Ansprüche aus illegalem Filesharing verjähren grundsätzlich nach drei Jahren. Wenn Reseller Auskünfte über den Anschlussinhabers erteilen, der Auskunftsbeschluss aber nur gegenüber der Telekom erging, ist das rechtswidrig (AG Koblenz, Beschluss vom 02.01.2015, Az. 153 C 3184/14).
Dreijährige Verjährungsfrist bei Filesharing
Nach wie vor ist umstritten, ob Forderungen aus Peer-to-Peer Filesharing-Abmahnungen nach zehn Jahren oder nach drei Jahren verjähren. Mehrere Gerichte haben sich kürzlich dafür ausgesprochen, dass eine dreijährige Verjährungsfrist gilt (§§ 195, 199 BGB). Diese Rechtsprechungslinie wurde jüngst vom Amtsgericht Koblenz bestätigt.
Zweifel an Zuverlässigkeit von Ermittlungssoftware
Um den Nachweis von P2P-Urheberrechtsverletzungen zu ermöglichen, wird spezielle Ermittlungssoftware eingesetzt. Die Ermittlungssoftware wird üblicherweise von den Rechteinhabern bzw. beauftragten Unternehmen in die P2P-Netzwerke eingeschleust, wo sie die IP-Adressen von Anschlüssen ermittelt, über die Urheberrechtsverletzungen begangen werden.
Im Anschluss an diese Ermittlung wird bei Gericht ein Auskunftsbeschluss nach § 101 Abs. 9 UrhG gegen den Provider erwirkt, mit dem der Provider vom Gericht verpflichtet wird, die einzelnen IP-Adressen konkreten Anschlussinhabern zuzuordnen und deren Daten (Name und Adresse) an den Rechteinhaber herauszugeben. Mit diesen Daten kann der Rechteinhaber dann im letzten Schritt gegen die Anschlussinhaber vorgehen und sie abmahnen.
Bislang wurde die Funktionsweise derartiger Ermittlungssoftware von den Gerichten nur selten in Zweifel gezogen. Das Amtsgericht Koblenz hat nun unter Verweis auf Urteile des OLG Köln (Beschluss vom 20.01.2012, Az. 6 W 242/11), LG Berlin (Urteil vom 03.05.2011, Az. 16 O 55/11) sowie AG Frankenthal (Urteil vom 23.06.2014, Az. 3b C 145/14) darauf hingewiesen, dass erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der von der Klägerin eingesetzten Ermittlungssoftware „Observer“ bestehen, die von der Ermittlungsfirma Guardaley Ltd. eingesetzt wurde.
Filesharing und Datenschutz
Das Amtsgericht beschloss außerdem unserer Meinung nach zu Recht, dass Reseller (Beispiel: 1&1) keine Auskünfte über Daten ihrer Kunden herausgeben dürfen, wenn der Gestattungsbeschluss nach § 101 Abs. 9 UrhG nur gegen den Access-Provider (hier: Deutsche Telekom AG) erging.
Reseller wie 1&1 haben keine eigene technische Infrastruktur (Breitbandkabel etc.). Der Kunde schließt seinen Vertrag zwar mit dem Reseller, nutzt jedoch tatsächlich die technische Infrastruktur der Deutschen Telekom AG bzw. eines anderen Netzbetreibers. Ermittelt die Software die IP-Adresse des Anschlussinhabers, sieht diese IP-Adresse von außen wie die IP-Adresse eines Telekomkunden aus. Um Namen und Anschrift des Anschlussinhabers in Erfahrung zu bringen, muss der Rechteinhaber einen Gestattungsbeschluss nach § 101 Abs. 9 UrhG gegen die Deutsche Telekom AG erwirken. Da der Anschlussinhaber aber nicht Kunde der Deutschen Telekom AG, sondern Kunde des Resellers ist, darf die Deutsche Telekom AG diese Daten laut AG Koblenz nicht herausgeben.
In der Praxis wurden solche Fälle bislang so gehandhabt, dass der Reseller der Deutschen Telekom AG oder dem Rechteinhaber einfach die Daten seines Kunden zur Verfügung stellte. Gegen den Reseller existierte bislang jedoch quasi nie ein eigenständiger Auskunftsbeschluss nach § 101 Abs. 9 UrhG, so auch im verhandelten Fall. Nach Meinung des AG Koblenz hätte der Reseller die Daten des Anschlussinhabers daher nicht herausgeben dürfen. Der bisherigen gängigen Auskunftspraxis erteilte das Amtsgericht Koblenz eine Absage. Auskünfte, die ohne einen Auskunftsbeschluss im Sinne des § 101 Abs. 9 UrhG erteilt werden, verstoßen gegen bestehendes Datenschutzrecht und verletzen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Anschlussinhabers. Trotzdem erteilte Auskünfte würden einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.
Fazit
Bislang hatten Anschlussinhaber mit dem Vortrag einer fehlerhaften Ermittlung ihrer IP-Adresse wenig Erfolg. Die Gerichte tendieren jedoch zunehmend dazu, die Verlässlichkeit der Ermittlungsergebnisse wegen mangelnder Verlässlichkeit der Ermittlungssoftware anzuzweifeln.
Der aktuelle Beschluss setzt zusätzlich ein Zeichen für den Datenschutz. Ist der Anschlussinhaber Kunde eines Resellers, dürfen seine Nutzerdaten ohne Gestattungsbeschluss gegenüber dem Reseller nicht an den Rechteinhaber herausgegeben werden – auch dann nicht, wenn es sich bei einem Reseller um eine selbstständige Konzerntochter handelt.
Wichtig: Ergeht der Gestattungsbeschluss gegenüber dem Reseller, dürfen die Nutzerdaten auch nach Meinung des AG Koblenz herausgegeben werden. Die Koblenzer Entscheidung ist also nicht so zu verstehen, dass Kunden von Resellern Filesharing betreiben dürften, ohne belangt werden zu können.
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