
Wurde der Social Media Account Ihres Unternehmens auf Instagram, Facebook, LinkedIn oder TikTok gesperrt? Wir zeigen, wie man den Account wieder entsperren lassen kann.
Rechtsanwalt Niklas Plutte
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Oliver Wolf, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Möchten Sie, dass wir rechtlich gegen die Sperre Ihres Social Media Accounts vorgehen? Nutzen Sie unsere kostenfreie Ersteinschätzung.
Inhaltsverzeichnis
1. Social Media Kontosperren als Geschäftsrisiko
2. Beschwerde gegenüber Social Media Plattform
3. Unterstützung durch einen Rechtsanwalt
4. Gerichtliches Vorgehen gegen die Plattform
5. Beschwerde bei Bundesnetzagentur
1. Social Media Kontosperren als Geschäftsrisiko
Wird ein geschäftliches Social Media Konto plötzlich gesperrt (etwa bei Instagram, Facebook, LinkedIn oder TikTok), kann das einschneidende wirtschaftliche Folgen haben. Kundenzugriff, Werbekampagnen und Kommunikationskanäle brechen schlagartig weg – eine Notlage.
Nicht jede Sperre ist gleich. Temporäre Sperren werden oft schon nach 24 bis 48 Stunden wieder aufgehoben. Längere Sperren dauern bis zu 30 Tage an. Gegen dauerhafte Sperren muss man aktiv vorgehen, andernfalls bleibt der Account geschlossen.
Es stellt sich die Frage, wie man einen länger bzw. dauerhaft gesperrten Social Media Account wieder freischalten lassen kann. Soll man Beschwerde gegenüber der Plattform einlegen, direkt Unterstützung durch einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen oder gar gegen das Netzwerk klagen (ggf. im Ausland)?
2. Beschwerde gegenüber Social Media Plattform
Der Digital Services Act (DSA) verpflichtet große Plattformen, eine Kontosperre gegenüber dem Betroffenen zu begründen (sog. „Statement of Reasons“, Art. 17 DSA). Das gilt nicht nur gegenüber Verbrauchern, sondern auch gegenüber Unternehmen mit Sitz in der EU (Art. 1 Abs. 2, Art. 17 Abs. 1 DSA). Fehlt eine Begründung für die Sperre oder ist sie inhaltlich unzureichend, liegt bereits ein eigenständiger Verstoß gegen Art. 17 DSA vor, der die Maßnahme rechtswidrig machen kann.
Zusätzlich müssen die Plattformen ein internes Beschwerdemanagementsystem vorhalten (Art. 20 DSA), über das Unternehmen Beschwerde gegen die Sperre einlegen können. Beschwerden müssen von den Plattformen zeitnah, sorgfältig und objektiv bearbeitet werden (Art. 20 Abs. 4 DSA). Wird eine Beschwerde monatelang nicht bearbeitet, können sich Unternehmen auf eine Verletzung von Art. 20 Abs. 4 DSA berufen.
Nach Abschluss des internen Beschwerdeverfahrens besteht die Möglichkeit zur außergerichtlichen Streitbeilegung über zertifizierte Stellen (Art. 21 DSA).
Wer im ersten Schritt das interne Beschwerdeverfahren der jeweiligen Plattform ohne anwaltliche Hilfe nutzen möchte, sollte sein Anliegen gut aufbereiten. Neben einem Nachweis der Kontoinhaberschaft, also zum Beispiel die verknüpfte E-Mail-Adresse, die Unternehmensdomain, ggf. ein Handelsregisterauszug oder ein Hinweis auf das Impressum müssen alle relevanten Umstände der Sperrung sorgfältig dokumentiert werden (Screenshots der Sperrbenachrichtigung, Datum und Uhrzeit, ggf. Angaben zu laufenden Werbekampagnen oder Kooperationen sowie die zu erwartenden finanziellen Auswirkungen etc.). Wichtig ist, sämtliche Bestätigungs-E-Mails oder Ticketnummern aufzubewahren, da diese später als Nachweis für die Erschöpfung des internen Rechtsbehelfs dienen. Schließlich sollte eine Gegendarstellung formuliert werden, in der sachlich erklärt wird, warum die Sperrmaßnahme fehlerhaft war.
