Viele Unternehmer werben mit ihrer Bekanntheit aus namentlich genannten (bekannten) Medien, oft mit zweifelhaftem Hintergrund. Damit ist Schluss. Der „Bekannt aus“-Hinweis unterliegt ab sofort strengen Regeln (OLG Hamburg, Urteil vom 21.09.2023, Az. 15 U 108/22).
Werbung mit Bekanntheit aus konkret angegebenen Medien
Ein Unternehmen warb auf seiner Internetseite mit:
„Bekannt aus: Die Welt, ONLINE FOCUS, Frankfurter Allgemeine, N24, Der Tagesspiegel“
ohne dazu Fundstellen anzugeben oder zu verlinken. Die Werbung war allgemein gehalten, auf bestimmte Dienstleistungen des Unternehmens oder deren Preis wurde nicht Bezug genommen.
Ein Wettbewerbsverband hielt diese Werbung für unlauter und klagte auf Unterlassung.
OLG Hamburg: Neue Regeln für Werbung mit Bekanntheit aus Medien
Nachdem das LG Hamburg in erster Instanz noch einen Unterlassungsanspruch abgelehnt hatte, gab das OLG Hamburg der Klage in diesem Punkt statt.
Unternehmen, die mit ihrer Bekanntheit aus konkreten Medien werben, ohne die folgenden Vorgaben des OLG Hamburg einzuhalten, müssen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen von Konkurrenten befürchten.
1. Angabe einer Fundstelle ist Pflicht
Wer mit Bekanntheit aus konkret benannten Medien wirbt, ohne dazu jeweils eine Fundstelle anzugeben oder zu verlinken, aus der sich eine Berichterstattung ergibt, verstößt gegen § 5a Abs. 1 UWG. Bei den Fundstellen zu den genannten Medien handelt es sich um wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 1 UWG. Ob die Rechtsprechung zur Werbung mit Testergebnissen, Prüfsiegeln oder Gütezeichen auf den vorliegenden Fall übertragbar ist, kommt es nicht an.
Verbraucher erwarten, dass zu den genannten Medien jeweils mindestens eine Fundstelle zu einer entsprechenden redaktionellen Berichterstattung angegeben wird, um nachvollziehen zu können, aus welchem Anlass, in welcher Weise und auch wann das entsprechende Medium über das Unternehmen berichtet hat. Ohne diese Informationen kann der Verbraucher die Werbeaussage überhaupt nicht einordnen.
„Während der Verbraucher etwa bei einer Werbung mit einem Testsieg bei der Stiftung Warentest auch ohne Fundstellenangabe schon eine gewissermaßen konkrete Vorstellung dahingehend hat, dass es sich um den Sieger in einem vergleichenden Test mehrerer Produkte durch eine anerkannte und neutrale Institution handelt, bleibt die hier in Rede stehende Angabe letztlich absolut vage. Ohne Fundstellenangabe lässt nicht nachvollziehen, ob über die Beklagte positiv oder neutral berichtet wurde, ob sich der Bericht allein ihr widmete oder ob sie nur am Rande eines anderen Themas Erwähnung findet, ob dem Bericht eine persönliche Erfahrung mit der Beklagten zugrunde liegt oder nicht und wie lange die Berichterstattung her ist, also welche Relevanz sie rein zeitlich noch hat. Demnach bedarf es der Fundstellenangabe, damit die Werbeangabe überhaupt eine konkrete Aussagekraft für den Verbraucher entfalten kann. Angesichts dessen und in Anbetracht der erheblichen Werbewirkung der aus Leitmedien wie den hier in Rede stehenden für sich reklamierten Bekanntheit ist die Angabe der Fundstelle neben der hier in Rede stehenden Werbung von erheblichem Gewicht für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers.“
Kommentar: Bei Online-Artikeln ist die Angabe der Fundstelle leicht erfüllbar durch Verlinkung, da normale Beiträge meist dauerhaft online bleiben (zumindest in Archiven). In anderen Bereichen kann die Angabe bzw. Verlinkung einer nachprüfbaren Fundstelle Probleme verursachen, beispielsweise bei filmischen Beiträge in Mediatheken, die nach bestimmten Zeiträumen gelöscht werden. In einem solchen Fall würde eine Verlinkung nachträglich ins Leere führen, während die Angabe der Fundstelle als Text für Verbraucher nicht oder nur mit großen Mühen auf Richtigkeit überprüft werden kann. Ähnliche Herausforderungen können sich z.B. bei Offline-Zeitungsartikeln oder auch Radiointerviews stellen, die nicht oder nicht dauerhaft öffentlich frei verfügbar sind. Welchen Stellenwert die (leichte) Nachprüfbarkeit der Fundstelle hat, ist ungeklärt. Das OLG Hamburg lässt in seinem Urteil offen, ob eine Übertragung der Grundsätze zu Werbung mit Testergebnissen anwendbar sind. Bis zu einer gerichtlichen Klärung wird man deshalb sicherheitshalber davon ausgehen müssen, dass eine leichte Nachprüfbarkeit der Bekanntheitswerbung Vorrang hat vor einer ggf. nicht vernünftig belegbaren Werbewirkung. Mit anderen Worten: Kann man die Berichterstattung im jeweiligen Medium nicht leicht nachprüfbar belegen, sollte auf Bekanntheitswerbung verzichtet werden.
