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LG Hildesheim: Amazon Gutschein gegen Google Bewertung

Werbung mit Kundenbewertungen

Es ist abmahnbar, wenn Unternehmen Gutscheine als Gegenleistung für Bewertungen versprechen oder gewähren. Die Werbung mit solchen Bewertungen ist ohne Hinweis auf die Entgeltlichkeit verboten (LG Hildesheim, Urteil vom 28.12.2021, Az. 11 O 12/21, nicht rkr.).

Amazon Gutschein als Gegenleistung für eine Google Bewertung

Nach einer Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale hat das Landgericht Hildesheim einem Unternehmen verboten, Verbrauchern für die Abgabe einer Google Bewertung einen 50 Euro Gutschein (von Amazon, Hagebau oder Bauhaus) zu versprechen bzw. zu gewähren. Das Verbot erstreckt sich auch auf Werbung mit Google Bewertungen, die auf eine solche Weise zustande gekommen sind, wenn nicht gleichzeitig auf die Belohnung hingewiesen wird, die der Bewertende erhalten hat.

Im Fall hatte das Unternehmen Kunden wie folgt per E-Mail angeschrieben:

“Google wird von den meisten Menschen auf der Suche nach einem vertrauensvollen Partner für den Hausbau genutzt. Dort möchten wir uns gern so präsentieren und repräsentiert wissen, wie es der Realität entspricht. Und die zeigt, dass der weit überwiegende Teil unserer Bauherren wirklich zufrieden ist mit unserer Leistung und dem neuen Zuhause.

Bitte schreiben auch Sie eine Bewertung: Ihre faire und ehrliche Meinung bei Google über uns und unsere Beratungsbüros.

Für Ihren Aufwand belohnen wir Sie mit einem Amazon-Gutschein in Höhe von 50,- Euro. Alternativ können Sie auch gern einen Gutschein von Obi, Hagebau oder Bauhaus erhalten. Bewerten Sie jetzt Ihren X-Standort (…) Damit wir den Gutschein korrekt zuordnen und versenden können, senden Sie bitte eine E-Mail mit Ihrer Adresse, Ihrem Google-Namen und einem Screenshot Ihrer abgegebenen Google-Bewertung an: (…). Wir freuen uns auf Ihr Engagement! Ihr X-Team”

Amazon Gutschein als Gegenleistung für eine Google Bewertung

Die Wettbewerbszentrale beanstandete diese Werbung mit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung als Irreführung, weil das Unternehmen mit dem Gutschein Einfluss auf die Bewertungen nehmen könne.

In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass es unlauter ist, mit Bewertungen zu werben, die als Gegenleistung für eine Gewinnspielteilnahme abgegeben wurden, weil solche Rezensionen eher positiv ausfallen. Es handele sich zwar nicht um “bezahlte” Empfehlungen im Wortsinn, die Bewertungen seien im Ergebnis aber nicht objektiv im Sinne eines freien und unabhängigen Urteils. Das gleiche müsse gelten, wenn als Belohnung für die Bewertung nicht nur eine Gewinnchance, sondern sogar ein Gutschein ausgelobt werde.

Weiter sei in der Rechtsprechung geklärt, dass es irreführend ist, Kunden dazu aufzufordern, eine Produktbewertung gegen eine Vergünstigung abzugeben, z.B. einen Rabatt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 23.11.2010, Az. 4 U 136/10). Aus Sicht der Wettbewerbszentrale handele es sich bei so zustande gekommenen Rezensionen um wettbewerbswidrige bezahlte Empfehlungen.

LG Hildesheim: Bezahlte Bewertungen ohne Hinweis auf Entgeltlichkeit

Außergerichtlich verteidigte das Unternehmen sein Handeln als rechtmäßig, woraufhin die Wettbewerbszentrale Klage einreichte. Wenig überraschend gab das Landgericht Hildesheim der Klage statt.

Die oben wiedergegebene Werbemail ziele letztendlich darauf ab, die angeschriebenen Kunden zur Abgabe einer Empfehlung bei Google zu veranlassen. Zwar habe das Unternehmen vorgetragen, eine faire und ehrliche Bewertung hören zu wollen. Um den 50 Euro Gutschein zu erhalten, musste der Bewerter aber einen Screenshot seiner Bewertung einsenden, das Unternehmen also über den Inhalt seiner Rezension informieren.

In dieser Konstellation könne die angestrebte Belohnung dazu führen, dass Kunden eher positive als negative Bewertungen abgeben, um sicher in den Genuss des Gutscheins zu kommen. Daher handele es sich bei so zustande gekommenen Bewertungen im rechtlichen Sinne um wettbewerbswidrige bezahlte Empfehlungen.

Nach diesen Grundsätzen sei nicht erst die Werbung mit nicht gekennzeichneten bezahlten Empfehlungen verboten, sondern bereits die Übersendung der E-Mail, mit der um derartige Bewertungen nachgefragt wurde.

Kommentar von Rechtsanwalt Plutte

Das Urteil hat aus mehreren Gründen hohe Praxisrelevanz. Wir beobachten immer wieder, dass selbst ernannte Marketinggurus in schöner Regelmäßigkeit als Geheimtipp solche “Marketingstricks” empfehlen, ganz zu schweigen von Influencern.

Die Entscheidung des Landgerichts verdeutlicht, dass solche Rezensionen für das profitierende Unternehmen nicht nur die Gefahr von Abmahnungen durch Mitbewerber oder Verbraucherschutzverbände bedeuten. Dass speziell die Wettbewerbszentrale intensiv gegen gekaufte Bewertungen vorgeht, zeigt auch dieser Fall.

Wird – wie hier – auch die Werbung mit den illegal generierten Bewertungen verboten, kann sich das Unternehmen ganze Profile auf Handelsplattformen zerschießen, wenn es nicht in der Lage ist, die rechtswidrigen Bewertungen wieder vollständig entfernen zu lassen. Ist eine umfassende Bereinigung nicht mit Sicherheit möglich, bleibt faktisch nur die Löschung des Profils, was zur Folge hat, dass zusammen mit den rechtswidrigen Rezensionen auch alle mühsam auf legale Weise gewonnenen Bewertungen tot sind.

Zum Verständnis: Würde man das Profil samt bezahlten Bewertungen ohne jeweiligen Hinweis auf den Bezahlcharakter der betroffenen Empfehlungen online stehen lassen, verstieße das Unternehmen laufend gegen das gerichtliche Verbot (im Falle einer abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung würden stetig steigende Vertragsstrafen anfallen).

Tipp: Hier erfahren Sie, wie man negative Bewertungen aus dem Internet löschen lässt.

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

    • Hallo Andreas,

      das ist ein schwieriger Fall, meines Wissens nach gibt es in diese Richtung noch keinen Präzedenzfall. Grundsätzlich ist nicht gut, wenn man die Abgabe einer Bewertung in irgendeiner Weise mit etwas finanziellem verknüpft. Hier geht der ausgelobte Betrag nicht an den Bewerter, sondern an Dritte als Spende. Das ist erst einmal weniger problematisch als der hiesige Fall aus Hildesheim. Auf der anderen Seite kann man durchaus argumentieren, dass die Auslobung der Spende das freie und unabhängige Urteil des Bewerters beeinflusst, weil ihn der Spendenhintergrund dazu veranlasst, eine eher positive Bewertung abzugeben. Daher keine Entwarnung von meiner Seite.

      Liebe Grüße
      Niklas

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