Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung, die weder Anspruchsberechtigung noch Aufwendungsersatz klar bezeichnet, kann einen Anspruch des Abgemahnten auf Erstattung seiner Rechtsverteidigungskosten auslösen (OLG Thüringen, Urteil vom 22.10.2025, Az. 1 U 244/25).
Abmahnung ohne klare Angaben zu Anspruchsberechtigung und Kosten
Die Klägerin ließ der Beklagten eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung zukommen und rügte einen vermeintlichen Wettbewerbsverstoß. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin ihre selbständige Tätigkeit jedoch bereits beendet.
In der Abmahnung fehlten konkrete Angaben dazu, weshalb die Klägerin nach § 8 Abs. 3 UWG anspruchsberechtigt sein sollte. Die Abmahnung enthielt zudem keine eindeutige Erklärung, ob Aufwendungsersatz verlangt wurde oder nicht. Auch fehlten Angaben dazu, in welcher Höhe ein solcher Anspruch bestehen sollte.
Die Beklagte beauftragte daraufhin einen Rechtsanwalt mit der Verteidigung. Dieser wies die Abmahnung zurück und mahnte die Klägerin seinerseits ab.
In der Folge verlangte die Klägerin erstmals Ersatz ihrer Abmahnkosten. Die Beklagte forderte ihrerseits Erstattung der entstandenen anwaltlichen Verteidigungskosten, so dass es zur Klage kam.
Warum die Abmahnung formal und materiell unberechtigt war
Das OLG Thüringen gab der Beklagten recht.
Die Abmahnung der Klägerin sei in formeller Hinsicht nicht mit § 13 Abs. 2 UWG vereinbar gewesen. Es hätten klare Angaben zur Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 UWG gefehlt. Die Abmahnung enthielt außerdem keine eindeutige Erklärung dazu, ob Aufwendungsersatz verlangt werde oder nicht. Ebenso blieb in der Abmahnung offen, in welcher Höhe ein solcher Anspruch bestehen könnte. Damit lagen Verstöße gegen § 13 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 UWG vor. Außerdem sei die Klägerin in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht mehr Mitbewerberin gewesen, weil sie ihre selbständige Tätigkeit beendet hatte. Zwischen den Parteien habe folglich kein konkretes Wettbewerbsverhältnis mehr bestanden.
Aufwendungsersatz des Abgemahnten und keine Deckelung auf Null
Das Gericht bejahte einen Anspruch der Beklagten auf Ersatz ihrer erforderlichen Aufwendungen nach § 13 Abs. 5 Satz 1 UWG. Die Gegenabmahnung der Beklagten sah das Gericht als zur Rechtsverteidigung erforderlich an. Es hielt einen Streitwert von 10.000 Euro für angemessen. Daraus ergaben sich erstattungsfähige Rechtsverteidigungskosten in Höhe von 973,66 Euro.
Das Oberlandesgericht stellte klar, dass der Gegenanspruch des Abgemahnten nach § 13 Abs. 5 Satz 1 UWG auch dann bestehe, wenn der Abmahnende in der Abmahnung keinen Aufwendungsersatz beziffert habe. Ein ausdrücklicher Verzicht sei ebenfalls nicht erforderlich. Eine Abmahnung, die die Frage des Aufwendungsersatzes offen lasse, genüge § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG nicht. Der Gegenanspruch nach § 13 Abs. 5 Satz 2 UWG sei auch nicht auf Null zu reduzieren.
Praktische Konsequenzen bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen
Bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung, die den Anforderungskatalog des § 13 Abs. 2 UWG nicht erfüllt, fällt der Anspruch des Abmahners auf Kostenersatz weg. Parallel entsteht für den Abgemahnten regelmäßig ein Gegenanspruch, nach dem der Abmahner die anwaltlichen Verteidigungskosten des Abgemahnten ersetzen muss (§ 13 Abs. 5 UWG).
Unternehmen sollten Abmahnungen daher sorgfältig überprüfen lassen. Fehlen Angaben zur Anspruchsberechtigung oder zum Aufwendungsersatz, kann sich ein eigener Aufwendungsersatzanspruch ergeben. Eine anwaltliche Gegenabmahnung kann dann zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gehören.
Haben Sie eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhalten? Selbst wenn sie inhaltlich eigentlich berechtigt ist, können formelle Fehler dazu führen, dass die Abmahnung unberechtigt wird. Auf Wunsch überprüfen wir Ihre Abmahnung.