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Fotorecht: Berechnung und Höhe des Schadensersatzanspruchs

Foto Schadensersatz Höhe

Bei unerlaubter Verwendung fremder Bilder ist der Verletzer verpflichtet, Schadensersatz an den Rechteinhaber zu zahlen, wenn er schuldhaft gehandelt hat. Dieser Beitrag erklärt im Detail, wie die Höhe des Schadensersatz bei Bildrechteverletzungen berechnet wird.

Tipp für Fotografen: Kennen Sie schon unsere großen FAQ zum Fotorecht für Fotografen?

1. Unterschied zwischen Lichtbild und Lichtbildwerk

Bei Fotografien wird in urheberrechtlicher Hinsicht zwischen Lichtbildwerken und Lichtbildern unterschieden, wobei die Fotografie nicht nur als Ganzes geschützt ist, sondern auch einzelne Teile hiervon (LG Düsseldorf, Urteil vom 01.04.2009, Az. 12 O 277/08).

Über die umgekehrte Bildersuche von Google lassen sich auch Ausschnitte von Fotos auffinden, sofern die jeweilige Webseite indexiert ist. Google findet sogar Fotos (bzw. deren Ausschnitte) in Dateien wie PDF-Dokumenten.

Abgesehen von verschieden langen Verjährungsfristen unterscheidet sich der urheberrechtliche Schutz von Lichtbildern und Lichtbildwerken kaum. Insbesondere bestehen bei unberechtigter Verwendung in beiden Fällen Unterlassungsansprüche gegen den Verletzer. Bedeutung kann die Einstufung aber für die nachfolgend beschriebene Bemessung der Schadensersatzhöhe haben.

Nachweis der Urheberschaft: Wenn auf dem Foto ein Urheber genannt ist, greift zu dessen Gunsten die gesetzliche Urhebervermutung (§ 10 UrhG). Das gilt allerdings nur, wenn der Name bzw. das Pseudonym einer natürlichen Person an einer für Urhebervermerke üblichen Stelle angegeben ist. Ist auf dem Foto eine Firmenbezeichnung angebracht, entsteht keine Urhebervermutung nach § 10 UrhG (BGH, Urteil vom 18.09.2014, Az. I ZR 76/13CT Paradies; gleiches würde für eine angebrachte Marke gelten).

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2. Wahlrecht bei Methode der Schadensersatzberechnung

Wer ein fremdes urheberrechtlich geschütztes Werk nutzen will, muss sich über den Bestand des Schutzes wie auch über den Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Die Kette einzelner Rechtsübertragungen ist grundsätzlich vollständig zu überprüfen (AG München, Urteil vom 28.05.2014, Az. 142 C 29213/13).

Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Nutzung eines fremden Bilds ohne Erlaubnis schuldet der Nutzer dem Rechteinhaber gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG Schadensersatz. Im Grundsatz ist nach § 249 BGB der Zustand wiederherzustellen, wie er ohne die Urheberrechtsverletzung bestehen würde.

Der Rechteinhaber verfügt über ein Wahlrecht, den Schaden nach einer der folgenden Berechnungsarten zu beziffern:

1. Ersatz des tatsächlichen Schadens einschließlich des entgangenen Gewinns des Rechteinhabers (§ 252 BGB)

2. Herausgabe des Verletzergewinns (§ 97 Abs. 2 S. 2 UrhG)

3. Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG)

Durch das Wahlrecht kann der Rechteinhaber ohne Rücksicht auf den Verletzer auf die für ihn günstigste Berechnungsart zurückgreifen. Selbst falls weder ein konkreter Schaden noch ein Gewinn des Verletzers nachgewiesen werden kann, bleibt ihm die Möglichkeit des Rückgriffs auf die Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, bei der auch ohne konkreten Schaden eine angemessene Lizenzgebühr fingiert wird.

Der Rechteinhaber darf sogar in ein und demselben Prozess bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Schadensersatzanspruch zwischen den drei Berechnungsarten wechseln, solange keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt oder der Schadensersatz durch Erfüllung erloschen ist (BGH, Urteil vom 25.09.2007, Az. X ZR 60/06).

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3. Bemessung der fiktiven Lizenzgebühr

Prüfungsreihenfolge

  1. Stufe – Was hätten vernünftige Vertragspartner als Vergütung vereinbart?
  2. Stufe – Bestimmung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung im Einzelfall, insbesondere unter Berücksichtigung einer zur Zeit der Verletzungshandlung am Markt durchgesetzten Lizenzierungspraxis des Rechtsinhabers.
  3. Stufe – Hilfsweise: Branchenübliche Vergütungssätze.
  4. Stufe – Hilfsweise: Schätzung durch das Gericht  (§ 287 ZPO).

vgl. OLG Jena, Urteil vom 08.05.2019, Az. 2 U 494/17

Bei der Bemessung der fiktiven Lizenzgebühr wird unterstellt, was vernünftige Vertragspartner bei Abschluss eines Lizenzvertrages als Vergütung für die Benutzungshandlung des Verletzers vereinbart hätten, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2014, Az. 22 U 98/13; OLG Köln, Urteil vom 01.03.2013, Az. 6 U 168/12) bzw. was der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Ebenso könnte man fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraums vereinbart hätten (OLG Köln, Urteil vom 26.02.2021, Az. 6 U 189/19).

Grundsätzlich ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung maßgeblich (BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17Sportwagenfoto), so dass beispielsweise wirtschaftliche Schwierigkeiten des Verletzers keine niedrigere Festsetzung der Lizenzgebühr rechtfertigen (OLG Köln, Urteil vom 26.02.2021, Az. 6 U 189/19Kate-Moss-Fotos; OLG Köln, Urteil vom 11.01.2019, Az. 6 U 10/16 mit Verweis auf: BGH, Urteil vom 29.05.1962, Az. I ZR 132/60Dia-Rähmchen II). Den maximalen Schaden stellt bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches im Wege der Lizenzanalogie die übliche Lizenzgebühr auf der letzten Handelsstufe dar. Der Rechteinhaber darf, wie auch bei einer rechtmäßigen Nutzung, für jeden Verletzungsgegenstand am Markt nur einmal eine (volle) Lizenzgebühr verlangen (OLG Jena, Urteil vom 08.05.2019, Az. 2 U 494/17 m.V.a. Raue, Dreifache Schadensberechnung, 2017, S. 553 m.w.N.).

Zu den Umständen, die den objektiven Wert der angemaßten Benutzungshandlungen beeinflussen, gehören ein etwa festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an zur Zeit der Verletzungshandlung am Markt tatsächlich vereinbarte Lizenzen (BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 m.V.a. LG Kassel, Urteil vom 04.11.2010, Az. 1 O 772/10; BGH, Urteil vom 14.03.2000, Az. X ZR 115/98Formunwirksamer Lizenzvertrag; Forch, GRUR-Prax 2016, 142, 143), die wirtschaftliche Bedeutung des geschützten Rechts, die sich in Gewinnaussichten ausdrückt und durch die am Markt zu erzielende Vergütung bestimmt wird, eine etwaige Monopolstellung des Schutzrechtsinhabers, sowie, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang gegenüber der Verwendung des geschützten Rechts gangbare und aus der Sicht eines Lizenznehmers wirtschaftlich vernünftige Alternativen vorhanden sind (vgl. OLG Köln, Urteil vom 26.02.2021, Az. 6 U 189/19Kate-Moss-Fotos).

Je nach Sachlage kann eine bestehende Vertragspraxis des Rechteinhabers als Vergleichsmaßstab herangezogen werden (vgl. etwa LG Köln, Urteil vom 20.10.2022, Az. 14 O 414/21), wobei der Verletzer berechtigt bleibt, den Nachweis zu erbringen, dass bei rechtmäßiger Nutzung des Bildes ein niedrigeres Honorar zu zahlen gewesen wäre (Gebührenliste von Getty Images als Vertragspraxis in: LG München, Urteil vom 18.09.2008, Az. 7 O 8506/07; Vorheriger Ankaufspreis eines Bildes in: AG Frankfurt a.M., Urteil vom 30.05.2014, Az. 32 C 3581/13 (18)). Dabei sind auch Preise zu berücksichtigen, die mit Billigung des Rechteinhabers von zwischengeschalteten Agenturen (Microstock-Agenturen) verlangt werden (AG München, Urteil vom 15.10.2021, Az. 142 C 1511/21). Bei der Bewertung, welche Vereinbarung vernünftige Vertragsparteien getroffen hätten, kann auch die in der Branche übliche Umsatzrendite berücksichtigt werden, da ein Lizenznehmer im Zweifel keine Lizenzgebühr vereinbaren würde, die seinen Gewinn übersteigen würde (BGH, Urteil vom 29.07.2009, Az. I ZR 169/07BTK). Per Nachlizenzierung vereinbarte Lizenzsätze reichen dagegen nicht als Nachweis für die Durchsetzung einer entsprechenden Lizenzierungspraxis am Markt aus, weil sie in der Regel eine Gegenleistung für Beilegung der Angelegenheit beinhalten (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 04.03.2021, Az. 5 U 81/15Kartenausschnitt).

Welche Anforderungen an den Nachweis einer eigenen Vertragspraxis zustellen sind, hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich kann der Rechteinhaber z.B. (un)geschwärzte Rechnungen vorlegen. Bestreitet der Abgemahnte bzw. Beklagte die behauptete Vertragspraxis sowie die Zahlung der in den Rechnungen verlangten Lizenzgebühren, ohne dass der Rechteinhaber im Anschluss zu den Zahlungen näher vorträgt und insgesamt zu diesen Umständen Beweis anbietet, wird das Gericht die Vertragspraxis nicht als Grundlage der Schadensschätzung anwenden (vgl. LG Köln, Urteil vom 24.08.2017, Az. 14 O 111/16). Nicht ausreichend ist der bloße Verweis auf eine veröffentlichte Preisliste, wenn keine auf Grundlage dieser Preisliste erstellte Rechnungen vorgelegt werden (vgl. LG Köln, Urteil vom 20.05.2021, Az. 14 O 167/20). Generell reicht der Verweis auf eine allgemeine Lizenzierungspraxis des Rechteinhabers nicht aus, er muss stattdessen für die streitgegenständlichen Fotografien Rechnungen vorlegen (vgl. LG Köln, Urteil vom 03.03.2022, Az. 14 O 139/21). Das tatsächliche Erhalten der behaupteten Preise am Markt ist zwingende Voraussetzung für die Berücksichtigung bei der Lizenzanalogie. Andernfalls hätte es der Rechteinhaber in der Hand, durch die Erstellung von Preislisten beliebige Schadensersatzforderungen durchzusetzen (BGH, Urteil vom 18.06.2020, Az. I ZR 93/19 – Nachlizenzierung; AG Köln, Urteil vom 20.06.2023, Az. 125 C 23/22).

Unerheblich ist dagegen, ob und inwieweit der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung in dieser Höhe zu zahlen und welchen Wert der Verletzte im Nachhinein der Benutzungshandlung beimisst (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17; LG Köln, Urteil vom 24.08.2017, Az. 14 O 111/16; BGH, Urteil vom 06.10.2005, Az. I ZR 266/02Pressefotos; BGH, Urteil vom 16.08.2012, Az. I ZR 96/09 – Einzelbild).

Besteht keine Lizenz- bzw. Vertragspraxis, liegt es für die Festsetzung einer angemessenen Lizenzgebühr nahe, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Maßstab heranzuziehen, wenn sich in dem maßgeblichen Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (BGH, Urteil vom 06.10.2005, Az. I ZR 266/02Pressefotos).

Ansonsten hat der Tatrichter die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr gemäß § 287 ZPO unter umfassender Würdigung der gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17Sportwagenfoto; BGH, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 68/08Restwertbörse I). Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu (vgl. LG Köln, Urteil vom 20.05.2021, Az. 14 O 167/20). Im Zusammenhang mit der unberechtigten Nutzung einer Fotografie im Internet wird es dabei unter anderem auf Intensität und Ausmaß der Nutzung, insbesondere ihre Dauer, und die Qualität des Lichtbilds ankommen (BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17Sportwagenfoto; OLG Jena, Urteil vom 08.05.2019, Az. 2 U 494/17). Soweit damit objektiv eine Erhöhung des wirtschaftlichen Werts der Bildernutzung verbunden ist, wird ferner der für die Erstellung des Lichtbilds erforderliche Aufwand zu berücksichtigen sein (BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17Sportwagenfoto m.V.a. Forch, GRUR-Prax 2016, 142, 144).

