Werden anwaltlich erstellte Allgemeine Geschäftsbedingungen ohne Erlaubnis von Dritten übernommen, kann der erstellende Anwalt Anspruch auf Schadensersatz haben. Die zu zahlenden Lizenzgebühr richtet sich nach den konkreten AGB-Preisen abzüglich eines Abschlags (AG Köln, Urteil vom 08.08.2013, Az. 137 C 568/12).
AGB bei Schöpfungshöhe urheberrechtlich geschützt
Die Übernahme anwaltlich erstellter Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist weit verbreitet, aber vielfach (noch) geduldet. Da knappe und zutreffende rechtliche Formulierungen, die durch Rechtslage und sachliche Regelungsanforderungen geprägt sind, nicht monopolisiert werden dürfen (OLG Köln, Beschluss vom 07.08.2006, Az. 6 W 92/06), könnte Grund für die Zweifel manches Anwalts sein, ob die verbleibenden Geschäftsbedingungen die für ein Schriftwerk notwendige Schöpfungshöhe erreichen (§ 2 Abs. 1 UrhG).
Prüfungsmaßstab Individualität
Schöpfungshöhe der AGB ist gegeben, wenn sich die Geschäftsbedingungen wegen ihres gedanklichen Konzepts oder ihrer sprachlichen Fassung von gebräuchlichen juristischen Standardformulierungen abheben. Dies ist der Fall, wenn sie individuell ausgestaltet und formuliert sind (sonst bleibt allenfalls § 4 Nr. 9 UWG).
Die Frage der konkreten Individualität ist abhängig vom Einzelfall. Zu beachten ist allerdings, dass bei nicht-literarischen Sprachwerken (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) wie AGB erhöhte Anforderungen gelten. Geschützt ist weder die alltägliche, handwerklich saubere Gestaltung noch die darüber hinausgehende, besonders gelungene Schöpfung. Auch gut durchdachte, strukturiert aufgebaute und stilistisch gelungene Vertragswerke genießen keinen Urheberschutz. Die Schutzuntergrenze beginnt erst, wenn der Vertrag aus der Reihe der vergleichbaren Verträge weit hervorsticht (LG Stuttgart, Beschluss vom 06.03.2008, Az. 17 O 68/08).
Spricht der Inhalt der AGB für eine hinreichende Individualität, muss der Verwender darlegen und ggf. beweisen, dass diese AGB keine eigene Schöpfung des Anwalts, sondern ihrerseits aus fremden oder allgemein zugänglichen Quellen übernommen worden sind (OLG Köln, Urteil vom 27.02.2009, Az. 6 U 193/08). Gelingt ihm dies nicht, schuldet er dem Ersteller (= Anwalt) Schadensersatz.
Bei im Internet verwendeten AGB fehlt es übrigens tatsächlich oft an der nötigen Individualität, so z.B. bei vielen eBay-Shops (verlassen sollte sich hierauf freilich niemand). Anders kann es bei neuartigen Geschäftsmodellen aussehen, für die eigens spezielle Bedingungen konzipiert wurden. Kopiert ein Mitbewerber diese AGB und verwendet er sie in identischer oder leicht abgewandelter Form, kann er sich schadensersatzpflichtig machen.
Schadenshöhe – Berechnung der fiktiven Lizenzgebühr
Als fiktive Lizenzgebühr darf vom Ersteller verlangt werden, was üblicherweise ein vernünftiger Lizenzgeber (Anwalt) mit einem vernünftigen Lizenznehmer (Verwender) vereinbart hätte. Im vor dem Amtsgericht Köln verhandelten Fall zog das Gericht für seine Schätzung von der Kanzlei vorgelegte Rechnungen für die AGB-Erstellung heran und bildete aus 12 Monaten einen Mittelweg, der mit einem Abschlag von 50 % versehen wurde. Konkret wiesen die klägerischen Anwälte monatlich berechnete Kosten von 90,00 EUR – 115,00 EUR nach (jährliche Gesamtkosten: 1.230,00 EUR). Im Ergebnis sprach das Amtsgericht der klagenden Kanzlei für die AGB-Übernahme daher Schadensersatz in Höhe von 615,00 EUR zu.
Update: AG Kassel fordert konkrete Darlegung der AGB-Schöpfung
Das Amtsgericht Kassel hat die Klage eines Rechtsanwalts wegen AGB-Klau abgewiesen, weil dieser seine Urheberschaft nicht konkret genug darlegen konnte.
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