Wer vom Hersteller zur Verfügung gestellte Produktfotos nutzt, die nicht hätten weitergegeben werden dürfen, kann abgemahnt werden. Er haftet allerdings nur auf vergleichsweise geringen Schadensersatz (OLG Hamm, Urteil vom 17.11.2015, Az. 4 U 34/15).
Schadensberechnung: Reduzierte fiktive Lizenzgebühr
Wer ein Foto ohne Zustimmung des Fotografen auf seiner Homepage veröffentlicht, schuldet dem Fotografen als dem Inhaber des Urheberrechts Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr. Die Höhe dieser Gebühr kann auf der Grundlage eines Lizenzbetrages bemessen werden, den der Fotograf für das Foto mit seinem Auftraggeber vereinbart hat, wenn der Auftraggeber das Foto zu Vertriebszwecken weitergegeben und der Verletzer keine Folgelizenz erworben hat. Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17.11.2015 unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Bochum entschieden.
Fotograf klagt gegen Vertriebspartner des Herstellers
Der Kläger, ein international erfolgreicher Modefotograf aus Österreich, erstellte im Auftrag eines Unternehmens aus Bayreuth, welches Bade- und Strandbekleidung herstellt, ca. 6000 Modefotografien. Diese überließ er seinem Auftraggeber, unter anderem zur Verwendung auf dessen Homepage, ohne eine Vereinbarung über die Weitergabe der Fotos an die Vertriebspartner des Auftraggebers zu treffen. Die Beklagte betreibt ein Wäsche- und Bademodengeschäft in Lünen und bewirbt dieses im Internet. Sie vertreibt u. a. Waren des Bayreuther Herstellers, des Auftraggebers des Klägers.
Herstellerfotos: Nur 10 Euro Schadensersatz pro Bild
Im Frühjahr 2012 stellte sie 11 Fotos des Klägers, die sie von dem Hersteller erhalten hatte, für ca. 11 Monate zu Werbezwecken auf ihrer Homepage ein. Nach einer mit der unbefugten Benutzung der Fotos begründeten Abmahnung des Klägers gab die Beklagte ihm gegenüber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Im vorliegenden Prozess streiten die Parteien darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte dem Kläger für die Benutzung der Fotos Schadensersatz zu leisten hat. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Kläger dem Grunde nach Schadensersatz zuerkannt, in der Höhe jedoch nur einen Betrag von 110 Euro (10 Euro pro Bild) als gerechtfertigt angesehen.
Mit der Wiedergabe von 11 Fotos auf ihrer Homepage habe die Beklagte, so der Senat, die Urheberrechte des Klägers verletzt. Auf die Nutzungsrechte, die der Kläger dem Hersteller aus Bayreuth eingeräumt habe, könne sich die Beklagte nicht berufen, weil der Kläger einer Übertragung der Nutzungsrechte auf die Vertriebspartner des Herstellers nicht zugestimmt habe. In der Höhe sei der Anspruch des Klägers nur mit einem Betrag von 10 Euro pro Bild gerechtfertigt. Als Verletzter könne der Kläger die Vergütung verlangen, die ihm bei einer ordnungsgemäßen Übertragung des Nutzungsrechts gewährt worden wäre (sog. Lizenzanalogie).
Schadensberechnung: Keine Anwendbarkeit der MFM-Empfehlungen
Bei der Schadensberechnung werde der Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen fingiert. Auf eine Preisliste des Klägers oder Konditionen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing könne nicht zurückgegriffen werden. Diese enthielten keine Beträge für die im vorliegenden Fall infrage stehende Folgelizenzierung von Nutzungsrechten an Werbefotografien aus einer Auftragsarbeit gegenüber einem Vertriebspartner des Auftraggebers.
Der Senat könne die angemessene Lizenzgebühr allerdings gemäß § 287 ZPO (Zivilprozessordnung) auf der Grundlage der Vergütung schätzen, die der Kläger mit dem Bayreuther Hersteller vereinbart habe und die bei ca. 6 Euro pro Foto liege. Der Nutzungswert eines Fotos für die Beklagte als Vertriebspartner gehe nicht über den Nutzungswert hinaus, den ein Foto für den Hersteller habe. Berücksichtige man zudem einen Aufschlag für den unterlassenen Urhebervermerk als Ersatz für den materiellen Schaden, der dem Kläger durch den Eingriff in das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft entstanden sei, sei der Betrag von 10 Euro pro Bild angemessen.
Pressemitteilung des OLG Hamm vom 26.01.2016