Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung (im Internet) setzt nicht voraus, dass der Betroffene namentlich genannt wird. Identifizierbar ist er bereits, wenn er begründeten Anlass hat anzunehmen, dass er im Bekanntenkreis erkannt werden könnte (OLG Dresden, Beschluss vom 23.03.2024, Az. 4 W 213/24).
Posts, Kommentare oder Videos über Dritte im Internet
Gerade in Social Media Netzwerken wie Facebook und LinkedIn, aber auch auf Videoplattformen wie YouTube oder TikTok, posten Nutzer täglich Beleidigungen über andere Personen. Oft wird dabei der Name des Betroffenen nicht explizit genannt in der Vorstellung, man sei dadurch juristisch nicht angreifbar. Das ist jedoch falsch. Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung setzt nicht voraus, dass der Vorname und Nachname der anderen Person ausdrücklich genannt wird.
Verklausulierte Persönlichkeitsverletzungen in TikTok Livestream
In einem vor dem Oberlandesgericht Dresden verhandelten einstweiligen Verfügungsverfahren hatte die Antragsgegnerin in einem Livestream bei TikTok in verworrener und sprachlich schwer verständlicher Weise erklärt, es würden bestimmte Personen gegen sie Rachepläne schmieden. Sie solle entführt, vergewaltigt und mit Messerstichen verletzt werden, außerdem solle ihr Fahrzeug demoliert werden. Ohne den Antragsteller namentlich zu benennen, beschuldigte sie ihn und weitere Personen, an diesen Plänen beteiligt zu sein.
Identifizierbarkeit einer Person trotz fehlender Namensnennung
Das Gericht stellte trotzdem fest, dass der Antragsteller identifizierbar dargestellt worden sei. Ob er von allen oder einem erheblichen Teil der Zuschauer oder gar dem “Durchschnittszuschauer” identifiziert werden könne, sei nicht entscheidend. Es reiche vielmehr aus, dass durch die Berichterstattung Informationen über den Antragsteller an solche Personen geraten, die aufgrund ihrer sonstigen Kenntnisse in der Lage seien, ihn zu identifizieren (vgl. BGH, Urteil vom 05.12.2023, Az. VI ZR 1214/20). Eine vollständige oder auch nur abgekürzte Namensnennung sei für die Erkennbarkeit nicht erforderlich. Schon die Übermittlung von Teilinformationen reiche aus, wenn der Betroffene aufgrund dessen begründeten Anlass habe anzunehmen, er könne innerhalb eines mehr oder minder großen Bekanntenkreises erkannt werden (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 24.09.2019, Az. 4 U 1401/19). Dies wurde vom Oberlandesgericht bejaht.
“Die Antragsgegnerin nennt zwar den Antragsgegner nicht beim Namen, gleichwohl beschreibt sie die Personen, die aus ihrer Sicht gegen sie Rachepläne schmieden. Sie nennt eine Person, die sie “vor Gericht gezogen” habe und mit der sie im Januar/Februar ein Gerichtsverfahren hatte. Dies trifft auf den Kläger zu. Des Weiteren meint der Kläger, er sei auch über die Bezeichnung “L…” identifizierbar, weil er von einer Nutzerin im August 2023 zum Geburtstag einen digitalen Token im Form eines Löwen geschenkt bekommen habe. Schließlich hat die Antragsgegnerin sich auch in der Vergangenheit über den Antragsteller in ihren tiktok Beiträgen identifizierbar geäußert und von ihm u.a. behauptet, er habe einen seiner Söhne als Missgeburt bezeichnet, das ganze Erbe seiner Familie eingesteckt und sei Reichsbürger. Diese Äußerungen haben zu einem Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Chemnitz geführt, in dem die Antragsgegnerin entsprechende Unterlassungserklärungen abgegeben hat. Der Antragsteller hat schlüssig und plausibel dargelegt, dass er für einen interessierten Personenkreis – z.B. regelmäßige Zuschauer der Livestreams der Antragsgegnerin – identifizierbar dargestellt ist. Schließlich ist einem Kommentar einer Nutzerin zu entnehmen, dass sie weiß, wenn die Antragsgegnerin meint. Sie erklärt, dass “herauszuhören” sei, dass “K… und die andere Abteilung” gemeint seien und sie (die Antragsgegnerin) wohl auch “K… und Konsorten” angezeigt habe.”
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Spannender Artikel! Bei meiner studishark stellte sich die Frage, ob ich anonym bleiben kann oder nicht. Dieser Artikel erklärt gut, wann man im Internet identifizierbar ist und hilft, solche Unsicherheiten zu klären.