Instagram-Konto gesperrt?
Bei Instagram lässt sich der Sperrstatus über den Menüpunkt „Konto-Status“ in der App prüfen. Wird dort ein Widerspruch („Review“) angeboten, kann die Überprüfung direkt angestoßen werden. Deaktivierte Konten können häufig über die Anmeldemaske erneut eingereicht werden; Instagram verlangt in solchen Fällen in der Regel einen Identitätsnachweis, etwa in Form eines Ausweises.
• Offizielle Hilfe: Deaktiviertes Konto (Instagram Help)
• Offizielle Hilfe: Konto-Status und Überprüfung
Das von Meta eingerichtete Oversight Board ist nur in bestimmten Fällen zuständig, insbesondere bei inhaltlichen Entscheidungen zu Posts, nicht aber bei vollständigen Kontodeaktivierungen.
• Appeal Instagram’s content decision to the Oversight Board
Facebook-Konto gesperrt?
Bei Facebook können Nutzer eines persönlichen Profils meist innerhalb von 180 Tagen Widerspruch gegen eine Sperrung einlegen. Für Seiten und Gruppen existieren gesonderte Formulare.
- Appeal a suspended account – Facebook Help
- Meta Business Help: Deaktivierte Konten
Das Oversight Board ist ebenfalls nur für Inhaltsentscheidungen zuständig. - Appeal a Facebook content decision to the Oversight Board
LinkedIn-Konto gesperrt?
Bei LinkedIn sind sogenannte „Account Restrictions“ vorgesehen. Das Unternehmen weist dabei auf die Professional Community Policies hin. Betroffene Nutzer können ein Support-Ticket einreichen, um die Sperre überprüfen zu lassen. Teilweise bietet LinkedIn auch die Möglichkeit, nach 48 Stunden über eine Art „another chance“-Option zu bestätigen, dass künftig keine Richtlinien mehr verletzt werden.
- LinkedIn Help: Account Restrictions
- LinkedIn Help: Account access restoration
- LinkedIn Help: Kontakt zum Kundensupport
TikTok-Konto gesperrt?
Bei TikTok können gesperrte Nutzer in der App direkt aus der Sperrbenachrichtigung heraus eine Beschwerde („Appeal“) einreichen. Dies gilt sowohl für vollständige Deaktivierungen als auch für gelöschte Inhalte. Wenn die Sperrung auf einen Identitäts- oder Alterskonflikt zurückzuführen ist, verlangt TikTok meist eine Kombination aus Ausweis und Selfie zur Bestätigung der Echtheit.
3. Unterstützung durch einen Rechtsanwalt
Führt der Weg über das interne Beschwerdemanagementsystem nicht zum Erfolg oder sind wirtschaftliche Interessen akut gefährdet, sollten betroffene Unternehmen umgehend anwaltliche Unterstützung in Anspruch nehmen.
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Erneut geht es im ersten Schritt um die bereits skizzierte Beweissicherung. Dazu gehören z.B. Screenshots des Sperrbildschirms, die Konto-URL, Nachweise des Unternehmensbezugs (z. B. Impressum, Domain, Handelsregisterauszug) und ggf. Dokumente über laufende Werbekampagnen oder vertragliche Verpflichtungen, die durch die Sperrung beeinträchtigt werden. Auch eine Kopie aller bisherigen Mitteilungen der Plattform ist hilfreich.
Der beauftragte Rechtsanwalt wird auf dieser Basis eine juristische Analyse der Kontosperre vornehmen. Zu prüfen ist, welche Nutzungsbedingungen gelten, welche Gemeinschaftsstandards angeblich verletzt wurden und welche vertraglichen oder gesetzlichen Anhörungspflichten bestehen. Besonders wichtig ist die Prüfung der neuen Pflichten aus dem Digital Services Act: Hat die Plattform eine Begründung für die Sperre nach Art. 17 DSA übermittelt? Wurde eine interne Beschwerde des gesperrten Unternehmens sachlich und zeitnah bearbeitet (Art. 20 Abs. 4 DSA)? Falls Mängel festgestellt werden, kann dies ein entscheidender Hebel für weiteres Vorgehen gegen die Plattform sein.
