Wer in seinem Onlineshop auf Artikelseiten gefakte aktuelle Besucherzahlen anzeigt („XY Besucher sehen sich das gerade an“), handelt wettbewerbswidrig und kann abgemahnt werden.
Anzeige aktueller Besucherzahlen im Onlineshop
Bei Reddit postete der Nutzer PikoPaKl im Channel assholedesign einen Screenshot aus dem Onlineshop des Sportartikelanbieters Intersport zu Tischtennisschlägern. Auf dem Screenshot ist zu sehen, wie Intersport damit wirbt, dass die Artikelseite aktuell von 24 Besuchern angesehen würde.
Der Nutzer war skeptisch und untersuchte den Hinweis zu den aktuellen Besucherzahlen mit einem „Webseiten-Inspektor“ (hier von Firefox), der in ähnlicher Form Teil aller modernen Browser ist.
„Inspektor“-Tools erlauben es, sich technische Details einer beliebigen Webseite anzeigen zu lassen, z.B. CSS, zugeladene Dateien, Cookies etc. Der Firefox-Inspektor ist aufrufbar über den Shortcut Strg + Umschalt + C (Windows) bzw. Cmd-Option-C (Mac).
Im Ernst, ein Besucherzahlen-Generator? Leute…
Aus dem Quelltext der Artikelseite ergab sich, dass die Anzeige der Besucherzahlen eine Lüge war. Statt echter Besucherdaten wurde eine Art Besucherzahlen-Generator ausgeführt, der an der betreffenden Stelle der Artikelseite bei Aufruf durch Nutzer anzeigte, dass sich mindestens fünf, maximal jedoch dreißig Besucher gerade den Artikel ansehen.
Zu Recht kommentierte ein anderer Nutzer unter dem Reddit-Post:
„On the website it says that there are over 250,000 products. Multiply that by the minimum of 5 people per product and you got 1,250,000 people visiting the website at once. Only in Germany. That’s over 1% of the population looking for sports products at once. And that’s the minimum.“
Intersport hat die Funktion zwischenzeitlich (offenbar) entfernt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags fehlt im Seitenquelltext des oben genannten Artikels nun die div-Klasse badge--visitors
sowie die Funktion data-random-generator
, mit der die Besucheranzeige ausgespielt worden war.
Bei Google zeugen jedoch Stand heute (05.07.2021) noch Snippets von der ursprünglichen Darstellung im Shop.
Ist es verboten, in einem Shop künstliche Besucherzahlen anzuzeigen?
Ja, natürlich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob zahlenmäßig begrenzte Produkte wie z.B. Hotelzimmer bzw. Flugtickets oder faktisch unbegrenzt erhältliche Artikel wie hier Tischtennisschläger angeboten werden.
- Die Anzeige von aktuellen Besucherzahlen bei begrenzt erhältlichen Waren oder Dienstleistungen erhöht subtil den Bestelldruck des Besuchers („Schnell, sonst ist das Zimmer weg!“) mit dem Ziel, ein besonnenes Abwägen zwischen verschiedenen Angeboten zu unterbinden zu Gunsten einer sofortigen Bestellung. Gefakte Besucherzahlen stellen eine wettbewerbswidrige Irreführung im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG dar. Noch deutlicher – und bereits gerichtlich abgeurteilt – sind falsche Hinweise wie „Nur noch 2 Zimmer verfügbar“ oder „Es sind nur noch wenige Restplätze verfügbar. Zu Ihrer Sicherheit schnell buchen!“ (OLG Köln, Urteil vom 01.06.2011, Az. 6 U 193/10).
- Selbst wenn der Onlineshop ein stückmäßig nicht begrenztes Produkt anbietet wie im Fall von Intersport, hat die Anzeige von Besucherzahlen einen Zweck, der darin liegt, aus Sicht des Nutzers die Attraktivität des Artikels zu erhöhen. Ihm wird angezeigt, dass er nicht allein ist und sich zur selben Zeit auch andere Nutzer für das Produkt interessieren. Das suggeriert, man habe es mit guter Ware zutun, was Kaufblockaden überwinden kann („Wenn sich so viele interessieren, wird es kein schlechter Artikel sein.“).
- Fazit: Selbstverständlich ist es erlaubt, in einem Shop echte aktuelle Besucherzahlen beim jeweiligen Artikel anzuzeigen und so (sofern tatsächlich gegeben) mit der Attraktivität des Artikels zu werben. Es stellt jedoch eine wettbewerbswidrige und abmahnbare Irreführung dar, die Besucherzahlen künstlich aufzublasen.