Suche Kostenlose Ersteinschätzung

Rechtsmissbrauch: Klagen aus UWG und Markenrecht

abmahnung rechtsmissbrauch

Wer wegen desselben Sachverhalts Unterlassungsansprüche aus Wettbewerbsrecht und Markenrecht in zwei gesonderten Klagen verfolgt, handelt rechtsmissbräuchlich (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.10.2015, Az. I-20 U 200/14).

Klagen auf Unterlassung aus UWG und Markenrecht

Im Fall hatte ein Markeninhaber einen Konkurrenten wegen einer Markenrechtsverletzung auf Unterlassung verklagt und darüber hinaus nahezu zeitlich in einem zweiten Verfahren wegen desselben Sachverhalts Unterlassungsklage erhoben. Nachdem das Landgericht Düsseldorf der wettbewerbsrechtlichen Klage zunächst stattgegeben hatte, hob das Oberlandesgericht die Entscheidung wegen Rechtsmissbrauchs auf (§ 8 Abs. 4 UWG). Die Entscheidung wurde von den Düsseldorfer Richtern sehr anschaulich begründet.

Nach § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten entstehen zu lassen. Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen.

Kostenbelastungsinteresse als Indiz für Rechtsmissbrauch

Ein sachfremdes Ziel ist auch das Kostenbelastungsinteresse, also das Interesse des Gläubigers, den Verletzer mit möglichst hohen Prozesskosten und Risiken zu belasten und seine persönlichen und finanziellen Kräfte zu binden. Ein Indiz für das Vorliegen eines Kostenbelastungsinteresses ist es, wenn ein schonenderes Vorgehen im Einzelfall möglich und zumutbar ist (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rdnr. 4.13 m.w.N.).

Getrennte Verfolgung kerngleicher Verletzungshandlungen

Geht der Gläubiger zum Beispiel bei einem einheitlichen Wettbewerbsverstoß mit mehrfachen Klagen vor und erhöht er dadurch die Kostenlast erheblich, obwohl ein einheitliches Vorgehen für ihn mit keinerlei Nachteilen verbunden wäre, ist dies ein Anhaltspunkt für einen Missbrauch (vgl. BGH GRUR 2010, 454 Rdnr. 10 – Klassenlotterie). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn es um die getrennte Verfolgung kerngleicher Verletzungshandlungen geht. Denn die Stellung mehrerer nahezu identischer Unterlassungsanträge, die sich auf kerngleiche Verletzungshandlungen beziehen und ohne inhaltliche Erweiterung des begehrten Verbotsumfangs zu einer Vervielfachung des Streitwerts führen in getrennten Verfahren, ist ein Indiz für einen Missbrauch, wenn dem Kläger im Einzelfalls ein schonenderes Vorgehen durch Zusammenfassung seines Begehrens in einem Antrag möglich und zumutbar ist (vgl. BGH GRUR 2013, 307 Rdnr. 19 – Unbedenkliche Mehrfachabmahnung).

Nichts anderes kann gelten, wenn – auf denselben Sachverhalt gestützt – Ansprüche aus Markenrecht und unlauterem Wettbewerb geltend gemacht werden. Dass diese Ansprüche nebeneinander bestehen, wie die Klägerin umfangreich ausführt, steht dem nicht entgegen und besagt insbesondere nichts dazu, ob diese Ansprüche auch gesondert geltend gemacht werden können.

Keine Notwendigkeit für Aufsplittung in zwei Klageverfahren

Schützenswerte Interessen für eine gesonderte Geltendmachung sind vorliegend von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt worden und auch nicht ersichtlich. Sie verweist allein darauf, dass ein Mitbewerber, der sich gegen eine Irreführung nach § 5 Abs. 2 UWG wendet, nicht dieselben Ansprüche hat wie der Inhaber eines Immaterialgüterrechts, weil letzerer anstelle der Erstattung des konkret entstandenen Schadens auch den Schaden nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen oder den Verletzergewinn heraus verlangen kann. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, hätte es sogar gereicht, eine Klage anhängig zu machen, diese vorrangig auf die im Rahmen des Schadensersatzes weiter gehenden Ansprüche aus Markenrecht zu stützen und die Ansprüche aus UWG nur hilfsweise geltend zu machen.

Aber auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Geltendmachung eines markenrechtlichen Unterlassungsanspruchs und eines Unterlassungsanspruchs aufgrund unlauteren Wettbewerbs zwei selbständige Streitgegenstände darstellen, an deren gleichzeitiger Bescheidung der Gläubiger ein berechtigtes Interesse hat, war es nicht notwendig zwei getrennte Verfahren einzuleiten. Vielmehr steht es dem Gläubiger in einem solchen Fall auch frei, die verschiedenen Aspekte der Beanstandung ein- und desselben Handlung im Wege der kumulativen Klagehäufung zu jeweils getrennten Klagezielen zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2012, Az. I ZR 230/11Biomineralwasser).

