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OLG Köln: Pixelio-Urteil hat keinen Bestand

Pixelio Abmahnung

In dem Eilverfahren wegen fehlender Urheberkennzeichnung eines Pixelio-Bildes unter seiner direkten URL hat der Fotograf den Verfügungsantrag nach deutlichen Worten des OLG Köln zurückgenommen.

Streit um Urhebervermerk auf Pixelio-Fotos

Der Hobbyfotograf Patrick Jenning hatte sich gegen die Verwendung eines von ihm erstellten Bildes im Internet gewehrt, das aus seiner Sicht keine ausreichende Urheberkennnzeichnung aufwies. Die Aufnahme konnte ursprünglich über die Bilderdatenbank Pixelio bezogen werden und war von einem Unternehmen zur Illustration eines Webartikels verwendet worden. Unterhalb des Artikels befand sich ein Urheberhinweis auf den Fotografen, was diesem jedoch nicht ausreichte.

Vor dem Landgericht Köln versuchte der zwischenzeitlich mitsamt seinen Fotos von der Pixelio-Plattform ausgeschlossene Patrick Jenning zunächst, gegen die Darstellung des Bildes in der Artikelübersicht vorzugehen, wo unstreitig keine Urheberkennzeichnung angebracht war. Da das Landgericht unter Verweis auf die Vorschaubilder-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Erlass einer einstweiligen Verfügung ablehnte, schwenkte der Kläger argumentativ auf die Darstellung des Bildes unter seiner direkten URL um, die ebenfalls keine Kennzeichnung aufwies.

In Bezug auf diese isolierte Darstellungsform des Fotos erlies die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln schließlich eine einstweilige Verfügung und bestätigte die Entscheidung auf unseren Widerspruch hin per Urteil (LG Köln, Urteil vom 30.01.2014, Az. 14 O 427/13). Die Beklagte wurde verurteilt, die gesamten Kosten des Rechtsstreits aus einem Streitwert von 6.000,00 EUR zu tragen.

OLG Köln zerpflückt Urteil des Landgerichts

Nachdem wir Berufung eingelegt hatten, äußerte sich das OLG Köln in der heutigen mündlichen Verhandlung ausführlich zur Sache und stellte klar, dass die einstweilige Verfügung sowohl mangels Dringlichkeit als auch wegen Fehlen eines urheberrechtlichen Verfügungsanspruchs aufzuheben sei.

Keine Eilbedürftigkeit wegen grob fahrlässigen Sich-Verschließens vor Sachzusammenhängen

In urheberrechtlichen Eilverfahren fordert das OLG Köln in ständiger Rechtsprechung, dass zwischen Kenntnis des Rechtsverstoßes und Eingang des Verfügungsantrags bei Gericht nicht mehr als ein Monat vergeht. Wird diese Grenze auch nur geringfügig überschritten, zeigt dies aus Sicht des Gerichts im Regelfall, dass es dem Rechteinhaber mit der Rechtsverfolgung doch nicht so eilig ist, so dass allenfalls noch Hauptsacheklage erhoben werden kann.

Hier bezog sich der Verfügungsantrag ursprünglich auf die Darstellung des Bildes in der Artikelübersicht. Der Zeitpunkt der erstmaligen Kenntnis wurde durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht, die sich im Rahmen der Monatsfrist bewegte. Nach den bereits erwähnten Hinweisen des Gerichts zur Thumbnail-Rechtsprechung und dem Umschwenken auf die Darstellung des Fotos unter seiner Direkt-URL legte der Fotograf eine weitere eidesstattliche Versicherung vor, in der er behauptete, auf die isolierte Darstellung unter der Direkt-URL erstmals nach den gerichtlichen Hinweisen gestoßen zu sein.

Das OLG Köln sah hierin ein grob fahrlässiges Sich-Verschließen vor den Sachzusammenhängen. Bei der isolierten Aufrufbarkeit eines Bildes im Browser via Rechtsklick -> “Grafik anzeigen” handele es sich um eine systemimmanente technische Begleiterscheinung des Internets. Gleichzeitig deutete das Gericht an, dass eventuell anders entschieden worden wäre, wenn der Kläger vorgetragen hätte, nicht erneut dieselbe Webseite gesichtet, sondern nachträglich auf anderem Wege von der isolierten Darstellung erfahren zu haben.

Kein Unterlassungsanspruch aus mehreren Gründen

Neben der mangelnden Eilbedürftigkeit lehnte das Oberlandesgericht vor allem aber auch einen materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch des Klägers ab.

