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Vergleichende Werbung im Netz: “Ähnlich wie …” Markenware

Vergleichende Werbung UWG

Der BGH hat entschieden, dass man grundsätzlich im Internet über den Zusatz “ähnlich wie …” damit werben darf, dass eigene Produkte bestimmter Markenware ähneln (BGH, Urteil vom 02.04.2015, Az. I ZR 167/13Staubsaugerbeutel im Internet).

Vergleichende Werbung mit Marken-Staubsaugernbeuteln

Melitta als Herstellerin der bekannten Staubsaugerbeutelmarke “Swirl” ging gegen eine Onlinehändlerin vor, die ihre Staubsaugerbeutel mit den funktionell vergleichbaren Produkten des Markenherstellers wie folgt beworben hatte:

4 Vlies – für AEG – alternativ (ähnlich Swirl PH 86)
20 Papier – für Miele – alternativ – (ähnlich J F M ähnlich Swirl M 50
(M 50) & M 51 (M 51).

Melitta sah darin Verletzungen der Marke “Swirl” sowie der ebenfalls als Marke geschützten Typenbezeichnungen. Daneben handele es sich um eine wettbewerbswidrige unlautere Rufausnutzung.

Kein Markenverstoß, wenn wettbewerbsrechtlich zulässiger Vergleich

Vor dem Bundesgerichtshof hatte die Klage allerdings keinen Bestand. Der beanstandete Internetauftritt der Onlinehändlerin sei als vergleichende Werbung marken- und wettbewerbsrechtlich zulässig. Zwar habe die Onlinehändlerin die bekannte Marke “Swirl” ebenso wie die als Marken geschützten Typenbezeichnungen markenmäßig genutzt. Melitta könne diese Form der Markennutzung aber nicht verbieten.

Nach § 6 UWG ist vergleichende Werbung grundsätzlich erlaubt. Unternehmern ist es erlaubt, Verbraucher über Eigenschaften und Vorteile einer Ware oder Dienstleistung zu informieren, wenn wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften der in die Gegenüberstellung einbezogenen konkurrierenden Produkte verglichen werden und die Werbung nicht irreführend ist.

Für eine wirksame vergleichende Werbung kann es dabei unerlässlich sein, die Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers dadurch erkennbar zu machen, dass auf eine ihm gehörende Marke oder auf seinen Handelsnamen Bezug genommen wird (vgl. Erwägungsgründe 8 und 14 f. der Richtlinie 2006/114/EG). Eine solche Bezugnahme verletzt das fremde Kennzeichenrecht nicht, wenn sie unter Beachtung der in der Richtlinie aufgestellten Bedingungen erfolgt und das fremde Zeichen verwendet wird, um auf den Bestimmungszweck des angebotenen Produkts hinzuweisen.

Der Vorwurf einer unlauteren Rufausnutzung ist vor diesem Hintergrund nur dann begründet, wenn über die Nennung des Kennzeichens hinaus zusätzliche Umstände hinzukommen. Liegt keines der Unlauterkeitsmerkmale des § 6 Abs. 2 UWG vor, ist die vergleichende Werbung markenrechtlich zulässig. Der BGH schafft so einen Gleichlauf zwischen Markenrecht und Wettbewerbsrecht.

Aus der Urteilsbegründung:

“b) Die Angebotsgestaltung der Beklagten stellt eine vergleichende Werbung im Sinne von § 6 Abs. 1 UWG dar. Die Angebote der Beklagten machen die Klägerin, die von ihr angebotenen Staubsaugerbeutel und die Austauschbarkeit der Produkte unmittelbar erkennbar.

c) Die vergleichende Werbung der Beklagten ist nicht unlauter.

aa) Die Unlauterkeitsmerkmale des § 6 Abs.2 Nr. 1 und 2 UWG liegen nicht vor. Die in den Vergleich einbezogenen Waren der Beklagten und der Klägerin sind für denselben Zweck bestimmte Staubsaugerbeutel. Die funktionelle Gleichwertigkeit, also die Möglichkeit, einen von der Beklagten angebotenen Staubsaugerbeutel anstelle des damit verglichenen Staubsaugerbeutels der Klägerin zu verwenden, ist auch eine wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaft der Waren der Beklagten.

bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Unlauterkeit wegen Verwechslungsgefahr gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG verneint.

Nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt.

Das Berufungsgericht hat in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung der Umstände der beanstandeten Werbung angenommen, der Gebrauch des Adjektivs “ähnlich” in den Angeboten der Beklagten stelle unmissverständlich klar, dass es sich nicht um Produkte der Klägerin handele, sondern um Erzeugnisse eines Wettbewerbers. Die Revision legt nicht dar, warum das Berufungsgericht gleichwohl von einer Verwechslungsgefahr hätte ausgehen müssen.

cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Werbung der Beklagten den Ruf der Marke der Klägerin nicht in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG).

(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte nutze durch Verwendung der Bezeichnung “Swirl” gezielt die Bekanntheit und den guten Ruf der Produkte der Klägerin aus. Die Angebote der Beklagten erschienen aufgrund der Verwendung der Bezeichnung “Swirl” in der Überschrift bei einem nach den Produkten der Klägerin suchenden Internetnutzer in vorderer Platzierung auf der Trefferliste. Außerdem stehe die Marke “Swirl” in der Öffentlichkeit für Qualitätsstaubsaugerbeutel, so dass sich die Beklagte deren besonderen Ruf zunutze mache, indem sie durch Verwendung des Adjektivs “ähnlich” die qualitative Vergleichbarkeit ihrer Produkte betone. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

(2) Diese Ausnutzung des Rufs der Marke der Klägerin durch die Beklagte ist jedoch nicht unlauter. Die Feststellung, ob die Benutzung eines Zeichens dessen Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutzt, erfordert eine umfassende Beurteilung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, wobei insbesondere das Ausmaß der Bekanntheit und des Grades der Unterscheidungskraft des Zeichens, der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, die Art der betroffenen Produkte und der Grad ihrer Nähe sowie die möglicherweise bestehende Gefahr der Verwässerung oder Verunglimpfung des Zeichens zu berücksichtigen sind. Die Verwendung eines Zeichens, das einem bekannten Zeichen ähnlich ist, nutzt dessen Ruf in unlauterer Weise aus, wenn dadurch versucht wird, sich in den Bereich der Sogwirkung des bekannten Zeichens zu begeben, um von seiner Anziehungskraft, seinem Ruf und seinem Ansehen zu profitieren und die wirtschaftlichen Anstrengungen des Inhabers dieses Zeichens zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Image dieses Zeichens ohne finanzielle Gegenleistung auszunutzen. Die Feststellung einer solchen Unlauterkeit erfordert daher die Abwägung zwischen den Interessen des Werbenden, des betroffenen Mitbewerbers und der Verbraucher, bei der die legitime Funktion der vergleichenden Werbung, die Verbraucher objektiv zu informieren, und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen sind.

Danach ist eine unlautere Rufausnutzung regelmäßig zu verneinen, wenn auf Artikelnummern von Produkten der Mitbewerber hingewiesen wird, weil sich ohne diese ein Vergleich schwerlich in der gebotenen Weise durchführen lassen wird. Dasselbe gilt, wenn Bestellnummern von Mitbewerbern vollständig oder in ihrem Kern übernommen werden und hierauf in der Werbung hingewiesen wird, weil andernfalls diese Bestellnummern anhand von Vergleichslisten herausgesucht werden müssten und hierdurch der Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher und des Werbenden unangemessen erschwert würde. Der Senat hat es auch für zulässig gehalten, dass ein Hersteller von Tintenpatronen bei Vergleichen seiner Erzeugnisse mit den Tintenpatronen eines Wettbewerbers die von diesem zur Bezeichnung seiner Patronen gewählten Bildmotive verwendet.

Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Streitfall an einer unlauteren Rufausnutzung. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Nennung der Marke und der das Produkt konkretisierenden Typenbezeichnung der Klägerin sei in den Angeboten der Beklagten erforderlich, um alle Verbraucher auf die Existenz und Gleichwertigkeit der Konkurrenzprodukte der Beklagten hinzuweisen. Zwar suchten viele Verbraucher im Internet nach dem Produkt der Klägerin, von dem allein sie wüssten, dass es für ihren Staubsauger passend sei. Daraus könne aber nicht geschlossen werden, dass diese Verbraucher nur am Erwerb des Originals interessiert seien. Viele Verbraucher hätten keine Kenntnis von gleichwertigen Angeboten anderer Unternehmen oder seien an diesen nicht hinreichend interessiert, um danach aufwendig mittels der Typenbezeichnung ihres Staubsaugers zu suchen. Diese Verbraucher seien aber durchaus am Erwerb von Konkurrenzprodukten interessiert, wenn sie ihnen bei der Suche nach dem für ihr Gerät passenden Produkt der Klägerin präsentiert würden. Dies werde erreicht, wenn durch Verwendung der Klagemarken in der Angebotszeile auch die Konkurrenzangebote der Beklagten schon auf der ersten Seite der Trefferliste für das Suchwort “Swirl” erschienen.

Gegen diese tatrichterliche Würdigung wendet sich die Revision ohne Erfolg. Die Verwendung einer fremden Marke in einem Internet-Verkaufsangebot, um Kunden, die sich einer Suchmaschine bedienen, auf das Produkt eines Wettbewerbers aufmerksam zu machen, stellt für sich allein noch keine unlautere Rufausnutzung dar. Die Unlauterkeit ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass die Beklagte für den Bestimmungszweck der von ihr vertriebenen Staubsaugerbeutel nicht auf Herstellermarken und Typenbezeichnungen von Staubsaugern Bezug nimmt, sondern auf die Marken und Artikelbezeichnungen der Klägerin, die selbst nur Staubsaugerbeutel als Zubehör für Staubsauger und keine Staubsauger herstellt. Zwar kann der Verbraucher die Kompatibilität eines bestimmten Staubsaugerbeutels für seinen Staubsauger auch mit der Information feststellen, zu welchem Staubsauger welchen Herstellers der jeweilige Staubsaugerbeutel passt. Je nach den Umständen des Einzelfalls mag ein berechtigtes Interesse fehlen, in einer Internetwerbung für einen Zubehörartikel die Marke eines konkurrierenden Zubehörherstellers zu nennen, wenn die legitime Funktion der vergleichenden Werbung, die Verbraucher objektiv zu informieren, schon durch einen Hinweis auf die Kompatibilität für das Produkt erfüllt werden kann, für das das Zubehör bestimmt ist. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor.

Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die hohe Bekanntheit der Marke „Swirl“ bei Staubsaugerbeuteln und die für den Verkehr damit verknüpfte Qualitätserwartung angenommen, viele Verbraucher suchten im Internet nach dem Produkt der Klägerin, von dem sie als einzigem wüssten, dass es für ihren Staubsauger passend sei. Aus dieser von der Revision nicht angegriffenen Feststellung folgt, dass eine erhebliche Zahl von Verbrauchern nur ausreichend über das Alternativangebot der Beklagten informiert werden kann, wenn deren Angebote in der Trefferliste bei der Suche nach Staubsaugerbeuteln der Klägerin angezeigt werden. Diese Beurteilung des Berufungsgerichts steht mit der Lebenserfahrung in Einklang. Wenn viele Verbraucher ihren Ersatzbedarf an Staubsaugerbeuteln mit einem bestimmten Produkt der Klägerin decken, werden sie sich eher dessen Bezeichnung, die sie regelmäßig in Erinnerung behalten werden, merken als die Typenbezeichnung ihres Staubsaugers. Daher würde der Wettbewerb in erheblicher Weise beeinträchtigt, wenn der Beklagten verboten würde, bei Angeboten ihrer Staubsaugerbeutel die Marken der entsprechenden Staubsaugerbeutel der Klägerin zu verwenden.”

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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