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Das Geschäft mit der fehlenden Urheberkennzeichnung

foto recht anwalt

Abmahnungen wegen fehlender Urheberkennzeichnung von Fotos aus Stockarchiven wie Pixelio, Fotolia oder iStockphoto liegen im Trend. Das lukrative Geschäftsmodell basiert allerdings auf rechtlich sehr zweifelhaften Ansprüchen. Oft bestehen die Forderungen allenfalls in Teilen.

Was ist ein Stockarchiv?

Zahlreiche Fotoplattformen im Internet bieten (Hobby-) Fotografen die Möglichkeit, ihre Aufnahmen in die Bilderdatenbank des Anbieters hochzuladen. Nach Registrierung können Nutzer der Plattform die gewünschten Bilder kostenlos (z.B. Pixelio) oder gegen Gebühr (z.B. Fotolia) herunterladen und für eigene Zwecke verwenden, etwa zur Bebilderung von Artikeln, bei entsprechender Erlaubnis auch für kommerzielle Zwecke wie im Rahmen eines Onlineshops.

Urheberkennzeichnung bei Stockarchiven meist Pflicht

Was vielen Nutzern nicht bewusst ist: Unabhängig davon, ob das Bild kostenlos oder gegen Gebühr erworben wurde, muss es im Rahmen seiner Verwendung nach den Lizenzbedingungen der meisten Stockarchive mit dem Namen bzw. Pseudonym des Urhebers sowie einem Backlink auf die Website der Fotoplattform gekennzeichnet werden. So schreibt Pixelio seinen Nutzern beispielsweise die Zitierung „© Fotografenname / PIXELIO“ vor.

Das Recht auf Urheberkennzeichnung

Die Zitierpflicht basiert auf § 13 UrhG, wonach jeder Fotograf als Ausdruck seines Urheberpersönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Anerkennung und Nennung seiner Urheberschaft hat. Gerade bei kostenloser Einräumung des Nutzungsrechts wird deutlich, dass die Verpflichtung zur Namensnennung ihre Berechtigung hat, u.a. um dem Fotografen eine gewisse Werbewirkung zu verschaffen. Wurde die Benennung versehentlich oder absichtlich unterlassen, verletzt der Nutzer daher ohne Zweifel das Urheberrecht des Fotografen.

Die Argumentation der Abmahner

Die Argumentationskette der Abmahner wirkt vor diesem Hintergrund zunächst schlüssig. Dem Nutzer werde das Nutzungsrecht am jeweiligen Bild nur unter der aufschiebenden bzw. auflösenden Bedingung einer korrekten Urheberkennzeichnung gemäß den Lizenzbedingungen der jeweiligen Fotoplattform eingeräumt. Ohne korrekte Kennzeichnung bestünde kein Nutzungsrecht, was den Nutzer zu einem insgesamt Nichtberechtigten mache.

Auf dieser Grundlage verlangen die abmahnenden Kanzleien wie bei einem gewöhnlichen Fotodiebstahl die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie Erstattung von Rechtsanwaltskosten auf Basis eines Gegenstandswerts von regelmäßig 5.000,00 EUR – 6.000,00 EUR pro Bild. Zusätzlich soll der Nutzer Schadenersatz nach der Lizenzanalogie sowie einen Verletzerzuschlag von meist 100% zahlen.

Die Gegenmeinung und ihre praktischen Folgen

Vor kurzem hat sich der Kollege Dr. Stefan Maaßen in dem Beitrag „Abmahnung wegen unterlassener Urheberbenennung: Grenzen eines Geschäftsmodells“ (GRUR Prax 2013, S. 127 ff.) mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine fehlende Urheberkennzeichnung den Nutzer tatsächlich wie behauptet zu einem Nichtberechtigten macht.

Hierfür wäre Voraussetzung, dass die Pflicht zur Urheberkennzeichnung dingliche und nicht nur schuldrechtliche Wirkungen entfaltet.

In Deutschland unterscheidet man zwischen (schuldrechtlichem) Kausalgeschäft und (sachenrechtlichem bzw. dinglichem) abstraktem Geschäft. Das Verständnis dieses Trennungsprinzips ist wichtig, um die verschiedenen Wirkungsmöglichkeiten der Urheberkennzeichnungspflicht nachvollziehen zu können.

Bei dinglicher Wirkung der Urheberkennzeichnungspflicht entfiele das Nutzungsrecht im Falle einer Missachtung vollständig, was zur Folge hätte, dass der Nutzer als Nichtberechtigter anzusehen wäre und dem Fotografen auf Unterlassung und Schadenersatz haften müsste. Im Gegensatz dazu bliebe der Nutzer bei rein schuldrechtlicher Wirkung der Kennzeichnungspflicht auch im Falle eines Verstoßes gegen die Kennzeichnungspflicht Berechtigter, was zur Folge hätte, dass er lediglich Schadenersatz zahlen müsste (§ 280 BGB i.V.m. dem Lizenzvertrag sowie aus § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG).

