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Öffentliche Kritik an Unternehmen: Was ist rechtlich erlaubt?

boykottaufruf

Das Internet ermöglicht es Jedermann, Unternehmen und Konkurrenten vor aller Augen zu kritisieren. Nicht selten geht die Kritik jedoch zu weit. Wir erklären, wo die rechtlichen Grenzen liegen.

Rechtsanwalt Niklas Plutte
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Rechtsanwältin Katja Schott

Unsere Kanzlei ist spezialisiert und Medienrecht, Wettbewerbsrecht und Persönlichkeitsrecht. Nutzen Sie unsere kostenlose Erstberatung.

1. Welche Kritik ist erlaubt?

Öffentliche Kritik ist grundsätzlich von der Meinungsfreiheit geschützt, genauer gesagt von der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Neben Privatpersonen können sich auch Unternehmen auf die Meinungsfreiheit berufen (BVerfG, Beschluss vom 28.07.2004, Az. 1 BvR 2566/95).

Spiegelbildlich müssen Unternehmen sich öffentliche Kritik grundsätzlich gefallen lassen. Wann die Kritik an einem Unternehmen zulässig ist und wann sie die Schwelle des Erlaubten überschreitet, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es kommt auf den Einzelfall an.

Ist die betreffende Äußerung (z.B. in einem Social Media Post, Kommentar, Blogeintrag oder Video) dem Grunde nach von der Meinungsäußerungsfreiheit geschützt, hat eine Abwägung mit den betroffenen Rechtsgütern des kritisierten Unternehmens zu erfolgen, konkret dem Allgemeinen Unternehmenspersönlichkeitsrechts und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Ergibt die Abwägung ein Überwiegen der Rechte und Interessen des kritisierten Unternehmens, ist die Kritik rechtswidrig, andernfalls ist sie zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2022, Az. VIII ZR 319/20).

Ausgangspunkt derartiger Abwägungen ist ein weites Verständnis der Meinungsfreiheit, die explizit auch scharf formulierte oder überzogene Kritik schützt (BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VI ZR 39/14). Für die Rechtmäßigkeit einer Meinungsäußerung kann beispielsweise sprechen, dass die Aussage im Wesentlichen bereits öffentlich bekannt ist (BGH, Urteil vom 24.01.2006, Az. XI ZR 384/03). Dient die Kritik dem Informationsinteresse von Verbrauchern und keinem Eigeninteresse des oder der Äußernden, spricht das ebenfalls für die Rechtmäßigkeit der Äußerung (BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VI ZR 39/14). Insbesondere müssen Unternehmen wahre Tatsachenbehauptungen fast immer hinnehmen, auch wenn diese negativ für das Unternehmen sind (BGH, Urteil vom 24.01.2006, Az. XI ZR 384/03; BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VI ZR 39/14). Umgekehrt müssen Unternehmen sich unwahre Tatsachenbehauptungen in der Regel nicht gefallen lassen (BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VI ZR 39/14). Kritik auf Bewertungsplattformen ist rechtswidrig, wenn nie ein Kontakt zwischen dem oder der Äußernden und dem Unternehmen bestand (BGH, Urteil vom 09.08.2022, Az. VI ZR 1244/20). Die Rechtswidrigkeit öffentlicher Kritik kann sich auch daraus ergeben, dass zwischen dem Unternehmen und dem oder der Kritikäußernden Loyalitätspflichten bestehen, etwa aus einem Darlehensvertrag (BGH, Urteil vom 24.01.2006, Az. XI ZR 384/03).

Nicht für alle Formen von Kritik besteht überhaupt ein schützenswertes Interesse des Äußernden. Ihre Grenzen findet der Schutz der Meinungsfreiheit in sogenannter Schmähkritik. Erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen sind ebenfalls nicht von der Meinungsfreiheit umfasst. Hier überwiegen stets die Interessen des von der Kritik betroffenen Unternehmens. Vor dem Formulieren von öffentlicher Kritik sollte man sich daher vergewissern, dass man den Bogen nicht überspannt.

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2. Wie grenzt man Tatsachenbehauptungen von Werturteilen ab?

Im Rahmen der Meinungsfreiheit ist zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden. Tatsachenbehauptungen lassen sich weiter in wahre und unwahre Tatsachenbehauptungen unterteilen.

  • Tatsachenbehauptungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Überprüfung ihrer Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (BGH, Urteil vom 22.02.2011, Az. VI ZR 120/10).
  • Werturteile (auch Meinungsäußerung genannt) sind geprägt durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens. Sie lassen sich im Gegensatz zu Tatsachenbehauptungen nicht überprüfen anhand der Kriterien „wahr“ oder „falsch“, das heißt sie sind nicht dem Beweis zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2006, Az. XI ZR 384/03).
  • Häufig enthalten Äußerungen sowohl Elemente der Stellungnahme als auch dem Beweis zugängliche Teile. Bei solchen gemischten Äußerungen sind die wertenden Elemente auf der einen Seite und die Tatsachenbehauptungen auf der anderen Seite – soweit möglich – getrennt voneinander zu bewerten. Voraussetzung für eine getrennte Bewertung ist, dass dadurch der Aussagegehalt nicht verfälscht wird (BVerfG, Beschluss vom 13.04.1994, Az. 1 BvR 23/94). Ist eine getrennte Betrachtung nicht möglich, ist im Sinne eines möglichst weiten Grundrechtsschutzes von einer Meinungsäußerung auszugehen (BVerfG, Beschluss vom 22.06.2018, Az. 1 BvR 673/18). Bei gemischten Aussagen ist weiter zu beachten, dass die Unrichtigkeit des tatsächlichen Elements dazu führen kann, dass die Meinungsfreiheit in der Abwägung hinter den gegenstreitenden Interessen zurücktreten kann. An die wissenschaftliche Korrektheit der Aussagen sind aber keine zu hohen Anforderungen zu stellen: Die Bezeichnung „Gen-Milch“ als Kritik von Greenpeace an den Produkten der Molkerei Alois Müller GmbH & Co. KG war aus Sicht des BGH beispielsweise eine zulässige Produktkritik und keine bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptung. Irrelevant ist, dass nicht die Milch selbst genverändert wurde, sondern nur die Futtermittel für die Kühe, die die Milch produzierten, da es sich bei dem Begriff „Gen-Milch“ um ein plakatives Stichwort handelt (BGH, Urteil vom 11.03.2008, Az. VI ZR 7/07).

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3. Was ist von der Meinungsfreiheit umfasst?

Die Meinungsfreiheit schützt Werturteile und wahre Tatsachenbehauptungen, da diese Grundlage für die Meinungsbildung sind (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2012, Az. 1 BvR 901/11). An der Verbreitung bewusst unwahrer oder erwiesen falscher Tatsachenbehauptungen besteht kein schützenswertes Interesse. Sie sind daher nicht von der Meinungsfreiheit umfasst. Tatsachenbehauptungen, die sich erst im Nachhinein als unwahr herausstellen, genießen hingegen Grundrechtsschutz (BVerfG, Beschluss vom 13.04.2000, Az. 1 BvR 589/95).

Zu beachten ist, dass Werturteile und geschützte Tatsachenbehauptungen nicht automatisch rechtmäßig sind – die Meinungsfreiheit genießt keinen absoluten Schutz. Art. 5 Abs. 2 GG erlaubt ihre Einschränkung durch die allgemeinen Gesetze, Bestimmungen zum Jugendschutz und dem Recht der persönlichen Ehre. Im Rahmen einer Abwägung der Meinungsfreiheit mit den Rechten und Interessen des oder der Betroffenen ist die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Aussage festzustellen.

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4. Schmähkritik und Formalbeleidigung: was ist das?

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme von Schmähkritik sind hoch, was richtig ist angesichts dessen, dass sich hierüber geäußerte Meinungen verbieten lassen. Findet (noch) eine Auseinandersetzung in der Sache statt, spricht dies für eine Zulässigkeit der Äußerung. Selbst überzogene, ungerechte oder ausfällige Kritik ist für sich genommen noch keine Schmähkritik, wenn sich der oder die Äußernde dabei mit einem Thema auseinandersetzt (BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VI ZR 39/14). Steht dagegen die Diffamierung des Unternehmens allein oder ganz überwiegend im Vordergrund und geht es darum, das Unternehmen herabzuwürdigen und an den Pranger zu stellen, liegt Schmähkritik vor.

Im Fall von öffentlicher Kritik an Unternehmen liegt eine Auseinandersetzung mit der Sache zumindest anfangs meist vor, da sich der Äußernde regelmäßig mit den Produkten oder Handlungen des Unternehmens kritisch auseinandersetzen wird. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich Produkt- oder Firmenkritik vom ursprünglichen Sachbezug vollständig löst. Dann kann die rechtliche Beurteilung umschwingen.