2. „Bekannt aus“ Werbung nur bei redaktioneller Berichterstattung
Eine Werbung mit „Bekannt aus“ ist außerdem nur zulässig, wenn es sich um redaktionelle Berichterstattung im jeweiligen Medium gehandelt hat. Die redaktionelle Erwähnung muss das Unternehmen allerdings nicht in positivem Licht erscheinen lassen – auch neutrale redaktionelle Berichterstattung reicht aus.
Aus dem Urteil (mit Hervorhebung durch uns):
„Denn schon der neutrale Bericht eines anerkannten Mediums wie etwa der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und damit der Umstand, dass dieses Medium auf die Dienstleistung der Beklagten aufmerksam geworden ist und sie für erwähnenswert hält, spricht für eine gewisse Bedeutung der Dienstleistung. Auch eine neutrale Berichterstattung kann deswegen für potenzielle Kunden von Bedeutung und daher – aus ihrer Sicht – Motivation der Beklagten sein, das berichtende Medium zu nennen. Der Angabe „Bekannt aus:“ ist auch ihrem Wortsinn nach nicht zwingend zu entnehmen, dass das jeweilige Medium positiv über die Beklagte berichtet hat. Zudem wäre dann ein Ausdruck wie „Empfohlen von:“ auch naheliegender, weil die Beklagte damit eine größere Werbewirkung erzielen könnte.“
Da es um positive oder allenfalls neutrale Berichterstattung geht, sind für das werbende Unternehmen keine Nachteile ersichtlich. Insbesondere wenn sich die „Bekannt aus“-Werbung auf veröffentlichte Presseberichte bezieht, sind auch keine Geheimhaltungsbelange berührt. Der zeitliche und kostenmäßige Mehraufwand für die Verlinkung der Medien ist für das werbende Unternehmen „äußerst überschaubar“ und daher hinzunehmen.
3. Schaltung von bezahlten Werbeanzeigen ist keine Werbeberechtigung
Die Aussage, dass in den genannten Medien Werbung geschaltet wurde, ist hingegen nicht erwähnenswert. Wer in einem Medium bloß bezahlte Werbeanzeigen veröffentlicht hat, darf nicht mit „Bekannt aus“ werben.
Aus dem Urteil:
„Zwar mag eine Bekanntheit auch aus der bloßen Schaltung von Werbeanzeigen resultieren und dieses Verständnis daher vom reinen Wortlaut der Angabe erfasst sein. Allerdings würde damit das Verbraucherverständnis letztlich ein unredliches, wenn nicht gar im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführendes und damit unlauteres Verhalten der Beklagten zugrunde legen. Denn damit würde unterstellt, dass die Beklagte ihre Werbung bewusst auf eine Bedeutungsvariante stützt, die gegenüber der naheliegenden Bedeutungsvariante der Bekanntheit aus redaktioneller Berichterstattung nicht nur deutlich ferner liegt, sondern die auch qualitativ einen ganz erheblichen Unterschied macht, ohne dies kenntlich zu machen. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der angesprochene Verkehr der Angabe der Beklagten derart skeptisch oder gar misstrauisch gegenübertritt. Im Gegenteil hat der Kläger ein solches Verständnis selbst ausgeschlossen.“
Das OLG Hamburg ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zu. Die Frage, ob bei einer Werbung mit der Bekanntheit eines Unternehmens unter Verweis auf Medienerzeugnisse Fundstellen anzugeben bzw. zu verlinken sind, könne sich in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen.
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