Bei nicht lizenzkonform genutzten Inhalten unter Creative Commons Lizenz besteht grundsätzlich weder ein Anspruch auf Schadensersatz noch auf Zahlung eines Verletzeraufschlags wegen fehlender Urheberbenennung (OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2016, Az. 6 W 72/16).
Update: Das OLG Köln hat seine Rechtsprechung erneut bestätigt (OLG Köln, Urteil vom 13.04.2018; Az. 6 U 131/17).
Zunahme von Abmahnungen wegen Verletzung von CC Lizenzen
Wir stellen seit einiger Zeit eine deutliche Zunahme von Abmahnungen fest, die unter Creative Commons Lizenz stehenden Content betreffen. Beispielsweise vertreten wir eine große Zahl von Abgemahnten, die unter CC Lizenz stehende Fotos eines gewissen Dennis Skley im Internet genutzt und dabei keine oder nicht ganz korrekte Lizenzangaben angebracht hatten. Der abmahnende Rechtsanwalt Lutz Schroeder fordert in seinen Schreiben deshalb im Namen eines zweifelhaften Verbandes Unterlassung, Schadensersatz nach den teuren MFM-Honorarempfehlungen sowie einen 100%igen Verletzeraufschlag wegen fehlerhafter bzw. fehlender Urheberbenennung. Zusammen mit seinen Rechtsanwaltsgebühren summiert sich die Forderung typischerweise auf mehr als 1.300 Euro.
Ansprüche bei nicht lizenzkonformer Nutzung von CC Inhalten
Welche Ansprüche bei nicht lizenzgemäßer Nutzung von Inhalten unter Creative Commons Lizenz entstehen, ist allerdings umstritten. Das OLG Köln hat die Forderungen in einem Beschluss nun deutlich zusammengestrichen.
1. Anspruch auf Unterlassung und Zahlung von Anwaltskosten
Unstreitig ist lediglich, dass dem Rechteinhaber (z.B. einem Fotografen) gegen den Nutzer ein Anspruch auf Unterlassung zusteht, den CC-Content nicht weiter ohne korrekte Lizenzangaben zu nutzen. Die englischsprachigen CC Lizenzbedingungen seien laut OLG Köln als Allgemeine Geschäftsbedingung einzustufen und (zumindest gegenüber) Unternehmer wirksam einbezogen worden. Der Rechteinhaber dürfe daher die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung fordern.
Aus dem Bestand des Unterlassungsanspruchs folgte ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten, allerdings nur in Höhe des Gegenstandswerts der Unterlassung. Für Fotoverletzungen bestätigte das OLG Köln den üblich gewordenen Unterlassungsstreitwert von 6.000 Euro, was zu Anwaltskosten in Höhe von 480,20 Euro netto führt.
2. Grundsätzlich kein Anspruch auf Schadensersatz
Problematischer ist die Frage, ob dem Rechteinhaber wegen der fehlerhaften Lizenzangabe Schadensersatzansprüche zustehen. Man könnte hier argumentieren, dass die kostenlose Nutzung des Creative Commons Fotos nur unter der Bedingung einer korrekten Angabe aller Informationen erlaubt ist, die nach der jeweiligen Creative Commons Lizenz vorgeschrieben sind. Fehlen solche Informationen, fällt das kostenlose Nutzungsrecht weg.
Bereits 2014 entschied jedoch zumindest das OLG Köln anders. Der „objektive Wert“ eines unter Creative Commons Lizenz angebotenen Inhalts, der für die nicht-kommerzielle Nutzung freigegeben ist, könne nur mit Null angesetzt werden.
Diese Auffassung erweiterte das Gericht nun in einem weiteren Beschluss auf Inhalte, die sowohl für die kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Nutzung freigegeben sind, also insgesamt kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Es sei nicht ersichtlich, welchen wirtschaftlichen Sinn eine weitere kostenpflichtige Lizenzierung daneben haben könnte (OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2016, Az. 6 W 72/16).
Update: In einem aktuellen Urteil entschied das OLG Köln für die Creative Commons Lizenz CC BY-SA 3.0, dass ein Schadensersatzanspruch nicht per se ausgeschlossen sei. Im verhandelten Fall sah das Gericht allerdings nicht, wie eine fehlende Verlinkung auf www.wikimedia.org zu einem wirtschaftlichen Schaden des Klägers führen sollte.
Aus dem Urteil:
„Der Kläger, der Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie verlangt, hat sein Lichtbild unstreitig zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt, wenn auch unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz. Eine Berechnung in Anlehnung an die MFM-Empfehlungen scheidet daher aus.
