In einem Grundsatzurteil hat der BGH heute entschieden, dass ein Anschlussinhaber für das Verhalten eines volljährigen Familienmitglieds nicht haftet, wenn zuvor keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass dieses über den Internetanschluss illegales Filesharing betreibt. Eine erste Einschätzung zum Urteil von Rechtsanwalt Plutte.
Bearshare knüft an Morpheus an
Das Bearshare-Urteil des Bundesgerichtshof knüpft an die Grundsätze der elternfreundlichen „Morpheus“-Entscheidung an, wo der BGH bereits Ende 2012 entschieden hatte, dass Eltern als Anschlussinhaber für rechtsverletzendes Filesharing ihrer minderjährigen Kinder nicht nach den Grundsätzen der Störerhaftung verantwortlich sind, wenn dem Kind zuvor die illegale Nutzung von Tauschbörsen verboten worden war und keine konkreten Anhaltspunkte bestanden, dass das Verbot vom Kind missachtet wird.
Anschlussinhaber trifft grundsätzlich keine Belehrungspflicht gegenüber volljährigen Kindern
In der aktuellen „Bearshare“-Entscheidung stellte der BGH jetzt klar, dass gegenüber erwachsenen Kindern nicht einmal Belehrungen oder Verbote ausgesprochen werden müssen, solange keine konkreten Anhaltspunkte für illegales Filesharing bestehen. Die schriftlichen Urteilsgründe der realitätsnahen, zu begrüßenden Entscheidung stehen noch aus. In seiner Pressemitteilung vom 08.01.2014 verweis der BGH zur Begründung aber bereits auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung des Volljährigen.
Bearshare-Grundsätze gelten auch für Ehegatten und Lebenspartner
Die Urheberrechtsverletzungen wurden im entschiedenen Fall vom Stiefsohn des Anschlussinhabers begangen. Bemerkenswert ist, dass der BGH in der Pressemitteilung aber wiederholt von der fehlenden Haftung für erwachsene „Familienangehörige“ spricht. Daraus darf gefolgert werden, dass die Grundsätze der Bearshare-Entscheidungen auch im Verhältnis des Anschlussinhabers zu seinem Ehegatten bzw. Lebenspartner gelten, da das „besondere Vertrauensverhältnis“ im Sinne einer intensiven Verbundenheit zwischen Eltern und Kindern dem Vertrauensverhältnis zwischen Ehegatten untereinander wertungsmäßig gleich steht. Anschlussinhaber müssen ihre Partner somit weder über das Verbot einer illegalen Tauschbörsennutzung belehren noch diese bei der Einhaltung des Verbots überwachen, solange keine konkreten Anhaltspunkte für entgegengesetztes Verhalten bestehen.
Wohngemeinschaften, Untermieter, Mieter einer (Ferien-) Wohnung?
Keine Aussage trifft das Bearshare-Urteil aber (voraussichtlich) zu Konstellationen, in denen es am besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Anschlussinhaber und erwachsenem Haushaltsmitglied mangelt, wie etwa Wohngemeinschaften, Untermieter oder das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter einer (Ferien-) Wohnung. Hierzu existieren bislang nur vereinzelte Instanzurteile (vgl. LG Köln, Urteil vom 14.03.2013, Az.: 14 O 320/12; LG Frankfurt, Urteil vom 28.06.2013, Az. 2-06 O 304/12). Höchstrichterliche Rechtsprechung steht dagegen noch aus.
Weitere Informationen rund um Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen finden Sie in unserem Filesharing Abmahnung-Lexikon.
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