Werbung mit Referenzen ohne Erlaubnis der Kunden kann eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts darstellen, je nach Fall aber auch zu dulden sein (LG Bielefeld, Urteil vom 23.11.2021, Az. 15 O 104/20).
Unerwünschte Werbung mit Kundenreferenz
Ein Versicherungskonzern sowie mehrere seiner Tochtergesellschaften (Kläger) gingen vor dem Landgericht Bielefeld gegen eine “Profilerin” sowie die von ihr geführte GmbH (Beklagte) vor, weil sie gegen ihren Willen als Kundenreferenzen auf der Website der Profilerin genannt wurden.
Firmenname und Bild als Referenz im Internet
Auf der Website waren unter dem Link “References” diverse Firmen einschließlich der klagenden Versicherung in alphabetischer Reihenfolge gelistet, wobei für jeden Anfangsbuchstaben ein eigener Abschnitt bestand. Hervorgehoben war zu Beginn der meisten Abschnitte ein lobendes Zitat unter Angabe des Urhebers und seiner Zugehörigkeit zu einem Unternehmen.
Überschrieben war die Seite mit “Kunden & Referenzen” sowie folgendem Hinweis:
“Hier ein Auszug der Kunden, die mit Profiler […] zusammenarbeiten und zusammengearbeitet haben. Mit mehr als einem Vierteljahrhundert Erfahrung in der Ermittlung und Unterstützung von Unternehmen, sind so einige Referenzen zusammengekommen. Natürlich schweigen wir standhaft über jedes Mandat im Profiling. Doch da sind ja noch all die anderen Aufträge für mich als Profiler, wenn es darum geht, Führungskräfte fit zu machen, mit Vorträgen zu begeistern oder aber auch intensiv zu coachen.”
Referenzwerbung trotz mehrfacher Aufforderung nicht entfernt
Die Versicherung forderte die Profilerin außergerichtlich zweimal auf, die Referenz zu entfernen. Daraufhin wurde der Firmenname der Versicherung zunächst gelöscht. Später tauchte er aber wieder auf der Website auf, woraufhin die Versicherung der Profilerin eine förmliche Abmahnung schickte. Da sich die Profilerin weigerte, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, kam es zur Klage.
Unterlassungsanspruch, soweit keine Zusammenarbeit nachgewiesen
Das Landgericht Bielefeld verbot der Profilerin sowie ihrer GmbH, damit zu werben, die Versicherung sowie eines der Tochterunternehmen seien Kunden oder Referenzen der Beklagten. Der Unterlassungsanspruch folge aus einer Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts (§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB), wobei die GmbH direkt haftete und die Profilerin nach den Grundsätzen der Geschäftsführerhaftung.
Interessenabwägung bei Referenzwerbung
Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht stellt eine speziell für Unternehmen geltende Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG i.V.m § 19 Abs. 3 GG dar. Es handelt sich um ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB, das selbst dann greift, wenn möglicherweise wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestehen. Etwas anderes gilt bei Namensleugnung oder Namensanmaßung, in solchen Fällen wäre das Namensrecht aus § 12 BGB vorrangig.
Durch Angabe ihres Firmennamens in der Rubrik “Kunden & Referenzen” sei die Versicherung in der Sozialsphäre ihres Persönlichkeitsrechts betroffen, da die Profilerin so zum Ausdruck gebracht habe, in der Vergangenheit mit der Versicherung zusammengearbeitet zu haben. Dadurch werde der Name der Versicherung in einen Zusammenhang zum Leistungsangebot der Profilerin und ihrem öffentlichen Auftreten gesetzt.
Die Versicherung habe ein schutzwürdiges Interesse daran, nicht als Kundin oder Referenz für die Beklagte genannt zu werden, da sie selbst das Recht habe, ihre soziale Geltung zu definieren und zu entscheiden, für welche Zwecke ihr Name angegeben wird (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.1981, Az. I ZR 73/79 – Carrera zur unbefugten Verwendung eines fremden Namens zu Werbezwecken).
