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Darf eine Agentur die Löschung negativer Bewertungen anbieten?

Bewertung löschen lassen

Nicht-anwaltlichen Agenturen ist es verboten, am Markt die Löschung von Internetbewertungen bzw. Kommentaren (bei Google) anzubieten, da es sich um Rechtsdienstleistungen handelt (LG Hamburg, Urteil vom 28.06.2019, Az. 315 O 255/18).

Kammer verklagt Agentur wegen verbotenen Rechtsdienstleistungen

Die Rechtsanwaltskammer Hamburg hatte eine Online Marketing Agentur abgemahnt wegen des Angebots, gegen Vergütung Internetbewertungen und Kommentare bei Google löschen zu lassen. Hintergrund war, dass die Agentur sowie ihre Mitarbeiter weder als Rechtsanwälte zugelassen sind noch eine Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen gemäß § 3 RDG besitzen.

Auf die Abmahnung hin gab die Online Marketing Agentur eine strafbewehrte Unterlassungserklärung in Bezug auf das Angebot von Rechtsdienstleistungen ab, verweigerte aber Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten (Gegenstandswert: 50.000 Euro). Auf die Zahlungsklage der Anwaltskammer hin verteidigte sich die Agentur weiter damit, ihre Löschungsdienste seien zulässig gewesen. Es habe sich um entgeltliche Beratungsleistungen im Sinne von § 5 RDG gehandelt, da sie unmittelbar mit den jeweils angebotenen Dienstleistungen im Zusammenhang stünden.

Löschung von Bewertungen: Rechtsprüfung ist Rechtsdienstleistung

Das Landgericht Hamburg gab der Klage der Rechtsanwaltskammer Hamburg in vollem Umfang statt und verurteilte die Online Marketing Agentur sowie deren Geschäftsführer persönlich zum gesamtschuldnerischen Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 1.954,46 Euro zzgl. Zinsen.

Die Abmahnung sei bereits deshalb begründet gewesen, weil nicht nur die die eigentliche Dienstleistung begleitende Prüfung einfacher rechtlicher Vorfragen bzw. latente Nutzung juristischen Vorwissens auf der Website der Beklagten http://s…-bewertungen.de beworben und angeboten wurde, sondern beispielsweise auch die folgende Leistungsbeschreibung eigenständige rechtliche Überprüfungen im Einzelfall verspricht:

„Wir haben ihre Bewertungen jederzeit im Blick und decken Beleidigungen, Unwahrheiten oder anstößige Inhalte auf. Liegt ein Verstoß vor, wenden wir uns direkt an Google und beantragen, die Bewertungen löschen zu lassen. Rufen Sie uns jetzt an, wenn wir ihren negativen Google-Bewertungen professionell prüfen und eine Entfernung einleiten sollen.“

Dies stelle das entgeltliche Anbieten von Rechtsdienstleistungen im Einzelfall dar und nicht nur die inhaltliche Prüfung auf Vereinbarkeit mit den Google-AGB. Die Prüfung und Verfolgung von Beleidigungen, Unwahrheiten oder „anstößiger“ Inhalte bedeute eine Rechtsprüfung im Einzelfall, die nicht im unmittelbaren notwendigen Zusammenhang mit der eigentlich angebotenen Dienstleistung steht, sondern eine (weitere) Beratungsleistung im Sinne einer Rechtsberatung darstellt (Unterstreichungen durch Landgericht Hamburg).