Bestehen nach Prüfung Erfolgsaussichten, wird der Rechtsanwalt ein Aufforderungsschreiben an die Plattform versenden. Darin werden die wirtschaftlichen Auswirkungen der Sperrung dargestellt und die Plattform aufgefordert, das Konto wiederherzustellen oder eine rechtlich tragende Begründung für die Sperre zu liefern. Das Schreiben sollte an die jeweils zuständige EU-Gesellschaft (z. B. Meta Platforms Ireland Ltd., TikTok Technology Ltd., LinkedIn Ireland Unlimited Company) adressiert werden. Üblich ist eine Fristsetzung von wenigen Tagen unter gleichzeitiger Androhung gerichtlicher Schritte. Läuft bereits ein internes Beschwerdeverfahren, sollte dies im Aufforderungsschreiben dokumentiert werden. Parallel kann der Rechtsanwalt – insbesondere bei größeren Werbeetats – über das Business-Support-System der Plattform versuchen, weitere Kontakte zu aktivieren. In manchen Fällen empfiehlt sich zusätzlich die Einleitung eines außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahrens nach Art. 21 DSA, sofern eine zertifizierte Stelle vorhanden ist.
Wenn die Sperre erhebliche Umsatzeinbußen oder Rufschäden verursacht, sollte je nach Lage des Falls auch eine einstweilige Verfügung zur Wiederherstellung des Kontos erwogen werden. Voraussetzung ist schnelles Handeln, da einstweilige Verfügungen neben der Verletzung rechtlicher Pflichten Dringlichkeit erfordern (je nach Gerichtsstandort dürfen seit der Sperre nicht mehr als 4-8 Wochen vergangen sein). Zu beachten ist, dass eine einstweilige Verfügung regelmäßig nur vor deutschen Gerichten in Betracht kommt, was bedeutet, dass diese zuständig sein müssen. Die Erwirkung ausländischer einstweiliger Verfügungen ist in der Praxis kaum relevant.
Materiell-rechtlich kommen verschiedene Anknüpfungspunkte in Betracht.
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Plattformen Nutzer vor einer Sperrung grundsätzlich anhören oder abmahnen (BGH, Urteil vom 29.07.2021, Az. III ZR 179/20; vgl. auch OLG Dresden, Urteil vom 08.03.2022, Az. 4 U 1050/21; OLG Celle, Urteil vom 20.01.2022, Az. 13 U 84/19).
- Eine Social Media Kontosperre kann eine Vertragsverletzung darstellen. Mitunter sind AGB-Klauseln der Netzwerke zu Sperrungen oder Löschungen unwirksam, weil sie unklar sind, zu weit reichen oder dem Nutzer keine Möglichkeit zu einer vorherigen Anhörung geben.
- Nach teilweiser Auffassung kann das Kartellrecht (§ 19 GWB) greifen, wenn eine marktbeherrschende Plattform ohne sachlichen Grund den Zugang zu einem Social Media Konto sperrt. Dafür muss aber detailliert dargelegt werden, in welchem Markt die Plattform dominiert, welche Reichweite das Konto hat und wie die Sperrung die Wettbewerbsposition des Unternehmers beeinträchtigt. Die Darlegungslast für Marktbeherrschung und Behinderungswirkung liegt vollständig beim Nutzer.
- Schließlich kann auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegen (§ 823 BGB).
- Wird der Zugriff auf eigene Nachrichten, Kundendaten oder Werbekonten gesperrt, können dem betroffenen Unternehmen ggf. Ansprüche auf Auskunft (Art. 15 DSGVO) und Herausgabe (Art. 20 DSGVO, Datenportabilität) zustehen.
