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LG Bad Kreuznach: Anforderungen an einen Internet-Werbevertrag

vertragsrecht rechtsanwalt

Ein Internet-Werbevertrag ist ein Werkvertrag. Fehlen Regelungen zur Werbewirksamkeit von beauftragten Anzeigen, genügt der Vertrag nicht dem Bestimmtheitserfordernis und ist unwirksam (LG Bad Kreuznach, Urteil vom 01.03.2017, Az. 1 S 84/16).

Update vom 30.04.2018: Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben und den Fall an das Landgericht zurückverwiesen. Die geschuldete Dienstleistung sei hinreichend bestimmt. Regelungen zu Umfang und Wirksamkeit der Werbemaßnahmen seien kein zwingender Vertragsbestandteil (BGH, Urteil vom 22.03.2018, Az. VII ZR 72/17).

Online-Branchenverzeichnis verklagt Werbekunden auf Zahlung

Ein Online-Branchenverzeichnis verklagte einen Teppichhändler, der zunächst Werbeanzeigen bei dem Branchenverzeichnis geschaltet hatte und später die Zahlung verweigerte. Grundlage der Zahlungsforderung war ein zwischen den Parteien geschlossener „Internet-Werbevertrag“, dessen Rechtsnatur und Wirksamkeit vor Gericht im Streit standen.

1. Einordnung des Internet-Werbevertrags als Werkvertrag

Das Landgericht Bad Kreuznach setzte sich im ersten Schritt mit der Rechtsnatur des Vertrags auseinander. Dabei kam es zu dem Ergebnis, dass zumindest der vorgelegte Internet-Werbevertrag weder als reiner Dienstvertrag noch als Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen einzustufen sei, sondern als Werkvertrag.

  • Dass die Werbeanzeigen jeweils nur für eine bestimmte Zeit geschaltet werden sollten, war ebenso unproblematisch wie der Umstand, dass Kunden kein körperlicher Gegenstand als Werkleistung übereignet werde. Vergleichbare Konstellationen fänden sich auch bei Werbeverträgen außerhalb des Internets wieder, z.B. bei Verträgen über die Anbringung von Werbeplakaten.
  • Aus Sicht des Landgerichts machte es keinen Unterschied, ob eine Website oder eine Werbeanzeige entworfen und online gestellt werden soll. Der Aufwand für die Erstellung einer Werbeanzeige dürfte sogar deutlich geringer sein als für die Erstellung einer vollständigen Website.
  • Auch eine im Internet-Werbevertrag festgehaltene Pflicht zur „Pflege und Gestaltung“ der Werbeanzeige rechtfertigte keine andere Beurteilung. Nach dem BGH sind Verträge über die „Wartung“ oder „Pflege“ von Software, EDV-Programmen oder Websites als Werkverträge einzuordnen, soweit sie der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und der Beseitigung von Störungen dienen (BGH, Urteil vom 04.03.2010, Az. III ZR 79/09 – Internet-System-Vertrag). Entsprechend sei die „Pflege“ einer Werbeanzeige auf einen Erfolg gerichtet.

2. Was wird bei einem Internet-Werbevertrag konkret geschuldet?

Bei einem Internet-Werbevertrags erschöpft sich der geschuldete Erfolg nicht schon in der Erstellung und Einstellung einer Werbeanzeige ins Internet. Der eigentliche Vertragszweck eines „echten“ Werbevertrags liegt gerade in der Bekanntmachung der Anzeige bei potentiellen Kunden. Man schaltet eine Anzeige, um sein Produkt einem möglichst großen Kreis potentieller Kunden bekannt zu machen.

Um dies zu verdeutlichen, zog das LG Bad Kreuznach eine Parallele zum Printbereich: wenn man eine Werbeanzeige in einem Anzeigenblatt schalte, sei die Werbeanzeige zu erstellen, zu drucken, aber auch und gerade für die Verteilung des Anzeigenblattes zu sorgen. Schalte man eine Werbeanzeige auf der Website eines Unternehmens, habe der Unternehmer für die Verbreitung der Anzeige zu sorgen. Wie bei einem gedruckten Anzeigeblatt hat der Besteller auf die eigentliche Verbreitung keinen Einfluss. Wie groß die mögliche Werbewirksamkeit der Anzeige ist, liegt allein in der Hand des Unternehmers.

Aus diesem Grund müsse ein Internet-Werbevertrag den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit regeln, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankommt. Fehle eine solche Regelung, sei der Vertrag unwirksam.

3. Welche Angaben gehören in einen Internet-Werbevertrag?

Auf Basis der Entscheidung des Landgerichts sind mindestens die folgenden Angaben in Internet-Werbeverträgen zu empfehlen:

  • Ab welchem Datum soll die Werbeanzeige geschaltet werden?
  • Wie viele Klicks bzw. Besuche verzeichnet die Website des Unternehmers in einem bestimmten Zeitraum mindestens?
  • Wie attraktiv ist die Website für interessierte Internetnutzer?
  • Wie steht es um die Auffindbarkeit der Website?
    Zentrale Frage ist hier, ob die Werbeanzeige von einem Internetnutzer nur zur Kenntnis genommen werden kann, wenn die Domain direkt aufgerufen wird oder ob Aufrufe auch möglich sind, wenn in Internet-Suchmaschinen allgemeine Suchbegriffe eingegeben werden (hier z.B. „Teppich“ + Ort). Nur im letzteren Fall, der der üblichen Internetnutzung potentieller Kunden entspreche, sei überhaupt eine faktische Werbewirksamkeit gegeben. Diese könne durch Angabe der zu erwartenden Position in den Suchergebnissen von gängigen Suchmaschinen wie Google bei Eingabe üblicher Suchbegriffe (z.B. Ort, Art des Gewerbes, Name des Beklagten) noch näher konkretisiert werden.

Im verhandelten Fall ließ der zwischen den Parteien geschlossene Internet-Werbevertrag keine Rückschlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf dessen Werbewirksamkeit zu. Im Ergebnis hatten die Parteien aus Sicht des Gerichts keinen wirksamen Vertrag geschlossen, was zur Folge hatte, dass die Zahlungsklage abgewiesen wurde.

Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung unseres Referendars Philipp Leisner erstellt.

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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