So heißt es unter der Rubrik „Bewertungen bei Google löschen lassen“ weiter:

„Werden in den Google Bewertungen falsche Tatsachen dargestellt oder sind Verleumdungen, Beleidigungen oder eine üble Nachrede enthalten, anstößige oder verletzende Formulierung beinhaltet, urheberrechtlich geschützte Texte verwendet, sexuelle Inhalte dargestellt, vertrauliche Informationen preisgegeben oder Personengruppen angegriffen, verstoßen diese gegen die Google-Richtlinien und können gelöscht werden. Um solche Bewertungen ausfindig zu machen, prüfen unsere erfahrenen Reputationsmanager die Inhalte der Bewertungen streng. Sollten ihnen diffamierende/rechtswidrige Äußerungen auffallen, werden sie umgehend aktiv und veranlassen, die Bewertung bei Google löschen zu lassen. In bestimmten Fällen können auch rechtliche Schritte eingeleitet werden.“

Nicht nur der letzte Satz biete offen Rechtsdienstleistungen an, die Rechtsanwälten oder anerkannten Stellen nach § 8 RDG vorbehalten sind oder für die eine Erlaubnis gemäß § 3 RDG erforderlich ist. Die strafrechtliche Prüfung im Einzelfall und die Einleitung rechtlicher Schritte sind keine nach § 5 Abs. 2 RDG zulässigen Nebenleistungen. Dies werde auch nicht dadurch relativiert, dass an anderer Stelle von „Hausanwälten“ die Rede ist, mit denen die Online Marketing Agentur zusammenarbeite. Die Werbung könne nur so verstanden werden, dass die Agentur diese Leistungen selbst erbringen könne und erbringen werde.

Als Kanzlei sind wir im Gegensatz zur verklagten Online Marketing Agentur berechtigt, Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Wir sind auf das Vorgehen gegen negative Internetbewertungen und Kommentare spezialisiert.

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ja kriegen denn die Rechtsanwälte den Kragen überhaupt nicht mehr voll? Ist ja ekelhaft!

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  2. So wie ich das sehe, hat das Landgericht hier keineswegs nicht-anwaltlichen Agenturen „verboten“, am Markt die Löschung von Internetbewertungen bzw. Kommentaren (bei Google) anzubieten. Diese pauschale Darstellung findet sich in den Urteilsgründen doch woh eher nicht.

    Das LG Hamburg störte ich doch vielmehr daran, dass damit geworben wurde, man würde decken Beleidigungen, Unwahrheiten oder anstößige Inhalte aufdecken, was dann natürlich tatsächlich eine rechtliche Einzelfallprüfung ist.

    Ob auch nicht-analtliche Agenturen, die solche Dienste nicht anbieten, sondern einfach nur eine Sachverhaltsschilderung des Betroffenen an die richtigen Stellen beim Bewertungsportal weiterleiten, mit der Bitte um Entfernung der Bewertung, damit Rechtsdienstleistungen im Sinne des RDG erbringen, hat das LG Hamburg doch wohl kaum entschieden.

    Dieser Beitrag ist daher leider etwas an der Realität vorbei forumliert.

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    • Hallo „Barbara Salesch“, ruhig Blut. Es sieht wie folgt aus:

      Sie haben recht, dass das Landgericht die Löschung von Bewertungen durch nicht-anwaltliche Agenturen nicht explizit verboten hat. Das „Aufdecken von Beleidigungen, Unwahrheiten und anstößigen Inhalten“ in Bewertungen, um diese nachfolgend entfernen zu lassen, erfordert praktisch aber eine Rechtsprüfung.

      Zur Erläuterung: Es ist bekanntlich nicht möglich, eine Internetbewertung bloß deshalb löschen zu lassen, weil sie einem nicht gefällt. Die drei o.g. Begriffe zielen daher genau auf die Arten von Äußerungen ab, die man im Rahmen von Bewertungen mit rechtlichen Mitteln löschen lassen kann. Scharfe/kritische/provokative Meinungsäußerungen in Bewertungen müssen vom Bewerteten hingenommen werden – wird die Schwelle zur „Beleidigungen“ und Schmähkritik überschritten, ist die Bewertung hingegen nicht mehr vom Recht auf freie Meinungsäußerung umfasst. Ob diese Voraussetzungen bei einer konkreten Bewertung vorliegen oder nicht, setzt eine rechtliche Prüfung voraus. Das gleiche gilt für „Unwahrheiten“ (= falsche Tatsachenbehauptungen), die anders als „Wahrheiten“ (= wahre Tatsachenbehauptungen) nicht vom Schutz des Art. 5 I GG umfasst sind. Auch diese Einordnung setzt bei jeder Bewertung eine eigenständige Rechtsprüfung voraus. Insoweit hat das Landgericht nicht-anwaltlichen Anbietern durchaus verboten, die o.g. Tätigkeiten für Dritte zu erbringen. Ich wüsste nicht, wie man das anders sehen sollte (vgl. allein Randnummer 19 des Urteils).