Auch die Formalbeleidigung stellt eine besonders gravierende Ehrverletzung dar, die nicht mehr in den Bereich der sachlichen Auseinandersetzung fällt. Hierunter fallen Schimpfwörter. Eine Formalbeleidigung kann auch eine wahre Tatsache beinhalten. Wegen ihres grob ehrverletzenden Charakters ist sie dennoch nicht zu rechtfertigen.

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5. Welche Ansprüche haben Unternehmen bei verbotener Kritik?

Von öffentlicher Kritik betroffene Unternehmen sind nicht schutzlos gestellt.

Das Unternehmen kann sich auf das Unternehmenspersönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) bzw. das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) berufen. Das (Unternehmens-) Persönlichkeitsrecht schützt den sozialen Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen (BGH, Urteil vom 24.01.2006, Az. XI ZR 384/03). Der soziale Geltungsanspruch von Wirtschaftsunternehmen umfasst das öffentliche Ansehen, den guten Ruf und den Kredit des Unternehmens (BGH, Urteil vom 28.07.2016, Az. VI ZR 340/14; OLG Köln, Urteil vom 24.01.1992, Az. 6 U 202/91).

Beispiele: Das Ansehen eines Unternehmens kann beispielsweise beeinträchtigt werden, wenn es in einem Internetbeitrag als unzuverlässig und unredlich dargestellt wird (BGH, Urteil vom 28.07.2016, Az. VI ZR 340/14) oder die Gesellschafter in ihrer Eigenschaft oder wegen ihrer Tätigkeiten angegriffen werden (BGH, Urteil vom 16.01.2018, Az. VI ZR 498/16).

Unternehmen können sich darüber hinaus auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berufen (Art. 12 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG). Dieses Recht schützt den gesamten wirtschaftlichen Wert des Unternehmens, z.B. Bestand, Erscheinungsform, Tätigkeitskreis oder Kundenstamm. Die wirtschaftliche Stellung des Unternehmens kann durch inhaltlich unzutreffende Tatsachenbehauptungen oder rechtswidrige Werturteile beeinträchtigt werden. Dadurch können andere Marktteilnehmer davon abgehalten werden, Geschäfte mit dem Unternehmen einzugehen. Insbesondere werden Kunden verunsichert, sodass sie die Leistungen des Unternehmens nicht mehr nachfragen (BGH, Urteil vom 16.12.2024, Az. VI ZR 39/14).

Bei Verletzung des (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts bzw. rechtwidrigen Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb steht betroffenen Unternehmen ein Unterlassungsanspruch zu (§ 1004 Abs. 1 analog BGB i.V.m. § 823 I BGB). Der Anspruch ist gerichtet auf Löschung der Kritik und Unterlassung zukünftiger Wiederholungen dieser Äußerungen. Zu beachten ist, dass sich der Unterlassungsanspruch nur auf die jeweiligen Passagen richtet, die rechtswidrige Kritik enthalten. Die Meinungsfreiheit gebietet es, dass rechtmäßige Bestandteile der Kritik nicht vom Unterlassungsgebot umfasst sein dürfen (BGH, Urteil vom 28.07.2015, Az. VI ZR 340/14).

Darüber hinaus können deliktische Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB, § 824 BGB und § 826 BGB bestehen. § 823 Abs. 1 BGB knüpft an eine Verletzung des (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts an. § 823 Abs. 2 BGB erfordert die Verletzung eines sog. Schutzgesetzes, in diesem Fall beispielsweise die Verleumdung (§ 187 StGB) oder die üble Nachrede (§ 186 StGB). § 826 BGB ist auf den Ersatz von Schäden gerichtet, die durch die Behauptung oder Verbreitung von unwahren Tatsachen entstehen und den Kredit eines anderen gefährden können oder sonstige wirtschaftliche Nachteile auslösen. Auf § 824 BGB kann sich der Geschädigte nur in Ausnahmefällen berufen, nämlich im Fall einer vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung.

Besteht zwischen dem kritisierten Unternehmen und dem Kritiker ein Vertrag, kommen auch vertragliche Schadensersatzansprüche in Betracht. Zwischen Vertragspartnern bestehen Rücksichtnahmepflichten. Denkbar ist, dass die Rücksichtnahmepflicht im konkreten Fall ein Sachlichkeitsgebot enthält, das die Parteien dazu anhält, negative Äußerungen übereinander zu unterlassen. Ein solches allgemeines Sachlichkeitsgebot müsste sich allerdings deutlich aus dem Vertrag oder etwa AGB ergeben. Eine Regelung, nach der die Parteien nur sachliche Bewertungen in Bezug auf die andere Partei verfassen dürfen, reicht nicht aus (BGH, Urteil vom 28.09.2022, Az. VIII ZR 319/20).

