Schutzrechtsinhaber haben regelmäßig ein großes Interesse daran, Produktpiraterie, Plagiate und Parallelimporte zu unterbinden. Dieser Artikel erläutert die Voraussetzungen der Grenzbeschlagnahme.
Grenzbeschlagnahmen entfalten eine Doppelwirkung. Auf der einen Seite bieten sie die Möglichkeit, Piraterieware schnell und kostengünstig aus dem Verkehr zu ziehen und zu vernichten. Da oft Vertriebswege und Identität der Verletzer aufgedeckt werden können, wirken Grenzbeschlagnahmen aber auch präventiv gegen künftige Produktpiraterie.
Grenzbeschlagnahme durch Zoll
Grenzbeschlagnahmen erfolgen durch den Zoll, der Waren beschlagnahmen kann, wenn Sie im Verdacht stehen, geistige Eigentumsrechte Dritter zu verletzen. Bei rein nationalen deutschen Grenzbeschlagnahmen muss die Rechtsverletzung offensichtlich sein, hier reicht ein Verdacht nicht aus. Die Beschlagnahme kann sowohl den Import als auch Export von Waren betreffen. Zur Wiedereinfuhr angemeldete Waren sind ebenfalls beschlagnahmefähig.
Die folgenden Rechtspositionen können als Grundlage einer Zollbeschlagnahme dienen:
Grenzbeschlagnahme in der Europäischen Union
Grenzbeschlagnahme in Deutschland
Verfahren der Grenzbeschlagnahme
Der Zoll ist dazu berechtigt, Waren von Amts wegen zu beschlagnahmen. Regelmäßig wird er jedoch nur auf Antrag des Schutzrechtsinhabers oder eines zur Nutzung des Schutzrechts Befugten tätig (z.B. eines Lizenzinhabers). Die behauptete Schutzrechtsposition muss bei Antragstellung durch Vorlage entsprechender Dokumente nachgewiesen werden.
Der Antrag muss das Schutzrecht bezeichnen. Er ist kostenfrei und gilt zunächst für ein Jahr (§ 148 Abs. 1 MarkenG), kann aber verlängert werden. Bei Marken ist es zweckmäßig, den geschützten Warenbereich anzugeben.
Nach Erhalt einer Mitteilung über eine Warenbeschlagnahme hat der Antragsteller bei EU-Grenzbeschlagnahmen die Möglichkeit, den Zoll innerhalb von 10 Tagen (verlängerbar um weitere 10 Tage) darüber zu informieren, dass eine Schutzrechtsverletzung vorliegt und ein Gerichtsverfahren eingeleitet wurde.
Praktische Tipps zur Grenzbeschlagnahme
Um dem Zoll die Auffindung rechtsverletzender Waren zu erleichtern, sollte auf die Fassung des Antrags besondere Sorgfalt verwendet werden, um dem ermittelnden Beamte ohne größeren Aufwand eine verlässliche Beurteilung zu ermöglichen, etwa durch bildliche / sprachliche Gegenüberstellung von Originalprodukt und bereits aus dem Verkehr gezogener Piraterieware.
Mit beantragt werden sollte außerdem stets die Übersendung von Mustern und Proben, um beschlagnahmte Waren überprüfen zu können. Der Antragsteller ist in diesem Rahmen sogar dazu berechtigt, die Ware zu Prüfzwecken zu zerstören.
Optional beantragt werden kann darüber hinaus die Vernichtung beschlagnahmter Waren und/oder eine Mitteilung über Ursprung, Herkunft, Menge und Lagerort der Waren, ebenso wie Namen und der Anschrift des Sendungsempfängers, Versenders, Anmelders und Besitzers der Waren.
Widerspruchsrecht der Beteiligten
Sowohl Warenempfänger als auch Lieferant haben das Recht, gegen die Beschlagnahme Widerspruch einzulegen. Eine Vernichtung der beschlagnahmten Waren erfolgt dann nur gegen Vorlage einer entsprechenden Gerichtsentscheidung.
Legt der Schuldner nach Art. 23 Abs. 3 Produktpiraterieverordnung Widerspruch gegen eine Anordnung zur Vernichtung von Waren wegen Verdachts einer Schutzrechtsverletzung ein, darf der Gläubiger ausnahmsweise unmittelbar eine einstweilige Verfügung erwirken, ohne dass der Schuldner zuvor abgemahnt werden muss (OLG Dresden, Beschluss vom 02.03.2016, Az. 14 W 106/16).
Rechtsgrundlagen im Überblick
- Europäische Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen (Piraterie-VO).
- Europäische Verordnung (EG) Nr. 1891/2004 der Kommission vom 21. Oktober 2004 (Piraterie-DVO).
- Subsidiär: Nationale Rechtsgrundlagen (§§ 146 ff. MarkenG, § 111b UrhG, §§ 55 ff. GeschmMG, § 142a PatG und § 25 a GebrMG).
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