Bei Verwendung eines in Auftrag gegebenen Fotos nach Ablauf der Lizenzzeit kann ausnahmsweise kein Schadensersatzanspruch des Berechtigten (hier: Fotomodell) bestehen (LG Bonn, Urteil vom 22.04.2015, Az. 9 O 163/14).
Abmahnung nach Fotoshooting mit Buy-Out
Ein Fotomodell war von einem Schuhgeschäft für ein Shooting zu einer Kampagne für eine bestimmte Schuhmarke gebucht worden. Vertraglich erlaubt war die Verwendung der Fotomaterials in Anzeigen, POS, Broschüren sowie im Internet. Für den Buy-Out wurden insgesamt 3.850,00 EUR netto gezahlt. Später stellte das Fotomodell fest, dass das Schuhgeschäft ein aus dem Auftrag stammendes Foto in seinem Schaufenster ausstellte, wo weiterhin Schuhe der Marke verkauft wurden.
Auf die anwaltliche Abmahnung des Fotomodells gab das Schuhgeschäft eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, entfernte sämtliches Werbematerial mit dem Bild des Fotomodells aus seinem Geschäft und erteilte Auskunft. Als Schadensersatz bot das Schuhgeschäft eine Zahlung in Höhe von 100,00 EUR an, was jedoch mit der Forderung des Modells in Höhe von pauschal 3.000,00 EUR kollidierte.
In der nachfolgenden Klage beantragte das Fotomodell, das Schuhgeschäft zur Zahlung eines angemessenen Geldbetrags zu verurteilen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wurde, jedoch mindestens 5.148,00 EUR zuzüglich Zinsen.
LG Bonn: Ausnahmsweise kein Schadensersatzanspruch
Das Landgericht Bonn wies die Klage ab.
Ein Anspruch aus § 823 BGB i.V.m. § 22 KUG bestehe mangels Verschulden des Schuhgeschäfts nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH entfalle das Verschulden bei unberechtigter Fotonutzung zwar nur unter ganz besonderen Umständen. Grundsätzlich müsse jemand, der das Bild einer anderen Person eigennützig veröffentlichen bzw. verwenden will besonders gründlich prüfen, ob und inwieweit er dazu befugt ist. Dieser Prüfungspflicht genüge er im Regelfall nicht schon dadurch, dass er das Foto von einem Berufsfotografen oder einer Presse bzw. Werbeagentur erwirbt; gerade in solchen Fällen könne vielmehr Anlass zu besonderer Nachfrage bestehen (BGH, Urteil vom 14.04.1992, Az. VI ZR 285/91). Im vorstehenden Urteil hatte der BGH aber für einen Fall, in dem der Beklagte das Bild des Klägers nicht von dem Fotografen oder von einer Agentur, sondern von ihrem Einkaufsverband zugesandt bekommen hatte, ein Verschulden verneint.
„Im vorliegenden Fall geht es sogar nicht einmal um die Verwendung eines bisher nicht vom Berechtigten lizenzierten Bildes, sondern lediglich um die Weiterverwendung eines ursprünglich mit Zustimmung des Berechtigten gemäß § 22 KUG verwendeten Bildes nach Ablauf der Lizenzierungszeit, ohne dass der Verwender positiv die Lizenzierungszeit gekannt hat. Insoweit besteht ein erheblicher Unterschied zu den bisher von der Rechtsprechung entschiedenen „Standardfällen“, in denen der Verwender von Anfang an keine Zustimmung zur gewerblichen Nutzung des Bildes gab und dies der Verwender auch wissen musste bzw. ohne Weiteres konnte. Der vorliegende Fall ist (mindestens) dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall gleichzustellen, in welchem der Verwender nicht positiv davon ausgehen musste bzw. konnte, dass es eine ursprüngliche Zustimmung des Berechtigten zur Verwendung gegen Bezahlung gab, sondern lediglich Anhaltspunkte für eine kostenfrei mögliche Verwendung hatte (im dortigen Fall auf Rückseite des Fotos Vermerk „Abdruck honorarfrei“, etc.).“
Eine ungerechtfertigte Bereicherung des Schuhgeschäfts lehnte das LG Bonn mit Verweis auf die vorliegende Sonderkonstellation ebenfalls ab, da objektiv keine Bereicherung vorliege (§ 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt., 818 BGB i.V.m. § 22 KUG). Im Gegensatz zum fotorechtlichen „Standardfall“, bei dem der Verwender zu keinem Zeitpunkt über eine Nutzungsberechtigung verfügte, habe das beklagte Schuhgeschäft jederzeit weiteres kostenloses Werbematerial von der Schuhmarke erhalten können, ohne dass das Werbematerial mit dem Bild des Fotomodells einen erkennbar höheren Werbewert gehabt hätte oder ein sonstiges objektives Interesse des Schuhgeschäfts erkennbar wäre, weiterhin gerade mit dem Bild des Klägers zu werben.
Lesetipp: Wir haben einen ausführlichen Beitrag verfasst, welche Ansprüche bei Verletzungen des Rechts am eigenen Bild bestehen.