Als Grundlage bzw. Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO dienen dabei häufig die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM-Tabellen) (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2005, Az. I ZR 266/02Pressefotos; OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.05.2006, Az. I-20 U 138/05Informationsbroschüre; OLG Brandenburg, Urteil vom 15.05.2009, Az. 6 U 37/08MFM – Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig, Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11).

Die MFM ist ein Arbeitskreis des Bundesverbandes der Pressebild-Agenturen und Bildarchive e.V., der es sich zum Ziel gesetzt hat, marktübliche Vergütungen und Konditionen für Bildnutzungsrechte zu ermitteln. Zu diesem Zweck gibt die MFM jährlich eine Broschüre mit Übersichten der durchschnittlichen Nutzungshonorare für Fotografien in Deutschland heraus. Die Honorarempfehlungen der MFM basieren auf Befragungen von Bildagenturen, Fotografen und Bildjournalisten, also auf Erfahrungswerten professioneller Marktteilnehmer (LG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2012, 23 S 66/12).

Im Abschnitt „Online-Nutzungen, Internet, Webdesign, Pop-Ups, Banner, Online-Shops (Werbung/PR/Corporate Publishing)“ enthalten die MFM-Empfehungen z.B. Honorarsätze für die Nutzung von Lichtbildern im Rahmen von gewerblichen Internetpräsentationen. Demzufolge werden sie bei der Einstellung von Lichtbildern in gewerbliche Verkaufsangebote im Internet, auch auf Online-Plattformen, als Ausgangspunkt für die Schätzung der vom Verletzer zu entrichtenden fiktiven Lizenz herangezogen (vgl. LG Köln, Urteil vom 24.08.2017, Az. 14 O 111/16 m.V.a. OLG Brandenburg, Urteil vom 15.05.2009, Az. 6 U 37/08MFM – Bildhonorartabellen, LG Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2008, Az. 12 O 416/06; OLG Köln, Urteil vom 01.03.2013, Az. 6 U 168/12).

Die MFM-Tabellen sind allerdings nicht schematisch anzuwenden, sondern unter Einbeziehung sämtlicher individueller Sachverhaltsumstände gegebenenfalls zu modifizieren, da die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr bieten. Dies kann je nach Lage des Falls zu einer Erhöhung oder Senkung der Lizenzgebühr führen (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2005, Az. I ZR 266/02 – Pressefotos; OLG Braunschweig, Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11; OLG Köln, Urteil vom 30.04.2010, Az. 6 U 201/09 sowie OLG Köln, Urteil vom 23.05.2012, Az. 6 U 79/12; OLG Köln, Urteil vom 01.03.2013, Az. 6 U 168/12). Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 68/08Restwertbörse I).

Das OLG Hamburg hat grundsätzliche Bedenken gegen die MFM-Empfehlungen, weil es sich um einseitige Vergütungsvorstellungen eines Interessenverbandes von Fotografen handelt, hält die Honorare aber für einen „brauchbaren Überblick“ (OLG Hamburg, Urteil vom 02.09.2009, Az. 5 U 8/08). Das OLG Köln entschied in einem Prozess zur rechtswidrigen Übernahme von 52 Fotografien eines Profifotografen, dass die MFM-Empfehlungen „ausnahmsweise“ als Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO angesehen werden könnten, „auch wenn die Empfehlungen von zahlreichen Gerichten häufig als überhöht abgelehnt wurden“ (OLG Köln, Urteil vom 11.01.2019, Az. 6 U 10/16). Der BGH hat die Frage mehrfach offen gelassen bzw. es für „fraglich“ erachtet, ob es sich bei den MFM-Empfehlungen tatsächlich um marktübliche Vergütungen für Bildnutzungsrechte oder vielmehr einseitige Festlegungen der Anbieterseite handelt (BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17Sportwagenfoto mit Verweis auf: BGH, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 68/08Restwertbörse I; ablehnend bei einfachen Produktfotos: BGH, Urteil vom 18.09.2014, Az. I ZR 76/13CT-Paradies). Abgelehnt wurde die Anwendung der MFM-Tarife für den Fall einer Zweitverwertung nach bereits erfolgter kostenpflichtiger Erstverwertung abbilden (LG Köln, Urteil vom 01.07.2021, Az. 14 O 15/20 mit Verweis auf OLG Köln, Urteil vom 28.10.2016, Az. 6 U 206/15).

Sind weder Rechteinhaber noch Rechtsverletzer in Deutschland geschäftsansässig, liegt es fern, Lizenzkosten für Nutzungsrechte an Lichtbildern nach den deutschen MFM-Tabellen zu berechnen (vgl. LG Köln, Urteil vom 20.05.2021, Az. 14 O 167/20).

Umsatzsteuer fällt nicht an, da Schadensersatzzahlungen kein Entgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG darstellen (BGH, Urteil vom 26.03.2009, Az. I ZR 42/06). Nach dem FG Sachsen handelt es sich fiktiven Lizenzgebühren um sog. nicht steuerbaren Schadensersatz, der nicht der Umsatzbesteuerung unterliegt. Die Zahlungen müssen aber als Betriebseinnahmen versteuert werden.

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4. Anwendbarkeit der MFM-Tabellen

Von der Rechtsprechung werden die MFM-Tabellen ganz überwiegend dann als Grundlage der Schadensschätzung nach § 287 ZPO angewendet, wenn

1. die Bildnutzung nicht im rein privaten Kontext erfolgte und

2. das Bild von einem Berufsfotografen bzw. professionellen Marktteilnehmer stammt (BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17Sportwagenfoto; OLG Köln, Urteil vom 11.01.2019, Az. 6 U 10/16; OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2014, Az. 22 U 98/13) bzw. in seiner Qualität an eine professionelle Aufnahme heranreicht (st. Rspr. der 14. Kammer des Landgerichts Köln, vgl. LG Köln, Urteil vom 24.08.2017, Az. 14 O 111/16; LG Köln, Urteil vom 27.05.2014, Az. 14 S 38/13 ebenso wie der Rechtsprechung des zuständigen OLG-Senats (OLG Köln, Urteil vom 01.03.2013, 6 U 168/13); weiterhin OLG München, Urteil vom 05.12.2013, Az. 6 U 1448/13; LG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2012, Az. 23 S 386/11).

