
Das OLG Dresden hat entschieden, dass Provider von Mikrobloggingdiensten verpflichtet sind, im einzelnen näher beschriebene und diskreditierende Äußerungen von ihrer Internetseite zu nehmen, wenn das Persönlichkeitsrecht gegenüber Meinungs- und Medienfreiheit überwiegt.
Unterlassungsanspruch gegen Mikroblog
Die Beklagte betreibt als Hostprovider einen Mikrobloggingdienst. Gegenstand des Streits waren mehrere Einträge eines anonymen Nutzers des sozialen Netzwerkes, mit denen die Geschäftspraktiken der Klägerseite scharf kritisiert wurden. Kläger waren das Unternehmen, das Dienstleistungen im Internet anbietet, und dessen Gesellschafter. Das OLG Dresden hat der Klage stattgegeben und den Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Persönlichkeitsrechts bzw. des Unternehmenspersönlichkeitsrechts bejaht.
Mikroblog haftet als Störer, wenn auf Hinweis keine Löschung erfolgt
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die Beklagte nach den Grundsätzen der Störerhaftung verantwortlich. Der Betreiber könne für den vorliegenden Fall von „Mikroblogging“ verpflichtet werden, wenn der Betroffene ihn auf die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Inhalt der eingestellten Nachricht hinweist, zukünftige derartige Verletzungen zu verhindern. Das OLG Dresden habe die Rechtsprechung des BGH zu Informationsportalen auf diese Konstellation angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2012, Az. VI ZR 144/11 und BGH, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10).
Aber: Rechtsverletzung muss sich ohne tiefere Prüfung bejahen lassen
Ein Tätigwerden des Hostproviders sei aber nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst sei, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer, d.h. ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung, bejaht werden könne. Der Hostprovider müsse nicht von vorneherein eine eigene Prüfung und Abwägung der betroffenen Rechte durchführen. Er müsse aber prüfen, ob – die Richtigkeit der Beanstandung unterstellt – möglicherweise fremde Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Dazu solle er unter Einbeziehung des anonymen Nutzers im Interesse der beiderseitig betroffenen Rechtsgüter, insbesondere des Persönlichkeitsrechts und der Meinungsäußerungsfreiheit, ein Verfahren einleiten, indem der Nutzer die Gelegenheit erhalte, zu den Beanstandungen innerhalb angemessener Frist Stellung zu nehmen. Hier hatte sich der anonyme Nutzer nicht geäußert. Zu den Reaktionsmöglichkeiten des Hostproviders nach Eingang einer Stellungnahme des anonymen Nutzers verweist das OLG Dresden auf das genannte Urteil des BGH vom 25.10.2011 (VI ZR 93/10).
Das OLG Dresden hat die Revision zum BGH zugelassen.
Pressemitteilung Nr. 1/2015 des OLG Dresden vom 07.04.2015