Schuldrechtliche oder dingliche Wirkung der Urheberkennzeichnungspflicht

Entscheidend für die Qualifizierung der Urheberkennzeichnungspflicht als dingliche oder schuldrechtliche Begrenzung ist die Fassung der jeweiligen Lizenzbedingungen der Fotoplattform. Aus juristischer Sicht kann eine dingliche Wirkung der Urheberkennzeichnungspflicht dabei grundsätzlich über eine Beschränkung des Urheberrechts (§ 31 Abs. 1 Satz 2 UrhG) oder über eine aufschiebende bzw. auflösende Bedingung (§ 158 BGB) konstruiert werden.

1. Beschränkung im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 UrhG

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH zu § 31 Abs. 1 Satz 2 UrhG setzt die dinglich wirkende Abspaltung eines Nutzungsrechts voraus, dass es sich beim abgespalteten Teil um eine „übliche, technisch und wirtschaftlich eigenständige und damit klar abgrenzbare Nutzungsform handelt“ (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2004, Az. I ZR 49/03 – „man spricht deutsh“).

Für den Fotografiebereich sind nach wohl herrschender Meinung aber nur solche Nutzungsformen klar abgrenzbar und damit dinglich abspaltbar, die in den Tarifen der VG Bildkunst oder der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM) vorgesehen sind. Da sowohl die Allgemeinen Konditionen der Rechtevergabe der VG Bildkunst (siehe Ziffer 6.) als auch die Allgemeinen Konditionen der MFM ausdrücklich für jeden einzelnen Tarif die Angabe des Urhebers verlangen, spricht dies gegen eine dingliche Wirkung der Kennzeichnungspflicht.

Gegen eine Abspaltbarkeit spricht noch ein weiterer Aspekt: Würde man die Abspaltung des Kennzeichnungsrechts als eigene Nutzungsart erlauben, bliebe nach der Abspaltung eine rumpfartige Nutzungsart zurück, bei der es dem Urheber verwehrt wäre, eine Kennzeichnung mit seinem Namen zu verlangen. Im Ergebnis käme dies einem dauerhaften Verzicht auf das Kennzeichnungsrecht gleich, was dem gesetzgeberischen Leitbild des § 13 UrhG widerspricht und unzulässig sein dürfte.

Die Urheberkennzeichnungspflicht wird daher keine dinglich wirkende Beschränkung im Sinne von § 31 UrhG darstellen.

2. Bedingung im Sinne von § 158 BGB

Möglich ist es dagegen, eine dingliche Wirkung der Kennzeichnungspflicht über die Vereinbarung einer aufschiebenden bzw. auflösenden Bedingung im Sinne von § 158 BGB zu erzielen, wenngleich die rechtlichen Anforderungen an die wirksame Vereinbarung einer echten Bedingung recht streng sind.

Aus Gründen der Rechtssicherheit wird man fordern müssen, dass sich der dingliche Charakter der Bedingung eindeutig aus den Lizenzbedingungen des Anbieters ergibt, was nach dem Bundesgerichthof regelmäßig voraussetzen wird, dass die das Nutzungsrecht einräumende Klausel eine Formulierung enthält, nach der die Rechtseinräumung „unter der Bedingung…“ einer Urheberkennzeichnung erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 15.04.1958, Az. I ZR 31/57).

Da die Einhaltung der Urheberkennzeichnungspflicht über Beginn und Ende des Nutzungsrechts entscheiden würde, muss der Charakter als echte Bedingung außerdem transparent und deutlich in den jeweiligen Lizenzbedingungen geregelt sein. Zu Recht weißt Dr. Maaßen deshalb darauf hin, dass aus dem Umstand, dass im Rahmen einer Lizenzvereinbarung Verpflichtungen wie die Zahlung einer Gebühr oder eben eine Kennzeichnungspflicht getroffen werden, keineswegs der Schluss folgt, dass die Einräumung des Nutzungsrecht unter einer echten Bedingung im Sinne von § 158 BGB steht.

Legt man diesen Maßstab an die Lizenzbedingungen der nachfolgenden Fotoplattformen an, zu denen Abmahnungen wegen fehlender Urheberkennzeichnung kursieren, handelt es sich aus meiner Sicht nicht um echte Bedingungen im Sinne von § 158 BGB.

Pixelio

Lizenzvertrag zwischen Urheber und Nutzer (redaktionelle und kommerzielle Nutzung) (Stand 09.09.2013)

IV. Urheberbenennung und Quellenangabe

Der Nutzer hat in für die jeweilige Verwendung üblichen Weise und soweit technisch möglich am Bild selbst oder am Seitenende PIXELIO und den Urheber mit seinem beim Upload des Bildes genannten Fotografennamen bei PIXELIO in folgender Form zu nennen:
© Fotografenname / PIXELIO

Bei Nutzung im Internet oder digitalen Medien muß zudem der Hinweis auf PIXELIO in Form eines Links zu www.pixelio.de erfolgen.

