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Haften Domain-Registrare wie Host-Provider als Störer?

Domainrecht Rechtsanwalt

Die Grundsätze zur Störerhaftung von Host-Providern gelten nach Meinung des LG Köln auch für Domain-Registrare (a.A.: OLG Frankfurt). Wir erklären in diesem Beitrag, wie Registrare nach der Kölner Auffassung eine persönliche Haftung vermeiden können.

Störerhaftung des Registrars bei unwahren Tatsachenbehauptungen?

Ein Unternehmen ging gegen einen Blogbetreiber sowie den Registrar der zugehörigen Domain wegen falscher Tatsachenbehauptungen im Blog vor. Die angegriffenen Behauptungen stammten von einem ehemaligen Mitarbeiter des Unternehmens und betrafen die Umstände der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses sowie ein vermeintliches Projekt des Unternehmens.

Nachdem das Unternehmen den Domain-Registrar zur Löschung aufgefordert und konkret beschrieben hatte, welche Beiträge im Einzelnen betroffen waren, leitete der Registrar das Schreiben zur Prüfung an den Blogbetreiber weiter. Der Blogbetreiber lehnte eine Löschung der Postings jedoch ab, weil der ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens in den Blogbeiträgen die Wahrheit gesagt habe. Daraufhin nahm das Unternehmen den Domain Registrar auf Unterlassung in Anspruch.

Übertragung der Grundsätze der Störerhaftung von Host-Providern

Das Landgericht Köln gab der Klage des Unternehmens nun mit der Begründung statt, dass der Registrar als sog. Störer auf Unterlassung hafte (Volltext der Entscheidung: LG Köln, Urteil vom 13.05.2015, 28 O 11/15).

Nach den Grundsätzen der Störerhaftung haftet grundsätzlich derjenige, der, ohne selbst Täter zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt.

Eingangs stellte das Gericht klar, dass die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, erstreckt werden dürfe. Die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Störerhaftung von Host-Providern seien jedoch auf Domain-Registrare übertragbar.

Danach besteht keine allgemeine Prüfungspflicht des Registrars für Inhalte der bei ihm registrierten Domains. Verletzt der Registrar allerdings zumutbare Verhaltenspflichten – insbesondere Prüfungspflichten – haftet er selbst als Störer auf Unterlassung. Der Umfang der Prüfungspflichten ist einzelfallabhängig. In die vorzunehmende Einzelfallbetrachtung sind insbesondere die Funktion und Aufgabenstellung des Störers sowie die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtliche Beeinträchtigung selbst vorgenommen hat, einzubeziehen.

Prüfungspflichten von Domain-Registraren bei Löschungsaufforderungen

Prüfungspflichten treffen einen Domain-Registrar erst bei positiver Kenntnis von der Rechtsverletzung bzw. des zugrunde liegenden Sachverhalts, typischerweise also erst nach Hinweis des Betroffenen. Tätigwerden muss der Domain-Registrar aber nur dann, wenn der Hinweis auf die Rechtsverletzung so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer, also “ohne tiefgreifende rechtliche und tatsächliche Prüfung, bejaht werden kann”.

Auf Grundlage der BGH-Rechtsprechung zur Störerhaftung von Host-Providern sind vom Domain-Registrar nach Beanstandung dann der Reihe nach die folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  1. Weiterleitung der Beanstandung an den für den Blog Verantwortlichen mit Aufforderung zur Stellungnahme, wobei eine angemessene Frist zur Stellungnahme zu setzen ist.
  2. Löschung des Eintrags, falls innerhalb der Frist keine Stellungnahme des Blogverantwortlichen erfolgt oder die Stellungnahme unsubstantiiert ist.
  3. Bei substantiierter Stellungnahme: Weiterleitung der Stellungnahme des Blogverantwortlichen an den Betroffenen mit der Aufforderung, Nachweise vorzulegen, aus denen sich die Rechtsgutsverletzung ergibt.
  4. Bleibt eine Reaktion des Betroffenen aus oder werden keine Nachweise nicht vorgelegt, muss der Registrar keine weitere Prüfung vornehmen.
  5. Ergibt sich aus der Reaktion des Betroffenen sowie den Nachweisen dagegen eine Rechtsgutsverletzung, muss der angegriffene Beitrag unverzüglich gelöscht werden.

Domain-Registrar haftete bereits wegen unterbliebender Weiterleitung

Im vom Landgericht Köln entschiedenen Fall lagen die Voraussetzungen für die Störerhaftung des Domain-Registrars vor. Das Unternehmen hatte ihn ausreichend konkret auf die Rechtsverletzung hingewiesen und diese auch nachvollziehbar dargelegt. Der Registrar hatte die Beanstandung im Anschluss zwar noch korrekt an den Blogbetreiber weitergeleitet, sich dann aber mit der „Stellungnahme“ des Blog-Betreibers zufrieden gegeben, die im Wesentlichen nur aus dem Hinweis bestand, der Interviewpartner habe die Wahrheit gesagt.

Selbst wenn man dies als ausreichend substantiierte Stellungnahme ansehen wollte, war der Registrar jedoch noch nicht aus der Verantwortung entlassen, da er die Stellungnahme an das Unternehmen mit der Bitte um “Stellungnahme zur Stellungnahme” sowie der Aufforderung zur Vorlage von Nachweisen für die behauptete Rechtsgutsverletzung hätte weiterleiten müssen. Im Ergebnis haftete der Domain-Registrar allein schon wegen dieses Versäumnisses als Störer.

Der Fall zeigt, dass Domain-Registrare den obigen Maßnahmenkatalog dringend in der beschriebenen Reihenfolge befolgen sollten, um eine persönliche Verantwortlichkeit als Störer zu vermeiden. Nutzen Sie bei Fragen unsere kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung.

Update: OLG Frankfurt lehnt Übertragung der Host Provider Haftung ab

Im Gegensatz zum LG Köln ist das Oberlandesgericht Frankfurt der Meinung, dass das Haftungsmodell von Host Providern nicht auf Domain-Registrare übertragen werden darf (OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.09.2015, Az. 16 W 47/15, so auch bereits die Vorinstanz: LG Frankfurt, Beschluss vom 05.08.2015, Az. 2-03 O 306/15).

Die technische Konnektierung einer Domain könne nicht mit dem Speichern von Content gleichgestellt werden, weshalb ein Domain-Registrar eher einem Access Provider ähnele. Für diese Auffassung spricht, dass ein Registrar keine Möglichkeit hat, beanstandete rechtswidrige Inhalte selektiv zu löschen. Möglich ist ihm nur ein Kappen des Zugangs zur gesamten Domain, was schnell unverhältnismäßig sein kann.

Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung unseres Referendars Thomas Hanisch erstellt.

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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