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LG Berlin – Technoviking schöpft Gewinne ab

video recht

Ein als “Technoviking” bekannt gewordener Mann hat vor dem Landgericht Berlin Gewinne abschöpfen lassen, die aus der Verwertung eines ihn zeigenden Videos der Fuckparade stammen (LG Berlin, Urteil vom 30.05.13, Az. 27 O 632/12).

Videoaufnahme- und verwertung ohne Erlaubnis des Technoviking

Der Kläger hatte im Jahr 2000 in Berlin an der als Gegenveranstaltung zur Loveparade gegründeten Fuckparade teilgenommen. Dort war er vom Beklagten gestikulierend und tanzend auf der Straße gefilmt worden. Das im Anschluss unter anderem bei YouTube hochgeladene Video wurde bis Mitte 2012 über 15 Millionen Mal angeklickt.

Der Beklagte erzielte im Zusammenhang mit dem Video und daraus entnommenen Einzelbildern durch Ausstellungen, Vorträge und den Verkauf von Merchandise-Artikeln wie Tassen, T-Shirts oder iPhone- und iPad-Schutzhüllen Umsätze von mehr als 10.000,00 EUR.

Gewinnabschöpfung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung

Nachdem der Beklagte 2009 zunächst vom Technoviking erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch genommen hatte, war dessen Zahlungsklage in erster Instanz vor dem Landgericht Berlin zumindest teilweise erfolgreich. Das Gericht ordnete zu Gunsten des Technoviking eine Abschöpfung der erzielten Gewinne wegen rechtswidriger Persönlichkeitsverletzung an, §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit §§ 22 ff. KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG.

Abgewiesen wurde dagegen der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung (“Schmerzensgeld”) in Höhe von 10.000,00 EUR. Gegen das Urteil ist die Berufung zum Kammergericht Berlin zulässig. Ob das Berufungsverfahren durchgeführt wird, ist bislang nicht bekannt.

Eine schöne Entscheidung. Als das Video gedreht wurde, war ich damals nebenan im Tiergarten ;-)

Update 11.08.2013

Laut einer Stellungnahme des Beklagten Matthias Fritsch will der Technoviking das erstinstanzliche Urteil nicht akzeptieren und hat deshalb Berufung eingelegt (Update: die Stellungnahme wurde zwischenzeitlich gelöscht). Nun wird das Kammergericht Berlin über die Sache entscheiden. Die Details der Berufungsbegründung sind bislang nicht bekannt. So ist insbesondere noch unklar, ob sich der Kläger gegen die Reichweite des vom LG Berlin anerkannten Unterlassungsanspruchs oder womöglich gegen die Aberkennung von Schmerzensgeld wendet.

Update: Die Berufung wurde nicht weiter verfolgt. Das erstinstanzliche Urteil des LG Berlin ist damit rechtskräftig.

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Hinsichtlich Merchandising-Artikeln wie T-Shirt, Tasse, Becher, Mousepad ist in diesen üblicherweise ein wirtschaftliches Interesse (= Absicht, Gewinn zu erzielen) anzunehmen. Es gibt natürlich auch Werbematerial, welches gratis verteilt wird. Hier allerdings ist durch den Online-Shop das gewerbliche Handeln nachgewiesen. Insoweit kann man den Unterlassungsanspruch des Klägers zubilligen, sowie einer Auskunft zu den damit erzielten Einnahmen.

    Hinsichtlich des Videoclips halte ich das Urteil für glatte Rechtsbeugung. Nach den Aufnahmen, die ich bei youtube aktuell gefunden habe (ca. 4 Minuten Laufzeit), handelt es sich um die Dokumentation eines Straßenumzugs. Wer sich öffentlich an einer Demonstration beteiligt, muß damit rechnen, gefilmt zu werden. Dieses Filmen ist auch im Rahmen journalistischer Arbeit zulässig und bedarf keiner Einwilligung der Abgebildeten. Im übrigen haben wir die Panoramafreiheit. Die sogenannte “Fuck-Parade” ist ein zeithistorisches Ereignis gewesen. Das Urteil widerspricht damit eindeutig höherrangigem Recht. Die Kammer des Landgerichts hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, im Urteil auf diesen dokumentarischen Sachverhalt einzugehen, sondern hat allein auf den Kläger abgestellt, der hier Teil einer größeren Gruppe gewesen ist. Inwieweit der Beklagte dafür verantwortlich ist, daß der Kläger im Nachhinein als “Technoviking” zu einer Kunstfigur wurde, und dadurch vermeintliche arbeitsrechtliche Nachteile erhielt, wurde vom Gericht nicht ergründet. Dieses Risiko besteht bei jeder Teilnahme an einer Demonstration. Der Beklagte wird im Tenor für etwas verantwortlich gemacht, was ihm möglicherweise gar nicht anzulasten ist. Jedenfalls kann die nachträgliche, offensichtlich erst Jahre später erfolgte Einstufung des Klägers als “Kunstfigur” nicht dafür herhalten, die Filmaufnahme einer Demonstration zu verbieten. Das Urteil kann eigentlich so keinen Bestand haben. Inwieweit die Veröffentlichung des Livetons bei mitlaufender Musik auch urheberrechtliche Belange an den Musikrechten Dritter tangiert, war hier nicht Gegenstand des Verfahrens.

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