Die ursprüngliche Ziffer IV. der Pixelio-Lizenzbedingungen sei entgegen der Wertung des Landgerichts nicht so eng auszulegen, dass sich die Üblichkeit des Urhebervermerks allein auf das “Wie” der Kennzeichnung beziehe. Nach dem objektiven Empfängerhorizont sei die Klausel sowohl als Regelung über das “Ob” als auch “Wie” der Kennzeichnungspflicht zu verstehen.

Vor dem Urteil des LG Köln lauteten die Lizenzbedingungen:

IV. Urheberbenennung und Quellenangabe

Der Nutzer hat in für die jeweilige Verwendung üblichen Weise und soweit technisch möglich am Bild selbst oder am Seitenende PIXELIO und den Urheber mit seinem beim Upload des Bildes genannten Fotografennamen bei PIXELIO in folgender Form zu nennen: ‚© Fotografenname / PIXELIO’

Bei Nutzung im Internet oder digitalen Medien muß zudem der Hinweis auf PIXELIO in Form eines Links zu www.pixelio.de erfolgen.

Aus den Pixelio-Lizenzbedingungen ergebe sich für die Verwender nicht, dass eine manuelle Bearbeitung des Bildmaterials vor Nutzungsbeginn vorgeschrieben sei. Die Reaktion von Pixelio auf das erstinstanzliche Urteil, für die Bildquelle ausdrücklich keine eigenständige Urheberkennzeichnung zu fordern, habe zumindest indizielle Bedeutung dafür, was vom Bildverwender zu fordern sei. Schließlich fehlten Vorgaben zur Art und Weise einer vorzunehmen Kennzeichnung. Unter Beachtung, dass die Bearbeitung des Bildes nach den Pixelio-Lizenzbedingungen vom Fotografen nur sehr eingeschränkt zugelassen worden war, sei es Verwendern nicht zumutbar, ohne jede gestalterische Vorgabe nach eigenem Ermessen eine Kennzeichnung vorzunehmen. Grundsätzliche Bedeutung über den konkreten Fall hinaus hat schließlich die Feststellung des Gerichts, die Darstellung des Bildes unter seiner Direkt-URL sei bei realitätsnaher Betrachtung keine urheberrechtlich relevante Zweitnutzung, sondern lediglich eine technische Begleiterscheinung. Das Gericht folgte damit nahezu vollständig meiner Argumentationskette, was den Klägervertreter dazu veranlasste, den Verfügungsantrag zurückzunehmen.

Streitwertfestsetzung steht noch aus

Abzuwarten bleibt, ob das Gericht meine Anregung aufgreift, den Streitwert zu reduzieren. In diesem Prozess würde dies zwar meine anwaltlichen Gebühren senken, ich halte den Streitwert aber schlicht für unangemessen hoch.

Zur Wertbemessung in Urheberrechtsstreitigkeiten hatte das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 22.11.2011, Az. 6 W 256/11 ausgeführt, dass der bis dato vom Gericht angenommene Regelstreitwert von 6.000,00 EUR bei Privatpersonen bzw. Kleingewerbetreibenden auf Beklagtenseite auf 3.000,00 EUR zu reduzieren ist. Begründet wurde die Herabsenkung damit, dass der Rechtsverstoß entsprechend seines wirtschaftlichen Gewichts realistisch einzuordnen sei.

Wenn man sich vor Augen führt, dass sich ein Kleingewerbetreibender bzw. eine Privatperson im Rahmen des typischen „Bilderdiebstahls“ trotzdem dem Vorwurf aussetzen muss, vorsätzlich fremdes Urheberrecht missachtet zu haben, kann ich nicht nachvollziehen, wie eine fahrlässig unterbliebene Urheberkennzeichnung den gleichen Streitwert auslösen soll – und so liegt der Fall bei quasi allen von unserer Kanzlei sonst bearbeiteten Abmahnungen dieser Art. Die Betroffenen haben schlicht übersehen, dass “lizenzfreie” Bilder mit einem Urhebervermerk versehen werden müssen.

Hinzu kommt, dass mit einem normalen „Bilderklau“ regelmäßig eine Verletzung von § 13 UrhG einhergeht, die in den Gesamtunterlassungsstreitwert einfließt, ohne wertmäßig relevante Eigenbedeutung zu erlangen – anders als z.B. bei einem parallel zur Unterlassung geltend gemachten Auskunftsanspruch. Ich bin daher seit langem der Auffassung, dass bei Verfahren, die “nur eine Verletzung von § 13 UrhG zum Gegenstand haben ein strukturell völlig anderer Streitwert anzusetzen ist als bei der grundsätzlich rechtswidrigen Nutzung eines fremden Lichtbilds.

