
Onlineshops müssen auf der Checkout-Seite alle wesentlichen Eigenschaften bestellter Waren bzw. Dienstleistungen aufführen. Links auf die Produktdetailseiten reichen nicht aus. Wir erklären, was Shops umsetzen müssen.
Pflichtinhalte auf der Checkout-Seite
In einem vor dem Bundesgerichtshof verhandelten Fall war Amazon aufgrund der Gestaltung seiner Checkout-Seite verklagt worden, weil die Plattform auf der letzten Bestellseite entgegen Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB nicht über
„die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen in dem für das Kommunikationsmittel und für die Waren und Dienstleistungen angemessenen Umfang“
informiert hatte. Im konkreten Fall ging es um Sonnenschirme, für die auf der Checkout-Seite weder das Material des Stoffes, das Material des Gestells noch das Gewicht des Schirms angegeben worden war. Diese Informationen müssen nach § 312j Abs. 2 BGB bereitgestellt werden, bevor der Verbraucher den „Kaufen“-Button klickt.
Im Prozess wurde sowohl darüber gestritten, was „wesentliche Eigenschaften“ im Sinne des Gesetzes sind als auch, ob alternativ zur Angabe der obigen Informationen das Setzen eines Links zur Artikelbeschreibung ausreicht.
BGH: Angabe der wesentlichen Merkmale, Links sind nicht erlaubt
Nachdem Amazon bereits in der Vorinstanz vom Oberlandesgericht München zur Unterlassung verurteilt worden war (OLG München, Urteil vom 31.01.2019, Az. 29 U 1582/18), wies der BGH die Revision in knappen Worten per Nicht-Annahmebeschlusses zurück (BGH, Beschluss vom 28.11.2019, Az. I ZR 43/19).
Aus der Entscheidung:
„Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst, weil die von der Beklagten gewählte Gestaltung mit einem Link auf Produktdetails nur im Warenkorb zweifelsfrei nicht den gesetzlichen Vorgaben genügt, da es dabei am erforderlichen zeitlichen und räumlich-funktionalen Zusammenhang zwischen den Pflichtangaben und dem Bestell-Button fehlt (vgl. Föhlisch, MMR 2019, 251).“
Was müssen Onlineshops jetzt tun?
Unmittelbar erging der BGH-Beschluss nur gegenüber Amazon. Die maßgeblichen Entscheidungsgründe wirken sich aber auf alle Onlineshops aus, gleich ob sie Waren oder (auch) Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern anbieten. Die neuen Vorgaben müssen umgesetzt werden, da Abmahnungen von Konkurrenten drohen.
1. Was „wesentliche Eigenschaften“ sind und wie ausführlich auf diese hingewiesen werden muss, lässt sich nicht pauschal beantworten. Art und Umfang der Infopflichten hängen vom jeweiligen Artikel ab.
Beispiel: Bei Sonnenschirmen wurde das Gewicht als wesentliche Eigenschaft angesehen, damit der Verbraucher die Transportfähigkeit des Artikels beurteilen kann. Auf diese Information wird es bei der Bestellung von Kleidung oder Schuhen nicht ankommen.
Beispiel: Beim Verkauf von T-Shirts wurde das Stoffmaterial als wesentliches Warenmerkmal eingestuft (LG Berlin, Urteil vom 07.11.2023, Az. 91 O 69/23).
Beispiel: Beim Verkauf eines „VIP Seidenschals“ hätte in der Bestellübersicht angezeigt werden müssen, dass der Schal aus Polyester bestand, da es sich um eine wesentliche Eigenschaft handelte. Außerdem stellte die Bezeichnung als „Seidenschal“ eine Irreführung dar, weil der Schal nicht aus „Seide“ bestand (LG Rostock, Urteil vom 07.01.2025, Az. 6 HK O 28/24).
2. Die wesentlichen Eigenschaften der Ware bzw. Dienstleistung müssen auch direkt auf der Checkout-Seite aufgeführt werden. Ein Link auf eine andere Internetseite (speziell die Artikeldetailseite), wo die wesentlichen Produktmerkmale aufgeführt sind, reicht nicht aus. Hintergrund ist § 312j Abs. 2 BGB, durch den die EU-Richtlinie Richtlinie 2011/83/EU umgesetzt wird. Daraus folgt, dass die wesentlichen Eigenschaften des Produkts in unmittelbarer Nähe zum Checkout-Button („Kaufen“ o.ä.) angezeigt werden müssen, was bei einer bloßen Verlinkung gerade nicht der Fall ist (vgl. OLG München, Urteil vom 31.01.2019, Az. 29 U 1582/18; vgl. auch LG Berlin, Urteil vom 07.11.2023, Az. 91 O 69/23).
Kommentar von Rechtsanwalt Plutte
Die Entscheidung der BGH ist korrekt, weil die gesetzliche Grundlage eindeutig ist. Ob Verbrauchern mit der gesetzlichen Vorgabe geholfen wird, scheint jedoch fraglich. Das große Gag des Internets sind schließlich Links, mit deren Hilfe auf weitere Informationen verwiesen werden kann. Die Frage, welche Angaben je Ware bzw. Dienstleistung ein „wesentliches Merkmal“ darstellen, ist in der Praxis oftmals vage, zumal diese Frage einzeln für jeden Artikel beantwortet werden muss. Gerade bei großen (oder noch schlimmer) häufig wechselnden Sortimenten im Shop entstehen für Onlinehändler erhebliche Abmahnrisiken. Auf dieser Basis steht zu erwarten, dass Händler sicherheitshalber im Checkout „überbelehren“ werden, um Abmahnungen aus dem Weg zu gehen. Ein Vorteil ist darin nicht zu erkennen, weder für Onlinehändler noch deren Kunden.
Das Wort „überbelehrt“ trifft es ganz gut. Als Verbraucher geht es mir schon lange auf den Nerv, bei Online-Käufen überbelehrt zu werden. Dadurch gehen in meinen Augen nämlich die wichtigsten Informationen schlichtweg unter. Ich persönlich fände ich es viel besser, wenn man mir beim Online-Kauf in einer kurzen tabellarischen Übersicht lediglich die wichtigsten Punkte stichpunktartig benennt. Beispielsweise welche Daten werden wie lange gespeichert. Dafür reichen in meinen Augen drei bis vier Zeilen aus. Besteht ein Widerrufsrecht – ja oder nein? Dafür reicht eine Zeile. Ganz knappe Stichpunkte zum Produkt wenn es unter 50 Euro kostet. Etwas ausführlicher, wenn es mehr als 50 Euro kostet. Dafür reichen 5-6 Zeilen aus. Preis und Versandkosten. Dafür reichen 2 Zeilen aus. Mehr als das interessiert mich nicht und will ich auch gar nicht lesen, weil es vom Wesentlichen unnötig ablenkt. Als Verbraucher bin ich bereit, eine Tabelle von maximal 10 – 15 Zeilen Information hinzunehmen.