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OLG Köln: Nach Verwertungsphase kein IP-Auskunftsanspruch

IP Adressen personenbezogenes Datum

Kürzlich befasste sich das OLG Köln mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen Auskünfte über die persönlichen Daten von Anschlussinhabern erteilt werden dürfen, über deren IP-Adressen mutmaßlich Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen begangen wurden.

Abmahnung Waldorf

Auskunft bei Filesharing Verfahren

Die rechtlichen Voraussetzungen derartiger richterlicher Auskunftsbeschlüsse sind zur Vorbereitung von Abmahnungen wegen illegalen Filesharings von erheblicher Bedeutung. Erst die gerichtliche Erlaubnis berechtigt Urheber bzw. deren Bevollmächtigte nämlich, Name und Anschrift des jeweiligen Anschlussinhabers vom Internetprovider (z.B. der Telekom) zu erfragen. Umgekehrt sind Abmahnungen ohne diese Daten faktisch unmöglich, weil eine Zuordnung der IP-Adresse zu einem bestimmten Anschluss nur mit Hilfe des Internetproviders möglich ist.

Zu § 101 UrhG: “Gewerbliches Ausmaß”

Das Gericht winkte den Auskunftsantrag nicht einfach durch, sondern konkretisierte zu Lasten der Rechteinhaber das nach § 101 Abs. 1 UrhG vorausgesetzte „gewerbliche Ausmaß“ der Urheberrechtsverletzung. Die neuen Vorgaben schränken die eher lässige Auskunftspraxis des LG Köln merklich ein, welches bislang gerade bei großen Abmahnkanzleien sehr beliebt war.

Zunächst stellt das OLG Köln in seinem Beschluss vom 27.12.2010 (Az. 6 W 155/10) klar, dass schon das Angebot eines einzelnen urheberrechtlich geschützten Werkes in einer Tauschbörse dass geschützte Recht in einem gewerblichen Ausmaß verletzen kann. Selbst wenn sich das Angebot nur auf einen kurzen Zeitraum beschränkt, hätte es der Rechtsverletzer nicht mehr in der Hand, in welchem Umfang das Werk weiter vervielfältigt wird. Auskunftsansprüchen sei aufgrund von Artikel 10 Grundgesetz trotzdem nur bei besonders schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte des Urhebers stattzugeben. Voraussetzung sei eine Rechtsverletzung, die ein gewerbliches Ausmaß erreiche. Aus Sicht der Kölner Richter ergibt sich dieses gewerbliche Ausmaß nur noch aus der öffentlichen Zugänglichmachung

  1. einer Vielzahl urheberrechtlich geschützter Werke. Hier weist das Gericht allerdings selbst einschränkend darauf hin, dass dies ohne die erst noch zu erteilende Auskunft des Internetproviders nicht festzustellen ist, so dass ein Auskunftsanspruch praktisch nicht auf diese Alternative gestützt werden könne;
  2. eines einzelnen Werks mit hohem Wert, etwa einem Computerprogramm, dessen aktuelle Version 499,00 € kostet oder
  3. einer hinreichend umfangreichen Datei innerhalb ihrer relevanten Verwertungsphase.

Für die besonders praxisrelevante dritte Variante stellte das OLG typisierte Fallgruppen zur Verfügung. Als hinreichend umfangreiche Dateien seien z.B. Filme, Hörbücher oder ganze Musikalben anzusehen, wobei es bei letzteren ausreiche, wenn der Urheber nur Rechte an einzelnen Titeln inne habe.

Von einem Werk in seiner relevanten Verwertungsphase sei (regelmäßig) dann auszugehen, wenn eine besonders umfangreiche Datei „vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich zugänglich gemacht“ werde. Bei Filmen müsse für den Beginn der relevanten Verwertungsphase nicht auf den Kinostart, sondern den Beginn des zeitlich nachfolgenden DVD-Verkaufs abgestellt werden. Für Unterhaltungsmusik – eine sehr wichtige Neuerung – bemaß der Senat den Zeitraum „unmittelbar nach“ der Veröffentlichung auf sechs Monate. Bei Hörbüchern, Hörspielen und ähnlichen nicht besonders aktualitätsbezogenen Werkgattungen könnten dagegen längere Verwertungsphasen anzunehmen sein.

Sobald die relevante Verwertungsphase jedoch nach den obigen Kriterien abgelaufen ist, müssen für den Auskunftsanspruch in Köln künftig besondere Umstände wie etwa ein fortdauernder, besonders großer kommerzieller Erfolg des betroffenen Werks dargelegt werden. Als Beispiel nennt das Gericht Musikalben, die zum Zeitpunkt der ermittelten Rechtsverletzung in den TOP 50 der Verkaufscharts der Musikindustrie platziert sind oder Titel auf einem Musikalbum, die zu diesem Zeitpunkt eine besonders hohe Chartplatzierung aufweisen. Abgelaufen sei die relevante Verkaufsphase dagegen, wenn das Werk zu Ramschpreisen verkauft wird, wobei durch Sonderangebote verursachte Preisschwankungen noch nicht genügen.

Weitere Informationen rund um Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen finden Sie in unserem Filesharing Abmahnung Lexikon.

Fazit

Das OLG Köln begrenzt in deutlichem Umfang die Verfolgungsmöglichkeit von Urheberrechtsverstößen im Internet. Ob sich die großen Abmahnkanzleien wie Rasch, Waldorf Frommer etc. mit ihren Auskunftsersuchen bezüglich älterer Werke künftig an andere Gerichte wenden oder deren Verfolgung ganz unterlassen, muss ebenso abgewartet werden wie die spannende Frage, ob andere Gerichte Bereitschaft zeigen, der restriktiven Kölner Auffassung zu folgen.

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Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

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