abgemahnten Kollegen aus einer Mitte 2013 erfolgten Änderung der Rechtslage ergeben. Selbst wenn man eine Impressumspflicht für XING-Profile unterstellt, dürfte es nun zumindest möglich sein, Verstöße gegen § 5 TMG als Bagatelle zu behandeln. In der bisherigen Rechtsprechung wurde bei Impressumsverstößen von der Bagatellklausel zwar kaum Gebrauch gemacht. Durch europarechtliche Vorgaben ist es seit dem 12.06.2013 aber möglich, eine Einzelfallabwägung in die Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Impressumverstoßes einfließen zu lassen. Entscheidend ist nach Art. 7 der UGP-Richtlinie, ob die Geschäftspraxis dem Verbraucher
„im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte.“
Es bleibt abzuwarten, wann und wie die Gerichte diese neue Möglichkeit praktisch umsetzen werden.
Update 04.04.2014
Der abgemahnte Kollege Bräuer berichtet, dass dem Antrag des abmahnenden Rechtsanwalts auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom zuständigen Landgericht nicht gefolgt wurde. Stattdessen werde über den Verfügungsantrag nun mündlich verhandelt.
Handlungsempfehlung
Inhaber eines XING-Profilen sollten sicherheitshalber ein Impressum in ihr Profil einbinden, sofern das Profil zumindest auch geschäftlich genutzt wird. Es bietet sich an, statt der XING-Statuszeile die neue Impressumsrubrik am Seitenende des Profils zu nutzen. Die Impressumsangaben können dort entweder als Text hinterlegt oder über einen Link eingebunden werden, der auf das Impressum der eigenen Website zeigt. Schließlich sollte im Impressum der eigenen Website ein Hinweis aufgenommen werden, dass das Website-Impressum auch für das eigene XING-Profil gilt.
Beispiel aus unserem Impressum unter www.ra-plutte.de/impressum/:
Dieses Impressum gilt auch für die folgenden Social Media Profile:
– Facebook: facebook.com/ra.plutte
– Google +: google.com/+NiklasPlutte
– Twitter: twitter.com/niklasplutte
– XING: xing.com/profile/Niklas_Plutte
Update 29.04.2014
Auf Betreiben von Rechtsanwalt Winter hat das Landgericht Stuttgart den Kollegen Alexander Bräuer wegen fehlendem Impressum auf der Anwaltsplattform kanzlei-seiten.de zur Unterlassung verurteilt (Volltext des Urteils: LG Stuttgart, Urteil vom 24.04.2014, Az. 11 O 72/14).
Kern der Auseinandersetzung war die Frage, ob der sich auf kanzlei-seiten.de präsentierende Rechtsanwalt als selbständiger Diensteanbieter im Sinne von § 5 Abs. 1 TMG anzusehen ist, was vom Landgericht bejaht wurde. Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen lehnte das Gericht ab.
Update 28.05.2014
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat einen Verfügungsantrag von Rechtsanwalt Winter gegen das Portal www.anwaltinfos.de als „unzulässig, unschlüssig und unbegründet“ zurückgewiesen (LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 19.05.2014, Az. 11 O 3192/14).
Update 26.06.2014
Nach Auffassung des LG München sind geschäftliche XING-Profile Telemedien, was zur Folge hat, dass Unternehmer & Freiberufler bei XING ein Impressum aufführen müssen.
Wir beraten Sie gerne zur Impressumspflicht bei XING. Nutzen Sie unseren kostenlosen Impressum Generator.
Schade dass die Updates zu diesem Thema zumindest was xing angeht, an dem entscheidenden Punkt eingestellt wurden:
Verweis auf mündliche Verhandlung des OLG Stuttgart (Az. 2 U 95/14) welches folgendes festgestellt hat:
Im Einzelnen:
1. Anwälte sind in der Regel Wettbewerber, auch wenn sie unterschiedliche Beratungsschwerpunkte haben
2. XING Personenprofile sind keine selbständigen Telemedien im Sinne des § 5 TMG, sondern „nur“ unselbständige Teile der von der XING AG betriebenen Plattform. Dies folge daraus, dass nicht veränderbare Kategorien (Ich biete, Berufserfahrung usw) vorgegeben seien, die der Nutzer lediglich ausfüllen könne. Grafisch lassen sich die Profile eigentlich nicht verändern, sodass alle Personenprofile im Wesentlichen gleich gestaltet seien. Diese Voraussetzungen genügen nicht, um ein eigenständiges Telemedium anzunehmen. Die Impressumspflicht scheitert mithin schon an den Voraussetzungen des § 5 TMG
3. Selbst wenn eine Impressumspflicht angenommen werden könnte, genügte ein Profil den Anforderungen durch den Impressumshinweis am unteren Ende der Plattform, wenn dieser – insoweit unstreitig – auf ein vollständiges Impressum verlinkt ist
4. Selbst wenn der Link als zu klein angesehen würde, so fehle es nach der vorläufigen Einschätzung des OLG Stuttgart an einem spürbaren Wettbewerbsverstoß
Seit dem hat es sich meiner Erkenntnis nach erledigt mit den Abmahnung (zumindest bei Xing)