
NERO CHAMPAGNE kann nicht als Unionswortmarke für Weine eingetragen werden, da die geschützte Ursprungsbezeichnung „Champagne“ unlauter ausgenutzt würde (EuGH, Urteil in der Rechtssache T-239/23 – NERO CHAMPAGNE).
Im Jahr 2019 meldete die italienische Gesellschaft Nero Lifestyle beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Wortmarke NERO CHAMPAGNE an. Diese Anmeldung erfasst bestimmte Waren und Dienstleistungen, darunter „Weine gemäß den Anforderungen der Spezifikation der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne“.
Das Comité interprofessionnel du vin de Champagne und das Institut national de l’origine et de la qualité erhoben gegen die Eintragung u. a. mit der Begründung Widerspruch, dass die geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne“ seit 1973 eingetragen sei. Die Marke NERO CHAMPAGNE könne von dem Ansehen der Waren mit dieser geschützten Ursprungsbezeichnung, deren Schutz im Wesentlichen den Verbrauchern gewährleisten solle, dass sie bestimmte besondere Eigenschaften aufwiesen und somit eine Qualitätsgarantie aufgrund ihrer geografischen Herkunft böten, in missbräuchlicher Weise profitieren.
Nachdem der Widerspruch vom EUIPO teilweise zurückgewiesen worden war, riefen die Branchenverbände das Gericht der Europäischen Union an. In seinem Urteil hebt es die Entscheidung des EUIPO auf und gibt dem Widerspruch statt, und zwar auch in Bezug auf „Weine gemäß den Anforderungen der Spezifikation der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne““. Die Anmeldung der Marke NERO CHAMPAGNE wird somit zurückgewiesen.
Das Gericht weist zunächst darauf hin, dass das Unionsrecht es nicht verbietet, dass eine Marke eine geschützten Ursprungsbezeichnung enthalten kann. Ihre Eintragung kann jedoch abgelehnt werden, wenn die geschützten Ursprungsbezeichnung nicht der betreffenden Produktspezifikation entspricht, wenn ihre Verwendung das Ansehen einer geschützten Ursprungsbezeichnung ausnutzt oder wenn die angemeldete Marke eine falsche oder irreführende Angabe zu Herkunft oder Ursprung des Erzeugnisses enthält.
Nach Auffassung des Gerichts besteht die Vermutung, dass eine Marke, die eine geschützten Ursprungsbezeichnung enthält und nur für Waren eingetragen ist, die der Spezifikation dieser geschützten Ursprungsbezeichnung entsprechen, deren Ansehen nicht in unlauterer Weise ausnutzt.
Eine solche Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn nachgewiesen wird, dass eine Marke geeignet ist, das Ansehen einer geschützten Ursprungsbezeichnung in unlauterer Weise auszunutzen, selbst wenn sie nur Waren kennzeichnet, die der Spezifikation dieser geschützten Ursprungsbezeichnung entsprechen. So muss das EUIPO gegebenenfalls ihm hierzu zur Kenntnis gebrachte Beweise prüfen, um festzustellen, ob sie diese Vermutung widerlegen können.
Daher stellt das Gericht zum einen fest, dass die Beschwerdekammer trotz einer entsprechenden ständigen Praxis des EUIPO einen Rechtsfehler begangen hat, indem sie im Wesentlichen festgestellt hat, dass diese Vermutung durch keinen Beweis in Frage gestellt werden könne. Zum anderen hat die Beschwerdekammer des EUIPO gegen die ihr obliegende Begründungspflicht verstoßen. Sie hat nämlich nicht hinreichend dargelegt, inwiefern die von den Branchenverbänden vorgelegten Beweise nicht geeignet waren, die Vermutung zu widerlegen.
Schließlich entscheidet das Gericht, dass der Begriff „Nero“ vom Verbraucher als Hinweis entweder auf die Rebsorte des Champagners oder auf seine Farbe wahrgenommen werden könnte, so dass die angemeldete Marke eine falsche oder irreführende Information vermitteln könnte. Dieser Begriff ist nämlich in den Bezeichnungen mehrerer bekannter italienischer Rebsorten enthalten. Außerdem wird der Begriff „Nero“ von den italienischsprachigen
Verkehrskreisen im Sinne von „schwarz“ verstanden. Der Verkehr könnte daher denken, dass es sich um einen „schwarzen Champagner“ handelt, obwohl ein Champagner gemäß der Spezifikation der geschützten Ursprungsbezeichnung nur weiß oder rosé sein kann.
Pressemitteilung des EuGH vom 25.06.2025