Mögliche ersatzfähige Schadenspositionen des kritisierten Unternehmens sind der entgangene Gewinn durch Einbruch von Kundenbeziehungen hinsichtlich Neukunden oder Bestandskunden sowie Anwaltskosten. Auch ein immaterieller Schaden durch Imageverlust des Unternehmens infolge negativer Kritik ist denkbar (Koppe, Zagouras: Haftung für Produktkritik (GRUR 2005, 1011)). Schadensersatzansprüche scheitern in der Praxis allerdings häufig daran, dass keine Kausalität zwischen Kritik und Schaden nachgewiesen werden kann. Denkbar ist ein positiver Schadensnachweis aber beispielsweise, wenn als Reaktion auf eine rechtswidrige Kritik das Kundenkonto des Unternehmens gesperrt wird und das Unternehmen aus diesem Grund daran gehindert wird, seine Produkte abzusetzen (so im Fall des OLG München, Beschluss vom 12.02.2015, Az. 21 O 4589/13).

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6. Ist verbotene öffentliche Kritik strafbar?

Werturteile und Tatsachenbehauptungen können strafrechtlich relevant sein, wie nachfolgenden Beispiele zeigen.

  • Der Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB) umfasst ehrverletzende Werturteile und unwahre Tatsachenbehauptungen. Auch ehrverletzende wahre Tatsachenbehauptungen können Beleidigungen darstellen (§ 192 StGB).
  • Die Verbreitung einer nicht erweislich wahren Tatsachenbehauptung über einen anderen, die geeignet ist, die Person verächtlich zu machen oder herabzuwürdigen, stellt eine üble Nachrede dar (§ 186 StGB).
  • Werden bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen über einen anderen behauptet, die diesen in seiner Ehre verletzen oder kreditgefährdend sind, kommt Verleumdung in Betracht (§ 187 StGB). Ein erhöhter Strafrahmen gilt, wenn die Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung öffentlich erfolgen.

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7. Was ist bei öffentlicher Kritik an Konkurrenten zu beachten?

Bei öffentlicher Kritik an Konkurrenzunternehmen ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten, wenn die Kritik eine geschäftliche Handlung darstellt und der Kritiker sowie das kritisierte Unternehmen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen.

Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 20.05.2009, Az. I ZR 218/07 – E-Mail-Werbung II).

Im Kontext von öffentlicher Kritik kommen insbesondere die folgenden drei UWG-Tatbestände in Betracht:

Rechtsfolge sind Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des kritisierten Unternehmens (§§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 UWG). Hat der vorsätzlich unlauter handelnde Konkurrent durch die Kritik einen Gewinn erzielt, kann es zudem auf Herausgabe des Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch genommen werden (§ 10 UWG).

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a. Herabsetzung oder Verunglimpfung

Die Herabsetzung oder Verunglimpfung von Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers verstößt gegen § 4 Nr. 1 UWG.

  • Eine Herabsetzung ist die sachlich nicht gerechtfertigte Verringerung der Wertschätzung des Mitbewerbers durch ein abträgliches Werturteil oder eine abträgliche wahre oder unwahre Tatsachenbehauptung (BGH, Urteil vom 31.03.2016, Az. I ZR 160/14).
  • Eine Verunglimpfung ist eine gesteigerte Form der Herabsetzung, die den Mitbewerber verächtlich macht. Die Voraussetzungen sind im Wege der Abwägung zu bestimmen, die die Gesamtumstände wie die Form der Äußerung, ihren Anlass und das Verständnis des angesprochenen Verkehrskreis berücksichtigt (BGH, Urteil vom 31.03.2016, Az. I ZR 160/14). Hier sind auch die Grundrechte zu berücksichtigen (etwa Meinungsfreiheit oder auch Kunst- oder Pressefreiheit). Wenn die Interessen des kritisierten Unternehmens überwiegen, ist die Herabsetzung oder Verunglimpfung unlauter.

Eine Differenzierung zwischen den Begriffen der Herabsetzung und der Verunglimpfung ist nicht erforderlich, weil § 4 Nr. 1 UWG beide Ausprägungen gleichbehandelt.

Beispiel: Die Äußerung „Ich halte das für organisierte Wirtschaftskriminalität, bei der gezielt Anleger ruiniert werden.“ eines Rechtsanwalts über einen Notar im Rahmen eines Zeitungsinterviews wurde als Herabsetzung bewertet. Insbesondere weil dem Notar im konkreten Fall kein kriminelles Verhalten nachgewiesen werden konnte, stufte das Gericht die Äußerung als unsachlich und rufschädigend ein (BGH, Urteil vom 31.03.2016, Az. I ZR 160/14).

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b. Anschwärzung

Eine Anschwärzung liegt vor, wenn über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet werden, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen (§ 4 Abs. 2 UWG).

Die Tatsachenbehauptungen müssen unwahr oder zumindest nicht nachweislich wahr sein. Da solche Äußerungen nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, sind sie in der Regel auch unlauter. Die erforderliche Abwägung fällt damit in den meisten Fällen zu Gunsten des kritisierten Unternehmens aus.

Beim Tatbestand der Anschwärzung geht es allein um die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Wertschätzung. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht durch § 4 Nr. 2 UWG geschützt.

Eine Anschwärzung kann beispielsweise vorliegen, wenn ein Unternehmen behauptet, einem Mitbewerber fehle die Bonität (BGH, Urteil vom 23.02.1995, Az. I ZR 75/93).

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c. Unlautere vergleichende Werbung

Vergleichende Werbung liegt vor, wenn ein Unternehmen unmittelbar oder mittelbar auf ein von einem Mitbewerber angebotenes Produkt vergleichend Bezug nimmt und deutlich wird, dass die Produkte des Unternehmens und des Mitbewerbers hinreichend austauschbar sind. Das Unternehmen des Mitbewerbers oder seine Produkte oder Dienstleistungen müssen also erkennbar sein. Dagegen liegt keine vergleichende Werbung vor, wenn Unternehmen die Vorteile ihres eigenen Produkts anpreisen, ohne dass sie diese Eigenschaften einem Konkurrenzprodukt gegenüberstellen (OLG Hamburg, Urteil vom 30.03.2023, Az. 15 U 63/22). Spiegelbildlich ist auch keine vergleichende Werbung gegeben, wenn sich die Äußerung nur auf das Konkurrenzprodukt bezieht und keine Bezugnahme auf das eigene Produkt erfolgt (BGH, Urteil vom 19.05.2011, Az. I ZR 147/09).

Werbung ist nach § 2 lit. a der europäischen Werbe-Richtlinie „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern“. Es handelt sich um eine sehr weite Definition, die alle Äußerungen eines Unternehmens umfasst, die einer unternehmerischen Tätigkeit dienen und den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen fördern soll.

Unlauter ist vergleichende Werbung unter anderem dann, wenn ein Mitbewerber oder seine Waren und Dienstleistungen durch die Werbung herabgesetzt oder verunglimpft werden (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG). Vergleicht ein Unternehmen Produkte kritisch im Rahmen einer sachlichen Erörterung miteinander, handelt es hingegen nicht unlauter. Stellt sich der Werbevergleich unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich dar, liegt eine vergleichende Werbung im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG vor. Das ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln, die berücksichtigt, wie die vergleichende Werbung vom angesprochenen Verkehrskreis aufgenommen wird (BGH, Urteil vom 07.03.2019, Az. I ZR 254/16).

Beispiel: Eine Werbung der TAZ, die einen typischen BILD-Leser in einem Werbespot humorvoll als ungebildet darstellte, wurde nicht als unlauter eingestuft. Hierbei war entscheidend, dass es nicht um eine Abwertung der gesamten Leserschaft der BILD ging, sondern Humor und Satire im Vordergrund standen (BGH, Urteil vom 01.10.2009, Az. I ZR 134/07).

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d. Kritik an Mehrheit von Mitbewerbern

Auch Kritik an einer Mehrheit von Mitbewerbern ist wettbewerbsrechtlich relevant. Wird ein konkreter Kreis an Mitbewerbern von der Kritik umfasst, kann es sich um vergleichende Werbung im Sinne des § 6 UWG handeln (OLG Frankfurt, Urteil vom 18.02.2021, Az. 6 U 181/20, 6 W 3/21).

Wird hingegen eine nicht individualisierte Mehrheit von Mitbewerbern kritisiert, kommt eine vergleichende Werbung nicht in Betracht. Für die vergleichende Werbung erforderlich ist, dass das Konkurrenzprodukt bzw. die Konkurrenzdienstleistung erkennbar ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2019, Az. 15 U 48/19). Eine solche Kritik an einer Mehrheit von Mitbewerbern, die keine vergleichende Werbung darstellen kann, liegt beispielsweise vor, wenn eine Produktgattung kritisiert wird und diese Kritik geeignet ist, potenziell weite Teile der Branche in Verruf zu bringen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2019, Az. 15 U 48/19). Ebenso ist eine vergleichende Werbung zu verneinen, wenn der Vergleich so allgemein gehalten ist, dass die Kritik keinen Vergleich zum eigenen Unternehmen enthält. Die Schlussfolgerung, dass jede Herabsetzung von Konkurrenten eine Aufwertung der eigenen Produkte oder Dienstleistungen darstellt, reicht dafür nicht aus (OLG Frankfurt, Urteil vom 18.02.2021, Az. 6 U 181/20, 6 W 3/21).