Kostenbelastung geringer bei Verfolgung in einer Gesamtklage

Die Kostenbelastung für den Schuldner ist dann geringer, als wenn die Ansprüche in verschiedenen Verfahren geltend gemacht werden. Dies liegt nicht nur daran, dass aufgrund der im RVG und im GKG vorgesehenen proportionalen Degression die Gebühren eines Verfahrens berechnet nach einem Streitwert von z.B. 200.000 Euro geringer sind, als die Summe der Gebühren zweier Verfahren berechnet jeweils nach einem Streitwert von 100.000 Euro. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat zudem eine Zusammenrechnung mehrere Ansprüche nur dort zu erfolgen, wo eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht und nicht ein wirtschaftlich identisches Interesse betroffen ist.

Vielmehr hat, wenn einem einheitlichen Unterlassungsantrag mehrere Ansprüche im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG zugrunde liegen, keine schematische Erhörung des Streitwerts zu erfolgen, sondern der Streitwert für den ersten Anspruch festzusetzen und für den zweiten Anspruch angemessen zu erhöhen (vgl. BGH BeckRS 2013, 20395). Dass die von der Klägerin vorliegend geltend gemachten Ansprüche ein selbständiges Verfahrensschicksal nehmen würden, zum Beispiel weil in einem Fall eine Beweisaufnahme absehbar war und im anderen nicht, oder weil in nur einem Fall eine Vorlage oder Aussetzung in Betracht kam, war vorliegend nicht zu erwarten. Letzteres wird von der Klägerin auch nicht behauptet.

Ob die Klägerin bewusst angestrebt hat, die verschiedenen Klagen in erster Instanz bei unterschiedlichen Spruchkörpern aufgrund deren jeweiliger Spezialzuständigkeit anhängig zu machen und ob an einem solchen Vorgehen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse bestehen kann, wenn die Verfahren in der Berufung von demselben Spruchkörper zu entscheiden sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn eine isolierte Beurteilung der verschiedenen Ansprüche war vorliegend nicht möglich. Da kein Grund dafür erkennbar ist, dass der jedem Mitbewerber gewährte lauterkeitsrechtliche Anspruch weiter gehen soll als das in gleicher Weise auf Unterlassung gerichtete individuelle Ausschließlichkeitsrecht des Markeninhabers, ist nämlich bei der Beurteilung eines lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruchs ein gleichzeitig möglicher markenrechtliche Unterlassungsanspruch in jedem Fall mit in den Blick zu nehmen, (vgl. BGH GRUR 2013, 1161 Rdnr. 64 – Hard Rock Cafe).

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Sehr geehrte Damen und Herren,
    Nach dem ich Ihr Veröffentlichung gelesen habe, möchte ich fragen ob Sie mir helfen können aus dem Alptraum aus zu kommen.
    ich bin ein starkes Opfer eines UWG Missbrauch. Meine Firma hat gerade ein missbräuchliche UWG Klage in LG und UG verloren. Es handelte sich hierbei um ein Unterlassungsklage gegen ein bilanzierte Diät für besondere medizinische Zwecke, den ich (Wissenschaftlerin) in meinem Labor für 350.000 € Kosten und 3 Jahre Forschung (Mit EU Fördergelder) entwickelt hatte. Das Produkt erfüllt allen gesetzliche Bedingungen. Ich habe auch für eine Gutachten über Qualität der klinische Studie von einem IHK verteidigter und öffentlich bestellte Lebensmittel Chemiker und eine Verkehrfähigkeitsbescheinigung für das Produkt besorgt. Ich gründete ein UG um das und anderen Produkte zu vertreiben aber dazu kam ich nicht. Die Klägerin vertreibt ein Nahrungsergänzungsmittel für Diabetiker, sah mein Produkt als starke zukünftige Konkurrenz und hatte es Ziel gesetzt mein Produkt und meine Firma aus dem Markt zu vertreiben und mich persönliche Schaden zu fügen. Mehreren Indikation für UWG Missbrauch liegen vor aber hier präsentiere ich nur einigen Beispiele. Stark zutreffend Indiz ist:. Der Klägerin geht es darum, der Beklagten entscheidende Schläge zu versetzen, um ihre berufliche Existenz zu vernichten und ihrer persönlichen Existenz jedenfalls Schaden zuzufügen. Triebfeder der Klägerin sind nicht die Suche nach Schutz vor Wettbewerbsverletzungen oder der Schutz des Wettbewerbs im Allgemeinen, sondern persönliche Motive, die aus dem zerrütteten Verhältnis zu der Beklagten als Folge des intensiven Konkurrenz- verhältnisses resultieren. Sinn und Zweck des Wettbewerbsrechtes ist nicht, einem Wettbewerber dabei zu helfen, einen anderen Wettbewerber auszuschalten (LG Münster, Urteil vom 16.06.2015, Az. 025 O 133/13 ).
    Zerrütteten Verhältnis zu der Beklagten war durch meine Ablehnung seiner Angebot, den geschützte Produktname meines Produkts zu kaufen, entstanden. Später bei nähere Prüfung sah er ein Konkurrenzgefahr in meinem Produkt (welche in Zeitpunkt der Klage nicht im Markt eingeführt war) , weil ein bilanzierte Diät für besondere medizinische Zwecke ein gehobene Produkt Kategorie hat als sein Nahrungsergänzungsmittel für Diabetiker. Diese motivierte ihn das Produkt und meine Firma aus dem Markt auszutreiben und mich persönlich zu ruinieren.
    56. ; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.01.2016, Az. I-20 U 22/15 ).
    Systematisch überhöhte Abmahnkosten: Gegenstandswert von 30.000 Euro bei einem minimalen Angri sfaktor, da der beklagte Apothekerbetreiber das Produkt nicht als Teil seines ständigen Sortiments aktiv beworben hatte, sondern lediglich auf Kundenwunsch der Klägerin bestellte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.01.2016, Az. I-20 U 25/15 .