Die MFM-Tabelle „Online-Zeitungen und Zeitschriften“ ist anwendbar, wenn eine redaktionelle Nutzung vorliegt. Das ist der Fall, wenn das Bild vor allem oder allein zu Informations- oder Meinungsbildungszwecken verwendet wird. Werden auch AdWords-Anzeigen eingeblendet, handelt es sich nicht mehr um eine redaktionelle, sondern kommerzielle Nutzung mit der Folge, dass die MFM-Tabelle „Online-Nutzung, Internet, Webdesign, Pop-Ups, Banner, Online-Shops“ einschlägig ist (AG München, Urteil vom 09.04.2014, Az. 142 C 5827/14). Das OLG Köln wendete die MFM-Tabelle „Online-Zeitungen und Zeitschriften, Intranet, Informationsdienste (redaktionelle Nutzung)“ als Ausgangspunkt der Schadensbemessung an, weil mit den betroffenen Fotos keine Werbung betrieben worden war und die Nutzung im Rahmen des Bildarchivs einer Nutzung im Rahmen eines Informationsdienstes nahestehe (OLG Köln, Urteil vom 11.01.2019, Az. 6 U 10/16). Interessant sind auch die Ausführungen des Gerichts zu einer behaupteten Mehrfachnutzung der Fotos:

„Soweit der Kläger darüber hinaus Zuschläge für eine „parallele 3-fach-Nutzung“ und „Bilderstrecke“ geltend macht, sind diese nach Auffassung des Senats im konkreten Fall nicht gerechtfertigt. Die Einstellung der Lichtbilder erfolgt in eine einheitliche Datenbank, so dass der Fall nicht mit einer „parallelen 3-fach-Nutzung“ vergleichbar ist. Auch ein Zuschlag für die Bilderstrecke sieht der Senat nicht als gerechtfertigt an. Dies gilt jedenfalls bei der Nutzung in der konkreten Form, weil durch die Einstellung einer Bilderstrecke in eine Datenbank kein Mehrwert anzunehmen ist, der eine höhere Lizenz rechtfertigen würde.“

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5. Keine / eingeschränkte Anwendbarkeit der MFM-Tabellen

Nicht anwendbar sind die MFM-Tabellen nach richtiger, wenngleich umstrittener Auffassung, wenn die Fotonutzung im rein privaten Kontext erfolgte, etwa bei Verwendung eines Fotos im Rahmen einer privaten eBay-Auktion oder einem privaten Blog.

Die abweichende Position der 14. Kammer des Landgerichts Köln, wonach die MFM-Tarife auch bei Bildnutzung durch eine Privatperson zumindest als Anhaltspunkt für die Schätzung herangezogen werden können, wenn die Intensität der Nutzung einer gewerblichen Nutzung jedenfalls gleichsteht (LG Köln, Urteil vom 03.03.2022, Az. 14 O 139/21), ermöglicht keine klare Abgrenzung. Mit der Begründung des Landgerichts, wonach eine

„ausgiebige Nutzung von Lichtbildwerken bei Pinterest, verbunden mit der guten Auffindbarkeit durch die Google Bildersuche […] den Kläger mindestens in gleicher Intensität wie eine Nutzung durch einen Unternehmer auf dessen Internetauftritten [betrifft]“

lässt sich nahezu jede Rechtsverletzung durch Privatpersonen einer gewerblichen Nutzung gleichstellen. Wann die geforderte Intensitätsgrenze überschritten ist, bliebe unscharf und letztlich beliebig.

Fakt ist stattdessen, dass die MFM keine Empfehlungen für die gegenüber privaten Nutzern üblichen Vergütungen gibt. Hinzu kommt, dass für den privaten Bereich kein spezieller Markt mit konkreten Bildlizenzsätzen existiert (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11). Vor diesem Hintergrund erscheint es adäquater, bei Rechtsverletzungen durch Privatpersonen eine im Einzelfall angemessene Lizenzgebühr zuzusprechen, deren Höhe üblicherweise erheblich unter den MFM-Empfehlungen liegen wird.

– 20,00 EUR für Bildnutzung in privater eBay-Auktion (AG Düsseldorf, Urteil vom 08.08.2014, Az. 57 C 3783/14; AG Düsseldorf, Beschluss vom 14.07.2014, Az. 57 C 4962/14, letzteres bestätigt durch LG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2014, Az. 23 T 62/14; OLG Braunschweig, Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11; LG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2012, Az. 23 S 66/12; LG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2012, Az. 23 S 66/12; OLG Brandenburg, Urteil vom 03.02.2009, Az. 6 U 58/08).

Wichtig: Das Kammergericht hat seine Rechtsprechung rund um Pixelio Abmahnungen zu Gunsten der Abgemahnten geändert. Die MFM-Honorarempfehlungen sind bei Nutzung von Pixelio Fotos ohne korrekte Urheberbenennung nicht anwendbar. Es besteht kein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr. Das Landgericht Berlin folgt dieser Linie (LG Berlin, Urteil vom 22.12.2015, Az. 16 O 38/15; LG Berlin, Urteil vom 29.01.2016, Az. 16 O 522/14).

In einem vergleichbaren Sachverhalt, bei dem der Urheber seine Fotos kostenlos gegen Verlinkung zur Verfügung stellte, hat der BGH ebenfalls die Anwendung der MFM-Honorarempfehlungen abgelehnt und stattdessen nur 10 EUR pro Foto (Lizenzschaden) plus Aufschlag in Höhe von 100% zugesprochen, insgesamt also 20 EUR pro Bild.

Ein weiterer Sonderfall der kommerziellen Fotonutzung, in der die Anwendbarkeit der MFM-Empfehlungen abgelehnt wurde, war die unerlaubte Nutzung von professionellen Produktfotos, die einem Vertriebspartner vom Hersteller zur Verfügung gestellt worden waren.