Die Tatbestände des § 4 UWG erfordern keinen konkreten Bezug zum Mitbewerber und können daher auch vorliegen, wenn eine Mehrheit von Mitbewerbern kritisiert wird und eine Konkretisierung nicht erfolgt (OLG Frankfurt, Urteil vom 18.02.2021, Az. 6 U 181/20, 6 W 3/21).

Bei kollektiver Kritik an einer Mehrheit von Mitbewerbern können etwaige Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche auch von Wirtschaftsverbänden durchgesetzt werden (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG), wenn mindestens ein betroffenes Unternehmen Mitglied des Verbandes ist (BGH, Urteil vom 23.01.2024, Az. I ZR 147/22).

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8. Sind Boykottaufrufe erlaubt?

Ein Boykottaufruf zeichnet sich durch eine typische Dreipersonenkonstellation aus: Der Boykottveranstalter ruft (potenzielle) Kunden, die Boykottierenden, dazu auf, die Produkte oder Leistungen des betroffenen Unternehmens nicht nachzufragen. Auch der Aufruf an Lieferanten, ein Unternehmen nicht mehr zu beliefern, stellt einen Boykott dar.

Aus der rechtlichen Perspektive sind zwei verschiedene Arten des Boykottaufrufs zu unterscheiden: Der Boykottaufruf aus ethischen Gründen und der Boykottaufruf aus wirtschaftlichen Gründen.

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a. Boykottaufruf aus ethischen Gründen

Einerseits gibt es den Boykottaufruf aus sozialen, religiösen oder politischen Gründen. Ein solcher Boykottaufruf richtet sich nach dem allgemeinen Deliktsrecht. Der Boykottveranstalter oder die Boykottveranstalterin kann sich schadensersatzpflichtig machen gemäß § 826 BGB (widerrechtliche, sittenwidrige Schädigung) oder § 823 Abs. 1 BGB im Falle einer Verletzung des (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts oder des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Auch ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB ist denkbar. Andererseits kann sich der Boykottveranstalter oder die Boykottveranstalterin auf die Meinungsfreiheit berufen. Auch hier muss abgewogen werden zwischen den unterschiedlichen Interessen (BGH, Urteil vom 10.07.1963, Az. Ib ZR 214/62; OLG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2005, Az. 2 U 60/05).

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b. Boykottaufruf aus geschäftlichen Gründen

Der Boykottaufruf aus geschäftlichen Gründen wird nach UWG und Kartellrecht beurteilt. In diesem Fall dient der Boykottaufruf vorrangig dem Zweck, den Absatz eines Unternehmen zugunsten eines anderen zu schmälern, und ist auch geeignet, diesen Zweck zu erreichen. Andere Beweggründe, wie ethische Motive, können hinzutreten, sind aber nicht Hauptgrund für den Boykott (BGH, Urteil vom 10.07.1963, Az. Ib ZR 214/62). Erfolgt der Boykottaufruf aus wirtschaftlichen Gründen, kann sich das Unternehmen nicht auf die Meinungsfreiheit berufen (BGH, Urteil vom 24.11.1983, Az. I ZR 192/81).