    In meinem Fall: Systematisch überhöhte Abmahnkosten: Gegenstandswert von 50.000 Euro bei einem Produkt das noch nicht auf dem Markt war. Ein Klage Grund kann auch sein durch Höhe Streitwert und Schadenersatzanspruch mein EU Patent bzw. deutsche Patent anzugreifen. Vielen anderen Indizien werden später aufgelistet.
    Ein Unternehmen, das noch keine nennenswerte Geschäftstätigkeit entfaltet hat, führt mehrere gegen verschiedene Produkte gerichtete Abmahnserien durch (OLG Frankfurt, Urteil vom 24.05.2016, Az. 6 U 101/14 ). / In meinem Fall liegt der Gegenteil vor: Mein Unternehmen, das noch keine Markteintritt gemacht hatte, und Produkt war noch nicht hergestellt, wurde gegen wettbewerbliche Verstoß abgemahnt, wobei als Vorbereitung zur Markteinführung die Webseite für das Produkt von vorherige Anbieter (der im Jahr lediglich 100 bis 150 Dose erwirtschaftete) übernommen wurde und durch Dienstleiser auf eigene Firmenname umgeschrieben wurde ohne inhaltlich Änderung oder Prüfung. Dazu blieb uns nicht die Zeit. Wo liegt ein Verstoß vor wenn Produkt noch nicht im Markt eigeführt wurde? Missbrauch des fliegenden Gerichtsstands: Gerichtstand ist ca 550 Km entfern von Sitz der gegnerische Partei (wobei naheliegenden Großstädte viele Kanzelei haben). und ebenfalls sitz meiner Firma. Ich war in eine Fälle gelockt, da ich ein derartige wertvolles Produkt einfach durch unterschreiben eines Unterlassungsanspruch nicht verlieren wollte, anderseits als neue Gründerin noch nicht ein cent verdient hatte wenn die Klage eingereicht wurde. Den gegnerische Partei war ansehnlich hohe Kostenrisiko durch 4 Jahre harte Kämpf (weil mein Produkt alle beweise vorlegen könnte) gleichgültig weil sitz der Anwaltskanzlei und das Gericht in selbe Stadt war und gute Beziehung mit dem Richter war nicht zu übersehen. Wir kamen gar nicht zur Wort und allen Beweismittel waren einfach ignoriert. Unser Beschwerden über UWG Missbrauch wurde gar nicht in Diskussion bezogen. Berufung war Sinnlos, weil der selbe Richter, der in LG 90% Entscheidung traf, saß dort auch als Richter. Können Sie mir nur so viel sagen ob ich noch Chance habe gegen Klägerin UWG Missbrauch klagen einzureichen oder endgültig alles verloren habe? Selbstverständlich werde ich mich freuen wenn Sie mein Fall übernehmen werden. Meine Rechtsschutzversicherung wird die Anwaltskosten und Gerichtskosten bezahlen.

    Antworten

    • Guten Tag, vielen Dank für Ihren Kommentar. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir hier keine Rechtsberatung zu individuellen Fällen erbringen. Wenn Sie möchten, können Sie uns aber einen Scan der Unterlagen zusenden zusammen mit der Erläuterung. Wir melden uns dann zeitnah für eine kostenlose Ersteinschätzung.

      Antworten

  2. Sehr geehrter Herr Plutte,
    vielen Dank für Ihr Antwort, den ich leider übersehen hatte. Es war vorprogrammiert, dass meine Firma und ich die UWG Klage verliere. BGH hate Nichtzulassungsbeschwerde abgelehnt. Für UG musste ich Insolvenz beantragen und als beklagte 2 warte auf die Forderungen von gegnerische Partei.

    Da UG noch nicht aufgelöst ist und ein Rechtsschutzversicherung besitzt, möchte ich fragen ob wir einen Klage über UWG Missbrauch erheben kann, da diese Fragestellung nicht behandelt wurde.
    Laut eine andere anwaltliche Beratung ist in diesem Fall nur eine Schadenersatzanspruch nach BGB §826 möglich.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Shanta Banerjee

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.


Kanzlei Plutte Menü
Kostenlose Ersteinschätzung

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von VG Wort zu laden.

Inhalt laden