Wir werden in der Kanzlei häufig gefragt, wie lange es dauert, bis Forderungen aus Filesharing Abmahnungen verjähren. Dieser Artikel erklärt die Berechnung der Verjährungsfrist einschließlich zahlreicher Beispiele, anhand derer der eigene Fall überprüft werden kann.
Beispiel: Filesharing Abmahnungen aus 2009 und 2010
Insbesondere die Frankfurter Kanzlei WeSaveYourCopyRights mahnte über das gesamte Jahr 2013 hinweg wegen illegalem Filesharing von Musiktiteln aus 2009 und 2010 ab, etwa für die Songwriter Eshuijs, Reuter und Peifer oder die Firma Styleheads Gesellschaft für Entertainment mbH. Viele Betroffene entschieden sich nach Erhalt der Abmahnung für die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung, verweigerten aber (zumindest teilweise) die Zahlung von Abmahngebühren und Schadenersatz.
Filesharing: Verjährungsfrist von drei Jahren
Für Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen gelten gemäß § 102 Satz 1 UrhG die Verjährungsregeln des Bürgerlichen Gesetzbuches. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Frist beginnt gemäß § 199 BGB zu laufen
„mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste“.
Die urheberrechtlichen Ansprüche des Rechteinhabers entstehen im Moment der Urheberrechtsverletzung. Dies ist der Zeitpunkt, in dem für andere Nutzer des Filesharing-Netzwerks die Möglichkeit bestand, die Datei vom Computer des Rechtsverletzers herunterzuladen. Da Filesharingnetzwerke quasi öffentlich funktionieren, bereitet die Ermittlung der IP-Adresse sowie des Verletzungszeitpunkts keine großen Probleme.
Im Moment der Rechtsverletzung ist die Identät des Anschlussinhabers (ungeachtet der Frage seiner täterschaftlichen Verantwortung) als „Person des Schuldners“ aber noch unbekannt. Die Abmahnkanzleien müssen daher zunächst bei Gericht unter Vorlage von IP-Adresse, Zeitstempel sowie ggf. Hashwert der betroffenen Datei einen Auskunftsbeschluss beantragen (§ 101 UrhG). Mit diesem gerichtlichen Auskunftsbeschluss erhalten die Abmahner vom jeweiligen Provider Klarnamen und Adresse des Anschlussinhabers – die Grundlage der Abmahnung.
Verjährungsbeispiel 1
Angenommen der Abgemahnte hätte am 03.03.2010 über eine Tauschbörse den abgemahnten Film heruntergeladen. In diesem Fall wäre der Beginn der Verjährungsfrist nicht der nächste Tag (04.03.2010), sondern der Schluss des Jahres, d.h. der 31.12.2010. Verjährung könnte dann frühestens mit Ablauf von drei Jahren eingetreten, d.h. am 31.12.2013.
Verjährungsbeispiel 2
Wenn der Abgemahnte den Film im Gegensatz zu Beispiel 1 bereits am 29.10.2009 heruntergeladen und der Abmahner Name und Anschrift des Anschlussinhabers noch im gleichen Jahr vom Provider erhalten hatte, begann die Verjährungsfrist zum 31.12.2009 zu laufen. In diesem Fall wäre Verjährung bereits am 31.12.2012 eingetreten.
Erhielt der Abmahner dagegen erst Anfang 2010 Auskunft über Namen und Anschrift des Anschlussinhabers, endete die Verjährungsfrist ein Jahr später, also am 31.12.2013.
Auf meinen Verjährungseinwand hin teilte die Abmahnkanzlei in allen „Altfällen“ mit, dass ihr Name und Anschrift des jeweiligen Anschlussinhabers erst 2010 vom Provider mitgeteilt wurde. Ob diese Behauptung zutraf, lies sich außergerichtlich nicht überprüfen. Selbst bei unterstellter Richtigkeit trat allerdings zum 31.12.2013 Verjährung ein.
Verjährungshemmung
Eine Abmahnung unterbricht oder hemmt den Lauf der Verjährungsfrist nicht. Um der Verjährungseinrede des Abgemahnten zu entgehen, mussten die Abmahner daher grundsätzlich vor Ablauf des Jahres 2013 einen gerichtlichen Mahnbescheid erwirken oder Klage erheben (vgl. § 204 BGB). Andernfalls trat zu Gunsten des Abgemahnten am 01.01.2014 Verjährung ein.
Eine wichtige Ausnahme stellt die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Abmahner dar. In diesem Fall droht eine Hemmung der Verjährung nach § 203 BGB.
§ 203 BGB
Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
Der Verhandlungsbegriff wird weit ausgelegt. Es genügt bereits jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, es sei denn, dass der Abgemahnte sofort erkennbar Verhandlungen ablehnt. Wer sich mit den Abmahnern auf inhaltliche Diskussionen eingelassen oder Vergleichsverhandlungen geführt hat, läuft also Gefahr, dass sich die Verjährungsfrist verlängert.
Zusammenfassung
Wer auf eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung aus den Jahren 2009 bzw. 2010 lediglich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bei gleichzeitiger Zahlungsverweigerung abgab und bislang weder einen gerichtlichen Mahnbescheid noch eine Klage erhielt, hat gute Chancen, dass die Zahlungsforderungen zum 01.01.2014 verjährten.
Ein Restrisiko verbleibt aktuell noch, da die Abmahner die (Zahlungs-) Forderungen theoretisch bis zum 31.12.2013 gerichtlich geltend machen konnten und die Zustellung eines Mahnbescheids bzw. einer Klage einige Tage bis Wochen in Anspruch nehmen kann. Endgültige Entwarnung wird man daher erst ca. Mitte Februar 2014 geben können. Weitere ausführliche Informationen rund um Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen finden Sie im Filesharing Abmahnung Lexikon.
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