Umstritten ist die Anwendbarkeit der MFM-Honorarempfehlungen, wenn die Bildnutzung zwar im gewerblichen Kontext erfolgte, der Urheber aber kein Berufsfotograf ist, wie es bei der unerlaubten Übernahme von Produktfotos oft der Fall ist. Teilweise wird in derartigen Fällen eine Anwendbarkeit der MFM-Empfehlungen abgelehnt. Nach anderer Ansicht können die MFM-Empfehlungen als Ausgangspunkt der Schadensschätzung verwendet werden, sofern im Anschluss ein angemessener Abschlag erfolgt.

– 100 Euro für einfachen Schnappschuss (BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17Sportwagenfoto mit detaillierter Einzelfallprüfung ab Randnummer 25).

– Abzug von einem Drittel bei 51 „einfachen Produktfotos“ von Gartenarbeitsbekleidung und Gartenarbeits-Accessoires (LG Düsseldorf, Urteil vom 08.03.2017, Az. 12 O 190/14).

– bei qualitativ hochwertigen Fotos, die nicht von Berufsfotograf erstellt wurden, sind MFM-Empfehlungssätze mit 20 % Abschlag angemessen (LG Köln, Urteil vom 24.08.2017, Az. 14 O 111/16)

– 100,00 EUR bei Nutzung von Fotos im eigenen Onlineshop, die vom Geschäftsführer erstellt worden waren (OLG München, Urteil vom 05.12.2013, Az. 6 U 1448/13).

– MFM-Empfehlungen anwendbar, aber Abschlag in Höhe von 60 % (OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2014, Az. 22 U 98/13).

– 120,00 EUR bei Nutzung von Produktfoto für kommerziellen Vertrieb über eBay, MFM-Empfehlungen als Grundlage der Schadensberechnung verwendbar, aber einzelfallbezogener Abschlag (LG Köln, Urteil vom 27.05.2014, Az. 14 S 38/13).

– 100,00 EUR pro Foto ohne Bezugnahme auf MFM-Empfehlungen bei Nutzung professioneller Produktfotos in eBay-Auktion (AG Düsseldorf, Urteil vom 05.05.2014, Az. 57 C 9057/13).

– 120,00 EUR für selbst gefertigte hochwertige Produktfotografie mit erheblichem Erstellungsaufwand (eigenes Fotolabor) und ähnlicher Qualität wie von Berufsfotografen (LG Köln, Urteil vom 27.05.2014, Az. 14 S 38/13), aber nur 80,00 EUR bei Verwendung derartiger Aufnahmen im Rahmen von eBay-Kleinanzeigen (LG Köln, Urteil vom 26.06.2014, Az. 14 S 37/13).

Rechtstipps zur Ermittlung und Verfolgung von Bilderklau bei eBay

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6. MFM-Tabellen und Creative Commons Lizenzen

Bei einem Lichtbild, das unter der „Creative Commons Attribution Non Commercial 2.0“ Lizenz (CC-BY-NC) unentgeltlich für die nicht-kommerzielle Nutzung freigegeben ist, scheidet nach Auffassung der in Urheberrechtssachen häufig angerufenen Kölner Gerichtsbarkeit eine Schadensersatzberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in Anlehnung an die MFM-Tabellen aus (vgl. OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014, Az. 6 U 60/14). Wörtlich entschied das Oberlandesgericht Köln (mit Hervorhebungen durch uns):

„Der „objektive Wert“ der nicht-kommerziellen Nutzung eines unter der Creative Commons-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts kann nur mit Null angesetzt werden […]. Im Fall der fehlenden Urheberbenennung eines Fotografen wird zwar üblicherweise ein 100%iger Aufschlag auf den nach der Lizenzanalogie berechneten Schaden gewährt […] Aber 100% von 0 sind immer noch 0; ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Kläger als Urheber benannt hat, wenn auch nicht in der nach den Lizenzbedingungen geschuldeten Form.

Immaterieller Schaden (§ 97 Abs. 2 S. 4) wird seitens des Klägers nicht geltend gemacht; es würde im Übrigen auch an einer schwerwiegenden und nachhaltigen Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts des Klägers fehlen, die ein solcher Anspruch voraussetzt.“

In einem nachfolgenden Beschluss ging das OLG Köln noch weiter und entschied, dass bei nicht lizenzkonform genutzten Fotos unter Creative Commons Lizenz grundsätzlich weder ein Anspruch auf Zahlung fiktiver Lizenzgebühren noch auf Zahlung eines Verletzeraufschlags wegen fehlender Urheberbenennung besteht. Das betroffene Foto war für die kommerzielle und nicht-kommerzielle Nutzung freigegeben worden (OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2016, Az. 6 W 72/16).

Das OLG Köln bestätigte seine Rechtsprechungslinie erneut im „Speicherstadt“-Urteil (OLG Köln, Urteil vom 13.04.2018, Az. 6 U 131/17). Dort ging es um ein bei wikimedia.org unter der Creative Commons License „Attribution-Share 3.0 Unported“ kostenlos zur kommerziellen wie nicht-kommerziellen Nutzung zur Verfügung gestelltes Foto, das vom Nutzer nicht korrekt gekennzeichnet worden war. Das Gericht stufte die CCBY-SA 3.0 Lizenz als Allgemeine Geschäftsbedingungen ein, da sie für eine Vielzahl von Lizenzverträgen vorformuliert sei. Dass die Creative Commons Lizenz nicht von einer Vertragspartei, sondern von dritter Seite formuliert sei, schade nicht. Im Ergebnis erhielt der Fotograf auch hier keinen Schadensersatz.

Das Landgericht Frankfurt entschied, dass Fehler im Rahmen der CC Kennzeichnungspflichten einen Verstoß gegen die jeweilige Creative Commons Lizenz darstellen. Beispielhaft benannte das Gericht als Verstöße eine fehlende Verlinkung auf die einschlägige Creative Commons Lizenzurkunde oder eine unterbliebene Nennung des Bildtitels. Es handele sich um eine auflösende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 2 BGB, deren Eintritt zum Entfall der Nutzungsrechte führe (LG Frankfurt, Urteil vom 16.08.2018, Az. 2-03 O 32/17). Entgegen der Meinung des OLG Köln dürfe der Wert einer Creative Commons Lizenz auch nicht mit 0 € beziffert werden. Gleichzeitig lehnte das LG Frankfurt aber die Anwendbarkeit der MFM-Empfehlungen ab. Bei einem unter Creative Commons-Lizenz stehenden Foto könne die MFM-Tabelle nicht zur Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr angewendet werden. Wenn der Fotograf Schadensersatz fordern wolle, müsse er die Höhe des Schadens nachweisen. Bei der Bemessung der Schadensersatzhöhe sei wiederum zu berücksichtigen, dass der Fotograf das Lichtbild unter eine Creative Commons Lizenz gestellt habe, was dazu führen könne, dass bei unzureichendem Vortrag des Fotografen kein Raum für eine Schadensschätzung bleibe.