  • Kartellrecht: Kartellrechtlich relevant ist in diesem Zusammenhang das Boykottverbot des § 21 Abs. 1 GWB. Der Anwendungsbereich des § 21 Abs. 1 GWB ist auf Boykottaufrufe durch Unternehmen begrenzt, für Privatpersonen hat er keine Bedeutung. Auch die Boykottierenden und die Boykottierten müssen Unternehmen sein. § 21 Abs. 1 GWB stellt ein allgemeines Boykottverbot für Unternehmen auf. Dies beschränkt sich nicht auf Unternehmen, die in einem potenziellen oder tatsächlichen Wettbewerbsverhältnis zum boykottierten Unternehmen stehen. Die Norm wendet sich auch an branchenfremde Unternehmen, die aus wirtschaftlichen Gründen zu einem Boykott aufrufen. Angeknüpft wird beim Boykottverbot gemäß § 21 Abs. 1 GWB an eine Liefer- oder Bezugssperre. Damit sind Maßnahmen gemeint, die Lieferanten oder Abnehmer beeinflussen sollen, Lieferbeziehungen im Geschäftsverkehr mit dem Boykottierten zu beenden oder zu verweigern (BGH, Urteil vom 27.04.1999, Az. KZR 54/97). Dass tatsächlich eine Beeinträchtigung eintritt, ist irrelevant, allein der Aufruf dazu reicht aus. Hinzukommen muss die Absicht einer unbilligen Schädigung des boykottierten Unternehmens durch das zum Boykott aufrufenden Unternehmen. Ob die Schädigung unbillig ist, muss im Rahmen einer Interessenabwägung festgestellt werden. In der Regel ist von einer Unbilligkeit auszugehen. Nur in Ausnahmefällen verfolgt das zum Boykott aufrufende Unternehmen berechtigte Interessen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.05.2009, Az. 6 U 50/08). Insbesondere kann sich das zum Boykott aufrufende Unternehmen, das mit seinen Äußerungen wirtschaftliche Zwecke verfolgt, nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. Gemäß § 81 Abs. 3 Nr. 1 GWB handelt es sich bei einem Boykottaufruf im Sinne des GWB zusätzlich um eine Ordnungswidrigkeit. Es drohen also Bußgelder.
  • Lauterkeitsrecht: Ein Boykott stellt in der Regel eine gezielte Behinderung des Mitbewerbers im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG dar, schließlich ist gerade die Behinderung der Tätigkeit des anderen Unternehmens Ziel eines Boykotts. In den meisten Fällen ist die gezielte Behinderung auch unlauter. Nur wenn besondere Umstände vorliegen, die das Handeln des Boykottveranstalters rechtfertigen, ist der Boykottaufruf keine unlautere Behinderung (OLG Frankfurt, Urteil vom 03.08.2004, Az. 11 U 17/04 (Kart)). Ein solcher rechtfertigender Umstand wurde beispielsweise angenommen, als eine Konzertagentur einer anderen Konzertagentur dringend angeraten hatte, eine rechtsradikale Musikgruppe nicht auftreten zu lassen. Die Musikagentur verfolgte damit keine eigenen wirtschaftlichen Ziele und setzte auch keine Zwangsmittel ein (LG Köln, Urteil vom 27.10.1992, Az. 31 S 2/92).

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9. Welche Pflichten treffen Onlineplattformen?

In Bezug auf rechtswidrige Inhalte, die im digitalen Raum veröffentlicht werden, insbesondere auf Online-Plattformen, gilt seit dem 17.02.2024 der Digital Services Act (DSA). Der DSA verpflichtet Plattformen, Melde- und Abhilfeverfahren bereitzustellen, mit denen rechtswidrige Inhalte gemeldet werden können, zum Beispiel ehrverletzende Äußerungen (Art. 16 DSA). Die Online-Plattformen können auf Meldungen mit verschiedenen Maßnahmen reagieren, die von der Löschung des Inhalts bis zur Sperrung des Nutzerkontos reichen (Art. 3 lit. t DSA).

Sowohl den Beschwerenden als auch den betroffenen Usern muss seitens der Plattform ein internes Beschwerdemanagementsystem bereitstehen, mit dem die von der Plattform ergriffene Entscheidung angegriffen werden kann.

Das Melde- und Abhilfeverfahren ist ein wichtiges Instrument der von rechtwidrigen Inhalten Betroffenen, da insbesondere rechtswidrige Kritik im Internet häufig von anonymen Userinnen und Usern stammt.

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10. Welche Sonderregeln gelten für die Presse?

Für Medien (Presse, Rundfunk, Fernsehen) gelten Besonderheiten, da ihre Berichterstattung einerseits eine große Reichweite hat und andererseits ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit genießt.

Es gehört zu den Aufgaben der Medien, kritisch zu berichten. Teilweise stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Berichterstattung falsche Tatsachen verbreitet hat und der Tatbestand der Kreditgefährdung (§ 824 BGB) oder der allgemeine Deliktstatbestand des § 823 Abs. 1 in Verbindung mit einer Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb erfüllt ist. § 824 Abs. 2 BGB lässt den Schadensersatzanspruch entfallen, wenn die Unwahrheit der Tatsachen dem oder der Verbreitenden unbekannt ist und ein berechtigtes Interesse an der Verbreitung der Tatsachen bestand. Ein solches berechtigtes Interesse kann eine mediale Berichterstattung sein. Damit sich das Medium auf den Ausschluss von der Schadensersatzpflicht berufen kann, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt sein. Das Medium muss die sog. pressegemäße Sorgfalt einhalten. Das bedeutet, dass Medien eine gewissenhafte Prüfung der Informationsqualität und der Zuverlässigkeit von Informationsquellen anzustellen haben (BGH, Urteil vom 30.01.1996, Az. VI ZR 386/94; BGH, Urteil vom 20.06.1969, Az. VI ZR 234/67). Der voraussichtliche Schaden, der durch die Berichterstattung entstehen kann, muss in einem angemessenen Verhältnis zum Informationswert der Berichterstattung stehen (BGH, Urteil vom 22.12.1959, Az. VI ZR 175/58).