4. Gerichtliches Vorgehen gegen die Plattform
Verlaufen interne Beschwerdeverfahren und anwaltliche Aufforderungsschreiben erfolglos, bleibt oft nur der Gang zu Gericht.
Je nach Ziel kann eine Leistungsklage auf Wiederherstellung oder eine Unterlassungsklage gegen künftige Sperrungen erhoben bzw. ein Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt werden.
Bei Social Media Kontosperren stellt sich die Frage, welches Gericht zuständig ist. Viele Social Media Plattformen – insbesondere Meta (Facebook, Instagram), LinkedIn und TikTok – haben in ihren AGB eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten irischer Gerichte verankert.
Gegenüber Unternehmern sind derartige Gerichtsstandsvereinbarungen nach Art. 25 EuGVVO grundsätzlich wirksam, sofern sie ordnungsgemäß in den Vertrag zwischen Plattform und Nutzer einbezogen wurden. Nur wenn der geltend gemachte Anspruch als deliktisch einzustufen ist, also auf einer unerlaubten Handlung beruht, könnte der sogenannte Deliktsgerichtsstand in Deutschland eröffnet sein (Art. 7 Nr. 2 EuGVVO).
- Nach einem Beschluss des OLG Nürnberg vom 19.08. 2025 (3 W 1224/25 Kart) handelt es sich bei einer willkürlichen Kontosperrung in der Regel um eine vertragliche Streitigkeit. Deutsche Gerichte seien daher nicht zuständig, der Deliktsgerichtsstand greife nicht. Einen kartellrechtlichen Anspruch nach § 19 GWB lehnte das Gericht im verhandelten Fall mangels substantiierten Vortrags zur Marktbeherrschung ab.
- Das OLG Düsseldorf schlug mit Urteil vom 02.04.2025 (U [Kart] 5/24) einen anderen Weg ein: Die willkürliche Sperrung eines Social Media Kontos ohne vorherige Anhörung könne eine unbillige Behinderung im Sinne von § 19 GWB darstellen, was die Zuständigkeit deutscher Gerichte eröffne.
Die unterschiedlichen Haltungen der Gerichte führen für betroffene Unternehmen zu einem erhöhten Prozessrisiko. Lässt sich eine kartellrechtliche oder deliktische Haftung begründen, bestehen gute Chancen, dass deutsche Gerichte zuständig sind. Andernfalls bleibt nur die Klage vor ausländischen Gerichten (in Irland). Urteile irischer Gerichte sind innerhalb der EU grundsätzlich anerkennungs- und vollstreckbar (Art. 39 ff. EuGVVO), was ein in Irland erstrittenes Urteil auch in Deutschland durchsetzbar macht.
Andere Regeln für Verbraucher: Im Gegensatz zu Unternehmern können Verbraucher wegen Art. 17 ff. EuGVVO Klage am Gericht des eigenen Wohnsitzes einreichen und so Verfahren im Ausland vermeiden.
5. Beschwerde bei Bundesnetzagentur
Der Digital Services Act sieht neben den Rechten des einzelnen Nutzers gegenüber der Plattform auch eine aufsichtsrechtliche Ebene vor. So kann jeder Nutzer einer Social Media Plattform, der ein berechtigtes Interesse geltend macht, über das Beschwerdeportal der Bundesnetzagentur beim Digital Services Coordinator (DSC) eine Beschwerde gegen mutmaßliche Verstöße der Social Media Plattform gegen den DSA einreichen (vgl. Art. 53 DSA).
Die Beschwerde kann sich auf jeden mutmaßlichen Verstoß gegen den DSA beziehen, z.B.:
- fehlende oder unzureichende Begründung der Sperre (Verstoß gegen Art. 17 DSA),
- keine oder mangelhafte Bearbeitung einer internen Beschwerde (Verstoß gegen Art. 20 DSA),
- kein Zugang zu Streitbeilegungsverfahren (Art. 21 DSA),
- strukturelle Missstände im Umgang mit Sperrungen oder Meldungen.