Auch das Amtsgericht Würzburg lehnte bei unerlaubter Nutzung eines unter Creative Common Lizenz stehenden Fotos auf einer Internetseite unter Verweis auf das OLG Köln Schadensersatzansprüche ab, da kein Schaden entstehe (AG Würzburg, Urteil vom 23.07.2020, Az. 34 C 2436/19).

Für die Verwendung eines Fotos der Plattform deviantart.com durch einen kleinen Sportverein erhielt der Fotograf 0 Euro Schadensersatz vom Landgericht Nürnberg-Fürth zugesprochen, nachdem ganze 23.951,25 Euro Schadensersatz für eine zehnjährige Nutzung plus 1.564,26 Euro Anwaltskosten eingeklagt worden waren (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 12.10.2020, Az. 19 O 73/20). Die Nutzungsbedingungen auf deviantart.com sahen vor:

„You are free to use/share the wallpapers but you are not allowed to edit them or to use them for commercial purposes. Don’t forget to mention my copyright, too.“

Da der Abmahner nicht als Berufsfotograf tätig und die prinzipiell kostenfrei lizenzierbare Aufnahme vom Sportverein nicht kommerziell genutzt worden war, entschied das Gericht – offenkundig unter Bezug auf die Rechtsprechung des OLG Köln – „dass der objektive Wert der nicht-kommerziellen Nutzung des Bildes mit Null anzusetzen ist“.

Das Amtsgericht Frankfurt urteilte, dass ein Fotograf keinen Schadensersatz verlangen kann, wenn er seine Aufnahmen unter die kostenfreie GNU-Lizenz für freie Dokumentation (Version 1.2 oder später) oder die Creative-Commons-Lizenz »Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert« stellt und ein Dritter das Foto ohne Namensnennung nutzt. Beide Lizenzen sehen vor, dass die Werke ohne Entgelt verwendet werden dürfen und der Name des Fotografen zu nennen ist (AG Frankfurt, Urteil vom 05.01.2022, Az. 30 C 4113/20 (47)). Im Fall sei jedoch kein in Geld bezifferbarer Schaden entstanden. Voraussetzung der Schadensermittlung wäre ein Verlust, den der Urheber durch den entgangenen Werbeeffekt erleide (OLG Frankfurt, Urteil vom 22.10.2019, Az. 11 U 95/18). Hier sei aber nicht ersichtlich gewesen, dass dem Fotografen Aufträge dadurch entgangen sind, dass seine Bilder ohne Namensnennung verwendet wurden (Anmerkung: Stadtansichten eines Ortes bzw. Rathauses). Es habe sich nicht um Bilder gehandelt, die sich von zahlreichen anderen Stadtansichten abheben würden oder sonst einen besonderen Werbewert hätten. Gerade bei derlei Fotografien sei nicht ohne weitere Anhaltspunkte davon auszugehen, dass Dritte bei Betrachtung der Fotos unter Nennung des Namens des Urhebers nach diesem gesucht und ihm Aufträge erteilt hätten. Ebenso sei nicht ersichtlich, dass die Nutzerin durch Verwendung der Bilder einen Gewinn erzielte, der unter dem Gesichtspunkt des Verletzergewinns herauszugeben wäre.

Praktische Unterschiede zwischen den Gerichtsauffassungen ergeben sich aus unserer Sicht nur, wenn der abmahnende Fotograf nachweisen kann, dass ihm im Vorfeld der Auseinandersetzung mit dem Verletzer von Dritten für das konkret betroffene Bild (nicht andere von ihm geschossene Fotos) eine Vergütung gezahlt wurde für die Berechtigung, das Foto außerhalb der Creative Commons Lizenzvorgaben nutzen zu dürfen. Falls Fotografen im Rahmen von Abmahnungen zum Nachweis der Schadensersatzhöhe Rechnungen aus der Vergangenheit vorlegen, empfehlen wir, den Hintergrund dieser Rechnungen kritisch zu prüfen, insbesondere darauf, ob sie dasselbe Foto betreffen oder fingiert wurden.

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7. Honorarempfehlungen der VG Bild und Kunst bei Lichtbildwerken

Bei Lichtbildwerken, d.h. Fotografien, die eine ausreichende Schöpfungshöhe im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG aufweisen, kann zur Schadensberechnung nach teilweiser Auffassung auf die Honorarempfehlungen der VG Bild und Kunst zurückgegriffen werden (AG Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2010, Az. 57 C 4889/10).

Für die Zweitverwertung einer professionellen Fotoserie bestehend aus elf Nacktfotos eines bekannten Modells (Kate Moss), die im Playboy veröffentlicht worden waren, sprach das OLG Köln dem Playboy als Rechteinhaber insgesamt 25.300 Euro Schadensersatz zu. Das Gericht nahm auf Basis von Sachverständigengutachten einen Durchschnittswert je Einzelbild in Höhe von 5.500 Euro an. Durch die Bilderserie ergebe sich eine Verminderung um 15 % auf je 4.675 Euro pro Erstveröffentlichung. Diesen Wert minderte das Gericht mit Blick auf die Zweitverwertung um die Hälfte auf 2.300 Euro je Foto. Für das Unterlassungsbegehren setzte das OLG Köln einen Streitwert in Höhe von 110.000 Euro an. Der Auskunftsanspruch wurde zusätzlich mit „allenfalls“ 100 Euro je Bild beziffert, wodurch sich ein Gesamtstreitwert von 111.100 Euro ergab (vgl. OLG Köln, Urteil vom 26.02.2021, Az. 6 U 189/19Kate-Moss-Fotos).