      Theoretisch könnten sich nicht-anwaltliche Anbieter nun darauf beschränken, bloße Sachverhaltsschilderungen der Bewerteten an die Bewertungsplattform zu schicken, wie sie es beschreiben (= an Google, Jameda, Kununu etc.). Solche Schreiben wären möglicherweise nicht vom Urteil erfasst, in der Praxis aber nur von beschränktem Nutzen. Der qualifizierte Hinweis an die Bewertungsplattform muss so gestaltet sein, dass die Plattform allein auf dessen Grundlage unschwer erkennen kann, dass eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt. Pauschale Behauptungen, dass eine Kritik unzutreffend ist, reichen beispielsweise nicht aus (vgl. https://www.ra-plutte.de/negative-bewertungen-internet-loeschen-uebersicht-tipps/#inhalt-meldung-portal). Vor diesem Hintergrund benötigt man im qualifizierten Hinweis neben tatsächlichen Ausführungen letztlich auch eine aussagekräftige rechtliche Begründung.

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  3. Sehr geehrte Damen und Herren,

    sehr geehrter Herr Plutte!

    Vielen Dank für Ihre Ausführungen zum Thema: „Darf eine Agentur die Löschung negativer Bewertungen anbieten?“

    Kann das wirklich sein, dass es Marketingagenturen in Deutschland untersagt ist, Bewertungen zu löschen?

    Was ich mich frage ist, warum dann diese deutschen Marketingagenturen das bei sich auf der Webseite anbieten?

    http://xn--lschomat-n4a.de/impressum/
    https://deinguterruf.de/impressum/
    https://suchmaschinen-service-gmbh.de/impressum/
    https://xn--lschanleitung-imb.de/impressum
    https://www.mittelstands-agentur.de/impressum
    https://bewertungshelden.de/impressum/
    https://internetagentur-stuttgart.de/impressum/

    Bin auf Ihren Kommentar gespannt.

    Vielen Dank und Gruß,

    Peter Sundhagen

    Antworten

    • Entscheidend ist, ob es sich a) um nicht-anwaltliche Anbieter handelt, die b) ohne Erlaubnis c) individuelle Rechtsberatung erbringen oder auch nur bewerben. Ist das der Fall, wäre das Angebot rechtswidrig. Wenn Bewertungen dagegen pauschal ohne Rechtsprüfung an eine Plattform weitergeleitet werden mit der Aufforderung zur Löschung, dürfte kein Verstoß gegen das RDG vorliegen. Diese Leistung hat freilich weniger Gehalt als eine anwaltliche Prüfung, da es faktisch eine reine Weiterleitung eines Löschwunsches ist. Ob juristisch ein Anspruch auf Löschung besteht, bleibt gerade offen. Dieses Manko versuchen die Anbieter dadurch abzufedern, dass die Kunden nur bei Erfolg zahlen müssen.

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  4. Es erstaunt mich wirklich, dass es immer noch Agenturen gibt, die auf ihren Webseiten damit werben, Bewertungen manipulieren oder verkaufen zu können. Jeder weiß doch, dass das nicht nur unethisch, sondern auch illegal ist. Warum versuchen sie es trotzdem? Langfristig schadet das doch mehr, als es nützt.

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