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Social Media Direktnachrichten mit Werbung: Was ist erlaubt?

direktnachricht spam

Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob Ihnen dieser fremde Unternehmer über LinkedIn, Instagram, Facebook oder [füge Social Media Plattform ein] eine Werbenachricht schicken durfte? Dieser Artikel erklärt die Regeln der Zulässigkeit von werbenden Direktnachrichten in sozialen Netzwerken. Sie werden überrascht sein, versprochen.

SPAM-Anteil in Social Media Netzwerken

Social Media Plattformen ersetzen mehr und mehr die traditionelle elektronische Kommunikation via E-Mail. Anbieter wie Facebook bieten ihren Kunden seit geraumer Zeit sogar eigene „@facebook.de“-E-Mailadressen an, um die Nutzer noch stärker mit dem eigenen Portal zu verweben, als dies ohnehin schon der Fall ist. Entsprechend landet in den Inboxen von Facebook, LinkedIn, Twitter (bzw. X) & Co. heute das, was früher den regulären E-Mailaccount erreichte.

So verwundert es nicht, dass soziale Netzwerke zunehmend stark von Unternehmern für ihre Geschäftszwecke (aus)genutzt werden. Dies ist keine Neuigkeit. Aber wussten Sie, dass bei Facebook ca. 40 Prozent aller Profile und rund 8 Prozent aller Nachrichten als SPAM, also unerwünschte Nachrichten eingestuft werden. Wow.. ich wusste es vor Erstellung dieses Beitrags nicht.

Social Media Werbenachrichten ohne vorherige Einwilligung erlaubt?

Und die Rechtslage? Dürfen uns Unternehmen in sozialen Netzwerken ungefragt Direktnachrichten mit Werbung schicken, gleich ob Sie von Unbekannten oder Personen aus der eigenen Freundesliste stammen? Mit anderen Worten: Ist derartige Kaltakquise bei LinkedIn, Instagram, XING etc. erlaubt? Die maßgebliche Regelung zur Beantwortung dieser Frage findet sich in § 7 UWG.

§ 7 UWG – Unzumutbare Belästigungen

(2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen
3. bei Werbung unter Verwendung […] elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt […]

Nach der Rechtsprechung ist der Begriff der „elektronischen Post“ in § 7 Abs. Abs. 2 Nr. 2 UWG weit auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 25.11.2021. Az. C-102/20; BGH, Beschluss vom 30.01.2020, Az. I ZR 25/19Inbox-Werbung I). Neben E-Mails, SMS und MMS sind auch sämtliche Nachrichten über Social Media-Dienste wie XING, Facebook, LinkedIn oder WhatsApp „elektronische Post“ (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.05.2023, Az. 18 U 154/22; OLG Nürnberg, Urteil vom 15.01.2019, Az. 3 U 724/18; Köhler / Bornkamm / Feddersen / Köhler, 41. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 264; Ohly / Sosnitza / Ohly, 8. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 86).

Die Beantwortung der Rechtsfrage ist damit leicht:

  1. Direktnachrichten via Social Media sind elektronische Post.
  2. Genau wie bei klassischer E-Mailwerbung darf in einem sozialen Netzwerk nur dann Werbung an Dritte verschickt werden, wenn der Empfänger vor Erhalt der Direktnachricht ausdrücklich in den Empfang eingewilligt hat.
  3. Regelmäßig liegt keine Einwilligung vor. Und selbst, wenn das Vorliegen einer Einwilligungen behauptet wird, lohnt es sich, genauer hinzusehen. Viele sogenannte Einwilligungen sind rechtlich unwirksam.

Die Beweislast für die Werbeberechtigung trägt der Werbende. Nur er ist verpflichtet, im Streitfall beweisen zu können, dass der Empfänger der Direktnachricht ihm explizit erlaubt hatte, derartige Direktwerbung an ihn zu versenden. Der Empfänger kann sich hingegen darauf beschränken, das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung zu bestreiten.