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8. Zusätzliche Geldentschädigung bei immateriellen Schäden

Nach § 97 Abs. 2 Satz 4 UrhG kann wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, zusätzlich eine Entschädigung in Geld verlangt werden, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht. Voraussetzung für immateriellen Schadensersatz ist ein schwerwiegender Eingriff, bei dem die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Eine derartige Entschädigung stellt nicht die Regel dar, sondern den Ausnahmefall. Sie kann z.B. bei schwerwiegenden Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu zahlen sein.

Uns werden oft Fragen zum Recht am eigenen Bild gestellt. Was man als Fotograf, Werbetreibender und einfacher Internetnutzer wissen sollte, erklären wir in unseren FAQ zum Recht am eigenen Bild. Kommt es dazu, dass Fotos, Videos oder Zeichnungen von Personen ohne Erlaubnis veröffentlicht werden, kann darin eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild liegen. Hier finden Sie Antworten darauf, welche Ansprüche bei Verletzungen des Rechts am eigenen Bild bestehen.

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9. Aufschlag wegen unterlassenem Bildquellennachweis

Dem Urheber steht nach § 13 S. 1 UrhG ein Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft an der Fotografie zu. Nach § 13 Satz 2 UrhG kann er bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.05.2006, Az. I-20 U 138/05). Im Falle von Bildrechtsverletzungen wird in bestimmten Sachverhaltskonstellation angenommen, dass vom Verletzer bei unterbliebenem Bildquellennachweis („Urhebervermerk“) wegen Verkehrsüblichkeit bzw. Billigkeit ein zusätzlicher Ausgleich an den Rechteinhaber zu zahlen ist (teilweise bezeichnet als Verletzerzuschlag).

Wegen seines höchstpersönlichen Charakters können Ansprüche wegen Verletzungen des Rechts auf Urheberbenennung nur vom Urheber selbst geltend gemacht werden (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 17.05.2022, Az. 11 U 115/21; LG Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2008, Az. 12 O 416/06; LG Köln, Urteil vom 23.09.2009, Az. 28 O 250/09). Eine früher teilweise vertretene Ansicht, wonach auch Inhaber von ausschließlichen Nutzungsrechte im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft Ansprüche wegen Verletzung von § 13 UrhG geltend machen können (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 01.04.2009, Az. 12 O 277/08; LG München, Urteil vom 18.09.2008, Az. 7 O 8506/07), dürfte überholt sein.

Die Aufschläge sind dem Grunde und der Höhe nach umstritten. Von einer generellen Ablehnung über Ermessensentscheidungen im Einzelfall bis hin zur pauschalen Verdoppelung der Lizenzgebühr wird nahezu alles vertreten. Von einer gefestigten Rechtsprechung kann nur gesprochen werden bei Fotos von Berufsfotografen, die unerlaubt im gewerblichen Umfeld genutzt wurden. Hier muss der Verletzer bei unterbliebenem Bildquellennachweis damit rechnen, dass neben der fiktiven Lizenzgebühr ein zusätzlicher Aufschlag von regelmäßig 100 % an den Urheber zu zahlen ist, die Lizengebühr also im Ergebnis verdoppelt wird.

In einer neueren Entscheidung führt der Bundesgerichtshof in Bezug auf die unerlaubte Übernahme eines einfachen Schnappschusses aus:

„Wegen der Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft kann der Kläger gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 und 3 UrhG eine weitere Entschädigung in Höhe von 100 € verlangen. Die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines für die fehlende Urhebernennung verursachten Vermögensschadens geschuldet ist, kann in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen werden, die für die jeweilige Nutzung (hier das Vervielfältigen und öffentliche Zugänglichmachen der Fotografie) zu zahlen ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2015, Az. I ZR 148/13 – Motorradteile). Es lässt keinen Rechtsfehler erkennen, dass das Berufungsgericht auch diesen Betrag im Streitfall auf 100 € bemessen hat.“

Nach dem europäischen Gerichtshof sind derartige Aufschläge europarechtskonform. Zur Vermeidung von Missverständnissen: Die Entscheidung bedeutet nicht, dass in jedem Fall von Bildrechteverletzungen mit unterbliebener Urheberbenennung stets eine Verdopplung des Lizenzschadensersatzes gefordert werden darf. Der EuGH hat lediglich geurteilt, dass entsprechende gesetzliche Regelungen Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG nicht verletzen (EuGH, Urteil vom 25.01.2017, Az. C-367/15).

Beispiele aus der deutschen Rechtsprechung:

Kein Aufschlag

– bei selbst erstellten Bildern eines eBay-Händlers (LG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2013, Az. 17 O 872/12)

– bei selbst erstellten Bildern im Rahmen eines privaten eBay-Verkaufs (OLG Braunschweig, Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11), schon gar nicht, wenn der Anspruch nicht vom Urheber selbst, sondern einem ausschließlich Nutzungsberechtigen geltend gemacht wird (AG Düsseldorf, Urteil vom 08.08.2014, Az. 57 C 3783/14).

– bei abfotografiertem Stadtplan (AG Bielefeld, Urteil vom 12.09.2013, Az. 42 C 58/13)

– bei Aufnahmen aus dem Bereich der Food-Fotografie (OLG Hamburg, Urteil vom 02.09.2009, Az. 5 U 8/08 mit Verweis auf: BGH GRUR 1988, 296, 299 – GEMA-Vermutung IV). Ein Zuschlag allein wegen rechtswidriger Nutzung eines Bildes sei grundsätzlich abzulehnen, da er nicht dem Ausgleichscharakter des deutschen Schadenersatzrechts entspreche. Außerdem beruhe die Berechnungsmethode der Lizenzanalogie auf der Fiktion des Abschlusses eines Lizenzvertrages über die erfolgte Nutzung; bei der Ermittlung dessen, was vernünftige Vertragspartner vereinbart hätten, müsse also der Aspekt der unberechtigten Nutzung außer Betracht bleiben, denn hierüber hätten sie ja keine Abmachung getroffen.

– bei Lichtbild unter „Creative Commons Attribution Non Commercial 2.0“ Lizenz (CC-BY-NC) (OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014, Az. 6 U 60/14).