Soweit der Kläger einen Lizenzkatalog, E-Mail-Korrespondenz sowie eine Rechnung über eine entgeltliche Lizenz vorlegt, so stammen diese Unterlagen alle aus dem Jahr 2015. Dass bereits 2012 trotz der Creative Commons Lizenz auch entgeltliche Lizenzen vergeben worden sind, ist vom Beklagten bestritten worden. Näherer Vortrag dazu seitens des Klägers fehlt. Überdies hatte im vorliegenden Fall der Kläger die Bildnutzung auch nicht auf Fälle der nicht-kommerziellen Nutzungen beschränkt, sondern ohne weitergehende Beschränkung das Lichtbild zur Nutzung bereitgestellt, so dass auch eine kommerzielle Nutzung, wie sie auf der Seite unter der Domain www.H.pro stattgefunden hat, unter den Bedingungen der Creative Commons-Lizenz unentgeltlich zulässig gewesen wäre.
Der Kläger kann nach der Berechnung nach der Lizenzanalogie dasjenige verlangen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten. Die Lizenzanalogie kommt u.a. selbst dann in Betracht, wenn Lizenzverträge in der Praxis nicht üblich sind, das verletzte Recht seiner Art nach aber vermögenswert genutzt wird oder zumindest genutzt werden kann (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 97 Rn. 61).
Den „objektiven Wert“ der Nutzung eines unter der Creative Commons-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts hat der Senat in seinem Urteil vom 31.10.2014 (6 U 60/14) mit Null angesetzt. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, von dieser Bewertung abzuweichen. Der Kläger hat sein Lichtbild sowohl für kommerzielle als auch nicht-kommerzielle Nutzungen, d.h. insgesamt kostenlos zur Verfügung gestellt, so dass nicht ersichtlich ist, welchen wirtschaftlichen Sinn eine weitere entgeltliche Lizenzierung daneben haben könnte. Da das öffentliche Zugänglichmachen bereits kostenlos möglich ist, liefe eine weitergehende kostenpflichtige Lizenz letztlich nur darauf hinaus, sich als Lizenznehmer von den Bedingungen der Creative Commons Lizenz zu befreien. Anhaltspunkte, die als Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO dienen könnten, um den objektiven Wert einer solchen „Befreiung“ zu schätzen, sind nicht vorgetragen. Soweit der Kläger auf seine Lizenzkataloge, Korrespondenz und Rechnungen verweist, beziehen diese sich nicht nur allein auf 2015, sondern stellen zudem die Vergütung des Nutzungsrechts dar, obwohl der wirtschaftliche Wert einer entgeltlichen Lizenz allenfalls in der Befreiung von den Bedingung liegen kann. Dieser Wert lässt sich jedoch im Wege der Lizenzanalogie nicht berechnen.“
3. Grundsätzlich kein Zahlungsanspruch für fehlende Urheberbenennung
In seinen Entscheidungen ging das Gericht aber noch einen Schritt weiter und verneinte auch Zahlungsansprüche wegen fehlender Urheberbenennung (sog. „Copyright-Vermerk“).
Zwar werde vertreten, dass auch Inhalte unter CC-Lizenz über einen wirtschaftlichen Wert verfügten. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass CC-Lizenzen häufig zur Bewerbung des eigenen Werkschaffens genutzt würden. Der Urheber veröffentliche einen kleinen Ausschnitt seines Werkes, um dadurch sich und seine Werke besser vermarkten zu können. Hier müsse im Einzelfall entschieden werden, ob das jeweilige Werk in der konkreten Verwendung trotz des CC-Angebots einen wirtschaftlichen Wert habe oder nicht.
Die im Prozess betroffenen Fotos wurden jedoch sowohl für kommerzielle wie nicht-kommerzielle Nutzungen kostenlos freigegeben. Damit war für die Namensnennung aus Sicht des OLG Köln kein wirtschaftlicher Wert ersichtlich.
Merke: Grundsätzlich kann der Rechteinhaber bei nicht lizenzkonformer Nutzung seines CC-Contents keinen Schadensersatz fordern. Ausnahme: Wird nur für die nicht-kommerzielle Nutzung freigegebener CC-Content kommerziell genutzt, greift die Rechtsprechung des OLG Köln nicht, so dass auch ein Anspruch auf Schadensersatz besteht. Dessen Berechnungsgrundlage ist noch offen (siehe für Fotos).
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