Gelingt dem Werbenden der oft schwierig zu führende Einwilligungsnachweis nicht, sind Werbenachrichten bereits bei einmaliger Versendung nach §§ 1004, 823 BGB verboten und als verbotene Kaltakquise abmahnbar. Das gilt unabhängig davon, ob sie an andere Unternehmer (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) oder Privatpersonen (Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht) gerichtet waren. Mitbewerber können direkt nach §§ 8 ff. UWG gegen den unlauter werbenden Konkurrenten vorgehen, sogar wenn sie persönlich keine Spam-Direktnachrichten erhalten hatten.

Werbung ausnahmsweise auch ohne Einwilligung zulässig

Eine der am häufigsten missverstandenen Werberegeln ist, dass elektronische Direktwerbung gegenüber Bestandskunden oder gar bloß Social-Media-Freunden bzw. Followern auch ohne Einwilligung erlaubt sei. Leider behaupten dies in schöner Regelmäßigkeit auch immer wieder selbsternannte Online-Marketinggurus. In dieser Pauschalität ist das aber Unsinn.

Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber elektronische Werbung in einem sehr eng umrissenen Rahmen auch ohne vorherige, ausdrückliche Einwilligung des Empfängers zulässt. Das gilt aber nur, wenn die folgenden Voraussetzungen alle gegeben sind:

§ 7 UWG – Unzumutbare Belästigungen

(3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn
1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Praktisch werden diese Voraussetzungen in Social Media Kanälen allenfalls im Ausnahmefall vorliegen. In der typischen Konstellation (werbende Direktnachricht von fremden Unternehmen) hat § 7 Abs. 3 UWG keinerlei Bedeutung, es bleibt beim oben beschriebenen Werbeverbot.

Weitere Beispiele unzulässiger Social Media Werbung

Aufgepasst: Neben direkten Werbenachrichten an andere Nutzer wirkt § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG deutlich weiter als man zunächst vermuten mag. Sofern keine Einwilligung des Empfängers vorliegt („Ein Like ist keine Einwilligung„), die gerichtsfest dokumentiert wurde („Double-Opt-in“-Verfahren), sind die folgenden Werbemaßnahmen unzulässig:

  • Direktnachrichten mit Werbung an „befreundete“ oder unbekannte Nutzer
  • Werbende Postings auf der Pinnwand anderer Nutzer
  • Freundschaftsanfragen, wenn dabei über die begleitende Textfunktion (vgl. XING) Werbeaussagen mitgesendet werden
  • Einladung zu einer Fanpage (jedenfalls bei strenger Auslegung)
  • Werbende Kommentierung eines fremden Beitrags
  • Veranstaltungseinladungen
  • Werbung, die der Nutzer (unbewusst) an seine Freunde weitergibt, etwa über eine App
  • Tell-A-Friend Funktion / Freundefinder

Wer sich einmal selbst in den Nutzungsbedingungen von Facebook oder etwa XING informieren möchte, wird feststellen, dass sie der Gesetzeslage sehr ähnlich sind.

Damit bleibt die Frage, wie Unternehmer ohne Einwilligung des Nutzers in Social Media Kanälen überhaupt noch werben dürfen? Antwort: Fast gar nicht, es bleibt tatsächlich nur

Folge bei Verstößen: Abmahnrisiko

Bei Werbenachrichten via LinkedIn, Facebook, XING und Co., die den obigen Anforderungen nicht genügen, steht dem Empfänger der werbenden Spam-Direktnachrichten ein Unterlassungsanspruch gegen den Werber zu, der per Abmahnung geahndet werden kann. Wird die Abmahnung anwaltlich ausgesprochen, muss der Werber dem Betroffenen die enstandenen Anwaltskosten ersetzen.

Weigert sich der Werber, auf die Abmahnung eine ausreichende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, kann der Unterlassungsanspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Praktisch sollte man sich in solchen Fällen allerdings auf die Verfolgung von rechtswidriger elektronischer Werbung gegen Unternehmer mit Sitz in Deutschland (oder zumindest innerhalb der EU) beschränken, da die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen im Ausland meist nur geringe Erfolgschancen hat.

Wir sind gespannt auf Ihre Meinung: Sind Sie froh, dass elektronische Werbung in Deutschland so umfassend zu Gunsten der Empfänger beschränkt wird oder verzweifeln Sie am „elektronischen Werbeverbot“?

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