Fotolia

Download-Vertrag (Standard Lizenz) (Stand 09.09.2013)

3. Einschränkungen

Unbeschadet jeglicher anders lautender, in diesem Vertrag enthaltener Bestimmungen akzeptiert und garantiert das Nicht Exklusiv Herunterladende Mitglied (ohne jede Einschränkung zu vorgenannten Bestimmungen), dass es nicht zu Folgendem berechtigt ist:

[…]

(k) Die Benutzung des Werkes im redaktionellen oder journalistischen Zusammenhang, ohne folgende Urheberangaben am Bild, im Impressum oder einem dezidierten Bildnachweis zu machen: „© [Alias oder Name des Fotografen] – Fotolia.com„;

Shutterstock

SHUTTERSTOCK, INC., ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN, STANDARD-LIZENZ (Stand 13.09.2013)

33. Quellenangaben und Hinweise zum Urheberrecht für redaktionelle Nutzung der Bilder

a) Für jegliche redaktionelle Verwendung von Bildern muss entweder ein auf www.shutterstock.com (falls zutreffend) zurückverweisender Link oder ein Quellennachweis angegeben werden. Die Nennung des Shutterstock Künstlers und Shutterstock soll im Wesentlichen in der folgenden Form erscheinen: „Name des Künstlers/Shutterstock.com

b) Im Falle, dass ein Bild in Verbindung mit einem Film, Fernsehsendung, dokumentarischen oder anderen Audio-Video-oder Multimedia-Projekten verwendet wird, sollen angemessene Bemühungen bestrebt werden, den, wie oben genannten, Quellennachweis anzugeben.

c) Die unbeabsichtigte Unterlassung der genannten Quellenangabe wird nicht als ein Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Satzung gesehen, vorausgesetzt, dass der Benutzer seiner Pflicht, die Quellenangabe nachträglich hinzuzufügen, nachkommt, gefolgt von einer Email von Shutterstock.

Fazit: Kein Unterlassungsanspruch, aber eingeschränkter Schadenersatzanspruch

Die in den Lizenzbedingungen vieler Fotoplattformen geregelten Urheberkennzeichnungspflichten entfalten regelmäßig nur schuldrechtliche Wirkung. Bei absichtlich oder versehentlich unterlassener Urheberkennzeichnung steht dem Fotograf gegen den Nutzer dann weder ein Unterlassungsanspruch noch ein hieraus abgeleiteter Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren zu.

Verlangen kann der Fotograf vom Nutzer wegen der fehlenden Kennzeichnung und Anerkennung seiner Urheberschafts lediglich Schadenersatz. Ebenso wie Dr. Maaßen sehe ich allerdings keinen Anspruch auf Zahlung eines Verletzerzuschlags. Stattdessen halte ich seinen Vorschlag für richtig,

„unter Berücksichtigung der Qualität des Lichtbildes und des Rufes des Fotografen eine angemessene Entschädigung zu finden, die sein wirtschaftliches Interesse an einer einfachen und werbewirksamen Identifizierung berücksichtigt.“

Diese qualitative Schadenersatzbemessung ermöglicht flexible Ergebnisse und wird der Problematik meiner Meinung nach besser gerecht als die Gleichsetzung des Nutzers mit einem Fotodieb.

Nicht zuletzt sei erwähnt, dass eine Begrenzung auf Schadenersatzansprüche erhebliche Auswirkungen auf den Gegenstandswert der Abmahnung sowie die Höhe erstattungsfähiger Anwaltskosten der Gegenseite hat.

Die Berechnung des Schadensersatzanspruches bei Bildrechteverletzungen habe ich hier detaillierter beschrieben.

PS. Abmahngebaren wohl selbst abmahnbar

Zum Schluss seines Beitrags weist Dr. Maaßen auf einen interessanten Nebenaspekt hin. Ausgehend davon, dass sich der Fotograf a) die Lizenzbedingungen der Fotoplattform als eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen zurechnen lassen muss und b) die Lizenzbedingungen der Fotoplattform nicht ausreichend transparent gefasst sind, können Mitbewerber (z.B. andere Fotografen) unter Umständen sogar wettbewerbsrechtlich gegen abmahnende Fotografen vorgehen und ihrerseits Unterlassung des Abmahngebarens fordern, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGG.

Handlungsempfehlung

  1. Unterzeichnen Sie nicht die mit der Abmahnung vorgelegte Unterlassungserklärung – selbst dann nicht, wenn der Abmahnvorwurf dem Grunde nach berechtigt ist.
  2. Zahlen Sie die geforderten Kosten (Rechtsanwaltsgebühren, Schadenersatzanspruch) nicht ohne Prüfung der Abmahnung durch einen Anwalt.
  3. Nehmen Sie ggf. unsere unverbindliche und kostenlose Ersteinschätzung in Anspruch.
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