Wann gilt bei Fotos die gesetzliche Urhebervermutung? Welche Beseitigungspflichten treffen Schuldner nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und welcher Schadensersatz ist bei “kostenlosen” Bildern angemessen? (BGH, Urteil vom 18.09.2014, Az. I ZR 76/13 – CT Paradies).
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Ausgangslage: Bilderklau bei eBay
Die Beklagte hatte Produktbilder eines Onlinehändlers ohne Erlaubnis zur Bebilderung von eigenen eBay-Auktionen verwendet und nach erfolgter Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Weil sie die eBay-Auktionen zwar beendet, die enthaltenen Bilder aber nicht gelöscht hatte, wurde sie vom Händler im Anschluss auf Zahlung einer Vertragsstrafe verklagt.
BGH: Keine Urhebervermutung bei Copyright-Hinweis mit Firmennamen
Als erstes stellte sich im Verfahren die Frage, ob der Onlinehändler überhaupt nachweisen konnte, Ersteller der betroffenen Fotos zu sein. Dazu wollte er die Urhebervermutung des § 10 UrhG für sich in Anspruch nehmen, in der es heißt:
“Wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, wird bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen; dies gilt auch für eine Bezeichnung, die als Deckname oder Künstlerzeichen des Urhebers bekannt ist.”
Der BGH lehnte die Anwendbarkeit von § 10 UrhG allerdings mit einer interessanten Begründung ab. Eine Fotodatei sei zwar ein von § 10 UrhG vorausgesetztes körperliches Werkexemplar (anders z.B. ein Vortrag vor Publikum). Der Händler könne sich hier jedoch trotzdem nicht auf die gesetzliche Vermutungswirkung berufen, weil auf den Bildern die Firmenbezeichnung des Händlers (“CT Paradies”) als eine Art Wasserzeichen abgebildet war. § 10 UrhG greife aber nur, wenn der Name bzw. das Pseudonym einer natürlichen Person an einer für Urhebervermerke üblichen Stelle angegeben sei. Der Händler hatte hier Glück, dass der BGH seine Eigenschaft als Lichtbildner aus anderen Gründen als erwiesen ansah.
Wie weit reicht die Beseitigungspflicht nach Abgabe einer Unterlassungserklärung?
Auch zu einer weiteren ausgesprochen praxisrelevanten Thematik äußerte sich der BGH. Es ist seit langem umstritten, wie weit die Beseitigungspflicht des Schuldners bei Rechtsverletzungen im Internet reicht, wenn eine strafbewehrte Unterlassungserklärung angegeben wird.
Die Reichweite der Beseitigungspflicht betrifft nicht nur die Löschung von Bildern aus eBay-Auktionen, sondern im weiteren Sinne auch die Bereinigung des Google Cache und sogar die Pflicht zur Einwirkung auf Dritte wie etwa die Betreiber fremder Websites.
Vorliegend entschied der BGH in Bezug auf eBay, dass die Beklagte verpflichtet gewesen war, die eBay-Auktionen nicht nur zu beenden, sondern die Bilder auch aus den beendeten Auktionen zu löschen. Den Unterlassungsschuldner treffe nach Abgabe einer Unterlassungserklärung die Verpflichtung, auf einen Dritten, der die Rechtsverletzung beseitigen kann einzuwirken, soweit ihm die Einflußnahme möglich ist. Etwas anderes gelte nur, wenn Anhaltspunkte bestünden, dass sich die Parteien anderweitig geeinigt hätten, was hier nicht der Fall war.
Nach dem Urteil des BGH bleibt offen, was ein Schuldner genau unternehmen muss, um seiner Pflicht zur Einflussnahme auf Dritte zu genügen (einfache/mehrfache Aufforderungen, Klageerhebung?).
Welcher Schadensersatz ist bei “kostenlosen” Bildern angemesssen?
Und noch ein Detail zum Schluss: Die vom Kläger geforderte Lizenzgebühr in Höhe von 620 Euro pro Bild erschien dem BGH “vollkommen unverhältnismäßig” hoch, da der Kläger die kostenlose Nutzung seiner Bilder gegen Verlinkung seiner Website angeboten hatte. Zuvor hatte das Landgericht dem Kläger für die unterbliebene Verlinkung und Namensnennung auch lediglich einen Betrag von 20 € zugesprochen. Der BGH hierzu im Wortlaut:
“Sollte der Kläger, wie das Landgericht angenommen hat, für den Fall eines elektronischen Verweises auf seine Internetseite eine kostenlose Lizenz für die Nutzung der Fotografien angeboten haben, wäre es rechtlich unbedenklich, im Rahmen der Schadensschätzung, wie es das Landgericht getan hat, maßgeblich auf den wirtschaftlichen Wert der durch einen elektronischen Verweis bewirkten Werbung für die Internetseite des Klägers abzustellen. Das Landgericht hat diesen Wert mit 10 € pro Bild bemessen und diesen Betrag wegen fehlender Urheberbenennung des Klägers auf 20 € pro Bild verdoppelt.”
Ich wüsste nicht, warum sich diese Einschätzung nicht auf die Verwendung “lizenzfreier” Bilder ohne Urheberkennzeichnung übertragen lassen sollte, zu denen unserer Kanzlei mittlerweile hunderte Abmahnungen verschiedenster (Hobby-)Fotografen vorliegen, etwa von Pixelio. Die Berechnung des Schadensersatzes bei Bildrechteverletzungen erklären wir hier ausführlich.
Weitere ausführliche Informationen zum Fotorecht finden Sie in unseren großen FAQ zum Fotorecht für Fotografen sowie zum Recht am eigenen Bild. Nutzen Sie bei Bildrechtsverletzungen unsere kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung.