Nach der ab dem 13.06.2014 geltenden Rechtslage trifft der Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen paket-versandfähiger und nicht paket-versandfähiger Ware. Wenn der Verbraucher die Rücksendekosten tragen soll, hat die Paketversandfähigkeit der Ware erhebliche Folgen für die Gestaltung der Widerrufsbelehrung.
Paketversandfähigkeit: Keine gesetzliche Vorlage für „gemischte“ Bestellungen
Nach neuer Rechtslage muss der Unternehmer für Ware, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal mit der Post zurückgesandt werden kann, die betragsmäßige Höhe der Versandkosten (zumindest als Schätzung) angeben, während die Rücksendekosten bei paket-versandfähiger Ware ohne konkrete Bezifferung auf den Verbraucher abzuwälzen sind.
Keine Regelung enthält das Gesetz für „gemischte“ Bestellungen, also Bestellungen, die sich aus paket-versandfähiger und nicht-paketversandfähiger Ware zusammensetzen. Dies ist problematisch für die Gestaltung der Widerrufsbelehrung, da das gesetzliche Muster nur alternativ eine der folgenden Varianten zulässt:
1. Paket-versandfähige Waren: „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren“
2. Nicht paket-versandfähige Waren (Variante 1): „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren in Höhe von …..EUR“ oder
3. Nicht paket-versandfähige Waren (Variante 2): „Sie tragen die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Die Kosten werden auf höchstens etwa …… EUR geschätzt“
Da eine Kombination der Varianten vom Gesetzgeber nicht vorgesehen wurde, lässt sich über die gesetzliche Vorlage keine Widerrufsbelehrung für paket-versandfähige und nicht paket-versandfähige Waren erstellen, die dem gesetzlichen Musterschutz unterliegt, also definitiv abmahnsicher ist.
Beispiel
Ein Verbraucher bestellt im Onlineshop einer Möbelhauskette Bettwäsche (= paket-versandfähige Ware) und eine Einbauküche (= nicht paket-versandfähige Ware). Aus logistischen Gründen erfolgt der Versand der beiden Waren getrennt. Die Bettwäsche kommt als DHL-Standard Paket, während die Einbauküche durch eine Spedition angeliefert wird.
Unabhängig davon, welche der oben genannten Varianten im Beispielsfall im Rahmen der Widerrufsbelehrung eingesetzt wird, ist die Widerrufsbelehrung falsch, da sowohl paket-versandfähige als auch nicht paket-versandfähige Waren bestellt wurden. Mit der ersten Variante lässt nur im Hinblick auf die Bettwäsche in rechtskonformer Weise über das Widerrufsrecht belehren, während für die Einbauküche nur die zweite oder dritte Variante verwendet werden darf.
Es gibt es vor diesem Hintergrund derzeit keine Möglichkeit, unter ausschließlicher Verwendung der Mustervorgaben eine Widerrufserklärung für „gemischte“ Warenbestellungen vorzuhalten, wenn der Unternehmer die Versandkosten auf den Verbraucher abwälzen will. Zur Lösung des Problems bestehen derzeit aus unserer Sicht nur die folgenden Möglichkeiten:
1. Trennung des Warensortiments, Keine gemischten Bestellungen möglich
Der Unternehmer trennt Warensortiment und Bestellprozess streng nach paket-versandfähigen und nicht paket-versandfähigen Waren. Eine einheitliche Bestellung von Waren aus verschiedenen Paketversand-Kategorien darf in diesem Fall nicht möglich sein. Will ein Verbraucher Waren aus verschiedenen Kategorien bestellen, muss er zwei gesonderte Bestellungen aufgeben, in deren Verlauf jeweils gesondert über das einschlägige Widerrufsrecht belehrt wird. Diese Variante ist natürlich ausgesprochen kundenunfreundlich, da dem Kunden zwei Bestellprozesse zugemutet werden.
Ist eine Trennung von Warensortiment und Bestellprozess in paket-versandfähige und nicht paket-versandfähige Waren nicht möglich, halten wir das Vorhalten von mehreren Widerrufsbelehrungen für sehr problematisch, da der Verbraucher möglicherweise nicht einschätzen kann, welche Belehrung für seine Bestellung bzw. die jeweils enthaltenen Waren gilt.
2. Übernahme der Versandkosten durch den Unternehmer
Da die erste Handlungsoption wirtschaftlich aufwändig und fehleranfällig ist, raten wir Unternehmern im Falle von gemischt paket-versandfähigen und nicht paket-versandfähigen Warensortimenten dazu, die Versandkosten zu übernehmen und die zusätzlichen Kosten in den Kaufpreis einzupreisen.
3. Individuell angepasste Widerrufsrufsbelehrung
Möglich ist schließlich die Verwendung einer individuell angepassten Widerrufsbelehrung. In diesem Fall greift der gesetzliche Musterschutz allerdings nicht mehr, was bedeutet, dass verbraucherbenachteiligende Regelungen abgemahnt werden können. Die Vornahme von Änderungen an den Mustervarianten sollte daher zumindest mit Hilfe von spezialisierter Rechtsberatung erfolgen.
4. Update: Verwendung mehrerer Widerrufsbelehrungen möglich
Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 24.04.2014 entschieden, dass die Verwendung von mehreren verschiedenen Widerrufsbelehrungen auf einer Seite unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
5. Update: Unterschiedliche Widerrufsbelehrungen für unterschiedliche Produkte
Auch das OLG Köln entschied, dass Unternehmer im Onlineshop für unterschiedliche Produkte verschiedene Widerrufsbelehrungen bereitstellen dürfen. Sie müssen Kunden nicht vorab informieren, welche Version für ihren Kauf einschlägig ist.
Nehmen Sie unsere kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung in Anspruch.