Zu Presseberichten im Kontext von Verdachtsberichterstattung (etwa bei laufenden strafrechtlichen Ermittlungen) haben wir einen eigenständigen Beitrag verfasst.

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11. Was gilt bei Kritik in Warentests und Produkttests?

Für die Rechtmäßigkeit von Warentests hat die Rechtsprechung Kriterien festgelegt. Die Bewertung muss neutral, objektiv und sachkundig erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.1975, Az. VI ZR 157/73). Dabei wird den Warentestern ein gewisser Spielraum eingeräumt, innerhalb dem sie über die Testmethode, die Auswahl der zu vergleichenden Objekte und die Darstellung der Testergebnisse selbst entscheiden können. Wann dieser Spielraum überschritten ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Bei Überschreitung können Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB, § 824 BGB und § 826 BGB bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 21.02.1989, Az. VI ZR 18/88; BGH, Urteil vom 09.12.1975, Az. VI ZR 157/73).

Jedenfalls bei bewussten Fehlurteilen und Verzerrungen, bei bewusst unrichtigen Angaben oder bei bewusst einseitiger Auswahl der Testprodukte kann nicht mehr von einem neutralen, objektiven und sachkundigen Warentest die Rede sein (BGH, Urteil vom 09.12.1975, Az. VI ZR 157/73). Vertretbare Testergebnisse, die diskutabel erscheinen, sind hingegen von den Unternehmen hinzunehmen (OLG München, Urteil vom 09.09.2014, Az. 18 U 516/14).

Weniger strenge Maßstäbe gelten für Restaurantkritiker, da eine Restaurantkritik maßgeblich von subjektiven Eindrücken und dem persönlichen Empfinden des Restaurantkritikers geprägt ist (BGH, Urteil vom 20.03.1986, Az. I ZR 13/84). Ein Mindestmaß an Neutralität und Sachkunde, und ein Bemühen um Objektivität ist allerdings auch hier zu fordern, insbesondere hinsichtlich der Auswahl der verköstigten Speisen (OLG München, Urteil vom 09.07.1993, Az. 21 U 6720/92).

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12. Weitere Beispiele für rechtmäßige bzw. rechtswidrige Kritik

Rechtmäßige Kritik Rechtswidrige Kritik
BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VI ZR 39/14: Zulässige E-Mail eines Wirtschaftsjournalisten an eine Kundin eines Herstellers für Hochleistungsmagneten zur Einsparung von fossilen Brennstoffen bei dem Betrieb von Heizungsanlagen mit dem Inhalt, dass die Technik ein „großer Schwindel“ und „Betrug“ sei. BGH, Urteil vom 24.01.2006, Az. XI ZR 384/03: Infragestellen der Kreditwürdigkeit eines Darlehensnehmers in einem öffentlichen Interview, was dazu führte, dass der Darlehensnehmer nicht mehr in der Lage war, Kredite aufzunehmen.
BGH, Urteil vom 28.09.2022, Az. VIII ZR 319/20: Zulässige eBay-Bewertung mit dem Inhalt: „Versandkosten Wucher!!“. OLG München, Urteil vom 16.01.2014, Az. 7 O 6673/13: Unlautere Äußerung in einem Facebook-Beitrag, dass ein Mitbewerber „viel Freude daran [empfinde], Abmahnung/Gerichtsverfahren gegen die Beklagte zu betreiben“ und „von Hass zerfressen“ sei.
BGH, Urteil vom 11.03.2008, Az. VI ZR 7/07: Zulässige Bezeichnung der Produkte eines Milchprodukteherstellers als „Gen-Milch“ durch Greenpeace. BGH, Urteil vom 31.03.2016, Az. I ZR 160/14: unlauteres Herabsetzen eines Notars in einem Zeitungsinterview durch einen Rechtsanwalt mit dem Vorwurf der Wirtschaftskriminalität.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Laura Hellfeuer erstellt.

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Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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