Wichtig: Das Landgericht stellte bei der Interessenabwägung maßgeblich darauf ab, dass von der Profilerin nicht ausreichend dargelegt worden war, dass in der Vergangenheit eine Zusammenarbeit mit der Versicherung sowie einem ihrer Tochterunternehmen bestanden hatte. Daher überwiege das Interesse der Versicherung das gegenläufige Interesse der Beklagten, selbst im Lichte der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
Anders verhielt es sich hinsichtlich eines weiteren Tochterunternehmens: insoweit konnte die Profilerin nachweisen, dass Sie in der Vergangenheit für das Unternehmen tätig gewesen war. Daher musste die Referenzwerbung geduldet werden. Interessant ist, dass es aus Sicht des Gerichts für die Werbeberechtigung nicht darauf ankam, zwischen wem in der Vergangenheit ein Vertrag geschlossen worden war. Im Fall war die Tätigkeit der Profilerin nämlich durch eine Agentur vermittelt worden. Aus Sicht eines objektiven Dritten sei dieser Umstand aber nicht entscheidend; maßgeblich für die Wahrheit der Werbeaussage sei, wer die Dienstleistung erbracht habe.
Beweislast: Wer muss Tätigkeit für Referenzkunden belegen?
Grundsätzlich trägt der Kläger die Beweislast für eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Wird eine Referenzwerbung mit dem Argument angegriffen, es habe in der Vergangenheit nie eine Zusammenarbeit gegeben, reicht es jedoch aus, wenn der Kläger die Zusammenarbeit bestreitet. Den Werbenden trifft dann eine sekundäre Darlegungslast. Denn das Fehlen einer Zusammenarbeit ist als negative Tatsache nicht nachweisbar, der Vortrag einer konkreten Zusammenarbeit dem Gegner jedoch zumutbar (vgl. Fritsche, MüKo-ZPO § 138 Rn. 24, 26).
Die Versicherung hatte im Fall nicht nur pauschal bestritten, sondern substantiiert vorgetragen, dass die relevanten Abteilungen ihrer Unternehmensgruppe keine Einträge zur Profilerin und deren Unternehmen führten und den Abteilungen nicht bekannt sei.
Die Profilerin hatte ihrerseits zwar zu konkreten Veranstaltungen vorgetragen, in denen sie (auch) für die Versicherung tätig gewesen sei. Sie war aber nicht dazu in der Lage, diese Zusammenarbeit zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen, etwa im Hinblick auf zuständige Kontaktpersonen, den Ablauf der Veranstaltung, den Veranstaltungsort, die Gegebenheiten oder die Zusammensetzung der Teilnehmer. Auch konnte sie keine Buchungs- oder Rechnungsbelege vorlegen.
Anders verhielt es sich in Bezug auf die Klägerin zu 3., ein weiteres Versicherungsunternehmen. Hier konnte die Profilerin durch Vorlage einer Rechnung belegen, dass es im Jahr 2019 zu einer Zusammenarbeit gekommen war.
Zusammenfassung
Wer mit einer Kundenreferenz wirbt, sollte im Idealfall vorab eine Erlaubnis des Kunden eingeholt haben. Andernfalls muss er im Streitfall belegen können, dass er für den Kunden tätig war. Hat der Referenzkunde eine geschäftliche Zusammenarbeit bestritten, trifft den Werbenden eine sekundäre Darlegungslast. Gelingt ihm der Nachweis nicht, ist die Referenzwerbung unzulässig. Kann der Werbende hingegen nachweisen, dass er früher für den Kunden tätig war, stellt die Referenzwerbung keine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts dar – selbst wenn dies gegen den Willen des (ehemaligen) Kunden erfolgt. Denn die Kundenbeziehung als solche unterliegt keiner Geheimhaltungspflicht. Etwas anderes mag gelten, wenn die Reputation des Kunden beschädigt werden kann, wenn durch die Referenzangabe publik wird, dass der Werbende für ihn tätig war. In diesem Ausnahmefall muss auf die Angabe als Referenz verzichtet werden.
Die Zusammenfassung gibt sehr klar zu verstehen, was zulässig ist und was es dabei zu beachten gilt. Danke für die Auswertung des Urteils!
Sehr interessant, danke für den Artikel