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LG Flensburg: Falschbehauptungen über Stasi-Mitgliedschaft

persönlichkeitsverletzung schmerzensgeld

Die öffentliche Falschbehauptung, eine Person sei Mitglied der Staatssicherheit (Stasi) gewesen, kann einen Anspruch auf Unterlassung und Schmerzensgeld begründen, hier 10.000 Euro (LG Flensburg, Urteil vom 14.06.2023, Az. 7 O 140/20).

Hintergrund: Unterlassungsklage bereits erfolgreich

Der Kläger hatte im Vorfeld des Prozesses bereits erfolgreich auf Unterlassung geklagt, nachdem festgestellt worden war, dass die Behauptungen der Beklagten nicht der Wahrheit entsprachen. Nun forderte der Kläger zusätzlich die Zahlung von Schmerzensgeld. Er gab an, dass der Prozess und die falschen Behauptungen zu erheblichen psychischen Belastungen geführt hätten, die letztendlich zu einer psychischen Erkrankung und einem stationären Klinikaufenthalt geführt hätten.

Schmerzensgeldbemessung bei Stasi-Behauptung

Das Landgericht sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro zu. Bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes berücksichtigte das Gericht die Schwere des Eingriffs, die persönlichen Folgen für den Kläger und das Verschulden des Beklagten zu 1. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro angemessen sei. Es betonte dabei, dass die Behauptung, der Kläger sei Mitglied der Stasi gewesen und habe Menschen geschädigt, eine schwerwiegende und ehrverletzende Anschuldigung darstellt. Es verwies zudem auf ähnliche Fälle in der Rechtsprechung, in denen vergleichbare Schmerzensgelder verhängt wurden.

Schwere persönliche Folgen für den Kläger

Das Gericht stufte die persönlichen Folgen für den Kläger als schwerwiegend ein. Medizinische Befunde und Berichte sowie die Aussagen des Klägers und eines Zeugen bestätigten, dass die falschen Behauptungen erhebliche negative psychische Auswirkungen auf den Kläger hatten und ihn in eine schwere emotionale Krise stürzten. Es wurde auch berücksichtigt, dass die Behauptungen das Ansehen des Klägers beeinträchtigten und dass die Stasi in der Bundesrepublik Deutschland als verantwortlich für zahlreiche Verbrechen angesehen wird.

Vorwerfbarkeit trotz möglicher eigener Traumata

Das Gericht erkannte an, dass der Beklagte zu 1 die Behauptungen mit der Absicht aufgestellt hatte, dem Kläger zu schaden. Es stellte jedoch auch fest, dass der Beklagte möglicherweise aufgrund eigener psychischer Traumata die Tragweite seiner Handlungen nicht vollständig erkannt habe. Das Maß an Verschulden bzw. Vorwerfbarkeit des Beklagten zu 1 sah das Gericht als hoch an (mit Einschränkung), da er den Fehler hätte vermeiden können, wenn er sich intensiver mit den Fakten beschäftigt hätte. Der Fehler wäre also vermeidbar gewesen. Dies, wie auch die Qualität der Behauptung, müsse sich der Beklagte zu 1 vorwerfen lassen.

Fazit

Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Verbreitung wahrheitswidriger Behauptungen über die Mitgliedschaft einer Person in der Stasi erhebliche Konsequenzen haben kann. Es unterstreicht die Bedeutung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Personen, die Opfer von Rufschädigung oder falschen Anschuldigungen werden, haben bei schwerwiegenden Eingriffen nicht nur Anspruch auf Unterlassung, sondern zusätzlich das Recht, angemessenen Schadensersatz einzufordern, um erlittene immaterielle Schäden abzumildern.

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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