50 % Aufschlag

– bei Nutzung sog. Nutzung sog. Kartographie-Kacheln (OLG Hamburg, Urteil vom 04.03.2021, Az. 5 U 81/15)

– bei Nutzung von Fotos im eigenen Onlineshop, die vom gegnerischen Geschäftsführer erstellt worden waren –  anders aber bei Berufsfotografen, dort Zuschlag von pauschal 100 % (OLG München, Urteil vom 05.12.2013, Az. 6 U 1448/13)

– bei rechtswidriger Veröffentlichung von Kartenmaterial im Internet (KG Berlin, Urteil vom 21.03.2012, Az. 24 U 130/10)

100 % Aufschlag

– Illustration / Grafik (AG München, Urteil vom 15.10.2021, Az. 142 C 1511/21; grundsätzlich Aufschlag in Höhe von 100%. Ausnahme 1: Rechteinhaber verlangt unzutreffenderweise Nennung seines eigenen Namens als Urheber. Ausnahme 2: Der Urheber als solcher tritt nicht öffentlich auf, da er anonym bleiben möchte).

– Lichtbildwerk eines professionellen Fotografen (LG Köln, Urteil vom 20.05.2021, Az. 14 O 167/20).

– einfacher Schnappschuss (BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17Sportwagenfoto).

– 51 professionelle Fotos von Gartenarbeitsbekleidung und Gartenarbeits-Accessoires (LG Düsseldorf, Urteil vom 08.03.2017, Az. 12 O 190/14).

– Cartoon-Zeichnungen im Internet (LG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 03.09.2018, Az. 2-03 S 10/18)

– professionelle Architekturfotografien (LG Düsseldorf, Urteil vom 26.08.2015, Az. 12 O 370/14)

– professionelle Fotos aus Food-Style-Bereich (AG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2014, Az. 57 C 4668/14)

– Übernahme von fremdem Foto im Internet ohne Urhebernennung (AG München, Urteil vom 22.08.2014, Az. 142 C 12802/14)

– Produktfoto von paniertem Schnitzel (LG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2012, Az. 23 S 386/11)

– Produktfotos von Designartikeln (LG Düsseldorf, Urteil vom 01.04.2009, Az. 12 O 277/08)

– OLG Brandenburg, Urteil vom 15.05.2009, Az. 6 U 37/08 auch bei Privatverkauf über eBay

– LG München, Urteil vom 18.09.2008, Az. 7 O 8506/07

– OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.05.2006, Az. 20 U 138/05

Ob die Forderung eines Aufschlags berechtigt ist, wenn die Bildnutzung an sich nicht rechtswidrig ist, sondern allein eine fehlende Urheberkennzeichnung gerügt wird, wie es verstärkt bei Abmahnungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Fotos aus Stockarchiven zu beobachten ist, erscheint sehr zweifelhaft. Für Fotos der Bilderdatenbank Pixelio geht die 16. Zivilkammer des Landgerichts Berlin beispielsweise davon aus, dass die MFM-Honorarempfehlungen nicht anwendbar sind und stattdessen eine deutlich niedrige Pauschale in der Größenordnung von 100,00 EUR / Jahr zu zahlen ist (LG Berlin, Az. 16 O 519/14; so wohl auch LG Berlin, Urteil vom 30.07.2015, Az. 16 O 410/14).

Update vom 29.09.2022: Wer auf der Stockfotoplattform Fotolia (heute: Teil von Adobe Stock) Fotos, Grafiken oder Videos veröffentlicht hat, verzichtet aus Sicht des Oberlandesgerichts Frankfurt gegenüber Fotolia-Endkunden auf sein Benennungsrecht als Urheber (OLG Frankfurt, Urteil vom 29.09.2022, Az. 11 U 95/21).

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10. Verschulden

Ansprüche auf Schadensersatz bestehen nur bei Verschulden, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Verantwortlichen (§ 276 BGB).

Wer Bilder im Internet einsetzt, darf sich nicht allein auf Zusicherungen von Dritten wie z.B. Agenturen oder Webdesignern verlassen, sondern muss sich vorab in ausreichender Weise über die Rechteinhaberschaft informieren (OLG Köln, Urteil vom 26.02.2021, Az. 6 U 189/19Kate-Moss-Fotos; OLG München, Beschluss vom 15.01.2015, Az. 29 W 2554/14; LG Potsdam, Urteil vom 26.11.2014, Az. 2 O 211/14; BGH, Urteil vom 12. 11. 2009, Az. I ZR 166/07). Dazu gehört es, die behauptete Rechtekette zurückzuverfolgen, so dass sie im Streitfall durch Vorlage von Unterlagen bewiesen werden kann. Andernfalls setzt sich der Websitebetreiber dem Vorwurf aus, fahrlässig gehandelt zu haben (so auch LG Düsseldorf, Urteil vom 26.08.2015, Az. 12 O 370/14).

Allenfalls in Ausnahmefällen kann Verschulden abzulehnen sein, etwa bei Verwendung eines in Auftrag gegebenen Fotos nach Ablauf der Lizenzzeit.

Aus dem Umstand, dass eine Zeichnung (gleiches gilt für Fotos) bei einer Suche nach „kostenlos“ im Internet angezeigt wird, folgt nicht, dass sie gemeinfrei ist. Dies entspricht nicht dem Sorgfaltsmaßstab des § 97 UrhG (LG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 03.09.2018, Az. 2-03 S 10/18).

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11. Zinsen

Bei einem Schadensersatzanspruch handelt es sich nicht um eine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB. Aus diesem Grund können nur nach § 286, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit der Rechtsverletzung verlangt werden (BGH, Urteil vom 24.01.2018, Az. XII ZR 120/16), das heißt für die Zeit zwischen Rechtsverletzung und Zahlung (vgl. BGH GRUR 1982, 301, 304 – Kunststoffhohlprofil II; BGHZ 82, 310, 321 f. – Fersenabstützvorrichtung; LG Berlin GRUR-RR 2003, 97, 98; Tetzner, GRUR 2009, 6, 12) und nicht erst ab Verzug bei Zahlungsaufforderung nach Entdeckung (LG Köln, Urteil vom 20.10.2022, Az. 14 O 414/21).

Im Übrigen kann der Rechteinhaber ggf. gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit verlangen, also ab dem auf die Zustellung der Klageschrift folgenden Tag.

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