Weiter spricht für eine Streitwertreduzierung, dass es sich bei Patrick Jenning nicht um einen Berufsfotografen, sondern nach eigenem Vortrag um einen Hobbyfotografen handelt. Dessen Interesse an einer Urheberbenennung ist weitaus geringer einzuschätzen als das Interesse eines Berufsfotografen im Hinblick auf eine etwaige Werbewirkung.

Ich habe daher angeregt, den Streitwert mindestens auf 3.000,00 EUR zu reduzieren, sofern nicht gar eine Herabsetzung auf 1.000,00 – 2.000,00 EUR angemessen ist.

Update vom 21.08.2014

Das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.08.2014 ist hier abrufbar.

Update vom 28.08.2014

Leider hat das OLG Köln meine Anregung nicht aufgegriffen und den Streitwert für das Berufungsverfahren ohne Begründung auf 6.000,00 EUR festgesetzt (OLG Köln, Beschluss vom 21.08.2014, Az. 6 U 25/14).

Autor: Niklas Plutte

Niklas Plutte ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit Sitz in Mainz. Folgen Sie ihm bei Twitter, Facebook und LinkedIn!

14 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Sehr schön. Das heisst, das OLG hat begriffen, dass Webseiten keine PDF-Dateien sind, bei denen Bilder direkt eingebunden sind… ;-)

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  2. Bei den schlechten Fotos die auf der Website von Herrn Patrick Jenning zu sehen sind dürfte zumindest mal klar sein das über den Verkauf dieser “Bilder” kein Unterhalt zu verdienen ist.
    Ob da wohl jemand das schnelle Geld vermutet hat ? Frei nach dem Motto: “Von B.T. lernen, heisst verdienen lernen”? Schön das Gerichte gelegentlich auch mal vernünftig urteilen.
    Gruss axel lauer

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  5. Der neue Vorsitzende der 14. Zivilkammer des LG Köln und damit Nachfolger von Frau Reske hat in der Tat ganz eigene Vorstellungen. Gut, dass es da noch das OLG Köln gibt.

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  12. Wie sieht es in diesem Zusammenhang mit der Funktion des “Mouse-Over” aus, da zahlreiche WebCMS diese Funktion zur Darstellung eines Titels (oder des Quellennachweises) verwenden: Die Quelle ist nur sichtbar, wenn man mit der Maus über das Bild fährt. Genügt das als Quellennachweis?
    Ein entsprechendes Urteil des AG Düsseldorf lautet folgendermaßen: “[…] der Name des Urhebers lediglich durch Überstreichen mit dem Mauszeiger (Mausover) erkennbar war. Es handelt sich hierbei um keine mit einer dauerhaften Darstellung vergleichbare Urheberbezeichnung, weil sie nicht dauerhaft zu sehen ist und im Fall der Verwendung mit einem mauslosen Tablet-PC gänzlich untergehen kann.” (vgl.: http://www.rechtambild.de/2015/02/ag-duesseldorf-urteil-vom-3-september-2014-az-57-c-559314/)

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  13. Eine Urheberkennzeichnung via Mouseover reicht bei Nutzung von Stockfotos der bekannten Anbieter wie Fotolia oder Pixelio nicht aus. Grund ist, dass der Hinweis ohne aktive Mitwirkung des Users nicht angezeigt wird. Auf mobilen Geräten erfolgt gar keine Darstellung, weil es dort keinen Mouseover gibt. Dass der Bildverwender zumindest in einer gewissen Art und Weise gekennzeichnet hat – wenn auch nicht optimal – wird aber bei der Höhe des Schadensersatzes berücksichtigt, vgl. https://www.ra-plutte.de/2014/12/pixelio-fotos-copyright-hinweis-per-mouseover-reicht-nicht/

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  14. Pixelio hatte vor kurzer Zeit noch den Slogan, dass es sich bei dem Angebot um Public Domain, gemeinfreie Bilder handele. Es war also dem teilnehmenden Fotografen klar, dass er beim Einstellen seiner Bilder in dieser Plattform auf alle Urheberrechte verzichten würde.
    Hinzu kommt das Vertrauen, dass der Nutzer hat, der die Bilder herunterlädt und vorher groß und deutlich gelesen hat, dass es sich um Public Domain gemeinfreie Bilder handele.
    Ich bin nicht Juristin, aber irgendwie kommt mir die Angelegenheit eigenartig und intransparent vor.

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